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E-Book

Eigentlich bin ich ein super Typ

AutorMario Basler
VerlagEdel Sports - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl304 Seiten
ISBN9783841906861
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Nie waren Fußballer langweiliger als heute. Nie weiter davon entfernt, ihren Trainer um Beurlaubung zu bitten, um mit einem Pornostar eine Platte aufzunehmen, so wie Mario Basler einst mit Dolly Buster. Und nie war die Sehnsucht des Publikums nach 'Typen' mit Ecken und Kanten größer. Mario Basler war ein absoluter Ausnahmespieler und galt als Freigeist in einer Welt durchtrainierter Athleten. Er war Deutscher Meister, Pokalsieger, Nationalspieler und Europameister - und immer gut für Schlagzeilen. Öffentlicher Nikotin- und Alkoholkonsum, zur Schau gestellte Trainingsunlust, Interviews, die heute Megahits in sozialen Medien wären: Basler tat immer nur das, was er wollte. Eine Attitüde, die es bis heute unmöglich macht, diesen Mann nicht zu lieben oder zu hassen. Deshalb haben Youtube-Clips, in denen er als TV-Experte vom Leder zieht, mehr als eine halbe Million Aufrufe. Deshalb kommen fast 1000 Zuschauer zu seiner neuen Bühnenshow. Und deshalb werden alle, die sich nach einem Fußball sehnen, den es so vielleicht nie wieder geben wird, seine Autobiografie lieben.

Mario Basler, geboren 1968 in Neustadt an der Weinstraße, ist ehemaliger Fußballprofi, Fernsehexperte und Entertainer. Er spielte unter anderem beim 1. FC Kaiserslautern, Hertha BSC, Werder Bremen und FC Bayern München. Er ist Europameister, mehrfacher Deutscher Meister und Pokalsieger, Bundesliga-Torschützenkönig. 

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Leseprobe

PROLOG


BARCELONA


Noch eine Stunde bis zum größten Spiel meines Lebens. Heute ist der 26. Mai 1999 und draußen warten 90.245 Menschen im legendären Camp Nou von Barcelona auf den Anstoß. Das Finale der Champions League. Mein FC Bayern gegen Manchester United. Wer heute gewinnt, ist die beste Mannschaft Europas.

Auf der Toilette bin ich ungestört. Erstmal eine rauchen. Jeder hat seine Art, sich auf die nächste Partie vorzubereiten. Effe und Oli Kahn sind schon längst im Tunnel, für die zählen jetzt nur noch die kommenden 90 Minuten. Der lange Jancker schiebt sich die Schienbeinschoner zurecht. Der kleine Scholl lässt sich tapen. Und mittendrin Ottmar Hitzfeld, unser General. Ich mag ihn, ich respektiere ihn. Er ist ein hervorragender Trainer. Er lässt mich spielen. Und vor allem meine Kippe rauchen.

Die Zigarette ist fast runtergebrannt. Vermutlich denken ein paar der Jungs noch an die Mannschaftsbesprechung von heute Vormittag. „Die betrachten jeden Eckball als Torchance“, hatte Michael Henke unser Co-Trainer erklärt. „Die englischen Fans haben das verinnerlicht, die gehen bei jedem Eckball hoch, als gäbe es einen Freistoß direkt an der Strafraumgrenze.“

Ich gehe zurück in die Kabine. Völlig tiefenentspannt, ich bin null Komma null nervös. Warum auch? Ich liebe solche Spiele. Genau dafür wollten wir doch alle Fußballer werden. Aber ein paar der Jungs wirken nervös. Ich finde: Wer sich bei so einem Spiel in die Hosen scheißt, hat den Beruf verfehlt. Kann es etwas Geileres geben, als gleich vor 90.000 im Camp Nou das Champions-League-Finale zu spielen?

Fußball ist wie Theater. Und meistens spiele ich dabei die Hauptrolle. Eine bessere Bühne als das Camp Nou kann es nicht geben. Draußen sind die Leute schon am Kochen, wir können das bis in die Kabine spüren. Unsere Fans haben sich die Spider Murphy Gang als Vorband für dieses Spiel gewünscht, das ganze Stadion feiert den Skandal im Sperrbezirk: „Unter zwounddreißig sechzehn acht herrscht Konjunktur die ganze Nacht.“

Apropos. Die Nacht vor dem wichtigsten Spiel seiner Karriere hat Mario Basler an der Theke verbracht. Hier, in der Bar des Teamhotels, hat er Zigaretten geraucht und Weißbier getrunken und darauf gewartet, dass er müde wird. Um halb drei Uhr morgens nimmt sich Bayern-Manager Uli Hoeneß seinen Angestellten zur Brust.

„Wenn du jetzt nicht schlafen gehst, kannst du morgen auch nicht spielen!“

Antwort Basler: „Dann können wir auch nicht gewinnen.“

Endlich geht es raus aus der Kabine, rein in den Tunnel und dann aufs Spielfeld. Das ganze Stadion ist rot und weiß, was für eine geile Atmosphäre. Bei der Champions-League-Hymne bekomme ich eine Gänsehaut.

Die Meister

Die Besten

Les grandes équipes

The champions

Nach zweieinhalb Minuten komme ich das erste Mal an den Ball und kann mit der Hacke unseren ersten Angriff einleiten. Doch die Gefahr verpufft. In der vierten Minute kloppt Tanne Tarnat den Ball lang nach vorne, Jeremies schickt Jancker und der wird kurz vor der Strafraumkante gefoult wird. Freistoß für uns. Freistoß für mich. Her mit dem Ball.

Schmeichel postiert hektisch seine Mauer. Soll er nur. Ich weiß ganz genau, wohin ich schießen werde. Uniteds Keeper geht hundertpro davon aus, dass ich den Ball über die Mauer zirkele. Also hau ich ihm das Ding direkt auf seine Torwartecke. Wenn er nur den einen Schritt zur Seite macht, ist der Ball drin. Effe kommt zu mir, was will der denn jetzt? „Mario“, raunt er mir zu, „den musste nur über die Mauer heben!“ Von wegen.

Schiedsrichter Pierluigi Collina gibt den Ball frei. Markus Babbel schiebt Nicky Butt zur Seite und ich habe freie Bahn. Schmeichel hat tatsächlich den Schritt gemacht, er hat keine Chance. Rechts unten fliegt der Ball ins Tor. TOR! 1: 0! JAAA! Auf den Knien rutsche ich über den Rasen im Camp Nou und rein in die Herrlichkeit. Die Jungs stürzen sich auf mich. Nach sechs Minuten führen wir mit 1: 0 gegen Manchester United. Wir werden dieses Spiel gewinnen.

Alles läuft nach Plan an diesem Tag. Die frühe Führung hat Manchester verunsichert und uns nur noch stärker gemacht, wir zwingen United unser Spiel auf und sind ganz klar die bessere Mannschaft. Von David Beckham, Manchesters Wunderjunge, kommt in den ersten 45 Minuten so gut wie gar nichts, der ist eigentlich nur damit beschäftigt, Effes Wege zu stören. Mit dem 1: 0 geht es in die Kabine.

Wenige Minuten nach dem Wiederanpfiff passierte Folgendes: Basler schlägt eine Ecke auf den kurzen Pfosten, wo Andy Cole den Ball direkt zu Blomqvist köpft, dem sich nun die bislang beste Möglichkeit zu einem Konter bietet. Ein Großteil der Bayern befindet sich noch in der gegnerischen Hälfte, als der Schwede den Ball über die Mittellinie treibt und Blickkontakt zu Ryan Giggs aufnimmt, der auf der linken Seite durchgestartet ist. Doch aus dem rechten unteren Bildrand sieht man einen Münchener in hohem Tempo zurücksprinten. Kaum zu glauben, es tatsächlich Mario Basler, der als Fußballer viele Stärken besitzt, aber die Rückwärtsbewegung gehört ganz sicher nicht dazu. Doch das hier heute ist nicht Bayern gegen Duisburg oder Werder gegen Freiburg, sondern das Finale der Champions League und deshalb zieht Basler noch einmal an und grätscht den Steilpass von Blomqvist zehn Meter hinter der Mittelinie ins Seitenaus. 30.000 mitgereiste Bayern-Fans jubeln. Dass man das noch erleben darf.

Von Manchester kommt immer noch nichts. Im Zentrum räumen Jeremies und Effe alles weg, dahinter wartet unsere Dreierkette mit Kuffour, Tarnat und Linke und irgendwo dazwischen macht Lothar noch einmal ein großes Spiel. Nach einer Stunde spielt mir Jerry den Ball an der Mittellinie zu. Kurzer Blick nach oben. Wo ist Jancker, wo ist Zickler? Beide eng gedeckt. Wo ist Schmeichel? Natürlich noch immer viel zu weit vor dem Tor. Klar, dass ich es noch mal versuche. Schmeichel stolpert beim Zurücklaufen und fast wäre ihm die Kirsche schön hinten reingefallen.

An der Seitenlinie macht sich Ole Gunnar Solskjær warm, der Sohn eines früheren norwegischen Wrestling-Champions und im Frühjahr 1999 einer von Fergusons Edeljokern, dem in dieser Saison wettbewerbsübergreifend bereits 17 Tore gelungen sind.

Nach einem Kopfballgeplänkel im Mittelkreis tritt David Beckham Lothar Matthäus rüde über den Haufen, der Weltmeister von 1990 bleibt mit schmerzverzerrtem Gesicht liegen, kann aber weiterspielen. Erstmal.

Lothar ist 38 Jahre alt und seit 19 Jahren Nationalspieler. Eine lebende Legende, tausendmal verletzt, tausendmal wiedergekommen. Eine Maschine. Aber der Oberschenkel zwickt, es reicht nicht mehr für 90 Minuten. Vielleicht war das Tackling von Beckham heftiger, als ich dachte, aber scheinbar hat ihm das den Rest gegeben. Er gibt Handzeichen nach außen, will ausgewechselt werden. Lothar, denke ich, bleib drauf und lass uns das Ding nach Hause schaukeln! Doch es geht nicht mehr.

Bevor Lothar vom Platz geht, gelingt uns beinahe das 2:0. Effe spielt mir in der eigenen Hälfte den Ball zu, ich schmeiße den Turbo an, mache Beckham an der Mittellinie frisch, dribble an den Rand von Uniteds Strafraum, übergebe den Ball an Scholli und der überwindet Schmeichel fast mit einem herrlichen Lupfer. Verdammter Pfosten, verdammter Schmeichel. Noch immer 1: 0. Nur 1: 0.

Eine Minute später wechselt auch Alex Ferguson das zweite Mal. Seit der 67. Minute ist bereits Teddy Sheringham im Spiel. Jetzt bringt der Trainerfuchs Solskjær für Andy Cole. Kurz darauf schlägt Basler den Ball in die Mitte, von dort gelangt er zu Scholl, der ihn zwei Meter weiter nach vorne köpft, wo Carsten Jancker mit dem Rücken zum Tor steht. Sein Fallrückzieher kracht gegen die Latte.

Auf Bayerns Ersatzbank herrscht rege Betriebsamkeit. Betreuer schleppen Kisten aus den Katakomben. Darin: frische Trikots für die Siegerehrung und Baseballkappen mit der Aufschrift:

„Champions-League-Sieger 1999 – FC Bayern München“.

United wird jetzt stärker, unserer Defensive fehlt die Ordnung. Thorsten Fink ist noch nicht warm, Lothars Fehlen macht sich bemerkbar. Aber nicht mehr lange, dann sind wir durch. 89. Minute. Hitzfeld zeigt es an: Ich soll runter, Brazzo steht bereit. Langsam trabe ich vom Rasen, drehe an der Uhr und genieße den Applaus von den Rängen. Ich weiß es, die 90.245 wissen es, Hitzfeld weiß es: Der beste Mann geht vom Platz. In wenigen Minuten sind wir Champions-League-Sieger.

Die Nachspielzeit wird angezeigt. Drei Minuten. Auf der Bank greife ich mir eine von den Mützen. Mustere sie, setze sie kurz mal auf. Sitzt, wackelt und hat Luft.

Um exakt 22.30 Uhr Ortszeit bringt Gary Neville den Ball per Einwurf in den Bayern-Strafraum. Sammy Kuffour köpft das Leder in die Mitte, wo Beckham es kontrollieren kann, Scholl abschüttelt und auf links zu Neville durchsteckt. Mit seinem schwächeren linken Fuß bringt der Engländer eine Flanke in die Mitte, wo Stefan Effenberg mit einer Grätsche zur Ecke klärt. Die United-Fans schreien auf, Michael Henke bekommt eine Gänsehaut.

„Can Manchester United score?“, fragt der englische TV-Kommentator Clive Tyldesley, „they always score.“ Sie treffen doch sonst immer. Peter Schmeichel kommt mit nach vorne. Beckham bringt die Ecke rein, Schmeichel wirft sich mit seinen 95 Kilo ins Getümmel. Der Ball kommt zu Dwight Yorke, dem nur noch ein lascher Kopfball gelingt, direkt vor die Füße von Thorsten Fink. Fink muss den Ball jetzt nur noch volley aus der Gefahrenzone dreschen, so einen Ball spielt ein Verteidiger tausendmal in seinem Leben. Und 999-mal hat Fink den verdammten Ball auch voll erwischt...

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