Apotheken haben die Funktion des pharmazeutischen Einzelhandels[76] und sind verpflichtet eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen (§ 1 (1) ApoG). In Deutschland gibt es 20.662 Apotheken, davon sind rund 4.000 Filialapotheken (Stand 2013). Eine Apotheke versorgt dabei durchschnittlich rund 3.800 Einwohner.[77] Die öffentlichen Apotheken beschäftigen über 150.000 Personen, wovon 49.288 Apotheker und Apothekerinnen sind.[78]
Der Apotheker hat neben der Distributionsfunktion für Arzneimittel auch die Aufgabe beratend tätig zu sein, worunter sowohl die Abgabe von Empfehlungen, als auch die umfassende Aufklärung über das Präparat, das er aushändigt, zu verstehen sind.[79] Durch diese Beratungs- und Informationsfunktion, die der Apotheker übernimmt, kommt ihm gegenüber dem Patienten eine wichtige Rolle bei der Auswahl von Pharmazeutika, vor allem im OTC-Bereich, zu. Alles in allem trägt er wesentlich dazu bei, die Gesundheit der Bevölkerung zur erhalten.[80]
Die Apotheke als Verkaufsort hebt sich durch die Fachkompetenz und Erfahrung der Apothekenmitarbeiter als Verkäufer von anderen Einkaufsstätten ab. Die fachkompetente Beratung vermittelt dem Käufer dabei Sicherheit beim Erwerb eines Selbstmedikationspräparates.[81] Der Apotheker argumentiert bei der Beratung rund um ein OTC-Produkt aber nicht nur aus therapeutischer Sicht, sondern baut auch auf seine kaufmännischen Erfahrungen. Diese nutzt er aus, um dem Konsumenten entsprechende Empfehlungen zu geben und lässt sich die Möglichkeit offen, durch Angebote bestimmte Kaufanreize zu setzen.[82] Dabei ist es für einen Apotheker unumgänglich seine Empfehlung für ein konkretes Arzneimittel abhängig von der Indikation und der Erfahrung des Kunden mit einem Medikament zu machen. Im Verlaufe des Beratungsgespräches sollten mögliche pharmazeutische Behandlungsmöglichkeiten dem Patienten erläutert werden, um anschließend ein bestimmtes Präparat empfehlen zu können.[83]
Für den Geschäftserfolg der Apotheken wird der Absatz von OTC-Arzneimitteln immer bedeutender. Eine Umfrage von APOkix (Apotheken-Konjunkturindex) aus dem Jahr 2012 hat ergeben, dass 71% der befragten Apotheker das OTC-Sortiment für den Erfolg ihrer Apotheke als immer wichtiger ansehen. Für 43% haben OTC-Arzneimittel bereits zu diesem Zeitpunkt eine hohe oder sogar herausragende Bedeutung für die Ertragslage der Apotheke und 70% der Apothekerschaft geht davon aus, dass die Bedeutung des OTC-Bereichs als Einnahmequelle einer Apotheke weiter zunehmen wird.[84]
Aus Sicht der Konsumenten ist eine Apotheke bzw. ein Apotheker eine sehr vertrauensvolle Quelle, um sich über gesundheitsrelevante Themen informieren zu lassen.[85] In diesem Zusammenhang legt eine Studie der IfH dar, dass es über 80% der Kunden schätzen, wenn sich in einer Offizinapotheke Zeit für sie genommen wird. Dies erhöht wiederum das Vertrauen in das Apothekenteam.[86] Außerdem sehen knapp 60% der Befragten die Apotheke als erste Anlaufstelle bei leichteren gesundheitlichen Beschwerden[87] und ca. ein Drittel der Teilnehmer geht davon aus, dass ihre Bedeutung in dieser Hinsicht in Zukunft weiter zunehmen wird.[88] Sowohl die Studie „best for planning 2014“ von GiK (Gesellschaft für integrierte Kommunikationsforschung) als auch die Studie „VuMA 2015“ (Verbrauchs- und Medienanalyse), die gemeinsam von ARD-Werbung SALES & SERVICES, RMS Radio Marketing Service und ZDF Werbefernsehen jährlich in Auftrag gegeben wird, kommen zum Ergebnis, dass rezeptfreie Medikamente hauptsächlich in der Apotheke gekauft werden. Bei „best for planning 2014“ geben dies 66% der Teilnehmer an[89], bei „VuMA 2015“ sind es sogar 77% der Befragten.[90]
Die Studie „best for planning t.o.m. pharma” unterteilt die Käufertypen von OTC-Arzneimitteln in vier Kategorien. So gelten 2014 51% der Bevölkerung als Wechselkäufer, 26% als Markenkäufer, 20% als Empfehlungskäufer und nur 3% als ausschließliche Preiskäufer. Der Wechselkäufer trifft dabei seine Kaufentscheidung bei jedem Einkauf anhand anderer Kriterien, sodass er nicht eindeutig einem der anderen drei Typen zugeordnet werden kann.[91]
Die Agenturen Pauli-Bach und Lewald sowie concept m definierten 2010 sechs, von der obigen Betrachtung abweichende, Typen von Käufern und Verwendern von OTC-Arzneimitteln. Die Entscheidungen der Verbraucher für bestimmte Produkte ergeben sich dementsprechend aus verschiedenen Faktoren, die nicht alle offensichtlich sind, sondern auch von unbewussten Wünschen und Sehnsüchten beeinflusst werden:[92]
I. Der Fürsorgliche – Halt und Trost
Der fürsorgliche Typ bevorzugt Produkte, die ihm behilflich sind, die eigene Gesundheitsvorsorge und das Wohlbefinden sicherzustellen. Er tendiert zu Präparaten und Marken, die er bereits aus seinem familiären Umfeld kennt. Für ihn stellen diese eine Art Halt und Trost in der Situation der Erkrankung dar. Daneben kombiniert dieser Typus seine gewählten Arzneimittel gerne mit Hausmitteln, wie einem Kamillendampfbad oder Wadenwickeln.
II. Der Autonome – Gesundheitsattacken abwenden
Der autonome Typ tendiert zu Präparaten, die ihn unterstützen, sein gesundheitliches Gleichgewicht herzustellen, ohne dabei Dritte einschalten zu müssen. Für ihn gelten viele Umwelteinflüsse, wie Wetterschwankungen, Stress und grassierende Infektionskrankheiten, als persönliche Gesundheitsrisiken, die es präventiv oder kurativ zu behandeln gilt. Dieser Typus versucht vermehrt mit OTC-Medikamenten sein Immunsystem zu stärken.
III. Der Selbstheiler – Hilfe zur Selbsthilfe
Der selbstheilende Typ benutzt OTC-Arzneimittel bevorzugt kurativ. Er sieht in diesen Produkten Helfer, die den Selbstheilungsprozess seines Körpers unterstützen. Dabei ist er jedoch stets besorgt, dass er damit die eigene Kompetenz überschreitet. Für ihn ist es zur Vermittlung der Sicherheit von OTC-Präparaten wichtig, dass diese klare Anweisungen z.B. zur Dosierung geben. Wird ein Medikament diesem Anliegen nicht gerecht, stellt dies für den Selbstheiler einen Hinderungsgrund der Verwendung dar.[93]
IV. Der Abwägende – Maß halten
Den abwägenden Typ plagen Selbstzweifel, da für ihn der Gebrauch von OTC-Arzneimitteln von komplexen Überlegungen begleitet wird. Dieser Typus setzt sich ständig mit Fragen, wie „Sollte ich besser zum Arzt gehen oder einen Apotheker fragen?“ bzw. „Rechtfertigt mein Problem überhaupt die Einnahme eines Medikaments?“, auseinander und rechnet diese gegeneinander auf. Er stellt sich dabei sowohl sachliche, als auch emotionale und moralische Fragen. Aspekte, die für oder gegen den Einsatz von Selbstmedikationsprodukten sprechen sind für den Abwägenden auch aus Angst vor Nebenwirkungen bzw. sozialem Druck von Bedeutung.[94]
V. Der Systemverweigerer – unabhängig leistungsfähig
Der Typ des Systemverweigerers fühlt sich im aktuellen Gesundheitssystem nicht mehr wohl und versucht sich deshalb von ihm unabhängig zu machen, indem er seine Gesundheit und etwaige Heilungsprozesse selbst in die Hand nimmt. Er will sich weder vom Arzt noch sonstigen Akteuren des Gesundheitswesens etwas sagen lassen. Stattdessen strebt der Systemverweigerer an, es sich selbst zu beweisen, wie leistungsfähig und aktiv er im Vergleich zum bestehenden Gesundheitssystem ist. Bei den OTC-Arzneimitteln greift er bevorzugt auf preiswerte Präparate mit (vermeintlich) gleichem Wirkstoff (Generika, Me-Too-Präparate) zurück.
VI. Der Methodiker – Vielfalt beherrschen
Der Typ des Methodikers ist bemüht die Vielfalt der Möglichkeiten der Selbstbehandlung, wie OTC-Arzneimittel, homöoapathische Mittel als auch Hausmittel, für sich zu strukturieren, um stets die richtige Antwort auf jede Anforderung griffbereit zu haben. Dadurch hat er einen besonders hohen Informations- und Absicherungsbedarf. Außerdem ist für diesen Typus auch die Darreichungsform von wichtiger Bedeutung. Insbesondere OTC-Produkte, die er noch aus Kindheitstagen kennt und die heutzutage mit einer modernen Verpackung und einer aktuellen Kommunikation aufwarten können, stehen bei ihm hoch im Kurs.[95]
Die gute persönliche Erfahrung mit einem OTC-Arzneimittel und die daraus resultierende Zufriedenheit mit einem Präparat ist laut einer Berechnung der GfK (Gesellschaft für Konsumforschung) der ausschlaggebendste Faktor...