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E-Book

Ein Leben im Widerstand

Gespräche über Imperialismus, Sozialismus und Befreiung

VerlagVNW - Verlag Neuer Weg
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl278 Seiten
ISBN9783880215597
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
In diesem Buch 'Ein Leben im Widerstand' erhält der Leser fundierte und spannende Einblicke in die Erfahrungen eines Mannes, der Zeit seines Lebens trotz Folter und Brandmarkung als 'internationaler Terrorist' ebenso beharrlich wie unbeugsam für soziale und politische Befreiung eintritt. Die Gespräche mit José Maria Sison über Imperialismus, Sozialismus und Befreiung führte Dr. Rainer Werning. Die Gespräche beleuchten vielfältige Themen der Entwicklung und der Kämpfe in den Philippinen von Marcos bis Duterte vor dem Hintergrund weltweiter Veränderungen. Nicht zuletzt geben sie einen Einblick in die Person Sisons. José Maria Sisons analytische Betrachtungen regen an, über die Perspektiven der philippinischen Revolution inmitten eines neuen weltweiten Aufschwungs des Sozialismus nachzudenken.

José Maria Sison ist ein philippinischer Patriot, proletarischer Revolutionär und Internationalist. Er gilt als herausragendster Denker und Führer der philippinischen Volksbewegung für Demokratie sowie nationale und soziale Befreiung in den letzten 50 Jahren. Sison war Gründungsvorsitzender der Ende Dezember 1968 auf marxistisch-leninistischer Grundlage neukonstituierten Kommunistischen Partei der Philippinen (CPP), eine Zeitlang der prominenteste politische Gefangene während der Herrschaft von Präsident Ferdinand E. Marcos (1965-86) und lebt seit Ende der 1980er Jahre mit seiner Frau Julieta im niederländischen Utrecht im Exil. Dr. Rainer Werning, Politikwissenschaftler und Publizist, lebt in der Nähe von Köln. Werning ist Experte für südostasiatische und ostasiatische Politik und Autor mehrerer Bücher über die beiden koreanischen Staaten, über Japan, Kambodscha, Myanmar (ehemals Birma), Indonesien und die Philippinen. Er ist u.a. Mitherausgeber des 'Handbuch Philippinen', das im Frühjahr 2019 in mittlerweile sechster Auflage erschien.

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Leseprobe

Vorwort von E. San Juan, Jr.1


In einem Aufsatz mit dem Titel „Filipinas dentro de cien años“ für die Madrider Zeitschrift „La Solidaridad“ äußerte José Rizal im Jahre 1889, ein Jahrzehnt bevor die Vereinigten Staaten von Amerika die Philippinen als neuen Besitz okkupierten, die Vermutung: „Vielleicht wird die große amerikanische Republik, deren Interessen im Pazifik liegen und die an der Plünderung Afrikas nicht beteiligt ist, eines Tages von ausländischem Besitz träumen …“ Aber wenn sie es täte, selbst entgegen ihrer Tradition, würden die europäischen Mächte es verbieten, und wenn die Vereinigten Staaten es versuchen würden: „Sehr wahrscheinlich werden die Philippinen mit unbeschreiblichem Mut die Freiheit verteidigen, die sie sich um den Preis von so viel Blut und Opfer erkämpft haben“ (siehe Rizal, S. 127).2 Rizals verblüffende Vorahnung war eine Warnung: Die Einheimischen widersetzten sich ab 1898 McKinleys „wohlwollender Assimilation“ und der US„Vormundschaft“. Sie setzen ihren Widerstand fort bis zu den Aufständen der Sakdal und der Huk und dem anhaltenden Widerstand der Nationalen Demokratischen Front und ihrer Volkskämpfer.

Unter der Ägide des „Krieges gegen den Terror“ des globalen Kapitalismus hat sich das Gemetzel in der ältesten US-Neokolonie in Asien seit ihrer Annexion zur Wende des letzten Jahrhunderts verschlimmert. Nach dem 11. September 2001 intensivierten die US-Imperialisten die Unterwerfung der Philippinen mit aufeinanderfolgenden Aufstandsbekämpfungsmaßnahmen, die bis zum Kalten Krieg zurückreichen. Neben den drei Millionen Filipinos, die von US-Truppen im Philippinisch-Amerikanischen Krieg getötet wurden (1899—1913, genannt das „erste Vietnam“), starben Tausende in den blutigen Jahren der von Washington und dem Pentagon unterstützten Marcos-Diktatur (1965—1986) (siehe Ahmad und Zinn).

Wir sind Zeugen aktueller Interventionen der USA unter Ausnutzung des Visiting Forces Agreement (Streitkräfteaufenthaltsabkommen), EDCA (Abkommen über erweiterte Verteidigungszusammenarbeit), der Operation Pacific Eagle — Philippines und anderer bilateraler Abmachungen zur Erhaltung ihrer neokolonialen Herrschaft. Dazu gehören die Lieferung von Waffen, Logistik und die Kontrolle der philippinischen Streitkräfte. Dies wurde durch die Beteiligung der USA an der Verwüstung von Marawi City im Jahr 2017 deutlich. Ohne die Macht der USA über den wichtigen ideologischen und staatlichen Apparat, der die IWF/Weltbank/WTO-Regelungen umsetzt, hätte die lokale Oligarchie der Großgrundbesitzer, Kompradoren und bürokratischen Kapitalisten von 1899 bis 1972 nicht überlebt, wie von José Maria Sison in der Schrift „Philippine Society and Revolution“ („Philippinische Gesellschaft und Revolution“) dargelegt.

Sison ist allgemein anerkannt als hartnäckiger, radikaler Führer derjenigen Filipinos, die den US-Imperialismus herausfordern. Seine herausragende Leistung ist meiner Meinung nach seine überzeugende Darlegung der Geschichte der philippinischen nationalen Befreiungsodyssee in der 1986 aktualisierten Schrift „Philippine Society and Revolution“3. Von besonderer Bedeutung ist Julieta de Limas klare thematische Auseinandersetzung damit in „José Maria Sison on the Mode of Production“ (José Maria Sison über die Produktionsweise) (Sison und de Lima 19984). Frühere Versuche wurden unter anderem von Apolinario Mabini, Claro Recto, Teodoro Agoncillo oder Renato Constantino unternommen. Aber erst mit „Philippine Society and Revolution“ erhielten die philippinischen Massen endlich eine antihegemoniale Stimme, die die Energien ihres lange unterdrückten lebendigen Geistes befreite und die Wiederbelebung der revolutionären Tätigkeit ermöglichte. Weltereignisse wie insbesondere die Bandung-Konferenz von 1955, die Kubanische Revolution, die Kulturrevolution von 1965 bis 1968 in China, der Bürgerrechtskampf in den USA gleichzeitig mit dem weltweiten Widerstand gegen die US-Aggression in Vietnam und dem Wiederaufleben der nationalistischen Bewegung mit dem First Quarter Storm (Sturm im ersten Quartal) 1970 und so weiter — all diese Ereignisse und noch mehr schafften einen fruchtbaren Boden für das Aufkeimen revolutionärer Tätigkeit.

1968 löste sich Sison von der alten sowjetisch inspirierten Kommunistischen Partei, die ursprünglich von Crisanto Evangelista und Pedro Abad Santos geleitet wurde. Ihre Sachwalter (die Lava-Brüder usw.) erlagen leicht dem Marcos-Regime. Menschen machen Geschichte, aber nicht unter selbst gewählten Umständen. Sison unternahm die notwendige kritische Bestandsaufnahme5 und startete eine Korrekturkampagne, die 1968 zur Neugründung der Kommunistischen Partei der Philippinen (CPP) durch Sison und seine Genossen führte. Dem ging seine Gründung von Kabataang Makabayan (Patriotische Jugend) im November 1964 voraus. Das Konzept der Einheitsfront in der nationaldemokratischen, antiimperialistischen Aktion bekam hervorstechende Bedeutung und war verbunden mit dem erneuten Bekenntnis zu den Idealen einer emanzipatorischen Praxis. Die neue CPP wurde von Maos Vision des Volkskriegs in einem außereuropäischen Umfeld inspiriert. Es ging nicht um Dogmen oder Personenkult, sondern um ein Leitmodell oder Methoden zum Testen von Hypothesen und zur Anwendung marxistisch-leninistischer Prinzipien auf die historischen Besonderheiten der sozioökonomischen Bedingungen der Philippinen (siehe „Program for a People’s Democratic Revolution in the Philippines“6 [Programm für eine volksdemokratische Revolution in den Philippinen] (siehe Saulo, S. 196—209; San Juan 2015).

Merkwürdigerweise stimmt der Bericht des US-Außenministeriums von 1950 über den Aufstand der Huk überein mit Sisons Rückbesinnung auf die zentrale Rolle der Bauernschaft in seiner Erläuterung des Feudalismus/Grundbesitz-Problems (1987). So wie Mao in seiner Untersuchung der Bauernbewegung in Hunan 1927 die marxistische Dialektik erneuerte, so hat Sisons Neubewertung der verschiedenen politischen Kräfte im ununterbrochenen Klassenkampf von der spanischen Zeit bis in die Gegenwart das historisch-materialistische Denken über die philippinische Realität neu belebt. Er testete Lenins Methodik der konkreten Analyse historisch-dynamischer Situationen und konzentrierte sich auf „die schwachen Kettenglieder“, die zu Lenins Erkenntnis über die entscheidende Rolle der nationalen Befreiungskämpfe bei der Beschleunigung der internationalistischen Mission des westlichen Proletariats führten (1968). Er untersuchte die historischen Besonderheiten bedeutender Knotenpunkte in der Geschichte unserer ungleichmäßigen Entwicklung. Entscheidend war die Neubewertung der Strategie und Taktik des Klassenkampfes mit der Gründung der New People’s Army (Neue Volksarmee) am 29. März 1969 und die Anwendung von Mao Zedongs Theorie des langwierigen Krieges in verschiedenen, miteinander verbundenen Phasen des revolutionären Prozesses (siehe Ch’en und Rossanda).

Der nächste historische Meilenstein in Sisons Beiträgen zum marxistischen Gedankengut ist die Abhandlung über „Specific Characteristics of People’s War in the Philippines“7 (Spezifische Merkmale des Volkskriegs in den Philippinen) von 1974. Sison wurde 1977 vom Marcos-Regime verhaftet und erlitt Folter und andere Erniedrigungen bis zu Marcos’ Sturz im Februar 1986. Er hat diese Tortur und ihre Folgen in seinen Gedichten, Briefen, Interviews und Aufsätzen beschrieben, die in der Schrift „Continuing the Struggle for National and Social Liberation“ (Fortsetzung des Kampfes um nationale und soziale Befreiung) (2015) versammelt sind. Nach dem US-Fiasko in Vietnam und auf dem Höhepunkt der Kulturrevolution in China ermöglichten die Erfolge der CPP und der Neuen Volksarmee die erneute Bekräftigung des philippinischen Kampfes als Teil der durch die russische Revolution von 1917 weltweit eingeleiteten radikalen, demokratisch-sozialistischen Transformationen.

Historiker argumentierten, statt einen homogenen Planeten zu schaffen, erzeugt der Kapitalismus voneinander abweichende Zonen, asymmetrische oder zerteilte Netzwerke von Handlungen und Motivationen, die sich der Synthese entziehen. Einheit und Kampf der Gegensätze herrschen vor. Während die Weltwirtschaftskrise 1930 die gewerkschaftliche Organisierung unter den Wanderarbeitern der Generation von Carlos Bulosan förderte, hat die japanische Besatzung die Bauern die verschiedenen Formen der Guerilla-Kriegführung und der kollektiven Mobilisierung gelehrt. Der Kalte Krieg von den Fünfzigerjahren bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 kündete von der Notwendigkeit einer ununterbrochenen, allumfassenden Kulturrevolution. Sisons Diskurs von 1974 ist einmalig, weil er die historischen Besonderheiten des Landes in Einklang mit dem nationaldemokratischen Programm neu zur Geltung bringt: die bergige Landschaft des Archipels, die Dialektik der ländlichen und städtischen Gebiete und insbesondere die Umrisse der strategischen Phasen Defensive — Pattsituation — Offensive im ununterbrochenen Übergang von der feudal-bürgerlichen zur neudemokratischen Gesellschaftsform. Dieser Entwicklung folgend, hat die im Frühjahr 1973 gegründete National Democratic Front of the Philippines (Nationale Demokratische Front der Philippinen — NDFP) das 10-Punkte-Programm8 (später 12-Punkte-Programm) aufgelegt, das die grundlegende Agenda der Friedensgespräche prägt.

1988 führte Dr. Rainer Werning eine umfangreiche Reihe von Interviews mit Sison in „The Philippine Revolution: The Leader’s View“ („Die philippinische Revolution. Eine Innenansicht“). Seine Reisen um die Welt in Zusammenarbeit mit...

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