Die beiden Begriffe „wirtschaftliche Diversifizierung“ und „Stadtentwicklung“ bilden den Rahmen der vorliegenden Arbeit. Vorab muss deshalb deren Verständlichkeit geklärt werden und der Bezug zur Problemstellung hergestellt werden. Anschließend steht die Vorgehensweise im Fokus der Betrachtung, der ein Überblick über den Aufbau der Arbeit folgt.
Unter „Stadtentwicklung“ versteht man die Genese einer Stadt, von ihren Anfängen bis zur Gegenwart oder während einer bestimmten Epoche.[1] Für Dubai und andere Länder, die mithilfe von Erdöleinnahmen ihre Infrastruktur weitreichend ausbauten, wurde von Cordes und Bonine der Begriff der „Oil-Urbanization“ eingeführt.[2] Für die Anfänge der Stadtentwicklung nach den Erdölfunden von 1970 bis 1990 ist dieser Termini zutreffend, in den letzten Jahren hingegen hat die Bedeutung der Einnahmen aus dem Erdölexport stark abgenommen und infolgedessen auch deren Bedeutung auf die Genese Dubais.
Vielmehr wurde das Emirat in den letzten Jahren von den Projekten der wirtschaftlichen Diversifizierung geprägt. Dies bedeutet die Durchführung von Maßnahmen zum Abbau von einseitigen Strukturen.[3] Im Untersuchungsraum hat sich dieser Prozess in weiser Voraussicht vollzogen, nachdem bereits um 1980 erste Prognosen die Erschöpfung der Erdölquellen für 2020 vorhersagten, weswegen Dubai seit diesem Zeitpunkt versucht der ökonomischen Monostruktur und somit der Abhängigkeit vom Erdöl entgegenzuwirken und andere Wirtschaftsbereiche als den Erdölsektor forciert, um die Stabilität des Emirats zu gewährleisten.[4]
Nachdem die Maktoum Familie[5] die Wirtschaft des Emirats erfolgreich diversifizierte und der Beitrag des Erdöls am BIP nur noch marginal ist, gilt der Untersuchungsraum als Vorbild für andere Staaten und Städte im arabischen Raum, die versuchen wie Dubai ihre Wirtschaft zu diversifizieren. Welche Auswirkungen die dazu benötigten Maßnahmen jedoch auf das Stadtgebiet haben, fand in der wissenschaftlichen Literatur, aufgrund der Aktualität der Thematik, bis jetzt kaum Berücksichtigung, weshalb die vorliegende Untersuchung versucht diesen Sachverhalt in Bezug auf die Stadtentwicklung und die Verkehrsinfrastruktur zu klären.
Während eines neuntägigen Aufenthalts in Dubai wurde anhand der qualitativen Methoden: Beobachtungen und Interviews die Basis für die vorliegende Arbeit gelegt. Nach dem Aufenthalt wurde die quantitative Methode verwendet. Die genauere Vorgehensweise wird im folgenden Abschnitt erläutert.
Abbildung 3: Warteschlange
Beobachtungen waren in der Explorationsphase die Methode um erste Erkenntnisse über den Untersuchungsraum zu gewinnen. Hierzu wurden aufgrund der Größe des Gebiets von 70 Kilometer Länge mehrere Taxi- und Busfahrten durchgeführt. Diese waren der weiteren Untersuchung förderlich, da bei Auffälligkeiten bei anderen Fahrgästen beziehungsweise den Taxifahrern nachgefragt werden konnte. Außerdem wurden kleinere Gebiete, wie Mankhool, Al Karama, die ersten Kilometer der Sheikh Zayed Road (vom Zabeel Park bis zum Burj Dubai), Al Qusais und die Altstadtgebiete entlang des Creeks, zu Fuß erkundet, wobei beispielsweise auf die Gebäudehöhe, Funktion, Altersstruktur, Verkehrsinfrastruktur und weitere städtebauliche Merkmale geachtet wurde. Weitere Besonderheiten, die nicht Teil der eigentlichen Untersuchung waren wurden, wenn sie als typisch für den Raum eingestuft wurden, auch in den Datenbestand aufgenommen. So ist zum Beispiel die Beobachtung von langen Warteschlangen für Taxis gemacht worden, diese aber eher banale Gegebenheit kann in Dubai als Indikator für den Erfolg von Messen und Einkaufszentren herangezogen werden.[6]
Die Beobachtungen waren Basis für die qualitativen Interviews, da aufgrund der entstandenen Daten ein Schema für die Interviews erstellt wurde und nach Besonderheiten gezielt nachgefragt werden konnte.
Nach dem Aufenthalt wurde weiterhin auf Beobachtungen zurückgegriffen. So wurde zum Beispiel die Entwicklung der Sheikh Zayed Road anhand des Instrumentes der Fotos nachvollzogen und die Abbildungen 24, 25, und 41 wurden unter der Verwendung von Luftbildern erstellt.[7]
Die Führung der Interviews ist den Merkmalen der qualitativen Methodologie: Offenheit, Kommunikativität, Naturalistizität und Interpretativität gefolgt.[8] Die Vorgehensweise bei der Durchführung der Interviews wird nun erläutert.
Die Gespräche haben in alltäglichen Situationen der Betroffenen stattgefunden, eine Aufzeichnung auf Tonband war von fast allen Personen nicht gewünscht, oder aufgrund der vorherrschenden Bedingungen im Bus oder auf der Straße nicht möglich.[9] Bei der Auswahl des Samples wurden Einheimische, Migranten verschiedener sozioökonomischer Stellung, Experten und Touristen herangezogen, wodurch in der vorliegenden Untersuchung ein breites Spektrum an verschiedenen Meinungen repräsentiert wird.
Die Interviews folgten immer demselben Muster. Anfangs wurde den Betroffenen der Zweck der Befragung dargelegt, hierbei war das Vorliegen der Bestätigung von Herrn Prof. Dr. E. Struck, in dem erklärt wurde, dass der Aufenthalt im Zuge einer wissenschaftlichen Arbeit stattfindet, sehr hilfreich. Zudem wurde versucht die Gesprächssituation möglichst natürlich zu gestalten, um das Vertrauen des Betroffenen zu gewinnen.[10] Im weiteren Verlauf wurde nach persönlichen Daten, die die Herkunft, den aktuellen Wohnort in den VAE und ihre berufliche Tätigkeit umfassten, gefragt. Anschließend wurde explizit nach der wirtschaftlichen Entwicklung, der Genese der Stadt und der Verkehrssituation gefragt. Die Abfolge der drei Fragestellungen wurde den Antworten der interviewten Person angepasst, oder aufgrund des Hintergrunds des Betroffenen ausgelassen. Dies war zum Beispiel der Fall, wenn Touristen zum ersten Mal im Untersuchungsraum waren, oder Migranten vor Kurzem nach Dubai gekommen sind und ihnen die Stadt vor der Ankunft weitestgehend unbekannt war.
Bei Experteninterviews wurde die Person des Befragten nicht berücksichtigt, im Mittelpunkt ist nur sein Spezialgebiet gestanden, weswegen die Fragen nach persönlichen Daten und andere Themengebiete nicht angesprochen wurden.[11]
Die Daten von verschiedenen Quellen, wie der Behörde für Statistiken in Dubai, wurden gesammelt, geordnet, systematisiert und ausgewertet.[12] Sind diese Schritte vollzogen gewesen, wurden Überlegungen angestellt, inwieweit die erhobenen Daten für die Untersuchung relevant sind und wie sie am besten dargestellt werden können. Hierbei wurde auf die Erstellung von Karten und Tabellen zurückgegriffen, wobei erstgenannte aufgrund ihrer leichteren Verständlichkeit und Übersichtlichkeit präferiert wurden.
Am Beispiel der Erhebung der Staumeldungen wird auf die angewandte Methode genauer eingegangen. Auf der Homepage der Gulf News lagen täglich aktuelle Verkehrsmeldungen vor.[13] Diese wurden vom 28. Mai 2008 bis zum 28. Juni 2009 101-mal erfasst. Jedes Auftreten einer Straße bei den Meldungen wurde in einer Excel-Tabelle mit Datum und Uhrzeit, wie in Abbildung 34: „Staumeldungen“ dargestellt, vermerkt. Nach Abschluss der Erhebung folgte die Auswertung der Daten, abschließend wurden die Ergebnisse in eine Karte übertragen, die einen Überblick über das Verkehrsaufkommen in Dubai gibt.
Abbildung 4: Verkehrsmeldungen[14]
Nach dem Literaturstudium und den ersten Beobachtungen ist die Problemstellung der Arbeit entstanden, die auf den drei folgenden Fragen basiert.
1. Wie hat sich die wirtschaftliche Diversifizierung in Dubai vollzogen/vollzieht sich?
2. Welche Auswirkungen auf die Stadtentwicklung hat/hatte dieser Vorgang?
3. Inwieweit wurde die Verkehrslage beeinträchtigt und welche Maßnahmen wurden seitens der Regierung getroffen, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden?
Der Aufbau der Arbeit folgt der dargestellten Fragestellung....