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E-Book

Don´t worry, be happy

Gelassen Eltern werden - gelassen Eltern sein

AutorSilvia Höfer
VerlagVerlag Herder GmbH
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl288 Seiten
ISBN9783451805219
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Seit mehr als dreißig Jahren begleitet Silvia Höfer werdende Eltern während und nach der Schwangerschaft. Eine gute Hebamme, das ist für sie eine Lotsin: Eine Vertrauensperson, die Eltern unterstützt und dem Druck, der auf ihnen lastet, entgegenwirken kann. Der richtige Weg, das ist der eigene, ganz individuelle Weg. Den zu finden fällt jedoch vielen zunehmend schwer, denn es gibt zu viele Informationen, Meinungen, Studienergebnisse und Ratschläge. Die Expertin weiß, was wirklich wichtig ist, was man getrost überhören kann und wie man diese aufregende Zeit gelassen erlebt.

Silvia Höfer arbeitet seit 35 Jahren als freiberufliche Hebamme in der Schwangerenvorsorge, der Geburtshilfe und der Wochenbettbetreuung in Berlin. Sie ist selbst Mutter, Großmutter und Autorin mehrerer Bestseller zu den Themen Schwangerschaft und Geburt.

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Leseprobe

Man lernt sich kennen, verliebt sich und irgendwann gründet man eine Familie – so ist der Lauf der Dinge. Für drei Viertel der Deutschen spielt Familie nach wie vor eine sehr wichtige Rolle, auch wenn ihre Bedeutung über die Jahre abgenommen hat.4 Trotz zunehmender Individualisierung lebt die Mehrzahl der Bevölkerung in klassischen Partnerschaften und hält dies für erstrebenswert. Eine stabile Partnerschaft ist auch für viele die Grundlage für eine spätere Elternschaft. Wenn die Entscheidung für ein Kind getroffen wurde, ist schwanger werden theoretisch sehr einfach, aber in der Praxis klappt es nicht immer und nicht immer sofort.

Die meisten Frauen werden auf natürlichem Wege schwanger, aber es gibt eben auch Paare, die andere Wege gehen müssen. Ungewollte Kinderlosigkeit ist ein Problem, das für die meisten Paare sehr belastend ist, vielen Paaren aber kann geholfen werden. Dem Wunder muss nur etwas auf die Sprünge geholfen werden. Im Gegensatz zu früheren Jahrhunderten scheint dieses Problem in manchen Fällen mit den Mitteln der Reproduktionsmedizin lösbar. Ein kurzer Blick auf die Geschichte ab 1950 zeigt, wie schnell sich die Möglichkeiten der Familienplanung verändert haben.

Einst gehörte es zum natürlichen Lauf der Dinge, Kinder zu bekommen, wenn man Sex hatte. Dagegen konnte man nicht viel tun. Das sicherste Verhütungsmittel war Enthaltsamkeit, alles andere ein Glücksspiel. Wenn ein Paar keine Kinder bekam, war das wie ein Fluch, gegen den man ebenfalls nicht viel tun konnte.

Als der Chemiker Carl Djerassi, gemeinsam mit Luis E. Miramontes und George Rosenkranz, im Jahr 1951 das Schwangerschaftshormon Gestagen künstlich herstellte, begann eine neue Zeitrechnung in der Welt des Kinderkriegens. Die Antibabypille kam Anfang der 1960er-Jahre auf den Markt, sie war in vielen Ländern leicht erhältlich und gab den Frauen ein noch nie dagewesenes Gefühl der Freiheit. Der empfundene Fluch der sexuellen Fremdbestimmung und der traditionellen Mutterschaft war verschwunden. Oft entpuppt sich der Freiheitsengel als Teufel des Entscheidungszwangs. Paare mussten sich nun fragen, wann der beste Zeitpunkt für Kinder ist und ob sie überhaupt eine Familie gründen wollen. Darauf gab es oft keine Antwort, jedenfalls keine rationale – und rational sollte es in der damaligen Zeit schon sein.

Die Frage, wie man es wagen könne, Kinder in diese Welt zu setzen, wurde in den frühen 1970er-Jahren durch das Wissen gestärkt, dass die Welt voll von sozialer Ungerechtigkeit, imperialistischen Wirtschaftskriegen, drohenden Umweltkatastrophen und massiver Übervölkerung war. Eigentlich erschien nur noch die Adoption als sozial legitimierte Elternschaft vertretbar zu sein. Man war überzeugt, dass genetische Einflüsse für die Intelligenz und das Wesen eines Kindes kaum mehr eine Rolle spielten. Darauf basierte die Vorstellung, dass man aus jedem Kind nahezu alles machen könne, wenn es nur die richtige Förderung erhalten würde. Da es öffentlich bekannt war, wie viele Kinder auf der Welt im Elend leben mussten, sprach nichts dafür, die Pille abzusetzen und eigene Kinder zu zeugen. Zur Adoption kam es trotz des vielen Redens darüber nur sehr selten. Inzwischen hatte sich die monogame Paarbeziehung aufgelöst, freie Liebe war das neue Motto. Nicht mehr die Kinderfrage, sondern ernsthafte, politische Themen standen im Mittelpunkt. Nach dieser Phase der Politisierung war die der Selbstverwirklichung an der Reihe – und hier war ich mittendrin!

1982 war HIV auch in Europa ein Thema und der Wert der Paarbeziehung war wieder in den Vordergrund gerückt – ebenso wie der lange unterdrückte Kinderwunsch. Leider war es dann vielen Frauen nicht mehr möglich, ein Kind zu bekommen – sei es aus Altersgründen oder unerwarteter Unfruchtbarkeit. Die Suche nach Möglichkeiten der künstlichen Reproduktion nahm in den 1990er-Jahren ihren Lauf.

Heute, auf dem Gipfel aller vermeintlichen sexuellen Freiheit, ist nahezu alles möglich – aber bitte mit Kondom. Man kann miteinander Sex haben, ohne sich zu lieben. Das gab es schon immer. Man kann sich lieben, ohne miteinander Sex zu haben. Das ist gerade auch in Mode. Man kann miteinander verheiratet sein, ohne miteinander Sex zu haben. Das ist vermutlich der Normalfall. Man kann miteinander Sex haben, ohne verheiratet zu sein. Das ist heute ebenfalls der Normalfall. Man kann miteinander Sex haben, ohne Kinder zu zeugen. Das ist historisch gesehen relativ neu. Man kann Kinder zeugen, ohne miteinander Sex zu haben. Das ist ganz neu. Und das mit Allerneueste ist die Zeugung von Drei-Eltern-Babys. Die in Großbritannien wahrscheinlich ab 2016 erlaubte Methode soll vermeiden, dass Frauen mit defekten Mitochondrien diese an ihre Kinder weitervererben. Mitochondrien sind ein von einer Doppelmembran umschlossenes Zellorganell mit eigener Erbsubstanz. Sie werden auch als die Kraftwerke der Zellen bezeichnet, weil in ihnen energiereiche Moleküle gebildet werden. Bislang sind etwa 50 Krankheiten bekannt, die durch mitochondriale Fehlfunktionen hervorgerufen werden können. Damit Kinder das Schicksal des veränderten Erbguts erspart bleibt, wollen Reproduktionsmediziner die defekten Mitochondrien im Labor ersetzen. Bei einer Spendereizelle wird dazu der Zellkern mit der Erbsubstanz entfernt und durch den vorher isolierten Kern der genetischen Mutter ersetzt. In diesem Spenderinnen-Eiplasma gibt es zwar keine Gene, aber eine Menge sogenannte molekulare Abschriften aus dem Erbgut der Spenderin. Und die versorgen nicht nur die ersten Stationen der Zellteilung, sondern beeinflussen spätere Genaktivitäten. Die veränderte Eizelle wird mit der Samenzelle des Vaters befruchtet und es entsteht ein Baby mit zwei Müttern und einem Vater. Diese für mich bisher als Science-Fiction-Fantasie vorgestellte Variante der Zeugung eines Babys wirft viele Fragen auf. Wie werden die Gesellschaft und das Kind mit solch einer Drei-Eltern-Variante umgehen?

Noch mehr Fragen werfen die Erkenntnisse von Azim Surani, einem Stammzellenforscher im britischen Cambridge, auf. Seiner Forschungsgruppe war es 2014 gelungen, eine beliebige menschliche Körperzelle, zum Beispiel eine Hautzelle, in eine sogenannte Urkeimzelle umzuwandeln. Aus dieser Urkeimzelle entstehen Spermien und Eizellen. An ihnen können im Labor auch Veränderungen, etwa gewünschte Genvarianten oder die Reparatur von Mutationen, vorgenommen werden. In naher Zukunft könnten also Menschen nach einem wie auch immer gearteten Bild geschaffen werden. Unser bisheriges, traditionelles Bild von Geschlecht und Reproduktion kann durch diese neuen Möglichkeiten wahrlich ins Wanken geraten. Als ich 1981 mit der Hebammerei anfing, waren etwa die Hälfte der Babys geplant, die anderen eine »Überraschung«. Mein möglicherweise nicht repräsentativer Eindruck ist, dass sich dies in den letzten 35 Jahren sehr stark verändert hat. Fast immer sind die Babys geplant, nur ganz selten »kleine ungeplante Wunder«, und immer häufiger höre ich von Schwangerschaften, die mit Unterstützung in Kinderwunschzentren entstanden.

Warum bekommen wir eigentlich Kinder?


Diese Frage stelle ich mir oft, wenn ich den inneren Druck der Eltern mit Kinderwunsch spüre.

Es ist im wahrsten Sinn des Wortes natürlich, dass der Wunsch, sich fortzupflanzen, so existenziell in unserem Wesen verankert ist. Aber was bedeutet das? Gibt es eine allgemeine Gesetzmäßigkeit in der Biologie von Menschen, die uns antreibt, Babys zu bekommen?

In den Kulturen dieser Welt gibt es verschiedene Glaubensrichtungen, verschiedene Träume von Zukunft und unterschiedliche Bilder von Familie. Das was unserem Wesen aber zugrunde liegt, ist das Bemühen um das Überleben unserer Art, der Wille, sich fortzupflanzen und die eigenen Gene an die nächste Generation weiterzugeben – evolutionsbiologisch betrachtet, ist dies das oberste Ziel aller Lebewesen. Und die Evolution fördert die Organismen, die an ihre jeweilige Umwelt am besten angepasst sind. Ein Vorteil bei dieser Anpassung ist ein möglichst geringer Energieverbrauch, denn für mehr Energie muss auch mehr Nahrung herangeschafft werden. Ein weiterer Vorteil ist die Fähigkeit, möglichst viele Nachkommen zu hinterlassen. Tja, doch genau hier erweist sich die sexuelle Fortpflanzung auf den ersten Blick als reichlich ineffektiv. Allein der Energieaufwand, bis sich zwei Partner gefunden haben! Und in unserem »Menschenfall« trägt auch nur einer die Nachkommen aus, die dann jeweils die Hälfte ihres Erbguts vom Vater beziehungsweise der Mutter bekommen.

Betrachten wir dagegen die ungeschlechtliche Vermehrung, scheint sie wundervoll einfach zu verlaufen. Durch Zellteilung, Knospung oder die Form der eingeschlechtlichen Fortpflanzung kann hier jeder Organismus völlig unabhängig von einem Anderen Kopien seiner selbst erstellen. Und das ohne anstrengende und zeitaufwendige Partnersuche. Aber warum ist bei uns Menschen die sexuelle Vermehrung für unsere Nachkommenschaft verantwortlich? Die Antwort der Forscher besagt, dass es einen bisher noch nicht eindeutig belegbaren entwicklungsbiologischen Vorteil besitzen muss. Nur welchen? Die sogenannte »Red-Queen-Hypothese« geht davon aus, dass sich konkurrierende Systeme auf diesem Planeten ein Wettrennen liefern. Es verläuft zwischen Menschen (und anderen sich geschlechtlich vermehrenden Lebewesen) und Parasiten. Auf der einen Seite die Parasiten, die sich aufgrund ihrer kurzen Lebensdauer und der hohen Fortpflanzungsrate wesentlich schneller anpassen können. Auf der anderen Seite wir Menschen, denen aufgrund einer niedrigen Fortpflanzungsrate ein erheblicher Nachteil bei diesem Wettrennen entsteht. Wir können nur überleben, wenn wir zumindest auf der gleichen Stelle bleiben können wie unsere Kontrahenten. Und nur dadurch, dass...

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