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Diskriminierung psychisch Behinderter durch Exklusion am Beispiel des Sportschießens

AutorBurkhard Schröter
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl74 Seiten
ISBN9783640662258
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Soziale Arbeit / Sozialarbeit, Note: 1,7, Hochschule Koblenz (ehem. FH Koblenz), Sprache: Deutsch, Abstract: Der allgemeine Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 bis 3 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland ist ein Grundbestandteil der Verfassung und gilt als rechtsstaatliches Prinzip in allen Rechtsbereichen. In Artikel 3 heißt es hierzu: 'Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden' Es stellt sich die Frage, inwieweit dies in der Praxis umgesetzt wird. Reichen die gesetzlichen Vorgaben aus, um dem Artikel 3 des Grundgesetzes gerecht zu werden? Darüber besteht Uneinigkeit. Anlässlich der ersten Beratung der Antidiskriminierungsrichtlinie der Europäischen Union im Bundesrat forderte Bayerns Bundesratsminister Dr. Markus Söder die Bundesregierung auf, im Europäischen Rat ihr Veto gegen die Richtlinie einzulegen. Söder: '... Die Richtlinie ist überflüssig, bürokratisch und lebensfern.' Nach den Worten Söders bestehen auf nationaler Ebene bereits ausreichende Regelungen zur Verhinderung von Diskriminierungen. Der Vorschlag der Kommission greife massiv in die Vertragsfreiheit ein und schaffe in der Praxis unnötige Rechtsunsicherheit. Söder: 'Die Kommission schießt mit ihrer Regelungswut weit über ihr Ziel hinaus. Mit ihrem Entwurf reduziert die Kommission auch die Chancen auf dem Arbeitsmarkt für diejenigen, die das Gesetz zu schützen vorgibt. Der beste Diskriminierungsschutz liegt in einer toleranten, vorurteilsfreien Gesellschaft, nicht aber in einem Maximum an Verboten.'

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Leseprobe

4. Gesetzliche Regelungen für Menschen mit Behinderungen

 

4.1 Das Gleichheitsprinzip Behinderter

 

4.1.1 Der Begriff der Teilhabe

 

Teilhabe ist die deutsche Übersetzung des international gebräuchlichen Begriffs der Partizipation. Etymologisch zurückzuführen ist das lateinische participatio und das englische sowie französische participation auf die lateinischen Wörter pars (Teil) und cipere (nehmen). Vor diesem Hintergrund kann der Begriff Teilhabe auch mit Teilnahme, sowie Partizipation übersetzt werden. Allerdings hat allein der Begriff Teilhabe eine doppelte Bedeutung. Zum einen kann jemand an etwas teilnehmen, zum anderen hat er von etwas einen Teil. Partizipation kann als eine universelle Kategorie aufgefasst werden, Teilhabe ist hingegen eine Kategorie des Verhältnisses, der Zuteilung und der Zugehörigkeit und somit eine erkenntnistheoretische Kategorie und kann als rechtlicher, politischer und sozialer Begriff für die Verbindung des einzelnen Menschen zur Herrschaft, zum Staat und zur Verteilung ideeller und materieller Güter verwendet werden.[38]

 

Für Platon stellte die Teilhabe (metexis) das Verhältnis der Dinge zu ihren Ideen und der Ideen zueinander dar. Aristoteles hingegen verwendete ihn politisch wie auch logisch. Zum einen war der Bürger der Teilhaber an der Rechtssprechung und Herrschaft, und zum anderen sah Platon das Individuum allein als Teilhaber an der Art, so am Menschsein. Thomas von Aquin ging von der Partizipation als Teilhabe in der Form einer eigenen Erkenntniskraft der Vernunft aus. Diesen Ansatz unterstrich Emmanuel Kant mit seiner Einordnung der individuellen Vernunft in die Fähigkeit der Menschheit zum Vernunftgebrauch, aus dem schließlich auch die Erkenntnis der sozialen Einbindung von Selbstbestimmung, wie auch der Gedanke der Gleichheit folgte. In der politischen und philosophischen Diskussion des 19. Jahrhunderts wurde der Begriff der Teilhabe zunächst kaum noch benutzt. Es gab andere Begriffe, wie Brüderlichkeit oder auch Menschheit, welche im ähnlichen Sinne verwendet wurden. Erst Hegel beschäftigte sich eingehender mit dem Begriff und sah in der Möglichkeit der Teilnahme das besondere Vermögen der einzelnen Menschen, Teil an dem allgemeinen Vermögen zu haben und setzte außerdem diese Teilnahme besonders in das Verhältnis zur gesellschaftlichen Arbeitsteilung.[39] Angesichts dieser sozialen Ungleichheit, verstanden als konstitutives Moment der bürgerlichen Gesellschaft, müsse es, so Hegel, zur Aufgabe des Staates gehören, das erforderliche Maß an Gleichheit zu besorgen. Dies beschreibe das Grundproblem der modernen Gesellschaft und Rechtsordnung: Es existiere eine abstrakte Gleichheit der Freiheiten allerdings bei einer ungleichen Teilhabe am Vermögen.[40] Hegel war der erste, der eine begriffliche Unterscheidung zwischen Staat, Bürgerlicher Gesellschaft und Familie einführte und damit den Grundstein einer Theorie funktionaler Differenzierung moderner Gesellschaften damit legte. Diese Theorie wurde insbesondere durch Talcott Parsons und Niklas Luhmann zu einer der bedeutendsten Paradigmen moderner Gesellschaftstheorien. Ihre Ansätze, besonders Luhmanns ´Allgemeine Systemtheorie` und das Konzept der ´Autopoiesis`, sowie seine ´Theorie sozialer Systeme` zu beschreiben ist in dem Umfang dieser Arbeit nicht möglich.[41]

 

4.1.2 Gesellschaft und Gemeinschaft

 

Es soll nun geklärt werden, woran die uneingeschränkte Teilhabe stattfinden soll. Hierbei spielt die Bedeutung der Begriffe Gesellschaft und Gemeinschaft eine zentrale Rolle. Die Gesellschaft, welche im weit gefassten Sinne eine zeitlich andauernde räumliche Gemeinschaft von Lebewesen und im engeren Sinne ein strukturiertes und organisiertes System menschlichen Zusammenlebens und -wirkens darstellt, ist der Gemeinschaft übergeordnet. Unter Gemeinschaft versteht man daher die zu einer Einheit zusammengefassten Individuen einer Gesellschaft, sofern sie untereinander emotionale Bindekräfte, wie auch ein Zusammengehörigkeitsgefühl aufweisen. Sie bildet sich dort, wo gemeinsame Lebensinhalte (Arbeit, Wohnen, Freizeit) aber auch Schicksale (Gefahr, Not) die tieferen Schichten der Persönlichkeit erfassen und einen Zusammenhang zwischen den betroffenen Menschen herstellen.

 

Der Gesellschaftsbegriff ist ein grundlegender, aber schwer fassbarer soziologischer Grundbegriff. In der Alltagssprache wird er verwendet, wenn politische, ökonomische, rechtliche, kulturelle, mediale oder religiöse Zusammenhänge bezeichnet werden sollen. Vorrangig wird ihr Zusammenhang zur Teilhabe erläutert. Hierbei geht es um Abhängigkeiten der Menschen von gesellschaftlichen Zusammenhängen und ihrer entsprechenden Beeinflussung des Denkens, Fühlens und Handelns durch die vorherrschenden gesellschaftlichen Bedingungen. Der Gesellschaftsbegriff kann so in einem ersten Schritt als eine Grundvoraussetzung menschlicher Entwicklung und für die Entfaltung einer Kultur gesehen werden. Der Mensch ist Mitglied mehrerer verschiedener Gruppen innerhalb der Gesellschaft. Darüber hinaus werden in soziologischen Gesellschaftstheorien verschiedene Merkmale bestimmter Gesellschaftstypen, wie Stammesgesellschaften oder staatlich organisierte Gesellschaften bestimmt, die im Hinblick auf eine Teilhabe Unterschiede aufweisen.[42] Emile Durkheim (1858-1917, frz. Soziologe und Pädagoge) differenzierte nochmals zwischen einer ursprünglicheren mechanischen Solidarität auf der Ebene der Gemeinschaft und der neu entstehenden organischen Solidarität auf gesellschaftlicher Ebene. Während die mechanische Solidarität (Familie, Nachbarschaft) allein durch moralische und sittliche Normen gewährleistet wurde, stellte die organische Solidarität eine neue Verbundenheit zwischen den Menschen innerhalb der gesellschaftlichen Arbeitsteilung dar.[43]

 

Der italienische Volkswirt und Soziologe Vilfredo Marquis Pareto (1848-1923) hingegen verstand unter einer Gesellschaft ein hierarchisch soziales System. Er bezeichnete es als mechanistisches Gleichgewichtssystem, dessen soziales Geschehen auf einem stetigen Gegensatz zwischen Gesellschaftsschichten und der nicht zusammenbringenden Interessen beruhe und von der Herrschaft einer Elite zusammengehalten wurde. Eine Teilhabe hängt somit von der jeweiligen Schichtzugehörigkeit ab. In der strukturell-funktionalen Theorie von Talcott Parsons (1902-1979, amerikan. Soziologe), sah dieser die Gesellschaft als ein durch Interaktionen verbundenes System von Handlungseinheiten, welches durch funktionale Elemente und Handlungen in einem Gleichgewicht gehalten werde. Darüber hinaus versuchte Parsons durch den Begriff einer ´gesellschaftlichen Gemeinschaft` (societal community) eine präzisere Zuordnung zu schaffen und postulierte ihn für moderne, notwendig großräumige staatsförmige Gesellschaften, die ein durch kulturelle Werte legitimiertes Normensystems besitzen, welches wiederum eine kohärente und kollektive Organisation hervorbringen könne.[44] Nach Richard und Hephizah Hauser stellt die Gesellschaft eine Mischung der drei Teile Gemeinschaft, Staat und Kultur dar, wobei sie nicht einfach „das Brett ist, auf dem das Spiel Gemeinschaft, Staat und Kultur gespielt wird.“[45] Jedes der drei Teile hat seine eigenen Rechte, wie auch die Gesellschaft eine Kraft nach eigenem Recht darstellt. Wesentlich für diese Betrachtung der Gesellschaft ist, dass nur diese dreifache Einheit Spannungen hervorbringt, die für eine ausgeglichene Entwicklung einer Gesamtgesellschaft notwendig ist. Unter Gemeinschaft wird die Gesamtsumme der aktiven und freiwilligen Gruppenbildungen einer Gesellschaft verstanden, welche die Quelle aller direkten Macht darstellt.[46] Vor dem Hintergrund der politischen Bestrebungen, eine Teilhabe für Alle zu ermöglichen, steht der Aufbau einer Gesellschaft, in der die Menschen sich als soziale Wesen entwickeln und entfalten können. Dies soll eine Gesellschaft sein, die ihnen das Gefühl gibt, dazuzugehören und ihnen Möglichkeiten verleit, selbst aktiv teilzunehmen und für ihre Entwicklungen eigenverantwortlich zu sein.[47]

 

Der Mensch, als soziales Wesen verstanden, bemühte sich schon von den ältesten Zeiten an, die ihn umgebende Wirklichkeit zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Er besitzt soziale Interessen und hat soziale Bedürfnisse, die ihn verschiedene Formen des Zusammenlebens aufbauen lassen. Somit befindet er sich in unterschiedlichen sozialen Gruppen bzw. in Gemeinschaften wie der Familie, der Nachbarschaft, in Vereinen und dergleichen. Als Mitglied dieser verschiedenen Gruppen erlangt der einzelne Mensch Sicherheit, da er sich durch Menschen, die er kennt, als Mensch angenommen fühlt. Die positive Zielsetzung dieser Gesellschaftsform kann als bewusst gewählte Korrektur verstanden werden, da die gegenwärtigen gesellschaftlichen Erfahrungen der Vereinsamung der Menschen durch die Industrialisierung und einem Gefühl der Entfremdung durch die geforderte Mobilität und Flexibilität der modernen Lebens- und Arbeitsformen eine Teilhabe eher verhindert. Die erlangte Einsicht, dass die Beschaffenheit einer Gesellschaft von besonderer Bedeutung für das Streben nach einer Wohlfahrt ist, eröffnet schließlich den starken Zusammenhang zwischen der Entwicklung und Entfaltung der...

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