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Was Sie von Flugbegleitern über Führung, Teamwork und Kundenkontakt lernen können

AutorThomas Gelmi
VerlagWiley-VCH
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl220 Seiten
ISBN9783527811212
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis17,99 EUR


Thomas Gelmi ist Spezialist fur Selbst- und Beziehungskompetenz und arbeitet unter dem Label Thomas Gelmi InterPersonal Competence als Executive Coach, Trainer und Berater - von Europa bis in die USA und Kanada, uber die Golfstaaten, Sudostasien bis hin nach Australien - fur Unternehmen unterschiedlichster Gro?e und verschiedenster Branchen. Darunter sind Firmen wie Siemens, Credit Suisse oder Ford. Fur diese langjahrige Tatigkeit greift er unter anderem auf seine Erfahrungen aus drei besonderen Lebensstationen zuruck: sieben Jahre bei Swissair, weltweite Fuhrung und Ausbildung internationaler Kabinenbesatzungen; acht Jahre als operativer Leiter in einem international tatigen Beratungsunternehmen mit Schwerpunkt Fuhrungsentwicklung im Verkauf. Und ebenso insgesamt neun Jahre berufsbegleitend in diversen Care-Institutionen (Swissair Emergency Care Team, Carelink) als Teamleiter und ausgebildeter Spezialist fur die Erstbetreuung (Caregiver) von Betroffenen bei Unglucken und in Extremsituationen.

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Leseprobe

Check-in


Bevor ich meine Berufung gefunden habe, probierte ich erst ein paar andere Dinge aus und habe deshalb heute ziemlich bunte Meilensteine in meiner Biografie stehen. Einer dieser Meilensteine bildet zusammen mit meinen Erfahrungen der letzten 15 Jahre den roten Faden für dieses Buch: Meine Zeit bei Swissair, der ehemaligen Schweizer Luftfahrtgesellschaft. Während insgesamt sieben Jahren arbeitete ich für Swissair. Von 1994 bis ins Jahr 2001, als die gesamte Flotte nach dem Grounding am Boden stand und aus den Überresten der Swissair und der damaligen Crossair die Swiss International Airlines gegründet wurde, die heute zum Lufthansa-Konzern gehört.

Bei Swissair war ich als Maître de Cabine unterwegs, bei anderen Airlines auch Purser, oder auch Inflight Manager genannt. Als M/C – so lautete die Kurzform – war ich zusammen mit meinen Crews verantwortlich für die Passagiersicherheit, sowie für eine herausragende Servicequalität in allen Klassen an Bord. Dabei war ich auf dem ganzen internationalen Streckennetz unterwegs, von L.A. bis Tokyo und von Oslo bis Kapstadt. Ich führte buntgemischte Besatzungen mit hoher Diversität, sowohl kulturell, als auch in Bezug auf Alter und beruflichem Hintergrund. Wir waren wirklich ein bunter Haufen und obwohl wir zuletzt rund 3500 Flight Attendants waren, fühlten wir uns wie in einer großen Familie.

Eine noch höhere Diversität erlebte ich mit unseren Passagieren, die sprichwörtlich aus der ganzen Welt kamen. In dieser Zeit lernte ich viele spannende Persönlichkeiten kennen und habe so sehr viel über die Menschen gelernt. Aus diesen Erfahrungen schöpfe ich auch heute noch, besonders für meine berufliche Tätigkeit.

Ich gehe davon aus, dass Sie schon einmal in einem Flugzeug gesessen haben und die Situation kennen: Sie sitzen auf rund 10000 Metern Flughöhe mit – je nach Flugzeugtyp – einigen wenigen bis über 800 anderen Menschen. Auf engstem Raum. In einer eigentlich sehr unnatürlichen Situation, welche die meisten Menschen in der einen oder anderen Form als Stress erleben: In Anbetracht der teils engen Platzverhältnisse, der Tatsache, dass man außerhalb des Flugzeugs keine Überlebenschance hätte sowie allfällig auftretenden Turbulenzen, kann manchmal schon den Charakter einer bedrohlichen Ausnahmesituation entstehen. Viele Menschen haben an Bord eines Flugzeugs zudem das Gefühl, »ausgeliefert« zu sein. Das heißt, es ist eine gewisse Anspannung da, die sich von Mensch zu Mensch ganz unterschiedlich äußert: Der eine redet viel, der andere trinkt viel und wieder andere werden ganz still oder sehr fordernd.

Diese mit Menschen vollgepackte, fliegende Röhre ist eigentlich wie eine kleine Firma, mit allem was dazu gehört: Es gibt direkten Kundenkontakt, es gibt Teams, die in unterschiedlichen Funktionen und über verschiedene Abteilungen zusammenarbeiten und es wird auf unterschiedlichen Ebenen geführt. Die Kabinenbesatzung hat in diesem System eine Doppelrolle: einerseits das Gewährleisten der Passagiersicherheit an Bord und andererseits die Passagierbetreuung im Sinne einer Serviceleistung. Und obwohl in der Wahrnehmung der meisten Passagiere die Servicerolle im Vordergrund steht, so hat die Sicherstellung der Passagiersicherheit die höhere Priorität. Mehr noch: Sie ist der eigentliche Grund, weshalb es überhaupt Flight Attendants an Bord gibt. Die Luftfahrtbehörden schreiben eine Minimum-Crew vor, die abhängig ist von der Anzahl der Türen und Notausgänge sowie der Anzahl der Passagiere. So muss beispielsweise gewährleistet sein, dass ein voll besetztes Flugzeug jederzeit innerhalb von 90 Sekunden mit nur der Hälfte der verfügbaren Notausgänge vollständig evakuiert werden kann.

Und so stellt dieser häufig unterschätzte Beruf große Herausforderungen an die Selbst- und Beziehungskompetenz der Crewmitglieder. Besonders der Begriff »Unruly Passenger« war leider in den letzten Jahren meiner Tätigkeit bei Swissair immer häufiger gefallen: Ein Passagier galt als unruly, wenn er die Anweisungen der Kabinenbesatzung wiederholt missachtete, das Personal beleidigte oder sich weigerte, die Vorschriften zu befolgen. Knapp die Hälfte aller Fälle ging auf das Konto von Alkohol- und Tabakkonsum – trotz Rauchverbot an Bord. Da kam es auch schon mal zu Pöbeleien und Angriffen auf die Kabinenbesatzung. Die internationale Passagiervereinigung (IAPA) sprach schon 2001, als ich Swissair verließ, von jährlich 50000 weltweiten Vorfällen. Alleine in diesem Jahr hatten sich an Bord von Swissair-Flugzeugen 572 Zwischenfälle mit Unruly Passengers ereignet, was einer Verdoppelung gegenüber 1996 entsprach – dem Jahr, in dem man begonnen hatte, ungebührliches Verhalten von Fluggästen statistisch zu erfassen.

In diesem besonderen Umfeld galt es, Probleme vorauszuerkennen – sowohl technischer als auch zwischenmenschlicher Art. Schwierigkeiten zu antizipieren und rechtzeitig zu deeskalieren. Es galt im übertragenen Sinne, möglichst viel pro-aktiven Brandschutz zu betreiben, um möglichst wenig reaktiv Feuer löschen zu müssen. Wenn Probleme tatsächlich auftraten, galt es, diese zu lösen – und zwar schnell. Ohne in der Lage zu sein, Hilfe von außen zu holen. Und unter Erhalt der Beziehung, denn jede Form der Eskalation hätte schnell außer Kontrolle geraten können.

Mehr Menschlichkeit


Heute beschäftige ich mich mit den Herausforderungen, die Führungskräfte und Mitarbeiter in anderen Unternehmen zu bewältigen haben. Für viele dieser Unternehmen ist die Situation in den letzten Jahren immer volatiler, unsicherer, komplexer und unberechenbarer geworden. Dazu kommt, dass ein großer Teil der Arbeitszeit von Führungskräften und Mitarbeitern in Unternehmen für die Bewältigung von Konflikten und deren Folgen in Anspruch genommen wird. Unkooperatives Verhalten und eskalierte Konflikte belasten Unternehmen jährlich mit Unsummen und potenzielle Gewinne der Wirtschaft werden durch solche Reibungsverluste vernichtet.

Mehr Menschlichkeit in der Führung und Zusammenarbeit ist das, was aus meiner Sicht – und mittlerweile auch der einer zunehmenden Anzahl anderer Menschen – nötig ist. Dabei geht es nicht um einen Wohlfühlkurs oder darum, einfach auf anderen Wegen noch mehr aus den Mitarbeitern – den »Humanen Ressourcen« – herauszupressen. Vielmehr geht es um eine menschliche Grundhaltung, die geprägt ist von Wertschätzung und Respekt im gegenseitigen Umgang. Menschlichkeit, die sich in den kleinen und großen Dingen der täglichen Zusammenarbeit äußert. Eine Grundhaltung der Menschlichkeit, die ihren Ursprung in jeder einzelnen Führungskraft und jedem Mitarbeitenden hat und deshalb eine hohe Selbstkompetenz als Basis voraussetzt.

Eine so geprägte Kultur ist die Voraussetzung für eine emotionale Bindung von Mitarbeitenden an das Unternehmen – was wiederum im direkten Zusammenhang steht mit der emotionalen Bindung der wichtigsten Menschen, mit denen die Mitarbeitenden in Kontakt kommen: die Kunden. Denn in Zeiten immer höherer Vergleichbarkeit von Produkten und Leistungen machen die Mitarbeitenden letztlich den Unterschied im Kundenerlebnis und werden somit zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Denn nur zufriedene und engagierte Mitarbeitende, die sich mit dem Unternehmen und seinen Leistungen identifizieren, können ihren Fokus nach außen richten, zum Kunden, und ihn dort echte, authentische Kundenorientierung erleben lassen. Die Qualität der Führung trägt dazu ganz wesentlich bei.

Was wäre, wenn Mitarbeiter und Führungskräfte in der Lage wären, durch mehr Selbst- und Beziehungskompetenz sowie sorgfältigeres Kommunizieren und Kooperieren die Anzahl der Konflikte maßgeblich zu reduzieren? Was wäre, wenn Mitarbeitende in Unternehmen mit akuten Konflikten deeskalierend umgehen könnten? Und welche Auswirkungen hätte das auf die Produktivität und Profitabilität der jeweiligen Unternehmen?

Nun, ich habe gute Neuigkeiten für Sie – besonders wenn Sie glauben, dass es hier um »Soft Skills« geht. Denn es geht hier nicht um »nice to have«, sondern letztendlich um eine Erhöhung des wirtschaftlichen Erfolgs und damit durchaus um harte Fakten.

Wir sind alle Dienstleister


Ich bin der Überzeugung, dass eine Dienstleistungs- und Serviceorientierung als Grundhaltung viele Vorteile bringt, viele Türen öffnet und gerade in Bezug auf Führung und Zusammenarbeit ein zentraler Erfolgsfaktor ist. Dabei muss Dienstleistung nichts Unterwürfiges haben, wie es für manche Menschen vielleicht den Anschein hat. »We are Ladies and Gentlemen, serving Ladies and Gentlemen« ist das zentrale Motto für alle Angestellten der renommierten Ritz-Carlton-Hotelkette und beschreibt damit eine Dienstleistung auf Augenhöhe, um die es mir hier geht.

Wenn Sie für Ihren Vorgesetzten eine Arbeit erledigen, sind Sie Dienstleister für Ihren Vorgesetzten. Wenn Sie für Ihre Kollegen bestmögliche Arbeit machen, sind Sie Dienstleister für Ihre Kollegen. Man kennt heute sogar den Begriff des »Servant Leadership«, also der dienenden Führung, denn auch aus Sicht des Vorgesetzten...

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