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Digitale Ungleichheit

Neue Technologien und alte Ungleichheiten in der Informations- und Wissensgesellschaft

AutorNicole Zillien
VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl268 Seiten
ISBN9783531914930
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis46,99 EUR
Nicole Zillien untersucht die gesellschaftliche Bedeutung des Internets, wobei der Fokus auf sozialen Ungleichheiten liegt.
Die empirische Analyse von statusdifferenten Internetnutzungsarten wird mit der Wissenskluft- und Digital-Divide-Forschung, den Theorien der Informations- und Wissensgesellschaft, Ansätzen der Ungleichheitsforschung und der Technik- und Wissenssoziologie verknüpft. Es zeigt sich, dass statushöhere Onliner aufgrund schichtspezifischer Wissens- und Bedeutungsschemata stärker vom Internet profitieren, weshalb in der Informations- und Wissensgesellschaft von einer Verfestigung sozialer Ungleichheiten auszugehen ist.


Dr. Nicole Zillien ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Soziologie an der Universität Trier.

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Leseprobe
10 Empirische Untersuchung der Gratifikationen der Internetnutzung (S. 184-105)

10.1 Operationalisierung und Spezifizierung der Gratifikationen der Internetnutzung


Aufgrund des chamäleonhaften Charakters des Internets (vgl. Newhagen/ Rafaeli 1996: 11) müssten streng genommen die im Rahmen des Nutzen- und Belohnungsansatzes untersuchten Gratifikationen der verschiedenen Nutzungsangebote des Internets einzeln betrachtet werden. Die Erwartungen an eine Online- Tageszeitung, einen Internet-Shop oder einen Chatroom sind zweifellos andere als jene, die beispielsweise an die Nutzung der E-Mail gestellt werden.

Doch ist es auch gerade ein Charakteristikum des Hybridmediums Internet, unterschiedliche Nutzungsangebote und somit auch unterschiedliche Nutzungsmotive und Gratifikationen zu vereinen, weshalb im Rahmen der vorliegenden Arbeit – soweit wie möglich – eine Gesamtbetrachtung des Mediums erfolgen soll.

Nach Schenk (2002: 641 f.) kommen zur Messung der Motive beziehungsweise der gesuchten Gratifikationen eines Mediums grundsätzlich drei Methoden in Frage: (1) die Manipulation von Bedürfnissen im Labor, (2) der Selbstbericht und (3) die Inferenzmethode. Im Laborexperiment werden Versuchspersonen beispielsweise instruiert, mit einer konkreten Zielsetzung ihre Aufmerksamkeit bestimmten Medienbotschaften zu schenken. Versuchsgruppen mit unterschiedlichen Zielsetzungen werden dann hinsichtlich ihres Auswahl- und Medienverhaltens verglichen.

Der Selbstbericht setzt voraus, dass sich Rezipienten ihrer Motive bewusst sind und fragt schlicht und einfach (mit offenen oder geschlossenen Fragen) nach den Gründen der Mediennutzung.45 Die Inferenzmethode letztlich versucht, aus der Messung anderer Variablen die Motive und Gratifikationen der Mediennutzung abzuleiten (vgl. Schenk 2002: 641 f.). In der vorliegenden Arbeit wird zur Gratifikationsmessung die Inferenzmethode angewandt. Bevor jedoch die Gratifikationen der Internetnutzung anhand der Daten der ACTA 2004 berechnet werden, soll ein kurzer Forschungsüberblick zur Gratifikationsmessung des Internets erfolgen.

10.1.1 Forschungsüberblick zur Gratifikationsmessung des Internets


Im Forschungsüberblick zur Gratifikationsmessung des Internet werden solche Studien vorgestellt, die sich den Gratifikationen des Internets im Allgemeinen (und nicht explizit einem Einzelangebot des Internets) widmen, wobei eine „Verwischung von computervermittelter Kommunikation, der Nutzung des Internet und der des World Wide Web“ (Höflich 2003b: 157) bewusst in Kauf genommen wird. Alles in allem soll es dabei darum gehen, einen Überblick zu den in der Literatur genannten Motiven und Gratifikationen des Internets zu gewinnen, weshalb im Anschluss an die kurze Darstellung der Einzelstudien eine zusammenfassende Tabelle erstellt wird.

Die vorgestellten Studien wenden entweder die Methode des Selbstberichts oder die Inferenzmethode an. Grüne und Urlings (1996) konzipierten eine qualitative Pilotstudie, deren Ziel es war, die vorherrschenden Motive der Onlinenutzung herauszuarbeiten. So führten sie einhundert Tiefeninterviews durch, um „die psychologische Kernstruktur des Umgangs mit einem neuen Medium freizulegen und dessen Besonderheiten, Vor- und Nachteile sowie Chancen und Grenzen zu beschreiben“ (Grüne/ Urlings 1996: 493).
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort5
Vorwort zur zweiten Auflage7
Vorwort8
Inhalt9
Tabellenverzeichnis13
Abbildungsverzeichnis16
Einleitung17
1 Informations- und Wissensgesellschaft als Selbstbeschreibung der Moderne21
1.1 Information und Wissen22
1.2 Informationsgesellschaft24
1.3 Wissensgesellschaft26
1.4 Informations- und Wissensgesellschaft27
2 Technik in der Informations- und Wissensgesellschaft29
2.1 Zum Begriff der Technik29
2.2 Technik „soziologisieren“30
2.3 Technologie als Dualität von Struktur33
2.4 Das Internet als technologische Ressource39
3 Soziale Ungleichheit in der Informations- und Wissensgesellschaft45
3.1 Soziale Ungleichheit: Definition und Theorien45
3.2 Paradigmen gegenwärtiger Ungleichheitsforschung48
3.2.1 Ungleichheitsforschung im Kohärenzparadigma49
3.2.2 Ungleichheitsforschung im Differenzierungsparadigma53
3.3 Soziale Ungleichheit in Theorien der Informations- und Wissensgesellschaft58
3.3.1 Die nachindustrielle Gesellschaft nach Daniel Bell58
3.3.2 Die Netzwerkgesellschaft nach Manuel Castells63
3.3.3 Die Wissensgesellschaft nach Nico Stehr67
3.4 Gegenwärtige Ungleichheitsentwicklungen und die Rolle des Internets72
3.4.1 Neue Erfordernisse: Wissen als Stratifikationsprinzip73
3.4.2 Neue Bedeutungen: Kulturkapital als Appropriationsmittel78
3.4.3 Neue Optionen: Gewinn oder Überforderung?81
4 Von der Wissenskluft zur digitalen Spaltung86
4.1 Die Wissenskluftforschung86
4.1.1 Die Ausgangshypothese der wachsenden Wissenskluft86
4.1.2 Differenzierungen des Wissenskluft-Paradigmas90
4.1.2.1 Differenzierung nach Themen91
4.1.2.2 Differenzierung nach Wissensformen91
4.1.2.3 Differenzierung nach Einflussfaktoren93
4.1.2.4 Differenzierung nach Medien96
4.1.2.5 Differenzierung nach Art der verursachten Klüfte96
4.2 Die These der „digitalen Spaltung“98
4.2.1 Die digitale Spaltung – Herleitung und Definitionsansätze98
4.2.2 Zur Relevanz digitaler Ungleichheiten102
5 Von der digitalen Spaltung zur digitalen Ungleichheit106
5.1 Binäre Ansätze108
5.2 Technologische Spektren110
5.3 Zwei-Ebenen-Modelle112
5.4 Dreistufige Modelle114
5.5 Regenbogen-Modelle116
5.6 Informationstechnologische Indizes119
5.7 Hierarchische Modelle123
5.8 Steigerungsmodelle128
5.9 Kausalmodelle132
5.10 Zusammenfassung der Ansätze, Indizes und Modelle139
6 Soziologisches Modell zur Erklärung der digitalen Ungleichheit142
6.1 Auf der Makroebene: Internettechnologien und digitale Ungleichheit144
6.2 Von Makro- auf Mikroebene: Verfügbares Kapital als Brückenhypothese144
6.3 Auf der Mikroebene: Nutzen- und Belohnungsansatz als Handlungstheorie146
6.4 Von Mikro- auf Makroebene: Verstärkungseffekte alsTransformationsregel151
6.5 Zusammenfassung: Modell zur Erklärung der digitalen Ungleichheit154
7 Grundlagen der empirischen Untersuchung156
7.1 Datenbasis156
7.2 Ziele der empirischen Untersuchung158
7.3 Untersuchungsleitende Thesen160
8 Empirische Untersuchung des technologischen Zugangs161
8.1 Operationalisierungen und Spezifizierungen des technologischen Zugangs161
8.1.1 On- und Offliner161
8.1.2 Ort des Internetzugangs162
8.1.3 Technische Ausstattung164
8.1.4 Ausmaß der Technologienutzung167
8.2 Ungleichheiten bezüglich des technologischen Zugangs169
8.2.1 On- und Offliner169
8.2.2 Ort des Internetzugangs179
8.2.3 Technische Ausstattung180
8.2.4 Ausmaß der Technologienutzung180
8.3 Technologischer Zugang: Zusammenfassung der Ergebnisse181
9 Empirische Untersuchung der digitalen Kompetenzen183
9.1 Operationalisierungen und Spezifizierungen der digitalen Kompetenzen183
9.1.1 Technische Bedienkompetenzen184
9.1.2 Internetbezogenes Wissen zweiter Ordnung188
9.1.3 Erfahrung im Umgang mit dem Internet191
9.1.4 Computeraffinität des sozialen Umfelds193
9.2 Ungleichheiten bezüglich der digitalen Kompetenzen194
9.2.1 Technische Bedienkompetenzen194
9.2.2 Internetbezogenes Wissen zweiter Ordnung195
9.2.3 Erfahrung im Umgang mit dem Internet196
9.2.4 Computeraffinität des sozialen Umfelds197
9.3 Digitale Kompetenzen: Zusammenfassung der Ergebnisse198
10 Empirische Untersuchung der Gratifikationen der Internetnutzung200
10.1 Operationalisierung und Spezifizierung der Gratifikationen der Internetnutzung200
10.1.1 Forschungsüberblick zur Gratifikationsmessung des Internets201
10.1.2 Operationalisierung der Gratifikationen der Internetnutzung206
10.1.3 Gesuchte Gratifikationen der Internetnutzung209
10.1.4 Erhaltene Gratifikationen der Internetnutzung212
10.2 Ungleichheiten der Gratifikationen der Internetnutzung219
10.2.1 Information, Kommunikation, Transaktion und Unterhaltung220
10.2.1.1 Online-Zeitungen (Information und Unterhaltung)220
10.2.1.2 Gesundheits- und Verbrauchertipps (Information)222
10.2.1.3 Kleinanzeigen (Information)224
10.2.1.4 Börse und Finanzen (Information und Transaktion)225
10.2.1.5 Reise, Wetter, Verkehr (Information und Transaktion)226
10.2.1.6 Mode, Einrichtung, Haushalt (Information und Transaktion)227
10.2.1.7 Medien, Technik, Auktion (Information, Transaktion, Unterhaltung)228
10.2.1.8 Suchmaschinen und Kommunikationsdienste (Information,Kommunikation und Unterhaltung)230
10.2.1.9 Sport und Fernsehen (Information und Unterhaltung)232
10.2.1.10 Sozialkontakte (Kommunikation, Unterhaltung und Information)234
10.2.1.11 Zusammenfassung235
10.2.2 Jenseits von Interesse, Zugangsart und digitalen Kompetenzen238
10.2.3 Statuseffekt und themenspezifisches Interesse243
10.3 Gratifikationen der Internetnutzung: Zusammenfassung der Ergebnisse249
11 Neue Technologien und alte Ungleichheiten251
11.1 Vom Differenzierungsparadigma zum Kohärenzparadigma251
11.2 Von der individuellen Differenz zum strukturellen Defizit253
11.3 Von der digitalen Ungleichheit zur sozialen Ungleichheit256
Schlussbemerkung259
Anhang260
Literaturverzeichnis270

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