Analog zum vorangegangenen Kapitel soll in diesem Teil der Arbeit zuerst der Begriff Produktivität definiert werden. Ein besonderes Augenmerk gilt hierbei der Unterscheidung von Unternehmensproduktivität und Mitarbeiterproduktivität. Im Anschluss an die für den weiteren Verlauf der Arbeit als Ausgangsbasis dienende Definition werden Einflussfaktoren auf die Produktivität von Mitarbeitern dargestellt. Abschließend werden noch einige Messmethoden gestreift.
Verallgemeinert betrachtet kann man die Produktivität als Quotienten aus Ergebnis (Output) und Einsatz (Input) betrachten. Je nach gewähltem In- und Output sind im Rahmen dieser Definition unterschiedliche Ausprägungen der Produktivität möglich.[75]
Diese lassen sich zum Beispiel wie in Abbildung 10 darstellen und unterteilen.
Abbildung 10: Allgemeine Definition der Produktivität[76]
Die Gesamtproduktivität betrachtet alle Inputgrößen und gibt somit Aufschluss über die Produktivität des gesamten Produktionsprozesses. Die Teilproduktivität betrachtet nur einen Inputfaktor wie z. B. die Arbeitsmenge. Bei dieser Art der Betrachtung gilt es, ein besonderes Augenmerk auf die Substitutionsvorgänge zwischen den einzelnen Inputfaktoren zu legen, da ansonsten eventuell falsche Rückschlüsse über die Entwicklung einer Teilproduktivität gezogen werden.[77]
Die Statistik Austria verfolgt bei der Berechnung ihres „Produktivitätsindex“ eine identischen Ansatz, indem sie den „Produktionsindex“, welcher die erbrachte Produktion in der Betrachtungsperiode widerspiegelt, durch den Arbeitseinsatz in der Betrachtungsperiode dividiert. Somit ergibt sich ein „Produktivitätsindex“, welcher die Arbeitsproduktivität der gesamten österreichischen Produktionsunternehmen widerspiegelt.[78]
Damit folgt die Statistik Austria den Vorgaben der OEEC, welche diese bereits 1950 für alle Mitgliedsländer verbindlich erteilte. Dabei wird die Arbeitsproduktivität als wichtigster Faktor angesehen und ist somit auch Hauptgegenstand jeder Messung. Dies beruht auf der zentralen Stellung der menschlichen Arbeit. Menschen wirken in der Produktion von Gütern mit, sind aber auch als Verbraucher das hinter der Produktion stehende Ziel.[79]
Abbildung 11: Arbeitsproduktivität im Zusammenhang mit der Gesamtproduktivität[80]
In Abbildung 11 wird der Zusammenhang zwischen der Gesamtproduktivität und einer Teilproduktivität, z. B. der Arbeitsproduktivität, dargestellt. Die isolierte Betrachtung einer Teilproduktivität birgt den Nachteil, dass Produktionsveränderungen bei allen übrigen Produktionsfaktoren dem Faktor Arbeit zugerechnet werden. Somit können z. B. Struktureffekte durch die Veränderung der Wertschöpfungstiefe und/oder durch Substitution zu Fehlschlüssen und Fehlverhalten führen.[81]
Wird die Produktivität als Kennzahl verwendet, so muss bedacht werden, dass diese für sich allein genommen nichts aussagt. Erst durch einen Vergleich mit einer vorgegebenen Soll-Produktivität, Werten aus früheren Berechnungen oder mit identisch berechneten Produktivitäten aus vergleichbaren Unternehmen kann sie interpretiert werden.[82]
Im Zusammenhang mit dem Begriff Produktivität sollte auch die Effizienz genannt werden. Diese stellt Zielerträge und die dafür notwendigen Mittel gegenüber. Dabei werden im Wesentlichen zwei unterschiedliche Ansätze des ökonomischen Prinzips verfolgt: einerseits die Erreichung des höchstmöglichen Zielertrags mit vorgegebenen Mitteln (Maximum-Prinzip), andererseits die Erreichung eines vorhandenen Ziels mit möglichst wenig Mitteleinsatz (Minimum-Prinzip). Durch die Auswahl von Zielen und Mitteln können diverse Effizienzkonzepte abgebildet werden. Die Produktivität bildet eines dieser Konzepte, hierbei werden realer Out- und Input gegenübergestellt. Somit kann die Produktivität als eine mögliche Ausprägung der Effizienz gesehen werden.[83]
Im Zuge dieser Arbeit wird der Begriff Produktivität synonym für die Arbeitsproduktivität eines Produktionsmitarbeiters verwendet. Diese lässt sich als Quotient aus Output (Gutteileausbringung)/Input (Arbeitsmenge) des jeweiligen Mitarbeiters definieren.
Abbildung 12: Einflussfaktoren Arbeitsproduktivität nach Prüß (2001)[84]
Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft
Leistungsfähigkeit bezeichnet individuell je Arbeitskraft deren Potenzial zur Erledigung der gestellten Arbeitsanforderung. Sie setzt sich aus den Faktoren Qualifikation, Konstitution und Arbeitsumwelt zusammen. Fähigkeiten, Ausbildung und Erfahrung bilden die Qualifikation. Alter, Geschlecht und Tagesverfassung sind Faktoren der Konstitution. Verwendete Technik und Technologie, Arbeitsorganisation und Arbeitsplatzgestaltung werden zur Arbeitsumwelt zusammengefasst. Der Einfluss der Leistungsfähigkeit auf Produktivität ist eng mit der Leistungsbereitschaft verbunden. Diese bezeichnet den Wunsch eines Mitarbeiters, seine vorhandene Leistungsfähigkeit dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Simpel ausgedrückt beschreibt die Leistungsfähigkeit das „Können“, während die Leistungsbereitschaft das „Wollen“ bezeichnet.[85]
Kapazitätsangebot und dessen Nutzung
Die Kapazität wirkt durch die optimale Ausnutzung des bereitgestellten Kapazitätsangebots auf die Produktivität. Dabei kann zwischen quantitativem (verfügbare Arbeitszeit) und qualitativem (vorhandene Leistungsfähigkeit und Bereitschaft) Kapazitätsangebot unterschieden werden. Das quantitative Angebot muss, um eine bestmögliche Produktivität zu erreichen, immer den aktuellen Marktanforderungen angepasst werden. Diese kann z. B. durch zusätzliche Schichten, Überstunden, Wochenendarbeit etc. gesteigert werden. Gesenkt wird sie durch genaue Planung von Betriebsurlauben und Überstundenabbau bzw. Minusstundenaufbau. Um das quantitative Angebot im Sinne einer optimalen Produktivität auszureizen, bietet es sich an, die vorhandenen Arbeiten von jenen Mitarbeitern mit den dafür besten Qualifikationen durchführen zu lassen bzw. die Arbeitsaufgaben entsprechend der Qualifikation zu verteilen.[86]
Arbeitsorganisation
Die Arbeitsorganisation setzt sich aus Arbeitsplatzgestaltung, Arbeitszeitgestaltung und Arbeitsstrukturierung zusammen. Das Ziel der Arbeitsplatzgestaltung ist es, einen Arbeitsraum zu schaffen, der den Mitarbeiter in der Ausführung seiner Aufgaben bestmöglich unterstützt. Hierzu müssen Parameter wie Ergonomie, Mechanisierung, Umgebungseinflüsse und die Unfallsicherheit berücksichtigt werden. Die Arbeitszeitgestaltung steht in engem Zusammenhang mit der bereits angeführten Kapazität und hat die optimale Abdeckung des Kapazitätsbedarfs zum Ziel. Um dies zu erreichen, stehen verschiedene Methoden zur Verfügung; diese beginnen bei der Planung der täglichen Pausen und reichen von Teilzeitmodellen, Schichtarbeitsmodellen, Gleitzeitmodellen bis hin zur Jahresarbeitszeitverträgen und sogar dem Modell der Lebensarbeitszeit. Die Arbeitsstrukturierung befasst sich mit dem Inhalt der Arbeit selbst. Ziel ist es, durch eine Vermeidung von Monotonie und Inflexibilität die Produktivität hoch zu halten. Bekannte Ansätze, um dies zu erreichen, sind „job-enlargement“ (dabei wird das Spektrum der Arbeitsaufgaben um gleichartige Aufgaben erweitert), „job-enrichment (hier wird das zugewiesene Aufgabenspektrum um vor- und nachgelagerte Tätigkeiten ergänzt) und „job-rotation“ (hierbei wechseln die Mitarbeiter regelmäßig ihren Arbeitsplatz).[87]
Weber (1998) führt eine Vielzahl von möglichen Faktoren an, die zu einer Veränderung der Arbeitsproduktivität beitragen. Da er die Arbeitsproduktivität eines gesamten Unternehmens untersucht, unterscheidet er zwischen gleichbleibender und geänderter Mitarbeiterzahl. Hier werden nur jene Faktoren aufgeführt, die sich auf eine gleichbleibende Mitarbeiterzahl beziehen, da sich aus diesen Faktoren Rückschlüsse auf die Einflüsse auf die Arbeitsproduktivität eines einzigen Mitarbeiters ziehen lassen. Weber führt sowohl die geforderte Qualität des Produkts als auch den Anteil des Fremdbezugs als Einflussfaktoren auf die Arbeitsproduktivität an. Sinkt die geforderte Qualität, können in derselben Zeit mehr Produkte hergestellt werden, was wiederum die Produktivität erhöht. Je höher der Anteil an fremdbezogenen Teilen für das Produkt, desto weniger muss selbst gefertigt werden, was es wiederum ermöglicht, innerhalb derselben Zeitvorgabe größere Mengen zu produzieren. Eine Erhöhung der Arbeitszeit je Mitarbeiter hat aufgrund des gesteigerten Inputs natürlich einen positiven Effekt auf die Produktivität. Auch leichter zu verarbeitende Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe wirken sich positiv aus. Sowohl Maschinenlaufzeitverlängerung, Stillstandszeitverkürzung, leistungsfähigere...