Der Messeplatz Deutschland ist weltweit führend bei der Ausrichtung internationaler Messen: Jährlich werden über 150 überregionale Messen mit bis zu 170.000 Ausstellern und 10 Millionen Besuchern durchgeführt. Somit finden etwa zwei Drittel der globalen Leitmessen der einzelnen Branchen in Deutschland statt.[4] Hinzu kommen noch zahlreiche kleine regionale Messen und Ausstellungen.
Im Fokus dieser Arbeit stehen die internationalen Leitmessen und deren kommunikativen Herausforderungen an ein internationales Publikum. Nachfolgend werden die Grundlagen für die spätere Untersuchung möglicher Auswirkungen von Messekommunikation geschaffen.
Eine Messe lässt sich nach § 64 der Gewerbeordnung (GewO) wie folgt definieren:
„Eine Messe ist eine zeitlich begrenzte, im Allgemeinen regelmäßig wiederkehrende Veranstaltung, auf der eine Vielzahl von Ausstellern das wesentliche Angebot eines oder mehrerer Wirtschaftszweige ausstellt und überwiegend nach Muster an gewerbliche Wiederverkäufer, gewerbliche Verbraucher oder Großabnehmer vertreibt. Der Veranstalter kann in beschränktem Umfang an einzelnen Tagen während bestimmter Öffnungszeiten Letztverbraucher zum Kauf zulassen.“[5]
Im Folgenden sollen Messen in den Marketing-Mix eingeordnet und von anderen Kommunikationsinstrumenten abgegrenzt werden.
Der sogenannte Marketing-Mix umfasst alle absatzpolitischen Instrumente wie die Preispolitik, Produktpolitik, Distributionspolitik und Kommunikationspolitik. Alle vier Instrumentarien dienen Unternehmen zur Umsetzung Ihrer Marketingziele. Dadurch wird ein positiver Einfluss auf die potentiellen Absatzmärkte und auf das Käuferverhalten ausgeübt.
„Diese Unternehmensaktivitäten dienen dem Zweck einer dauerhaften Erfüllung der Kundenbedürfnisse einerseits und der Erfüllung der Unternehmensziele andererseits.“[6]
Abbildung 1: Messebeteiligung im Marketing-Mix[7]
Das oben stehende Schaubild zeigt die vielseitige Wechselwirkung einer Messebeteiligung zwischen den einzelnen absatzpolitischen Instrumenten auf. Messen sind demnach nicht mehr allein als effizientes Medium der Distributionspolitik anzusehen, sie tangieren vielmehr alle Instrumente und agieren als integrierte multifunktionale Plattformen innerhalb des gesamten Marketing-Mix.[8]
Der Ausstellungs- und Messeausschuss der Deutschen Wirtschaft e.V. (AUMA) vertritt und konzentriert die Interessen der ausstellenden, besuchenden und veranstaltenden deutschen Messewirtschaft. Darüber hinaus gibt der AUMA jährliche repräsentative Umfragen und wissenschaftliche Studien in Auftrag, welche die besondere gesamtwirtschaftliche Bedeutung, sowie Perspektiven und Potenziale von Messen für den Marketing-Mix herausstellen.
Die besondere Relevanz für das Thema dieser Arbeit stellt der Kommunikations-Mix da. Dieser soll im Folgenden als Schwerpunkt im Messekontext betrachtet werden.
Die grundlegende Aufgabe der Kommunikationspolitik ist, durch „Information gezielte Beeinflussung potentieller Nachfrager Absatzwiderstände zu überwinden“.[9]
Abbildung 2: Messen im Kommunikations-Mix[10]
Die vorstehende Abbildung verdeutlicht die Positionierung der Messe gegenüber anderen Kommunikationsinstrumenten wie die PR, die klassische Werbung, die Verkaufsförderung, sowie der persönliche Verkauf durch Außendienstler.
Bei dieser Darstellung wird die ausgezeichnete Positionierung der Messe innerhalb des Kommunikations-Mixes deutlich. Durch die hohe Intensität des persönlichen Kontaktes zwischen Aussteller und Messebesucher können neue Kontakte individuell und nachhaltig erschlossen und zugleich bestehende gepflegt werden. Auch die aktive Vermittlung von Informationen direkt am fassbaren Objekt stellt die Besonderheit von Messen da. Darüber hinaus hat eine Messebeteiligung einen hohen Grad an Ereignischarakter. Produkte und Dienstleistungen können dem Messebesucher durch gezielte Inszenierungen auf einer emotionalen Ebene ein eindrucksvolles Erlebnis bieten.[11]
Die HHL – Leipzig Graduate School of Management und die Agentur UNIPLAN untersuchten im Rahmen ihrer gemeinsamen Live-Trends-Studien die Bedeutung einzelner Kommunikationsinstrumente und deren Einsatz in Unternehmen. Mit einem durchschnittlichen Anteil von knapp 20 % am Kommunikationsbudget von Unternehmen zählen Messen zu den wichtigsten Instrumenten der Kommunikation.[12] Durch steigende Produktionskosten (Standbaukosten, Standmiete) und Nebenkosten (Hotelkosten, Gebühren) für Messen, steigt gleichzeitig auch deren Effizienzdruck.[13]
Die Effizienz von Messen und deren gesamtwirtschaftliche Auswirkung muss gesteigert werden, damit die Marketingmanager auch zukünftig die notwendigen Mittel für einen nachhaltigen Messeauftritt bereitstellen. Der Einsatz optimierter Kommunikationsstrategien auf Messen kann dazu einen entscheidenden Beitrag leisten.
Messen erfüllen vielseitige Funktionen. Von allen Marketinginstrumenten haben sie die umfassendste Funktionsbandbreite. Da der Einsatz von Messen Multiplikatoreffekte auslöst, wird im Folgenden nicht nur die wirtschaftliche Betrachtung für Unternehmen, sondern auch das gesamtwirtschaftliche und überwirtschaftliche Funktionsspektrum im Kontext der Kommunikation berücksichtigt.
Kundenpflege und Kundengewinnung
Der direkte Kundenkontakt auf Messen ermöglicht durch effektives Beziehungsmanagement und eine strategische Kommunikation eine langfristige Kundenbindung. Zudem können neue internationale Kontakte zur Erschließung neuer Märkte führen.[14]
Präsentation neuer Produkte und Dienstleistungen
Messen dienen als Testmärkte für die Akzeptanz neuer Produkte und Innovationen. Durch die räumliche Nähe zum Wettbewerb machen Sie Branchentrends sichtbar und ermöglichen dem Besucher einen direkten Vergleich verschiedener Angebote.[15] Eine große Fernwirkung der Kommunikation, sowie eine anregende Inszenierung neuer Produkte kann hier die Abgrenzung vom Wettbewerb unterstützen.
Plattform für Existenzgründer
Neue Unternehmen brauchen gute Kontakte zu potentiellen Geschäftspartnern, Kunden und der Presse. Für die Präsentation ihres Unternehmens und der Produkte dienen Messen auch als Sprungbrettfunktion für den Markteintritt.
Imagesteigerung und Medienwirkung
Messen sind Ereignisse mit hoher Medienwirkung: Durch ansprechende Informationen und eine kompetente Kommunikation, können Firmen ihr Image gegenüber dem Besucher, aber auch gegenüber der breiten Fachöffentlichkeit, verbessern. Durch die Medien entstehen Multiplikatoreffekte.
Benchmarking
Durch die räumliche und zeitliche Nähe zu den Mitbewerbern, wird eine einzigartige Wettbewerbssituation geschaffen. Messen verstärken die Auseinandersetzung mit der Qualität eigener und fremder Produkte und Dienstleistungen unter den Wettbewerbern.
Mitarbeitermotivation und Personal Recruiting
Die internen logistischen und planerischen Herausforderungen für eine Messebeteiligung innerhalb von Unternehmen, schaffen eine besondere Motivation zur Erreichung der Unternehmensziele bzw. Messeziele. Auch währed der Messe fühlen sich Mitarbeiter oft besonders motiviert, Kundengespräche zu führen und sich gegenüber dem Wettbewerb zu behaupten. Darüber hinaus dienen Messen auch der Rekrutierung von potentiellen Mitarbeitern.
Persönliche Kommunikation
Die persönliche vertrauensbildende Kommunikation durch das direkte Gespräch mit Geschäftspartnern bzw. Kunden, stellt die wichtigste Funktion und Nutzen einer Messe für Unternehmen da.
Emotionale Ansprache
Messen sind Events der Sinne – sie ermöglichen die Beurteilung von Produktqualitäten mit allen Sinnen. Die emotionale Beziehung zwischen Kunde und Produkt steht bei einer Messe im Vordergrund.[16] „Insbesondere bei Kaufentscheidungsträgern nehmen Messen einen beachtlichen Stellenwert als Kommunikationsinstrument ein.“[17]
Die oben genannten klassischen Funktionen nach dem AUMA sind mit den nachfolgenden drei kommunikativen Grundfunktionen...