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Eigentumsdelinquenz im Hochstift Bamberg im frühen 17. Jahrhundert

Eine Untersuchung ausgewählter Diebstahlsdelikte

AutorAndrea Franz
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl103 Seiten
ISBN9783640607143
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Geschichte Europa - and. Länder - Neuzeit, Absolutismus, Industrialisierung, Note: 2,0, Otto-Friedrich-Universität Bamberg (Lehrstuhl für Neuere und Neuste Geschichte), Sprache: Deutsch, Abstract: Entgegen der biblischen Ermahnung 'Du sollst nicht stehlen' wurden auszugsweise Zinnkannen, Tiere - wie Pferde, Fische oder Schafe - aber auch Kleidung und Nahrungsmittel - etwa Milch oder Sülze - sowie vieles mehr im Hochstift Bamberg im frühen 17. Jahrhundert unrechtmäßig entwendet. Was uns aus heutiger Sicht als Bagatelle bzw. Kleinkriminalität erscheint, wurde in der frühneuzeitlichen Gesellschaft, und so auch im Hochstift, als überaus ernstzunehmendes und ahndungswürdiges Verbrechen empfunden, in Form einer Halsgerichtsordnung normiert und mit der hohen Gerichtsbarkeit hart sanktioniert. Den Dieben, derer die Obrigkeit habhaft werden konnte, drohten harte Strafen. Die Delinquenten wurden beispielsweise mit der Urfehde, öffentlicher Bloßstellung, dem Abschneiden der Ohren, Schlägen, Tod durch Rädern, Hängen oder dem Schwert bestraft. Der Vielfalt an Diebesgut stand eine Vielfalt an Bestrafungsmöglichkeiten gegenüber. Inwieweit diese Bestrafungsmöglichkeiten eine Anwendung erfuhren, was also die volle Tragweite von Eigentumsdelinquenz im Hochstift Bamberg im frühen 17. Jahrhundert war, soll in der vorliegenden Untersuchung detailliert dargestellt werden.

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Leseprobe

II. Stadt und Hochstift Bamberg im frühen 17. Jahrhundert

 

Dieses Kapitel ist angelehnt an die von Rudolph und Schnabel-Schüle[27] vorgeschlagene Untergliederung in verschiedene Kategorien von Rahmenbedingungen. Sie sind jedoch der Fragestellung dieser Arbeit angepasst. So ist es möglich, dass manches kürzer dargestellt wird, wegfällt oder andererseits etwas ausführlicher behandelt wird. Prinzipiell bilden diese Bedingungen einen Bezugsrahmen, der eine bessere Vergleichbarkeit zwischen unterschiedlichen Herrschaftsräumen gewährleistet.

 

1. Forschungsstand

 

Die Forschungslage zum frühneuzeitlichen Hochstift Bamberg ist eher unbefriedigend. Eine Überblicksdarstellung über das Hochstift in der Frühen Neuzeit bietet Looshorn[28]. Ergänzend hierzu sind das Handbuch der bayerischen Geschichte[29] und Oberfranken in der Neuzeit bis zum Ende des Alten Reiches von Roth[30] zu benennen.[31]

 

Für die politischen Rahmenbedingungen[32] sind die Forschungen von Endres[33] und Weiss[34] verwendet worden. Das Werk von Weiss ist die umfassendste und neueste Publikation in der Forschung über das Hochstift Bamberg. Bei genauer Betrachtung der Forschung fällt auf, dass mit wenigen Ausnahmen die neuere Literatur für die geographischen und ökonomischen Rahmenbedingungen die zurückliegenden Publikationen zitiert, wie beispielsweise Gehm[35], Neukam[36] und Maierhöfer[37]. Die erwähnten Ausnahmen wie etwa Greving[38], Morlinghaus[39] und Schneidawind[40] gründen ihre Aussagen auf gesichtetes und von ihnen ausgewertetes Archivmaterial. Das macht diese Autoren um einiges interessanter, auch wenn man ihre Schlussfolgerungen durchaus anzweifeln kann. Ähnliches gilt für die Literatur über die institutionellen Rahmenbedingungen. Hier sind beispielhaft Schmitt[41], Neundörfer[42] und Kist[43] zu nennen, Letzterer gilt in der Forschung allerdings als veraltet.

 

Dies führt zu einem fragmentarischen Geschichtsbild des Hochstifts in der Neuzeit. Ich möchte dieses Bild, immer wenn es nötig ist, aufgreifen und als „Flickenteppich“ bezeichnen. Denn wiederholt trifft man in der Forschung auf Lücken, die im Rahmen dieser Arbeit zwar nicht zu füllen, aber dennoch aufzuzeigen sind. Aus dieser Problematik ergibt sich die Schwierigkeit, das Hochstift Bamberg im Untersuchungszeitraum hinreichend zu analysieren. Es muss auf Erkenntnisse über das 16. Jahrhundert zurück- und auf die über das 18. Jahrhundert vorgegriffen werden, um das eigentliche Thema der Arbeit in seinen Hintergrund – das Hochstift Bamberg im frühen 17. Jahrhundert – einbetten zu können.

 

2. Politische Rahmenbedingungen

 

2.1. Fränkischer Reichskreis und Reich

 

Um das Jahr 1500 begann Kaiser Maximilian I., das Heilige Römische Reich Deutscher Nation in verschiedene Reichskreise im Rahmen der Landfriedenseinung einzuteilen. Der Reichskreis mit der Nummer Eins umfasste den fränkischen Raum und somit auch das Hochstift Bamberg. Dem Fränkischen Reichskreis waren ab 1522 die drei fränkischen Hochstifte Bamberg, Würzburg und Eichstätt, die zollerischen Fürstentümer Ansbach und Kulmbach-Bayreuth, die fünf Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Windsheim, Schweinfurt und Weißenburg samt den Reichsdörfern Gochsheim und Sennfeld sowie die in Franken ansässigen Grafen und Herren zugehörig.[44] Schmid ergänzt namentlich die in diesem Raum ansässigen Grafen von Henneberg[45], Hohenlohe, Erbach und Wertheim sowie die Schenk von Limburg.[46] Endres bewertet den Fränkischen Reichskreis folgender Maßen: „Franken wurde als „der erst und furnembst“ Kreis bezeichnet. Diese Nennung an erster Stelle weist nicht nur auf die traditionelle Königsnähe hin, sondern auch auf die zentrale Lage mitten im Reich. Denn nach der seit 1522 weitgehend definitiven Einteilung des Reichs in insgesamt zehn Kreise war Franken umgeben von sechs weiteren Nachbarkreisen und dem Königreich Böhmen.“[47] Das Hochstift Bamberg saß auf der Bank der geistlichen Fürsten im Fränkischen Reichskreis. Als Vertreter der geistlichen Fürsten in diesem Reichskreis hatte der Bamberger Fürstbischof die Aufgaben das Direktorium auszuüben und die Kreiskanzlei nebst Archiv zu verwalten. Der Fränkische Reichskreis hatte bis 1806 Bestand.[48]

 

Das Hochstift Bamberg hatte stets ein gutes Verhältnis zum Kaiser. „Unter den geistlichen Fürstentümern nahmen die beiden Hochstifte Bamberg und Würzburg eine besondere Stellung ein, standen sie doch in der Reichsmatrikel an der Spitze sämtlicher Bistümer, nach den Kürfürsten und den Erzbistümern. Waren ausserdem diese beiden Bistümer in einer Hand vereinigt, so wurde sein Herrscher damit zu einem der mächtigsten Fürsten Süddeutschlands und zugleich besass er die beherrschende Stellung im fränkischen Kreise.“[49] Der einzige bekannte Bruch in dieser Beziehung ereignete sich während der Regierungszeit Johann Philipps von Gebsattel. Mit der Kritik an seinem Lebenswandel verschlechterte sich die Beziehung zwischen Reich und Hochstift. Darauf möchte ich im folgenden Kapitel näher eingehen.

 

2.2. Hochstift Bamberg

 

Im Hochstift Bamberg vereinigte der Bischof das geistliche und weltliche Amt eines Reichsfürsten in einer Person, musste allerdings zusammen mit den Domkapitularen regieren. So ist es nicht verwunderlich, dass sowohl der Fürstbischof als auch das Domkapitel zu allen Zeiten stets nach Unabhängigkeit strebten und Kompetenzkämpfe zwischen ihnen herrschten.[50] Da im geistlichen Territorium Bamberg rechtlich natürlich eine Erbfolge nicht möglich war, wählte das Domkapitel als mächtigste Instanz nach dem Ableben des Bischofs dessen Nachfolger. Darauf folgend wurde der gewählte Bischof von Papst und Kaiser bestätigt.[51] Die eheliche Geburt, Subdiakonatsweihe, akademische Ausbildung und das Verbot der Bistumskumulation waren die Voraussetzungen, um zum Bischof gewählt zu werden.[52] In dem zu untersuchenden Zeitraum waren erst Johann Philipp von Gebsattel (1599-1609) und dann Johann Gottfried von Aschhausen (1609-1622) Fürstbischöfe des Hochstifts Bamberg.

 

Am 26. Dezember 1598 starb der amtierende Bischof Neidhard von Thüngen (1591-1598). Entgegen Bedenken der Kirche wurde Johann Philipp von Gebsattel zum neuen Bischof gewählt. Kist formuliert diese Problematik folgendermaßen: „Dank der offenkundig falschen Berichtserstattung und dank seines diplomatischen Geschicks erreichte Johann Philipp, gegen dessen Person schwerwiegende Bedenken geltend gemacht wurden, sowohl die kaiserliche wie die päpstliche Bestätigung.“[53] Dieses Misstrauen Gebsattel gegenüber gründete sich auf Vermutungen, wonach er beispielsweise nicht dem katholischen Glauben nachginge und sich an ketzerischen Aufständen beteilige.[54] Nach seiner Wahl entließ er zum katholischen Glauben bekennende Hofbeamte und besetzte diese Ämter mit Kirchengegnern. Johann Philipp von Gebsattel unterhielt freundschaftliche Beziehungen zu den angrenzenden lutherischen und calvinistischen Fürsten. Er pflegte wider der päpstlichen Anordnung und zahlreichen kaiserlichen Ermahnungen den ungebundenen Lebenswandel eines Renaissancemenschen. Sein konfessionelles Fehlverhalten mündete darin, dass er sich die Gegnerschaft von Kaiser, Papst und dem Würzburger Bischof zuzog. Das anfängliche Wohlwollen wandelte sich in Distanz und schlug schließlich in Gegnerschaft um. Diese Formierung gegen ihn kennzeichnete die weiteren außenpolitischen Kontakte des Hochstiftes während seiner Regierungszeit.[55] Diese Gegnerschaft zog sich über Jahre hinweg. Absetzungsgedanken wurden jedoch durch den Tod Gebsattels nichtig. Am 26. Juni 1609 starb er an einer pestähnlichen Krankheit. Unter der Regierung Gebsattels kam es zur Stagnation der kirchlichen Restauration des Bistums. Zu den herausragenden Verdiensten Gebsattels zählt die Erweiterung und Modernisierung der Forchheimer Festigungsanlagen. Unerwähnt bleibt häufig die Tatsache, dass auf Anweisung Johann Philipps von Gebsattel hin die erste Karte der Stadt Bamberg entstanden ist – der Zweidler´sche Plan von 1602.

 

Neuer Bischof wurde zu Gunsten der Kirche Johann Gottfried von Aschhausen, wenn er auch als zweite Wahl galt. Der favorisierte Kandidat Johann Christoph Neustetter lehnte wegen „seinem unbeständigem Gesundheitszustand“[56] ab. Nach dem Tod des Würzburger Bischofs Julius Echter von Mespelbrunn (1573-1617) wurden mit der Ernennung Aschhausens zum Bischof von Würzburg erstmals die fränkischen Hochstifte am Main, Bamberg und Würzburg vereint. Damit war vorerst weiteren Grenzstreitigkeiten zwischen den Hochstiften vorgebeugt. Aschhausen starb am 29. Dezember 1622. Zu seinen Verdiensten zählen die Verminderung der Schuldenlast, strikte Durchführung der Gesetze und die Förderung der Rechtssicherheit. Er verfolgte eine zielbewusste Reformarbeit, um sowohl die kirchlichen als auch die politischen Verhältnisse im Hochstift zu verändern. Der Nachfolger Aschhausens, Johann Georg II. Fuchs von...

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