Prozessorientierter Ansatz
Der prozessorientierte Ansatz spielt bei der Umsetzung der Anforderungen aus dieser Norm/Richtlinie eine entscheidende Rolle. Die Prozesse lassen sich ganz grob in folgende zwei Prozessbereiche gliedern:
Abbildung 1: Prozessbereiche
(Die Numerierung in der oberen Grafik und in den folgenden Grafiken bezieht sich auf die Numerierung der Abschnitte der Norm ISO 9001:2015)
- Einrichtungsinitiierte Prozesse und
- Kundeninitiierte Prozesse
Die einrichtungsinitiierten Prozesse behandeln alle Prozesse einer Bildungseinrichtung, die sich auf Führung, Planung, Unterstützung, Bewertung und Verbesserung beziehen. Es sind dies die wertschaffenden und wertstützenden (Führungs- und Unterstützungsprozesse).
Die kundeninitiierten Prozesse beziehen sich auf das Kundenbeziehungsmanagement, das Produkt-Lifecycle-Management und das Lieferketten-Management. Damit sind alle Prozesse gemeint, die sich auf den Fokus „Kunden“ konzentrieren. Sie decken damit die wertschöpfenden Prozesse (Kernprozesse) ab.
Abbildung 2: Prozessorientierter Ansatz nach ISO 9001:2015
„Auf alle Prozesse und auf das Qualitätsmanagementsystem als Ganzes kann der Planen-Durchführen-Prüfen-Handeln-Zyklus angewendet werden. Abbildung 2 veranschaulicht, wie die Abschnitte 4 bis 10 in den PDCA-Zyklus eingebunden werden können.“ (ISO 9001:2015 Abschnitt 0.3.2)
Im Detail der Norm ISO 9001:2015 bedeutet das:
Abbildung 3: Prozessübersicht im Detail
Risikobasiertes Denken
Mit der Revision von ISO 9001:2015 hat der risikobasierte Ansatz einen neuen Stellenwert innerhalb des Qualitätsmanagements in Bildungseinrichtungen erhalten. Oft werden Risiken allgemein eher negativ betrachtet, doch sie eröffnen auch große Chancen.
Eine der wichtigsten Veränderungen der revidierten ISO 9001:2015 ist die Etablierung eines systematischen Ansatzes zur Risikobetrachtung, anstatt Risiken als eine einzelne Komponente eines Qualitätsmanagementsystems zu betrachten.
In früheren Ausgaben von ISO 9001 wurde ein eigener Abschnitt über vorbeugende Maßnahmen, getrennt von den anderen Abschnitten, beschrieben. Jetzt wurde die Risikobetrachtung in den Standard aufgenommen.
Risikobasiertes Denken ist etwas, was wir alle automatisch tun und bereits Teil des Prozessansatzes.
Die ISO 9001:2015 definiert Risiko als die Wirkung der Unsicherheit auf ein zu erwartendes Ergebnis.
- Ein Effekt ist eine Abweichung von dem erwarteten Ergebnis - positiv oder negativ.
- Risiko betrachtet das, was passieren könnte und was die Wirkung dieses Ereignisses sein könnte.
- Risiko bedenkt auch die Wahrscheinlichkeit des Auftretens.
Das Ziel eines Managementsystems ist, Konformität und Kundenzufriedenheit zu erreichen.
Die ISO 9001:2015 nutzt den Ansatz zum risikobasierten Denken, um dieses in der folgenden Art und Weise zu erreichen:
- Abschnitt 4 (Kontext): … und muss die in Übereinstimmung mit den Anforderungen nach Abschnitt 6.1 bestimmten Risiken und Chancen behandeln.
- Abschnitt 5 (Führung) … indem sie (die oberste Leitung) die Anwendung des prozessorientierten Ansatzes und das risikobasierte Denken fördert.
- Abschnitt 6 (Planung):… muss die Organisation … die Risiken und Chancen bestimmen, die behandelt werden müssen, um …
- Abschnitt 9 (Leistungsbewertung) … muss die Organisation die Wirksamkeit durchgeführter Maßnahmen zum Umgang mit Risiken und Chancen bewerten.
- Abschnitt 10 (Verbesserung) … muss die Organisation Risiken und Chancen, die während der Planung bestimmt wurden, aktualisieren, falls erforderlich.
Warum ist der Einsatz risikobasierten Denkens für Bildungseinrichtungen wichtig?
Durch die Berücksichtigung der Risiken innerhalb der Organisation wird die Wahrscheinlichkeit wesentlich erhöht, dass die genannten Ziele verbessert und die Ergebnisse konsequenter umgesetzt werden. Die Kunden können sich so darauf verlassen, dass sie das erwartete Produkt oder die erwartete Dienstleistung auch erhalten.
Risikobasiertes Denken
- entwickelt eine solide Wissensgrundlage,
- entwickelt eine proaktive Verbesserungskultur,
- sichert Konsistenz der Qualität der Bildungsdienstleistungen
- verbessert das Vertrauen der Kunden und deren Zufriedenheit.
Erfolgreiche Unternehmen entwickeln intuitiv einen risikobasierten Ansatz, denn
- risikobasiertes Denken ist nicht neu,
- risikobasiertes Denken ist etwas, was Bildungseinrichtungen bereits tun,
- risikobasiertes Denken ist kontinuierlich,
- risikobasiertes Denken sorgt für mehr Wissen und Vorsorge,
- risikobasiertes Denken erhöht die Wahrscheinlichkeit der Erreichung der Ziele,
- risikobasiertes Denken reduziert die Wahrscheinlichkeit von schlechten Ergebnissen,
- risikobasiertes Denken macht Prävention zur Gewohnheit.
Durch einen risikobasierten Ansatz wird eine Organisation durch Verhütung oder Verringerung unerwünschter Wirkungen und die Förderung der kontinuierlichen Verbesserung proaktiv anstatt reaktiv. Vorbeugende Maßnahmen entstehen automatisch, wenn ein Managementsystem auf dem risikobasierten Ansatz beruht.
Verträglichkeit
Die Richtlinie zum DVWO Qualitäts-Siegel soll sich in bestehende Qualitätsmanagementsysteme integrieren. Daher wird gefordert, dass alle Grundsätze und Anforderungen dieser Systeme, wie zum Beispiel der DIN EN ISO 9001:2015, die diese Systeme in Bezug auf eine Dienstleistungsrealisierung stellen, grundsätzlich beachtet, eingehalten und aufrechterhalten werden.
Zusätzlich verlangt diese Richtlinie, dass ethische, arbeitsschutzrelevante, datenschutz- und datensicherungsrelevante Aspekte sowie didaktische und teilnehmerorientierte Grundsätze und einschlägige Richtlinien beachtet und angewendet werden, sofern sie nicht in den integrierten Qualitätsmanagementsystemen bereits gefordert werden.
Diese Grundsätze sind im Qualitätsmanagementsystem zu verankern und bei deren Überprüfung (Audit, Selbstbewertung usw.) nachzuweisen.
Die vorliegende Richtlinie ergänzt die DIN EN ISO 9001:2015 um die spezifischen didaktischen Anforderungen zur Leistungs- und Prozessbeschreibung von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen und geht dabei auf die Besonderheiten der Bildungsbranche ein.
Die Didaktik von Bildungsmaßnahmen lässt sich nur über die Beschreibung ihrer Prozesse darstellen. Aufgrund der Generalität des DVWO Qualitäts-Siegels ist es daher auch möglich, die Spezifikation nahtlos in andere, prozessorientierte Qualitätsmanagementsysteme (wie die AZAV oder DIN ISO 29990) zu integrieren.
Grundsätzliche Forderungen
Die Forderungen im Anhang dieser Richtlinie haben vorschreibenden Charakter; ihre Einhaltung und Umsetzung ist bei der Begutachtung entsprechend nachzuweisen.
- Die Anforderungen der Kompetenz-Pyramide müssen erfüllt werden (Anhang A).
- Die Strukturierung der Dienstleistungsrealisierung muss anhand der Informations-Verarbeitungs-Phasen erfolgen (Anhang C).
- Die Qualitätsziele müssen mit der Einteilung der Ziele im Lehr-/Lernprozess anhand des Inhalt-Lernziel-Schemas unter Verwendung der Kompetenz-Pyramide festgelegt werden (Anhang A und Anhang B).
- Die Bildungsmaßnahmen müssen in geschlossenen und/oder offenen Curricula festgelegt werden.
- Bei der Festlegung von offenen Curricula sollen operationalisierte Lernziele nach Mager [6] festgelegt werden.
- Die Bildungsdienstleistung muss einem Evaluationsprozess unterzogen werden (Anhang D).
Grundsätzlich können wir festhalten, dass die Organisationen durch die Revision der Qualitätsmanagement-Norm vor allem mehr Freiraum haben. Mehr Freiraum bedeutet aber auch mehr Verantwortung.
Das Managementsystem muss in die Geschäftsprozesse einer Bildungseinrichtung vollständig integriert werden. Dies betrifft sowohl die Forderungen der ISO 9001:2015...