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E-Book

Einspruch!

Das große Buch der Rechtsirrtümer

AutorRalf Höcker
VerlagUllstein
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl320 Seiten
ISBN9783548920139
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Der Höcker im Haus erspart den Anwalt - nicht ganz, aber doch fast... Dieses Handbuch gehört in jedes Buchregal. Denn es räumt auf mit populären Mythen rund um unser Rechtssystem und erspart Ihnen teure Missverständnisse und falsche Beschuldigungen. Denn auch wenn es nach wie vor auf jeder Baustelle zu lesen ist: Eltern haften NICHT für ihre Kinder. Blaulicht bedeutet NICHT automatisch Vorfahrt. Und man kann gekaufte Artikel auch OHNE Kassenzettel umtauschen. Solche und viele andere Irrtümer aus der Welt der Justiz behandelt Ralf Höcker in bewährt unterhaltsamer Manier in seiner Show »Einspruch!« - und in diesem Buch.

Ralf Höcker, Jahrgang 1971, LL.M. (London) und Dr. jur., betreibt eine eigene Rechtsanwaltskanzlei in Köln. Er berät Unternehmen und Künstler in Fragen des Medien-, Marken-, Urheber- und Wettbewerbsrechts. Seit Sommer 2009 ist er Lehrbeauftragter an der Cologne Business School / EUFH Brühl. Wenn Sie Herrn Höcker als Redner buchen möchten, kontaktieren Sie bitte die Econ Referenten-Agentur. Falls Sie sich für eine Lesung interessieren, fragen Sie unser Veranstaltungsteam.

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Leseprobe

Anspruch auf Abfindung


Irrtum:

Wer als Arbeitnehmer gekündigt wird, hat einen gesetzlichen Anspruch auf Abfindung.

Richtig ist:

Einen allgemeinen gesetzlichen Abfindungsanspruch gibt es nicht.

»Mir wurde gekündigt. Wie viel Abfindung steht mir jetzt zu, Herr Rechtsanwalt?«

Seit Jahrzehnten werden Anwälte für Arbeitsrecht mit diesem klassischen Mandanten-Missverständnis konfrontiert. Immer wieder müssen Anwälte gekündigten Arbeitnehmern erklären, dass sie grundsätzlich gar kein Geld verlangen können, wenn sie entlassen werden. Denn bis 2003 gab es in Deutschland überhaupt keinen gesetzlichen Abfindungsanspruch. Wer unberechtigt gekündigt wurde, hatte nur die Wahl, entweder die Kündigung zu akzeptieren oder Kündigungsschutzklage zu erheben. Vor Gericht einigte man sich dann in der Praxis tatsächlich häufig auf eine Abfindung. Im Gegenzug nahm der Arbeitnehmer seine Klage zurück. Der Arbeitgeber kaufte sich also sozusagen von dem Arbeitnehmer frei.

2004 wurde das Kündigungsschutzrecht reformiert. Der Gesetzgeber mag sich dabei ursprünglich einmal gedacht haben: »Wenn sowieso alle glauben, dass es einen gesetzlichen Abfindungsanspruch gibt, dann können wir ihn auch einführen.«

Es wurde also ein erster Gesetzesentwurf erarbeitet, nach dem alle Arbeitnehmer, die aus betrieblichen Gründen gekündigt werden, künftig tatsächlich einen einklagbaren Anspruch auf Abfindung bekommen sollten. Beschlossen wurde letztlich jedoch etwas ganz anderes.

Heute gibt es zwar einen Abfindungsanspruch. Er gilt jedoch erstens nur bei betriebsbedingten Kündigungen und zweitens nur, wenn der Arbeitgeber in der Kündigung ausdrücklich darauf hinweist, dass der Arbeitnehmer eine Abfindung beanspruchen kann, wenn er die Frist für die Einreichung einer Kündigungsschutzklage verstreichen lässt. Diese Frist endet drei Wochen, nachdem die Kündigung dem Arbeitnehmer zugegangen ist. Weist der Arbeitgeber nicht auf dieses Recht hin, dann besteht es auch nicht.

Wenn der Arbeitnehmer nach alledem doch einmal Anspruch auf eine Abfindung hat, dann beträgt sie übrigens einen halben Monatsverdienst für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. »Angebrochene« Jahre sind ab sechs Monaten Dauer auf ein volles Jahr aufzurunden.

Bei Interesse siehe hierzu: § 1 a KSchG (Kündigungsschutzgesetz), »Abfindungsanspruch bei betriebsbedingter Kündigung«

Arbeitslosengeld für Selbständige


Irrtum:

Wer als selbständiger Unternehmer scheitert, hat keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Richtig ist:

Auch gescheiterte Selbständige haben innerhalb der sogenannten Rahmenfrist noch Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Viele Arbeitslose haben Angst davor, sich selbständig zu machen, weil sie befürchten, hierdurch ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld zu verlieren. Diese Befürchtung war jedoch schon immer unbegründet.

Und selbst die Hartz-Reformen haben einen Grundsatz nicht verändert: Auch Selbständige können im Falle eines Scheiterns ihres Unternehmens wieder Arbeitslosengeld beziehen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Wie jeder andere Arbeitslose haben sie Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn sie innerhalb der sogenannten Rahmenfrist von zwei Jahren mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gearbeitet haben.

Ein Beispiel: Herr Wenzel wurde zum 31. Dezember 2004 entlassen. Bis dahin hatte er versicherungspflichtig als Angestellter gearbeitet. Vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2005 versucht er, sich eine selbständige Existenz aufzubauen, merkt aber nach einem Jahr, dass er damit keinen Erfolg hat. Ab dem 1. Januar 2006 meldet er sich wieder arbeitslos und hat Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Wer arbeitslos wird, sollte auch aus diesem Grund die Möglichkeit in Betracht ziehen, sich eine eigene, selbständige Existenz aufzubauen. Gerade Existenzgründer, die sich aus der Arbeitslosigkeit heraus selbständig machen, erhalten vielfältige Förderungen. Die Bundesagenturen für Arbeit beraten jeden gerne, der den Mut zur Gründung einer eigenen Unternehmung aufbringt.

Bei Interesse siehe hierzu: § 118 SGB III (Sozialgesetzbuch III), »Anspruchsvoraussetzungen bei Arbeitslosigkeit« § 123 SGB III, »Anwartschaftszeit« § 124 SGB III, »Rahmenfrist«

Aushilfen und Festangestellte


Irrtum:

Aushilfen haben, anders als Festangestellte, keine Rechte.

Richtig ist:

Aushilfen haben im Wesentlichen die gleichen Rechte und Ansprüche wie Festangestellte.

Der Volksmund unterscheidet zwischen Aushilfen und Festangestellten. Unter »Aushilfen« werden vor allem Teilzeitkräfte verstanden, die einem Arbeitgeber regelmäßig (zum Beispiel jeden Montag) oder auf Abruf zur Verfügung stehen, aber oft keinen schriftlichen Arbeitsvertrag haben. Mit »Festangestellten« sind dagegen vor allem Arbeitnehmer gemeint, die zumeist Vollzeit arbeiten und typischerweise einen unbefristeten schriftlichen Arbeitsvertrag haben.

Allgemein wird davon ausgegangen, dass Aushilfen kaum Rechte besitzen. Sie werden von heute auf morgen entlassen, erhalten keinen bezahlten Urlaub und bekommen natürlich auch kein Weihnachtsgeld. Doch die Unterscheidung zwischen den sogenannten Festangestellten und den vermeintlich rechtlosen Aushilfen gibt es im Arbeitsrecht gar nicht. Unterschieden wird dort nur zwischen – möglicherweise scheinselbständigen – Arbeitnehmern und tatsächlich selbständigen freien Mitarbeitern. Wer Arbeitnehmer ist, hat die vollen Arbeitnehmerrechte, egal, ob er über einen schriftlichen Arbeitsvertrag verfügt oder nicht ( Schriftform von Verträgen) und egal, ob er vom Arbeitgeber als »Aushilfe« bezeichnet wird oder als »Festangestellter«.

Ob jemand ein Arbeitnehmer ist oder ein selbständiger freier Mitarbeiter, hängt davon ab, wie sehr er vom Arbeitgeber abhängig ist. Für die Arbeitnehmereigenschaft, auch einer sogenannten »Aushilfe«, spricht vieles, wenn einige der folgenden, typischen Indizien erfüllt sind:

  • zeitliche, fachliche und örtliche Weisungsgebundenheit;
  • Eingliederung in den Betrieb;
  • regelmäßige Tätigkeit;
  • Tätigkeit im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber/Arbeitgeber;
  • ähnliche Tätigkeiten werden in diesem oder anderen Betrieben in der Regel von angestellten Arbeitnehmern verrichtet;
  • keine Unternehmerinitiative und kein Unternehmerrisiko;
  • festes Entgelt;
  • keine Möglichkeit, die eigene Arbeit an andere Personen zu delegieren, die man als selbständiger Unternehmer einstellen könnte.

Wenn Aushilfen nach diesen Kriterien als Arbeitnehmer zu gelten haben – und das ist viel öfter der Fall, als die meisten glauben –, sind sie genauso »fest« angestellt wie alle anderen Arbeitnehmer auch. Das gilt auch dann, wenn sie nur befristet eingestellt oder teilzeitbeschäftigt sind.1 Auch befristete und teilzeitbeschäftigte Aushilfen genießen also Kündigungsschutz und haben Anspruch auf bezahlten Urlaub und auf Weihnachtsgeld, wenn sie als Arbeitnehmer anzusehen sind.

Voraussetzung für einen Anspruch auf Weihnachtsgeld ist allerdings, dass es auch an die sogenannten »Festangestellten« gezahlt wird. Im Krankheitsfall gilt ebenfalls der Grundsatz der Gleichbehandlung. Der Arbeitgeber muss deshalb auch Aushilfen den Lohn fortzahlen, wenn sie krank werden. Das gilt jedoch nur dann, wenn sie an Tagen krank werden, an denen sie normalerweise gearbeitet hätten. Wer immer nur montags und dienstags kommt, kann von seinem Arbeitgeber natürlich keine Entgeltfortzahlung verlangen, wenn er von Donnerstag bis Sonntag mit Grippe im Bett liegt.

Es ist erstaunlich, wie wenige Jobber sich über den Umfang ihrer Rechte im Klaren sind. Der Student mit dem klassischen Kellnerjob käme im Allgemeinen überhaupt nicht auf den Gedanken, von seinem Arbeitgeber bezahlten Urlaub oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu verlangen. Auch der Chef würde wohl nur verständnislos mit dem Kopf schütteln und die aufsässige Aushilfskraft wegen dieser vermeintlich unverschämten Forderungen sofort entlassen. Damit könnte er sich allerdings schnell eine Kündigungsschutzklage einhandeln. Denn wie erwähnt gelten auch für Aushilfen die gesetzlichen Kündigungsschutzvorschriften.

Da die Meinung von der rechtlosen Aushilfskraft sehr weit verbreitet ist, werden sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber jedoch wohl auch in Zukunft gleichermaßen an eine Rechtslage halten, die nur in der Vorstellung der Bevölkerung existiert.

Bei Interesse siehe hierzu: § 4 TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz), »Verbot der Diskriminierung«

Hitzefrei für Arbeitnehmer


Irrtum:...
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