Banken stehen heute vor folgenden wesentlichen Herausforderungen: Das Erlöspotenzial pro Kunde verringert sich, gleichzeitig werden die Marktbedingungen schwieriger, da neue Mitbewerber in den Markt drängen. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, werden neue Marketingstrategien und neue Absatzkanäle gesucht.[7] Ein Unternehmen wird dann einen wirtschaftlichen Erfolg erzielen, wenn es die Bedürfnisse der Kunden erkennt und ihnen zur richtigen Zeit, die richtigen Produkte über den richtigen Vertriebskanal anbietet. Unter den verschiedenen Instrumenten im Bankvertrieb kommt der Wahl des richtigen Vertriebsweges eine besondere Bedeutung zu. Standardprodukte erlauben beispielsweise einen automatisierten Vertrieb. Diese Produkte bieten jedoch nur eine geringe Marge. Beratungsintensive Bankprodukte erfordern eine individuelle Kundenbetreuung, die aufwendig und teuer ist.[8] Gerade für diese Kundenansprache wird auf Direktmarketing-strategien gesetzt.
Die Wirtschaftswissenschaft beschäftigt sich intensiv mit Wettbewerbsmärkten, dabei wurden grundsätzliche Gesetzmäßigkeiten entdeckt, die für alle Branchen gelten.
Ein vom Wettbewerb dominiertes Marktgeschehen führt zu folgenden Ergebnissen:
1. Günstige Preise für Kunden
2. Niedrigere Gewinne für Unternehmen, es sei denn sie sind überdurchschnittlich innovativ und entwickeln attraktive Produkte
3. Hohe Produktivität und rasches Produktivitätswachstum[9]
Konkurrierende Produkte, die sich wenig voneinander unterschieden, wie beispielsweise Bankprodukte, stehen unter einem starken Preiswettbewerb.[10] Unter Wettbewerbs-bedingungen hat der Kunde die Wahl zwischen mehreren Anbietern. Der Preis eines Produkts spielt eine wesentliche Rolle für eine Kaufentscheidung. Kann ein Anbieter durch eine Preissenkung zusätzliche Kunden gewinnen, so muss er abwägen, ob sich die Preissenkung lohnt.[11] Minimale Preisvorteile bringen Unternehmen nichts, da sie meist nicht ausreichen, um Kunden zum Wechsel zu bewegen.
Ein internationaler Vergleich zeigt, dass österreichische Banken teilweise höhere Zinsen auf Einlagen zahlen. Diese entsprechen teilweise nicht dem relevanten Referenzzinssatz im Interbankmarkt. Hier werden aus Wettbewerbsgründen produktspezifische Verluste in Kauf genommen, wohl in Erwartung einer höheren Kundenbindung.[12] Auch niedrige Kreditzinsen sind Folgen eines intensiven Wettbewerbs. [13]
Für den Kunden bedeutet es einen großen Aufwand, ständig über die Preise der Anbieter auf dem Laufenden zu sein. Auf Grund dieser Tatsache ziehen Kunden stabile Preise stark schwankenden Preisen vor. Ein Anbieter kann sich zusätzliches Vertrauen beim Kunden verschaffen, wenn er die Preise stabil hält. Verändern sich die Kosten für den Anbieter, muss dieser entscheiden, ob ihm das Preisvertrauen der Kunden und die daraus entstehende Möglichkeit zusätzliche Geschäfte zu machen wichtiger ist, oder ob es sinnvoll ist, die Preise an die Marktsituation anzupassen. Dies gilt sowohl für steigende als auch für sinkende Kosten und ist mit ein Grund, warum Kostenänderungen bei Banken verzögert weitergegeben werden.[14]
Unternehmen versuchen dem Preiswettbewerb zu entkommen, indem sie Kunden attraktivere Produkte als die Konkurrenz anbieten. Durch den Wettbewerb kommt es zu Produktinnovationen und Verbesserungen, die eine höhere „Convenience“ für den Kunden darstellen. Man kann davon ausgehen, dass sich die Qualität der Produkte im Zeitverlauf steigert und sich damit die Kundenbindung verstärkt.[15] Banken versuchen ihre Produkte so zu positionieren, dass sie positive Emotionen beim Kunden auslösen. Durch positive Verknüpfungspunkte werden Eintrittsbarrieren abgebaut und Austrittsbarrieren erhöht.
Im Allgemeinen bringt ein starker Wettbewerb eine Produktivitätssteigerung in der Branche mit sich. Es wurde jedoch festgestellt, dass die Produktivität der österreichischen Banken geringer ist als beispielsweise jene der deutschen Banken. Die Ursachen liegen zum einen im höheren Personalaufwand, zum anderen in den Verwaltungsaufwendungen, resultierend aus der hohen Dichte an Bankstellen.
In den meisten europäischen Ländern gibt es im Bankensektor noch einen unausgenutzten Größenvorteil (economies of scale). Dies gilt insbesondere für Österreich. So ist beispielsweise die Durchschnittsgröße deutscher Institute um den Faktor 3 höher als die der österreichischen Banken.
Gerade in den letzten Jahren kann aber beobachtet werden, dass hier ein Umbruch stattfindet und der Produktivitätsrückstand aufgeholt wird.[16]
Man kann davon ausgehen, dass die aktuelle Finanzkrise dazu beitragen wird, die ungenutzten Größenvorteile stärker zu nutzen als bisher. Interessant ist in diesem Zusammenhang der hohe Anteil von Bankangestellten im europäischen Vergleich. Die folgende Grafik zeigt, dass Österreich hier den dritten Platz einnimmt.
Abbildung 1: Anzahl der Bankangestellten pro 1000 Einwohner, Stand 2006[17]
Für Österreich, wie auch für andere europäische Länder gilt, dass die verschiedenen Sektoren der Kreditwirtschaft im intensiven Wettbewerb stehen. Es gibt heute kaum mehr eine traditionelle Bindung an einen bestimmten Sektor. Zwar gibt es Präferenzen seitens der Konsumenten auf Grund der örtlichen Nähe und „Hausbank“-Beziehungen von Unternehmen, aber gerade durch das Internet und Onlinebanking wird es für den Kunden immer leichter, seine Bank gezielt auszusuchen und zu wechseln. Gerade in der Kundengruppe der 14- bis 29- Jährigen besteht eine große Wechselbereitschaft. Zudem verstärkt sich der überregionale Wettbewerb zwischen den verschiedenen Banken.[18]
Im europäischen Vergleich zeichnen sich die österreichischen Banken durch eine große Kundennähe aus. Seit 1977 die staatliche Genehmigungspflicht für die Eröffnung von Bankstellen aufgehoben wurde, hat sich die Anzahl der Zweigstellen stark erhöht. Die geographische Nähe zum Kunden ist in der Vergangenheit ein wesentlicher Wettbewerbs-faktor geworden. Der intensive Wettbewerb zwingt die österreichischen Banken dazu, Zweigstellen zu eröffnen oder aufrechtzuerhalten, auch wenn die Kosten dafür nicht in Form von höheren Preisen auf die Kunden übergewälzt werden können. Die Kunden der österreichischen Banken erzielen einen deutlichen Vorteil aus dem Wettbewerb hinsichtlich Preis und Kundennähe.[19]
Die folgende Grafik zeigt die hohe Anzahl von Banken und Bankstellen in Österreich:
Abbildung 2: Anzahl der Hauptinstitute nach Bankstellen je Sektor[20]
Per 31.12.2007 gab es in Österreich 870 Hauptanstalten mit 4.286 Zweigstellen. Daraus ergibt sich eine Bankstellendichte von 1.611 Einwohnern pro Bankstelle. Im Vergleich dazu sind es 2.172 in der Schweiz und 2.287 in Deutschland.[21]
Wie die folgenden Grafiken zeigen, hat Deutschland, absolut gesehen, die höchste Anzahl an Banken. Relativ zur Bevölkerungsanzahl hat jedoch Österreich, nach Luxemburg, die höchste Bankstellendichte.
Abbildung 3: Anzahl der monetären Finanzinstitute pro Land, Stand 2006[22]
Abbildung 4: Bankstellendichte im Vergleich, Stand 2004[23]
Der internationale Vergleich zeigt, dass die Margen für die österreichischen Banken geringer sind als die in den meisten Vergleichsländern.[24] So bringen Girokonten deutschen Banken rund 32% und italienischen Banken rund 68% mehr Ertrag als österreichischen Instituten.[25]
Ein ähnliches Ergebnis liefert die Betrachtung der Eigenkapitalrendite. Grundsätzlich gilt: Der Markteintritt ist für ein Unternehmen umso attraktiver, je höher die zu erwartende Eigenkapitalrendite ist. Neue Konkurrenten führen aber zu einem intensiveren Wettbewerb mit der Folge, dass die Eigenkapitalrendite in der Branche sinkt. Im Vergleich zu anderen Ländern ist die Rentabilität des Eigenkapitals der Banken in Österreich gering.[26] Es besteht das Risiko, dass die Ertragskraft der Banken durch zurückgehende Provisionserträge und steigender Wertberichtigungen zurückgeht.[27]
Insgesamt stellt der IWF dem österreichischen Bankensektor ein gutes Zeugnis aus.[28] Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen entwickelte sich der Bankensektor im Jahr 2007 günstig. Ein wesentlicher Grund dafür ist aber nicht so sehr die Steigerung der Geschäfte im Inland, als vielmehr das dynamische Engagement unserer Banken in Zentral- und Osteuropa.[29]
Banken, die in der Vergangenheit innovativer und kundenorientierter gearbeitet haben, verfügen über einen höheren finanziellen Polster, der ihnen den Weg aus der aktuellen Krise erleichtert.
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