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E-Book

Du hast gut reden!

Ein Spiel- und Trainingsbuch zur praktischen Rhetorik

AutorKlaus Pawlowski
VerlagERNST REINHARDT VERLAG
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl163 Seiten
ISBN9783497602087
FormatPDF/ePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Sie würden gern argumentativ überzeugen? Sie leiten Seminare, müssen häufiger Reden halten oder möchten generell verständlicher und zielführender kommunizieren? In 20 Bausteinen zu Themen wie Sprechsituationen, Fragestrategien, Strukturierung einer Rede, Artikulation, aber auch Redeangst, vermittelt Klaus Pawlowski spielerisch und praxisnah Fertigkeiten und Kenntnisse der angewandten Rhetorik. Zu jedem Baustein finden sich zahlreiche praktische Übungen, die einzeln oder in der Gruppe, angeleitet oder im Selbststudium durchgeführt werden können.

Dr. phil. Klaus Pawlowski, Akademischer Oberrat i. R., leitete den Arbeitsbereich Sprecherziehung an der Universität Göttingen, ist als Referent in den Bereichen Wirtschaft, Verwaltung und Medien tätig.

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Leseprobe

Kapitel 2    Jetzt rede ich!

7. Baustein

Das Fundament – Systematik der Rede-Rhetorik

  TIPP  

Die klassische Rhetorik nach Cicero und Quintilian hat für die Rede-Rhetorik eine Systematik entwickelt, die noch heute ein ausgezeichnetes Instrumentarium zur Vorbereitung einer Rede darstellt. Sie ist aber auch zur Analyse von Reden sehr gut geeignet und gibt uns damit eine gute systematische Grundlage für ein Feedback in Redeseminaren.

Zur Sache

Die Redevorbereitung

Cicero empfiehlt folgende Vorbereitungsschritte:

inventio: Die Suche nach den geeigneten Redeinhalten. WAS sage ich?

dispositio: Die Gliederung der Rede. Wie ordne ich diese Inhalte?

elocutio: Wie ist die sprachliche Gestaltung der Rede? (Sprachstil: Syntax, Wortwahl).

actio: Der Sprechstil. Wie präsentiere ich diese Rede?

memoria: Wie gestalte ich mein Redemanuskript?

Die Redeanalyse

Aus dieser Systematik ergeben sich die Analyse- und Feedback-Kriterien. Wir unterscheiden da zwei Beobachtungsebenen:

1. die Verständlichkeit,

2. die Wirksamkeit.

Die folgende Tabelle könnte zu Beginn eines Rede-Seminars vorgestellt und dann für alle sichtbar (auf einem Flipchart, an der Wand) veröffentlicht werden. So bekommen die Feedbacks der Teilnehmer von vornherein eine klare Struktur.

Die Inhalte (inventio)

Verständlichkeit

– War das dem Wissensstand der Zuhörer angemessen?

Wirksamkeit

– Wurde das Interesse der Zuhörer getroffen / geweckt?

– Wurden ihre Einstellungen bedacht? (Waren die Inhalte zustimmungsfähig?)

Die Redegliederung (dispositio)

Verständlichkeit

– Ist der Aufbau klar/übersichtlich?

– Wurden die Hörer von einem Gedanken in den nächsten „geführt“? (Operatoren / Überleitungen / Anknüpfungen)

Wirksamkeit

– Wurde die Bereitschaft zum Zuhören gefördert?

– Wurde Spannung aufgebaut und gehalten?

Der Sprachstil (elocutio)

Verständlichkeit

– Sprechstil oder Schreibstil?

– Syntax

– Satzlänge

– Komplexität der Sätze

– Wortwahl

– dem Wissensstand / den sprachlichen Voraussetzungen der Hörer entsprechend (z. B. Fachsprache)?

– anschaulich?

Wirksamkeit

– Gab es überraschende sprachliche Wendungen / Pointen?

Die Präsentation (actio)

Verständlichkeit

– Wurde gut artikuliert?

– Waren Sprechtempo und Pausen angemessen?

– Haben zusätzliche Visualisierungen das Verstehen erleichtert?

Wirksamkeit

– Wurde die Bereitschaft zum Zuhören gefördert?

– Wurde die Zustimmungsfähigkeit gefördert? Wurden die Hörer „mitgerissen“, „begeistert“?

– War die Körpersprache angemessen und wirkungsvoll?

– Blickkontakt

– Gestik, Mimik

Das Manuskript (memoria)

War das vorliegende Redemanuskript eine brauchbare Grundlage?

Empfehlungen zur Gestaltung eines Redemanuskriptes werden wir im Baustein 10 erörtern.

Nach: Cicero: Vom Redner. Übersetzt und herausgegeben von Raphael Kühner, (tredition) Hamburg 2011

Die Redetypen

Wir unterscheiden je nach Anlass und Ziel drei Redetypen:

Die Sachrede

(z. B. Vortrag, Vorlesung, Referat)

Redeziel: primär kognitiv

Vermittlung von Informationen, Wissen, Fakten.

Anregung zum Mitdenken.

Die Meinungsrede (Überzeugungsrede)

(z. B. politische Rede, Predigt, Werberede)

Redeziel: primär kognitiv-emotional

Vermittlung von Meinungen und Wertungen

Anregung zum Mitdenken (Mitwerten) und Mitfühlen.

Aufforderung zum Mithandeln, zum „Mit-dabei-Sein“.

Anlassrede

(z. B. Einweihungsrede, Trauerrede, Jubiläumsrede, Geburtstagsrede, Festrede) Ziel: primär emotional

Vermittlung von Emotionen, Anregung zum Mitfühlen.

   Für detailliertere Informationen: Ueding, G., Steinbrink, B. 2011.

8. Baustein

Das linke Wort am rechten Platz – Wortwahl

Zur Sache

In diesem Baustein schlagen wir Übungen zur sprachlichen Gestaltung einer Rede vor, also zur elocutio.

Abb. 8: Flimmerkiste

Welchen Begriff verwenden Sie, wenn von dem abgebildeten Gerät die Rede ist? Wahrscheinlich werden Sie in verschiedenen Situationen unterschiedliche Aus drücke gebrauchen. Am Abend zu den Kindern: „Die Flimmerkiste wird heute nicht eingeschaltet!“ Am Telefon zum Reparaturdienst: „Unser Fernseher geht nicht mehr.“

Zwei Grundprinzipien der Rhetorik spielen bei der Auswahl der Begriffe eine wichtige Rolle: die Verständlichkeit und die Wirksamkeit.

Zur Verständlichkeit:

Fragen Sie in Ihrem Bekanntenkreis nach, wer von ihnen ein audiovisuelles Flüssigkeitskristallgerät kennt. Sicherlich ist die häufigste Antwort: „Verstehe ich nicht ...“

Noch deutlicher wird dieser Sachverhalt, wenn man Zeuge eines Fachgespräches wird. Z. B. unter Zimmerleuten: Da geht es um Fette, um Riegel, um Stiele, die man mit Hilfe von Zangen unters Rehm setzen will oder so ähnlich.

Und wie herrlich ist es, wenn man als Laie zwischen Computerfreaks sitzt. Oder sich ohne Vorkenntnisse ein elektronisches Gerät kaufen will.

Spezialvokabular beweist ohne Zweifel die enorme Fachkompetenz eines Referenten, aber es ist meistens nur für sehr wenige Zuhörer verständlich, oder man braucht als Zuhörer viel Zeit zum Verstehen und gerät beim Zuhören in Rückstand.

Zur Wirksamkeit:

Nehmen wir das Wort „Sommerferien“. Dieses Wort hat, zumindest auf Lehrer und Schüler, eine sehr deutliche Wirkung: Es ruft positive Gefühle und Assoziationen hervor Eine ganz andere Wirkung hat z. B. das Wort „Krankheit“. Die Wirksamkeit einzelner Wörter oder Wortverbindungen ist darin begründet, dass sie nicht nur eine nüchterne Bedeutung haben, sondern einen „Bedeutungshof“. Er umgreift typische Zusammenhänge, in denen uns das Wort begegnet. In ihm wird nicht nur unser Wissen aktiviert, sondern es werden auch Gefühle und Wertungen geweckt. Wörter werden gezielt eingesetzt (oder auch neu geprägt), weil sie bestimmte Gefühle und Wertungen freisetzen, weil sie geeignet sind, Fakten zu verschleiern, zu verharmlosen und zu beschönigen oder zu verstärken, zu verunglimpfen und negative Assoziationen dazu zu produzieren.

Euphemismen (Beschönigungen, Verschleierungen): Entsorgungspark für Atommülldeponie, alternative Verhörmethoden für Folter, Freistellung für Entlassung, Beschäftigungsschwund für Steigerung der Arbeitslosigkeit.

Suchen Sie weitere Beispiele.

Pejorationen (Abwertungen, Verunglimpfungen): Makkaronifresser, Jüngelchen, Pfaffe, Betschwester.

Sie finden bestimmt weitere Beispiele.

Trainingsformen

Das Fachsprachenspiel

„Die voluminöse Expansion des subterraren Agrarproduktes der Spezies „solanum tubero-sum“ steht in reziproker Relation zur intellektuellen Kapazität des es produzierenden agrar-ökonomischen Individuums.“

Na klar? Hinter dieser Fremdwortkaskade versteckt sich das Sprichwort vom dümmsten Bauern mit den dicksten Kartoffeln.

In der Gruppe wird ein Spiel daraus: Jeder fertigt die „Übersetzung“ eines Sprichwortes oder eines Liedanfanges an. Anschließend werden die Texte in der Gruppe von ihrem Urheber vorgelesen.

Rhetorische Erkenntnisse

Spezialvokabular macht nur dem Spaß, der es auch versteht. Wenn Sie Ihre Zuhörer erreichen wollen, müssen Sie Wörter und Umschreibungen wählen, die diese Zuhörer auch verstehen!

Wortfeldspiele

Variante A:

Suchen Sie möglichst viele andere Begriffe (Synonyme) für die Verben sterben, gehen, sprechen, leben ...

Variante B:

Suchen Sie Synonyme für Lehrer, Fahrrad, Auto, Hund, Wohnung ... Natürlich auch aufwertende, abwertende und verschleiernde!

Methode: Brainstorming. Sammeln Sie diese Begriffe auf dem Flipchart. Sprechen Sie über die (oft feinen) Bedeutungsunterschiede

Welche Gefühle und Assoziationen lösen die einzelnen Begriffe aus?

In welchen Zusammenhängen (Situationen) sind welche Wörter angemessen? (Sätze bilden).

Das Verfremdungsspiel

Ein junger Mann mit Plastiktasche geht mit schnellem Schritt auf ein hübsches Mädchen zu, das auf einer Bank im Stadtpark sitzt. Er beugt sich zu ihr hinunter, flüstert ihr Zärtlichkeiten ins Ohr und zieht sie am Arm hoch. Sie lächelt, streichelt ihm durch das Gesicht und geht mit ihm untergehakt davon.

Ersetzen Sie alle fett gedruckten...

Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Inhalt5
Vorwort7
Kapitel 1 Voru¨bungen9
1. Baustein: Wie sag ich’s? – Feedbackregeln9
2. BausteinWer mit wem woru¨ber? – Die Sprechsituation10
3. BausteinWer fragt, der fu¨hrt! – Fragestrategien15
4. BausteinDer Sache auf den Grund gehen – Argumentation26
5. BausteinStrickmusterempfehlungen – Argumente strukturieren41
6. BausteinBestricken und umgarnen – Argumentationen anwenden54
Kapitel 2 Jetzt rede ich!67
7. BausteinDas Fundament – Systematik der Rede-Rhetorik67
8. BausteinDas linke Wort am rechten Platz – Wortwahl70
9. BausteinGut verständlich – Schreiben fu¨rs Sprechen75
10. BausteinDer sanfte Weg zum Stichwortzettel –Strukturiert aufschreiben81
11. BausteinDer Wein sei trocken, nicht die Rede – Anschaulichkeit88
12. BausteinEs war einmal … – Erzählen91
13. BausteinDu nuschelst so! – Artikulation97
14. BausteinWenn der den Mund aufmacht … –Sprecherische Eigenheiten101
15. BausteinDer Ton macht die Musik – Sprechausdruck108
16. BausteinSo seh ich Dich – Körpersprache113
17. BausteinIch trau’ mich nicht! – Redeangst119
Kapitel 3 Informieren,u¨berzeugen, feiern123
18. BausteinDie Sachrede123
19. BausteinDie Meinungsrede137
20. BausteinDie Anlassrede149
Kapitel 4 Etwas Theorie154
Literatur162
Bildnachweis163

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