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Mit einem Propellerflugzeug in 80 Tagen um die Welt

AutorJohannes Burges
VerlagPiper Verlag
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl272 Seiten
ISBN9783492976374
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Vom ewigen Eis des Polarmeers in die Millionenstadt Tokio, von der Einsamkeit des Outback zum Lichterfest in Mandalay: Der Hobbypilot Johannes Burges erfüllt sich seinen Lebenstraum. Zusammen mit einem Freund reist er in einer winzigen Propellermaschine um die Erde. Und zwischen heftigen Stürmen sowie waghalsigen Manövern bleibt den beiden »Earthrounders« Zeit, um bei einem Rundflug über Manhattan, einem Tauchgang auf den Gewürzinseln und einer rasanten Tuk-Tuk-Fahrt in Chittagong die berauschende Vielfalt unseres Planeten zu entdecken. 55 000 aufregende Kilometer durch zwanzig Länder - so mitreißend erzählt, dass man auch ohne Flugschein abheben kann.

Johannes Burges, Jahrgang 1965, ist Inhaber eines IT-Systemhauses. Er träumte immer davon, Australien mit dem Motorrad zu erkunden, bis er 2002 den Flugschein machte und seinen Plan änderte. Trotz unzähliger bereister Orte zieht es ihn immer wieder nach Bayern zurück, das für ihn eines der schönsten Länder der Welt ist. Mit seiner Frau und der gemeinsamen Tochter lebt er in Pullach bei München.

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Leseprobe

Bis ans Ende der Welt –
und noch etwas weiter


Ganz allein stehe ich auf der Landebahn, in meinem dicken, orangefarbenen Überlebensanzug. Es ist kurz nach Sonnenaufgang. Um mich herum befindet sich im Umkreis von gut 300 Kilometern keine Menschenseele: kein Dorf, keine Stadt. Nur das Meer, das Rauschen des Pazifiks. Nur die unbewohnten Ausläufer der Aleuten, einer schmalen Inselkette, die sich von Alaska aus in einem weiten Bogen westwärts in den Pazifik erstreckt.

Ich stehe regungslos da und blicke ins Nichts. Ich habe Angst, gewaltige Angst vor einem Flug, wie ich ihn noch nie gemacht habe: über den nördlichen Pazifik hinweg, über eine Gegend, in der kaum jemand unterwegs ist, weil das Wetter meist so schlecht und der Seegang so hoch ist. Ein halber Tag übers offene, wilde Meer.

Links und rechts von mir erheben sich die steilen, knapp 900 Meter hohen Berge von Attu. Eine verlassene Insel, schroffe Felsen im Morgenlicht. Wenn es irgendwo ein Ende der Welt gibt, dann liegt Attu noch ein gutes Stück dahinter: ein weit abgelegener Felsen inmitten des unwirtlichen Pazifiks. Umtost von den Wellen, zerzaust vom Sturm, einsam und wild. Kein Strauch wächst auf den Hängen, nur Moos und Gras.

Von der Kulisse nehme ich in diesem Moment allerdings kaum etwas wahr, stattdessen rasen die Fragen durch meinen Kopf: Warum um Himmels willen habe ich mir das angetan? Warum wollte ich unbedingt nach Attu?

Attu – das ist der westlichste Punkt der Vereinigten Staaten von Amerika. Die Insel liegt zehn Flugstunden westlich von Anchorage, mitten in der Barentsee. Von Attu aus ist es näher nach Russland als auf das Festland von Alaska. Russische Pelzjäger kamen im 18. Jahrhundert her, um Seeotter zu jagen. Einer der Jäger musste sieben Jahre auf der Insel ausharren, ehe ein Schiff ihn abholen kam. Und jetzt – kommt kein Schiff mehr nach Attu.

Nach dem Zweiten Weltkrieg haben die Amerikaner die Insel sich selbst überlassen. Im August 2010 ist als Letztes auch die US-Küstenwache abgezogen, hat diesen äußersten Außenposten der Vereinigten Staaten aufgegeben. Das Flughafengebäude und die Baracken der Coast Guard sind verlassen. Der Wind schlägt den eisigen Regen gegen die Bretter, mit denen die Fenster zugenagelt wurden.

Eine Geisterinsel.

Es gibt einen Tower, den niemand mehr bedient. Es gibt eine Landebahn, die niemand mehr pflegt. Seit Jahren landen hier keine Flugzeuge mehr. Wieso auch? Wer will schon nach Attu?

Und nun sind wir hier und wollen ausgerechnet von dieser Geisterinsel, von diesem Geisterflughafen aus starten. Verrückt? Ja, völlig verrückt. Zehn, elf Stunden wird unser Flug nach Japan dauern – wenn der Wind günstig steht und alles gut geht. 2800 Kilometer liegen vor uns, über das offene Meer bis nach Sapporo. Auf dieser Strecke gibt es keine einzige Insel, auf der wir notlanden könnten. Und wenn der Wind nicht von hinten kommt, sondern uns von vorn entgegenblasen sollte, wenn unser winziges Flugzeug also gegen die Gewalten der Natur ankämpfen muss – dann können es auch zwölf, dreizehn Stunden werden. Vielleicht sogar vierzehn oder fünfzehn. Dann könnte es knapp werden mit dem Sprit. Und leider bläst der Wind über dem nördlichen Pazifik meist aus Westen. Also tatsächlich von vorn.

»Maggie«, schaffst du das? Können wir dir vertrauen?

»Maggie« steht vor mir auf der Landebahn: ein winziges Flugzeug. Eine Mooney M20T, Baujahr 1997, eine einmotorige Sportmaschine mit Kolbenmotor. Menschen, die selbst nicht fliegen, würden sie vermutlich für eine Cessna halten, weil sie genauso klein ist.

Während ich auf der Landebahn stehe, schießen mir die wildesten Gedanken durch den Kopf. Ich denke an meine Familie in München, an meine Frau Heike und meine zehnjährige Tochter Marie. Werde ich sie wiedersehen? Werde ich den Flug über den Pazifik heil überstehen? Mein Frau hat immer gesagt: Erfüll dir deinen Traum! Flieg einmal um die Welt! Aber sie wusste nicht, was es heißt, von Attu nach Sapporo zu fliegen. Ich habe Todesangst ...

Und in diesem Augenblick mache ich etwas, was ich sonst nie tue: Ich bete zu Gott. Eigentlich bin ich kein religiöser Mensch, es ist Ewigkeiten her, dass ich zum letzten Mal in der Kirche gewesen bin. Aber nun halte ich Zwiesprache mit dem Mann da oben im Himmel. Die Grenzerfahrung, vor der ich stehe, dieses Spiel mit Leben und Tod, lässt ihn mir plötzlich ganz naherücken. Ich bitte den lieben Gott um Hilfe bei dem, was ich vorhabe.

Seit einem halben Jahr habe ich jeden Tag an Attu gedacht. Habe mir überlegt, wie es wohl sein wird auf dieser Insel. Habe von Attu geträumt und mir einen Film aus dem Internet heruntergeladen über dieses spezielle Eiland und seinen gottverlassenen Flughafen. Ich habe Albträume gehabt, obwohl ich mir doch eigentlich etwas Schönes erfüllen wollte.

Mein Traum: Ich will um die Welt fliegen – nicht in einer Linienmaschine, nicht mit einem dieser »Round the World«-Tickets, die es im Reisebüro zu kaufen gibt. Nein, ich will das ganz große Abenteuer. Deshalb sitze ich selbst am Steuer meiner kleinen Sportmaschine. Solche Propellerflugzeuge, angetrieben von einem Kolbenmotor, sind eigentlich nur dafür gebaut, ein paar Hundert Kilometer zurückzulegen. Von München nach Kiel. Von München nach Mallorca. Das alles habe ich in den letzten zwölf Jahren gemacht, seit ich meinen Pilotenschein erworben habe. Einmal bin ich sogar von München bis nach Spitzbergen geflogen. Habe mich da schon mutig gefühlt, wie ein richtiger Abenteurer.

Aber einmal um die Welt? In einer Mooney? In so einer kleinen Kiste? Wahnsinn, sagen alle, denen ich in den Monaten zuvor davon erzählt habe. Freunde, die selbst nicht fliegen, aber auch erfahrene Piloten haben mir abgeraten. Mach das nicht! Das Flugzeug ist zu klein, haben sie gesagt, die Maschine zu schwach, das Risiko zu groß.

Ich mache es trotzdem. Denn ich bin davon überzeugt, dass ich meine Grenzen überwinden kann. Auch die Grenze der Angst. Ich will es mir beweisen, ja, vor allem mir selbst. Aber ich will es auch denen beweisen, die zweifeln, die dieses Abenteuer, meinen Flug um die Welt, für allzu verwegen halten.

Zu zweit machen wir diese Reise, zu zweit werden wir »Maggie« steuern. Pilot und Co-Pilot: Mal ist es der eine, mal der andere. Mal Wolf Schroen, mal ich. Wir werden uns abwechseln, wir ergänzen uns gut. Ich bin der Draufgänger, Wolf ist der Bedächtige. Ich bin der Ungeduldige, Wolf ist der Gelassene. Ich drängele mich in einer Schlange gern vor, wenn ich es eilig habe, Wolf stellt sich immer hinten an (wirklich immer). Ich werde schon mal unwirsch, wenn mir etwas nicht passt, Wolf bleibt selbst in Stresssituationen immer die Ruhe selbst (na ja, fast immer). Er, der Deutsch-Amerikaner, geboren in Dallas, ist der große Weltenbummler, und ich, der gebürtige Bayer, seit jeher in und um München zu Hause, ich bin der Bodenständige.

So unterschiedlich wir sind, so gut verstehen wir uns. Ich kenne Wolf erst seit einem Jahr, nicht sehr gut also. Wir sind keine alten Freunde, sondern zwei, die sich durch Zufall gefunden haben. Aber uns verbindet etwas Entscheidendes: Wolf ist genauso flugverrückt wie ich, vielleicht sogar noch ein bisschen verrückter. Auch er will seit Jahren einmal um die Welt fliegen und sucht schon lange jemanden, der mit ihm dieses Abenteuer wagt. Genauso wie ich jemanden gesucht habe, der es mit mir wagen würde. Nun wagen wir es gemeinsam.

Was wir vorhaben, das ist bislang erst wenigen Menschen gelungen. Seit 1924 sind gerade mal 194 einmotorige Kleinflugzeuge um die Welt geflogen, die meisten in östlicher Richtung, mit Rückenwind. Nur 44 Maschinen haben es in westlicher Richtung geschafft, die letzte vor zwei Jahren.

»Earthrounders« heißen diese Piloten, die die Welt mit einem Flugzeug umrundet haben. Es gibt einen gleichnamigen Club, der über alle erfolgreichen oder gerade aktuellen Umrundungsflüge Buch führt. Die ersten »Earthrounders« waren zwei Soldaten der US-Luftwaffe, die am 6. April 1924 mit ihren Doppeldeckern, genannt »Chicago« und »New Orleans«, von Seattle aus gestartet sind. Nach 175 Tagen waren sie wieder zurück. Zwei andere Maschinen schafften es nicht: Die »Seattle« zerschellte an einem Berg in Alaska, die »Boston« musste nahe Grönland notwassern; die Piloten überlebten in beiden Fällen.

Auf ihrer Reise um die Welt sind die ersten »Earthrounders« am 9. Mai 1924 auch auf Attu gelandet. Eine Metalltafel, die wir unweit der Landebahn entdeckt haben, erinnert an den »First World Flight« und an Lieutenant Erik H. Nelson, den Piloten der »New Orleans«, dem die erste Erdumrundung gelungen ist. Sechs Tage später sind die beiden Piloten weiter gen Japan geflogen – westwärts, genau wie wir.

Fast sieben Jahrzehnte danach ist ein Flug um die Welt, zumal in einem so kleinen Flugzeug wie unserer Mooney, immer noch ein Abenteuer. Eines mit Risiken. Eines aber auch, das unvergleichliche Erlebnisse verspricht. 80 Tage, so der Plan, soll unsere Reise dauern – 80 Tage, in denen wir in 20 Ländern Station machen und unterschiedlichste Kulturen erleben werden. Wir werden viel Zeit in der Luft verbringen, aber noch viel mehr Zeit am Boden.

Was die Philosophie unserer Reise anbelangt, sind Wolf und ich uns einig: Wir wollen nicht im Schweinsgalopp um die Welt fliegen, sondern Land und Leute so gut wie möglich kennenlernen. Auch wenn wir nicht gemächlich mit dem Rucksack reisen oder mit dem Fahrrad um die Welt radeln, so wollen...

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