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E-Book

Eine Reise von 1000 Meilen beginnt mit dem ersten Schritt

Seelische Kräfte entwickeln und fördern

AutorLuise Reddemann
VerlagVerlag Herder GmbH
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl160 Seiten
ISBN9783451813078
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
Dieses Buch ist nichts weniger als eine kleine Schule der Lebenskunst, die uns zeigt, wie wir uns aus Blockaden befreien und Leichtigkeit und Gelassenheit zurückgewinnen können.

Dr. Luise Reddemann, Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin und langjährige Leiterin der Klinik für psychotherapeutische und psychosomatische Medizin des Ev. Johannes-Krankenhauses in Bielefeld. Seit 2007 ist sie Honorarproffessorin für Psychotraumatologie an der Universität Klagenfurt.

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Leseprobe
Liebevoll annehmen, was ist
Wenn Sie das Gefühl haben, »am Boden« zu sein
Vielleicht ist es dieses Gefühl, diese Erfahrung, die Sie veranlasst hat, zu diesem Buch zu greifen.
Es könnte sein, dass ich Ihnen Dinge sage, die Sie längst wissen. Es könnte auch sein, dass ich hier einiges zur Sprache bringe, was Sie verwundert oder sogar bestürzt. Deshalb bitte ich Sie, betrachten Sie meine Worte als Anregungen, die Sie annehmen, aber genauso gut ablehnen können. Nur Sie allein wissen, was jetzt in diesem Moment für Sie richtig und hilfreich ist. Menschen sind sehr verschieden, es gibt nicht den Weg für alle. Auch mein Wissen und meine Erfahrungen sind beschränkt, deshalb kann es sehr gut sein, dass ich Sie überhaupt nicht erreichen kann, weil Sie Dinge erfahren und erlebt haben, die ich nicht kenne.
In diesem Kapitel, aber auch später immer wieder, werde ich jeweils zwei Seiten einer Medaille darstellen. Das wird Sie vielleicht zu der Frage veranlassen: »Was ist denn jetzt richtig?« Meine Antwort: Vermutlich sowohl das eine wie das andere. Als Menschen leben wir in der Dualität und in der Polarität der Dinge. Dualität und Polarität lassen sich – vorübergehend! – auflösen, wenn wir erleben können, dass beides zusammengehört, aber nicht dadurch, dass wir den einen oder den anderen Teil aus unserem Bewusstsein verbannen.
Dazu eine kleine Geschichte, die ich sehr mag:
Ein Mann und eine Frau kommen zum Rabbi, weil es schlecht steht um ihre Ehe. Erst beklagt sich der Mann, und der Rabbi sagt: »Du hast Recht.« Dann beklagt sich die Frau, und der Rabbi sagt: »Du hast Recht.« Da sagen beide: »Rabbi, du bist verrückt.« Da sagt der Rabbi: »Ihr habt Recht.«
 
Es braucht also ein wenig Bereitschaft zum Verrücktsein – nämlich, die Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten, eben zu ver-rücken, um neue Erkenntnisse zu gewinnen.
Beide haben Recht, sie sehen aber nicht das Leiden des anderen, weil sie ganz auf ihr eigenes fixiert sind, und genau dadurch befinden sie sich in einer scheinbar unauflösbaren Situation.
Unsere innere Situation lässt sich damit vergleichen: Wir haben kein Verständnis für die andere Seite in uns. Der gesunde Teil will oft nichts von dem kranken Teil und dessen Potenzial wissen, der kranke aber häufig auch nichts von den Möglichkeiten der gesunden Seite. Können wir anerkennen, dass beide Seiten Recht haben, erschließen sich uns neue Möglichkeiten.
 
Keine Verurteilung
Wenn Sie sich am Boden fühlen, bitte ich Sie zuallererst: Verurteilen Sie sich nicht dafür. Auch wenn Sie nicht ver­stehen, warum es so ist, auch wenn Ihnen andere sagen, Sie hätten dieses oder jenes tun oder lassen sollen, dann wäre alles anders: Verurteilen Sie sich nicht!  
 
Weiter unten werde ich erklären, warum wir verurteilen, dennoch ist es selten hilfreich.
Hat sich in Ihrem Leben je etwas in die gewünschte Richtung entwickelt, weil Sie sich selbst verurteilt haben?  
Es könnte lohnend für Sie sein, dass Sie sich damit beschäftigen zu unterscheiden: Verurteilung ist nicht das Gleiche wie der Wunsch, dass sich etwas ändern möge. Manche meinen, wenn ich das jetzt nicht verurteile oder ablehne, dann ändert sich nichts. Das ist ein Irrtum. Verurteilung bewirkt keine Veränderung. Verurteilung bewirkt Leid und Leiden.
Wenn Sie sich selbst dafür verurteilen, dass Sie jetzt Angst haben oder depressiv sind, dann wird das Problem, das Sie so gerne los sein möchten, höchstwahrscheinlich schlimmer.
Warum ist das so?
Stellen Sie sich vor, es wäre in Ihnen ein Teil, der aus ­unbekannten Gründen depressiv, ängstlich usw. ist. Und dann gibt es Sie, die/der gesund sein will. Diese beiden Teile kämpfen gegeneinander. Ein Teil sagt: Ich bin krank, ich bin krank, ich bin krank, der andere Teil sagt: Ich will gesund sein, ich will gesund sein, ich will gesund sein. Verstehen sich diese beiden? Wohl kaum. Was kann eine Lösung sein? Dass die beiden miteinander sprechen. Der Teil, der sich krank fühlt, sollte z.B. die Chance bekommen, darüber zu berichten, was ihn krank macht, bekümmert, ängs­tigt; der andere Teil sollte aber ebenso ernst genommen werden mit seinem Wunsch nach Gesundheit.
Werden diese Teile etwas voneinander erfahren, wenn sie sich gegenseitig verurteilen? Wenn sie nichts voneinander erfahren und lernen, wird die Kluft immer größer und ­dadurch vergrößert sich meist auch das Leiden.
Wenn Sie im äußeren Leben mit jemandem besser zurechtkommen wollen, hilft es auch nicht, den anderen abzulehnen und zu verurteilen. Im Innern ist es genauso. Der große Psychoanalytiker Arno Gruen schreibt darüber, wie schwer es uns fällt, das »Fremde in uns« anzunehmen. Meist ist für uns das Kranke auch das Fremde. Wir wollen es nicht, wir kennen es nicht. Wir haben gelernt, dass wir immer gesund, fit, jugendlich usw. zu sein haben. Haben wir allgemein verbindliche Modelle dafür, dass auch Kranksein, Schwachsein eine Berechtigung haben? War es nicht die meiste Zeit lästig im günstigeren Fall oder gar verpönt im ungünstigeren?
In Deutschland ist es zwar mittlerweile zwei Generationen her, dass Kranke und Schwache getötet wurden, jedoch hat unser kollektives Gedächtnis möglicherweise mehr davon bewahrt als uns bewusst lieb ist. Auch deshalb, weil wir uns mit dieser dunklen Seite unserer Geschichte noch zu wenig auseinander gesetzt haben. Nicht selten haben wir gefunden, dass diejenigen unserer Patientinnen und ­Patienten, die sich selbst am meisten mit ihren Schwächen verurteilten, aus einer Familie stammten, in der es eine traumatische Geschichte gab im Umgang mit Schwerkranken oder Behinderten.
Wir haben alle diese Geschichte, diese Einstellungen und die damit zusammenhängenden Ängste »in den Knochen«, ob wir es wissen oder nicht.
Es ist noch gar nicht lange her, dass in Deutschland das Ideal galt, »reiß dich zusammen« (das wird heute zwar immer noch gesagt, aber es ist kein Ideal mehr), oder sei »hart wie Kruppstahl«, insbesondere für Jungen und Männer.
Wenn Sie jetzt denken, Sie können aber nicht anders, als zu verurteilen: Tun Sie es, aber tun Sie es bewusst! Dann bitte ich Sie genau zu beobachten, wie es sich auf Sie auswirkt, wenn Sie sich verurteilen, und was geschieht, wenn Sie es einmal nicht tun. Ziehen Sie dann bitte selbst Ihre Schlüsse daraus.
Urteilsfähigkeit ist etwas sehr Wichtiges. Sie hilft uns zu unterscheiden. Verurteilen ist insoweit eine Extremform unserer Urteilsfähigkeit.
Dass das eine als angenehm und das andere als unangenehm erlebt wird, kann damit zu tun haben, dass wir im Fall von Verurteilung uns mehr von Angst und Ablehnung leiten lassen, während wir, wenn wir unsere Fähigkeit zum Urteilen liebevoll einsetzen, zu mehr Klarheit gelangen.
Es ist in Ordnung, aus Angst zu handeln! Leider geht es uns damit aber meist nicht gut. Was meine ich in diesem Fall mit »aus Angst handeln«?
Es gibt tief sitzende Ängste, die uns nicht einmal bewusst zu sein brauchen: Dass wir uns nicht geliebt fühlen, dass wir fürchten, die Liebe wichtiger Menschen zu verlieren, dass wir fürchten, verletzt zu werden oder, schlimmer noch, zu sterben. Wenn wir nun mit jemandem oder etwas zu tun haben, das in uns diese Ängste anspricht, so greifen wir – auch wieder oft unbewusst – zu Verteidigungsmaßnahmen. Eine zentrale ist, das, wovon man sich in irgend­einer Art bedroht fühlt, abzuwerten und zu verurteilen.
Stellen Sie sich vor, tief in Ihnen wäre eine Angst, Sie ­wären nicht mehr liebenswert, wenn Sie sich schwach zeigen. Dann werden Sie vielleicht nicht nur vermeiden, schwach zu sein, sondern Schwäche allgemein ablehnen und verurteilen. Sie können vielleicht dabei nun auch ein Bemühen erkennen, das eigentlich dem Schutz vor Liebesverlust dient.
Das heißt, wenn wir genauer hinsehen, verfolgen wir mit unserer Tendenz zu verurteilen sogar »gute« Absichten, wir möchten uns schützen.
Wenn Sie sich die Mühe machen, einander widersprechende Teile mehr miteinander ins Gespräch zu bringen, werden Sie häufiger entdecken, dass ganz am Ende die Ansichten beider...
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