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E-Book

Distressed Debt Investing

Debt-Equity-Swap als Übernahme- und Sanierungsinstrument in Deutschland

AutorSebastian Kühn
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl98 Seiten
ISBN9783640884117
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich BWL - Unternehmensführung, Management, Organisation, Note: 1,8, FOM Essen, Hochschule für Oekonomie & Management gemeinnützige GmbH, Hochschulleitung Essen früher Fachhochschule, Sprache: Deutsch, Abstract: Beginnend mit den strengeren Anforderungen an die Eigenkapitalunterlegung von Bankkrediten nach den bankaufsichtsrechtlichen Bestimmungen von 'Basel II' von 2006 und verstärkend durch die Finanzkrise seit dem Spätsommer 2007 hat sich das Kreditgeschäft insbesondere in Deutschland in hohem Maße verändert. Ausgelöst durch diese Ereignisse vollzieht die Bankenbranche einen Strukturwandel, der sich zu einer kapitalmarktorientierten Finanzierungspolitik entwickelt. Die Kreditinstitute sind gesetzlich verpflichtet, risikoreichere Engagements mit mehr Eigenkapital zu hinterlegen. Kreditinstitute haben grundsätzlich ein hohes Interesse ihre risikobehafteten Forderungen zu reduzieren bzw. zu veräußern, um Kapital für das Neugeschäft bereitzustellen. In Folge der aktuellen Finanz- und Bankenkrise steigt die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland und somit der Anteil an Krediten in den Bankbilanzen, welche als problematisch bis notleidend eingestuft und im Sprachgebrauch der Finanzpraxis als 'distressed' bezeichnet werden. Dieses Kreditangebot trifft auf der Käuferseite auf Investoren, die sich darauf spezialisiert haben, diese Risikoengagements zu übernehmen und daraus hohe positive Renditen zu generieren. Diese Form des Investments, welche sich zunehmend auch in Deutschland entwickelt, trägt die Bezeichnung 'Distressed Debt Investing'. In der Vergangenheit formierte sich zumeist ein Gläubigerpool aus Banken, welcher zusammen mit der Unternehmensleitung und den Eigentümern die Sanierung abstimmte und koordinierte. Durch das Auftreten von Distressed Debt Investoren steht den Kreditinstituten nun eine neue kapitalmarktnahe Ausstiegsmöglichkeit (Exits) zur Beendigung des Kreditengagements zur Verfügung. Diese nutzen die aufgekauften Fremdkapitaltitel, um möglichst großen Einfluss auf die Zielgesellschaft auszuüben und diese mittels Umwandlung in Eigenkapital zu sanieren und neuer Eigentümer zu werden. Die Forderungen werden in der Regel sehr weit unter dem Nominalwert erworben, wodurch sich bei einer nachhaltigen Wertsteigerung mit anschließendem Verkauf der Gesellschaft hohe attraktive Renditen erzielen lassen. Hauptakteure sind internationale Finanzinvestoren sowie spezialisierte Hedge Fonds. Die Umwandlung von Fremdkapital in Gesellschaftsanteile (Debt-Equity-Swap) als Sanierungs- und Übernahmeinstrument gewinnt aufgrund der Attraktivität deutscher Unternehmen zunehmend an Bedeutung.

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Leseprobe

3 Debt-Equity-Swap im Anschluss an ein Corporate Distressed Debt Investment


 

3.1 Typische Ausgangssituation bei Sanierungsfällen


 

Die Situation eines Unternehmens in der Krise ist geprägt von der Beeinträchtigung seiner Funktionsfähigkeit im Sinne von autonomer Selbständigkeit und Stabilität. Es besteht die potenzielle Gefahr eines Zusammenbruchs bzw. einer Insolvenz[323]. Etymologisch kommt der Begriff Krise von dem griechischen Wort "krisis" und bedeutet wortgetreu so viel wie Wendepunkt oder Entscheidung[324]. Im allgemeinen Sprachgebrauch bedeutet es einen Bruch mit einer bis dahin kontinuierlichen Entwicklung[325]. Unternehmen, die sich in einer Krise befinden und insolvenzgefährdet sind, benötigen klassischerweise Liquidität, sind überschuldet oder im schlechtesten Fall sogar beides[326].

 

Die Unternehmenskrise hat in der Regel ihren Ursprung in der strategischen Krise, welche sich zu einer Ertragskrise ausweitet und final bei mangelndem oder fehlendem Krisenmanagement in einer Liquiditätskrise respektive Insolvenz endet[327]. Die aus der Krise resultierende Existenzgefährdung muss jedoch nicht zwangsläufig zur Zerschlagung oder Auflösung der Gesellschaft führen, da als wesentlicher Bestandteil im Begriff  Krise ebenfalls die Chance zu einer Wende zum Positiven enthalten ist[328]. Jedoch stellt sich die Situation zunächst so dar, dass meist ein ungünstiges Bilanzverhältnis zwischen Eigen- und Fremdkapital vorherrscht, Zins- und Tilgungsleistungen kaum mehr aus dem operativen Geschäft bedient werden können und die Gläubiger die Rückführung ihrer Kreditlinien fordern[329]. Auch die Geschäftsbeziehung zu Kunden und Lieferanten, wie auch das Betriebsklima im Unternehmen, leiden in starkem Maße[330].

 

In dieser Ausgangssituation entwickeln sich für Distressed Debt Investoren diverse Möglichkeiten und Ansätze sich in einem Unternehmen, welches sich in einer Krise befindet, zu engagieren, aktiv an der Reorganisation bzw. dem Turnaround mitzuwirken und im Ergebnis als neue Eigentümer hervorgehen zu können.

 

3.2 Vorüberlegungen des Investors


 

Bevor ein Investor sein Fremdkapital-Engagement an einem Krisenunternehmen mit dem Ziel des Kontrollerwerbs in Eigenkapital umwandelt, wird er eine ausführliche Prüfung der betriebswirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Anforderungen, Risiken sowie Auswirkungen einer Wandlung als auch der Haftungsfragen vornehmen[331]. Die wohl wichtigste Entscheidung, die der Investor vor Durchführung fällen muss, ist die Frage, ob die Sanierung außerhalb oder im Rahmen eines förmlichen Insolvenzverfahrens stattfinden soll[332]. Denn bei einem außergerichtlichen Verfahren müssen die bestehenden Insolvenzgründe unverzüglich beseitigt werden, was den Handlungs- und Zeitdruck erheblich erhöhen kann[333].

 

Darüber hinaus wird der Investor eine Bewertung und Gegenüberstellung der Kosten, die im Rahmen eines Debt-Equity-Swap entstehen, mit den Insolvenzkosten sowie den möglichen Liquidationserlösen bei Auflösung der Gesellschaft durchführen und für seine Entscheidung heranziehen[334]. Auch die Partizipation der anderen Fremdkapitalgläubiger an einer solchen Transaktion sowie deren ausstehendes FK-Volumen und die rechtliche Ausgestaltung ihrer Schuldtitel ist von großer Bedeutung für die Durchsetzung der Strategie des Investors[335].

 

Besonders hervorzuheben sind die Aspekte der Sanierungsbedürftigkeit und -fähigkeit der Ziel-Gesellschaft bzw. deren Fortführungsmöglichkeit, welche vom Investor bedacht werden sollten, um ein Unternehmen mittels Debt-Equity-Swap erfolgreich zu sanieren und neuer Mehrheitseigentümer zu werden[336]. Auch ist bei einem börsennotierten Ziel-Unternehmen zu prüfen, ob sich der Investor trotz Kontrollerwerbs auf das Sanierungsprivileg nach § 37 Abs. WpÜG i.V.m. § 9 S. 1 Nr. 3 WpÜG-AngebV berufen kann und somit durch Antragstellung bei der BaFin von der Abgabe eines Pflichtübernahmeangebots an die übrigen Aktionäre befreit werden kann[337]. Die Wirkung einer Unternehmenssanierung in der Öffentlichkeit bzw. den Medien ist ebenfalls ein wichtiger Faktor, er nicht zu unterschätzen ist und mit in die Entscheidung einfließt[338].

 

3.3 Ablauf einer Debt-Equity-Swap-Transaktion bei deutschen Kapitalgesellschaften


 

3.3.1 Vereinfachte Kapitalherabsetzung


 

Bei einem Debt-Equity-Swap werden Darlehensforderungen gegen ein Unternehmen in eine Beteiligung an diesem umgewandelt[339]. Dabei entspricht ein Debt-Equity-Swap im Ergebnis einer Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage gemäß § 183 AktG beziehungsweise §§ 56 und 9 GmbHG mit einer im Vorfeld vereinfacht durchgeführten Kapitalherabsetzung, um eine bestehende bilanzielle Überschuldung zu beseitigen[340]. Dieser Vorgang wird auch Kapitalschnitt genannt[341]. Dazu wird das Grund- bzw. Stammkapital des Unternehmens an das um die Verluste bereinigte tatsächliche Gesellschaftsvermögen angepasst[342]. Somit wird eine Unterbilanzhaftung der Gesellschafter einer GmbH vermieden bzw. es entfällt die Pflicht des Vorstandes einer Aktiengesellschaft zur Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung, um im Fall eines Verlustes in Höhe der Hälfte des Grundkapitals, diesen anzuzeigen[343].

 

Geregelt ist die vereinfachte Kapitalherabsetzung für die AG in den §§ 229ff AktG, wonach diese einen entsprechenden Beschluss der Hauptversammlung erfordert und anschließend dem Handelsregister zur Eintragung anzumelden ist[344]. Da es sich im Fall  einer GmbH um eine Änderung der Satzung handelt, ist diese notariell zu beurkunden[345]. Die Zustimmung der Eigentümer zur Kapitalveränderung mittels Debt-Equity-Swap in einer Krisensituation ist in den meisten Fällen nicht ungewöhnlich[346].

 

Um eine vereinfachte Kapitalherabsetzung durchführen zu können, muss einer der in § 229 Abs. 1 AktG genannten Zwecke vorliegen und ist ausdrücklich in den Beschluss der Hauptversammlung aufzunehmen[347]. Weitere zusätzliche sachliche Rechtfertigungen sind nicht nötig. Bei notleidenden Unternehmen liegt regelmäßig der Zweck zum Ausgleich von Wertminderungen oder zur Deckung sonstiger Verluste vor[348]. Die Ermittlung eines Verlustes ist unabhängig von dessen Ursache im Rahmen der Erstellung des Jahresabschlusses bzw. internen Zwischenabschlusses durchzuführen. Es muss dabei auch die zukünftige Entwicklung der Gesellschaft in die Verlustermittlung mit einbezogen werden.[349]. Dieser Verlust hat so beschaffen zu sein, dass er nach kaufmännischen Grundsätzen dauerhaft zu einer Änderung der Stamm- bzw. Grundkapitals der Gesellschaft führt[350]. Durch die vereinfachte Kapitalherabsetzung kann das Grundkapital einer sanierungsbedürftigen Aktiengesellschaft gemäß § 228 AktG problemlos auf oder gar unter den Mindestnennbetrag von EUR 50.000, welcher in § 7 AktG geregelt ist, gesenkt werden[351]. Dies ist möglich, wenn gleichzeitig eine Kapitalerhöhung beschlossen, durch welche die Mindesthöhe des Grundkapitals wieder hergestellt wird[352]. Jedoch verlangt § 229 Abs. 2 S. 1 AktG für Aktiengesellschaften, dass vor Durchführung einer vereinfachten Kapitalherabsetzung die gesetzlichen Rücklagen sowie die Kapitalrücklage aufgelöst werden, soweit diese zehn Prozent des herabgesetzten Grundkapitals übersteigen[353]. Darüber hinaus sind die Gewinnrücklagen nach § 266 Abs. 3 III 3-4 HGB, dies betrifft die satzungsmäßigen Rücklagen und andere Gewinnrücklagen, vollständig aufzulösen[354]. Die so gewonnen Beträge dürfen nach § 230 Abs. 2 AktG jedoch lediglich zur Deckung von Verlusten oder zum  Ausgleich von Wertminderungen verwendet werden[355].

 

Nach § 234 AktG kann eine vereinfachte Kapitalherabsetzung auch rückwirkend auf den Bilanzstichtag des letzten abgelaufenen Geschäftsjahres beschlossen werden, wenn der Jahresabschluss noch nicht festgestellt wurde, die Hauptversammlung den an die neuen Kapitalverhältnisse angepasste Jahresabschluss in der gleichen Hauptversammlung feststellt und der Beschluss zur Kapitalherabsetzung binnen drei Monaten zur Eintragung ins Handelsregister beantragt wird[356].

 

Die besondere Form der vereinfachten Kapitalherabsetzung, welche regelmäßig nur zu Sanierungszwecken zulässig ist, bietet gegenüber der ordentlichen Kapitalherabsetzung den entscheidenden Vorteil, dass der aufwendige Gläubigerschutz nach § 225 AktG entfällt[357].

 

3.3.2 Kapitalerhöhung und Einbringung der Forderung


 

Im Wege der ordentlichen Kapitalerhöhung erfolgt die Einbringung der Forderung in das Stamm- bzw. Grundkapital als Sacheinlage nach § 183 AktG respektive § 55 GmbHG und kann, wie bereits...

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