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E-Book

Eine kurze Geschichte des ökonomischen Denkens

AutorHelge Hesse
VerlagSchäffer-Poeschel Verlag
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl237 Seiten
ISBN9783791042992
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis25,99 EUR
In unserem Alltag spielen wirtschaftliche Zusammenhänge eine sehr große Rolle - doch wieviel verstehen wir davon? Wo fängt die Geschichte Ökonomischen Denkens eigentlich an und was gehört alles dazu? Wer sind die wichtigsten Denker und welche fast vergessenen geben neue Anregungen? Welche Theorien beeinflussen uns heute? Das Buch gibt einen Überblick über einflussreiche Ökonomen und ihre Ideen. Von der Antike bis zur Gegenwart beleuchtet es die Geschichte einzelner Denkschulen und berichtet von Kontroversen. Dabei wirft es Schlaglichter nicht nur auf die wichtigsten Ideen, Wendepunkte und Denker, sondern geht auch auf Außenseiter ein und zeigt damit die Vielfalt und Tiefe der Wissenschaft vom wirtschaftlichen Handeln.

Helge Hesse studierte Betriebswirtschaft und Philosophie und arbeitete mehrere Jahre im Management und als Berater. Heute ist er freier Autor und Publizist zu historischen, kulturellen und ökonomischen Themen.

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Leseprobe

2   Das Geld der Griechen und die Güter der Römer – das eigentliche ökonomische Denken beginnt in der Antike


„Das Geld macht also wie ein Maß die Dinge messbar und stellt eine Gleichheit her. Denn ohne Tausch wäre keine Gemeinschaft möglich, und kein Tausch ohne Gleichheit und keine Gleichheit ohne Kommensurabilität.“

Aristoteles

„Von allen den Erwerbszweigen aber, aus denen irgendein Gewinn gezogen wird, ist nichts besser als Ackerbau, nichts einträglicher, nichts angenehmer, nichts eines Menschen, nichts eines Freien würdiger.“

Marcus Tullius Cicero

Den Lydern sprechen wir im Allgemeinen das Verdienst zu, die Münze und damit das eigentliche Geld erfunden zu haben. Lydien war ein Königreich in Kleinasien auf dem Gebiet der heutigen Türkei. Dort gab es Vorkommen von Elektron, einer natürlichen Legierung aus Gold und Silber. Zunächst nahmen die Lyder abgewogene kleine Klumpen und nutzten sie als Zahlungsmittel. Dann, zwischen 650 und 600 v. Chr., prägten sie Löwen- oder Bullenköpfe ein, um damit ein Garantiezeichen ihrer Herkunft und Güte zu geben. Das erste „Geld“ konnte genutzt werden, um nun Waren weit freier zu tauschen als bisher.

Die Griechen prägten etwa ein Jahrhundert später eine Münze namens Stater (dt. derjenige, der wiegt). Mit dem sprichwörtlich gewordenen Obolus kam eine Untereinheit hinzu. 6 Oboloi waren 1 Drachme, 2 Drachmen 1 Stater. Die Tetradrachme aus 14 bis 17 Gramm Silber wurde schließlich zur dominierenden Münze. Die Prägung von Herrscherporträts setzte sich erst mit Alexander dem Großen und den Diadochenherrschern um 300 v. Chr. durch.

Was das ökonomische Denken betrifft, so sind uns aus dieser Zeit nur Dokumente bekannt, mit denen lückenhaft das eine oder andere Thema behandelt wird, aber keine umfassende Sicht auf den umfangreichen Gegenstand zu erkennen ist. Der Dichter Aristophanes beschrieb in seiner vermutlich 405 v. Chr. uraufgeführten Komödie Die Frösche ein Phänomen, das später als Greshamsches Gesetz in die Geschichte des Wirtschaftsdenkens eingehen sollte: das Verdrängen guten Geldes durch schlechtes. Athen hatte seinerzeit minderwertiges Notgeld aus Kupfer ausgegeben und Aristophanes ließ in seinem Stück den Chorführer berichten, das Kupfergeld verdränge die Silbermünzen, die nun gehortet würden.

Der Handel und die Wirtschaft in der griechischen Hemisphäre der Antike waren lediglich in Athen komplexer entwickelt, was heißt, dass sich hier ein Fernhandel entwickelte, der über die griechischen Küsten hinausging und spezialisierte Kaufleute und Geldverleiher, die aber längst noch nicht Bankiers genannt werden konnten, Schiffsunternehmungen finanzierten. Auch in Athen wie im übrigen antiken Griechenland war es vor allem der Landbau vor der Stadt, der die produzierende Wirtschaft im Wesentlichen bestimmte. Meist lebten Familien und Sippen auf ihren Höfen von dem, was sie selbst produzierten, doch es gab auch Großbesitzer, die auf Feldern mehrere Dutzend Sklaven für sich arbeiten ließen. Überhaupt fußte der wesentliche Anteil an der Wirtschaftsleistung auf Sklavenarbeit. So schufteten beispielsweise in den Minen von Laureion zeitweise 20.000 Sklaven.

Da Wirtschaft bei den Griechen der Antike mehr oder minder etwas war, das von Sklaven erledigt wurde, Menschen also, über deren Rolle man glaubte, sich wenig Gedanken machen zu müssen, waren ökonomische Überlegungen auch eher dem Haushalt, dem Hof gewidmet und der Organisation und dem Auskommen des Gemeinwesens der freien Bürger, der Polis. So ist es kein Wunder, dass der Begriff Ökonomie (sinngemäß „Gesetz vom Umgang mit Haus und Besitz“) zusammengesetzt ist aus den griechischen Wörtern „Oikos“ für „Haus“, „Besitz“, und „Nomos“ für „Gesetz“.

Die Schrift Oikonomikos, um 390 bis 355 verfasst von Xenophon (ca. 430 bis ca. 345 v. Chr.), der wie Platon ein Schüler von Sokrates war, befasste sich in der damals üblichen Darstellungsform des Dialogs mit dieser Hauswirtschaft. Das Werk enthält Empfehlungen für das Hauswesen („Oikos“), gibt Ratschläge zur Bewirtschaftung der Felder, der Viehhaltung und -zucht, aber auch für den Handel und Grundstückskauf und -verkauf. Schon Xenophon empfahl Arbeitsteilung als Mittel zur Steigerung der Produktivität.

Einer der ältesten Texte mit ökonomischen Gedanken aber stammt von dem Dichter Hesiod (um 700 v. Chr.), der seinen Lebensunterhalt als Ackerbauer und Viehhalter verdiente. In seinem um 700 v. Chr. verfassten Lehrgedicht „Werke und Tage“ berichtete er von der Arbeit des Bauern und des Fischers und schilderte eine Wirtschaft und Gesellschaft, die auf Wettbewerb aufgebaut war und in der es vor allem auf das tägliche Überleben auf dem Land ankam. Das Leben der Polis und die Belange der Gesellschaft hatten für ihn daher nachrangige Bedeutung.

Für die Polis, den antiken griechischen Stadtstaat, bestehend aus Stadt im Mittelpunkt und seiner Umgebung, bildete die Agora, der Marktplatz, einen wichtigen Ort nicht nur des Handels, sondern der öffentlichen Meinungsbildung. Hier verstrickte Sokrates im 5. Jahrhundert v. Chr. seine Mitbürger in philosophische Gespräche, hier hielten Bürger politische Reden. Sokrates lebte zur Blütezeit der Polis und der Agora. Seine Zeitgenossen und Mitbürger in Athen waren der Dichter Aischylos, der die Tragödie schuf, der Politiker Perikles, der das demokratische Staatswesen ausbaute, der Bildhauer und Architekt Phidias, der den Parthenon errichtete, der Gelehrte Herodot, der die Geschichtsschreibung begründete. Es war eine wahrhaft große Zeit und die Leistungen dieser Männer schlugen Pfade, aus denen Wege in die heutige Zeit entstanden. Was das ökonomische Denken betrifft, war es Sokrates’ Schüler Platon (428/427 v. Chr. bis 348/347 v. Chr.), der auch auf diesem Gebiet Prägendes beitrug, und dies aus einem völlig anderen Blickwinkel als dem der Hauswirtschaft.

Platon stammte aus einer vornehmen und wohlhabenden Familie Athens. Als er Sokrates kennenlernte, war er sofort so stark von ihm beeindruckt, dass er sich der Philosophie zuwandte und dessen Schüler wurde. In der Jugend Platons begann der Niedergang seiner Heimatstadt. Ihre Kräfte hatten sich im Kampf gegen Sparta im Peloponnesischen Krieg (431 bis 404 v. Chr.) erschöpft. In Athen wechselten die Staatsformen zwischen Tyrannis, Oligarchie und Demokratie. Es herrschte fürchterliche Unsicherheit und oft kam es zu Terror und Anarchie. Sokrates wurde während einer Phase der Demokratie durch Abstimmung zum Tode verurteilt, was Platon tief erschütterte. Er verließ Athen, bereiste den Mittelmeerraum und gründete 387 v. Chr. nach seiner Rückkehr im Hain des Akademos seine Schule, die Keimzelle aller Akademien und Universitäten.

In einer Zeit der Verwerfungen und vielfältigen Weltdeutungen wurde Platon zum Philosoph der Ideen, zum Denker des Absoluten und Umfassenden. Er stand damit auch in Opposition zu der Denkschule der Sophisten, die im Hier und Jetzt nach Antworten suchten und im rhetorischen Diskurs gleich frühen Debattierklubs die Fragen der Welt erörterten. Ihr bedeutendster Kopf Protagoras gab sogar Rhetorikunterricht und umriss mit seinem programmatischen Satz „Der Mensch ist das Maß aller Dinge“ auch die Relativität menschlicher Erkenntnis. Platon hingegen suchte das Ideal, das Absolute, das, was hinter und über den Dingen zu finden ist. Wenn er über Wirtschaft redete, redete er über das Zusammenleben von Menschen in der Gesellschaft, wobei er den Staatsmann wie den Herrn eines Hauses aus einer philosophisch-aristokratischen Haltung heraus weiterhin als Hirten verstand.

Seine Idee einer gerechten Ordnung legte Platon in seiner Schrift Politeia nieder, einem umfangreichen Text aus mehreren Dialogen. Platon schwebte ein Ständestaat in einer überschaubar bleibenden Polis vor. Jeder sollte darin in einem frühen Konzept der Arbeitsteilung nach seinen Fähigkeiten zum Wohl der Gemeinschaft eingesetzt werden. Platon unterteilte in drei Stände: 1. die Philosophen, 2. die Wächter beziehungsweise Wehrmänner und 3. die Handwerker, Händler und Bauern. Der Stand der Philosophen sollte die unumschränkte Macht erhalten und weise zum Wohl der Polis regieren. Für den Stand der Wächter sah Platon keinerlei Besitz vor, sondern betrachtete ihn als eine Gemeinschaft, in der alle Frauen, alle Kinder und aller Besitz „gemeinsam“ sind. Die beiden anderen Stände dürften hingegen sehr wohl Eigentum haben, doch nur in Maßen. Überhaupt war das Maßhalten beim Wirtschaften für Platon und seine griechischen Zeitgenossen von großer Bedeutung. Reichtum, davon war er überzeugt, entstehe im Allgemeinen nicht durch redliches Tun, sondern durch Verschlagenheit.

Der Handel, der Austausch von Gütern, sollte auf Märkten stattfinden, die aber streng zu kontrollieren seien und nur einmal im Monat abgehalten werden sollten, wie er in seinem späteren Werk Nomoi(Die Gesetze) darlegte. Darin wandelte er die Idee des idealen Staates in den Entwurf eines „zweitbesten“ Staates ab. Nun betonte er die Bedeutung von Gesetzen. Geld als Zahlungsmittel sollte den Tausch erleichtern. In seinem ästhetisch-harmonischen Verständnis einer Gemeinschaft sah Platon Vorschriften zur Verteilung von Eigentum vor, um sowohl drückende Armut als auch großen Reichtum zu bekämpfen. Was die Preisbildung betraf, müsse ein Gut entsprechend seinem Wert verkauft werden, und ein Verkäufer dürfe nicht zwei verschiedene Preise verlangen. Land solle...

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