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Elisabeth von Thüringen und Konrad von Marburg. Facetten einer Beziehung

AutorAnja Reckenfeld
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl66 Seiten
ISBN9783656937739
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2014 im Fachbereich Theologie - Historische Theologie, Kirchengeschichte, Note: 1,3, Westfälische Wilhelms-Universität Münster (Katholisch-Theologische Fakultät, Seminar für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte), Sprache: Deutsch, Abstract: Die vorliegende Arbeit bietet einen Überblick über Leben und Wirken der heiligen Elisabeth von Thüringen sowie eine Analyse über ihre Beziehung zu ihrem Beichtvater Konrad von Marburg. Elisabeth zählt zu den bekanntesten Heiligengestalten in der Katholischen Kirche. Auch außerhalb der Kirche kommt ihr eine besondere Bedeutung zu. Das zeigt sich z.B. daran, dass zahlreiche Institutionen ihren Namen tragen. Elisabeth hat schon bei ihren Zeitgenossen einen bleibenden Eindruck hinterlassen, der sich bis heute erhalten hat. Darstellungen über ihr Leben in verschiedenen Bereichen wie Kunst, Kultur und Literatur sind Beispiele für ihre bleibende Aktualität. Sie hat dort ihre individuellen Spuren hinterlassen. Anlässlich ihres 800. Geburtstages hat die Forschung ihre Spuren wieder aufgenommen. Dazu gab es im Jahr 2007 verschiedene Ausstellungen, dich sich mit Elisabeths Leben und ihrer Persönlichkeit beschäftigt haben und ihre Aktualität herausstellten. Die Motivation, mich in meiner Masterarbeit mit Elisabeth von Thüringen zu beschäftigen, ergab sich aus der Thematik meiner Bachelorarbeit, in welcher es um biographisches Lernen an Franziskus von Assisi ging. Sein Lebensideal hatte entscheidenden Einfluss auf den Lebensweg Elisabeths. Sie ließ sich von seiner Lebenseinstellung faszinieren. Im Leben der beiden Heiligen lassen sich mehrere Parallelen aufführen: Ebenso wie Franziskus stammte Elisabeth aus einer gut situierten Familie, von dessen gesellschaftlichen Idealen sie sich schließlich entsagte. Die Imitatio Christi wurde zu ihrer Lebensaufgabe. Franziskus´ Streben nach Nächstenliebe, Gerechtigkeit und Solidarität begegnet uns auch bei Elisabeth wieder. Beide führten ein Leben voller Widersprüche und Brüche. Als eine der populärsten Frauen in der Geschichte Thüringens sowie des europäischen Mittelalters hat Elisabeth von Thüringen mein Interesse für die Masterarbeit geweckt. Vor allem ihre geistige Beziehung zu ihrem Beichtvater Konrad von Marburg und das Verlassen ihrer Kinder erscheinen mir aus heutiger Sicht interessant und zugleich problematisch. In diesem Zusammenhang fällt ein besonderes Augenmerk meiner Arbeit auf den Einfluss, den Konrad von Marburg auf Elisabeths Willen und ihr Handeln hatte.

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Leseprobe

2 Quellen zum Leben Elisabeths


 

Der Leser darf sich darüber freuen, dass mehrere Quellen überliefert sind, die über das Leben der Heiligen berichten, denn von vielen anderen Heiligen des Mittelalters gibt es keine Überlieferungen und ihr Leben liegt „im Dunkeln der Geschichte“[3], was dazu führt, dass es oft nicht rekonstruiert werden kann.[4] Im Folgenden Kapitel werden vier schriftliche Quellen zum Leben Elisabeths kurz vorgestellt. Es verschafft dem Leser einen Eindruck über Quellenlage und Quellenproblem. Bei den von mir herangezogenen Quellen handelt es sich um schriftliche Zeugnisse, die bereits recht kurz nach Elisabeths Tod entstanden sind. Auch Urkunden, Briefe, Kleidungsstücke, Bücher, Siegel und Münzen sind überliefert.[5] Den schriftlichen Zeugnissen kommt aber eine besondere Bedeutung zu, daher werden sie in dieser Arbeit herangezogen.

 

Die Summa Vitae und der Libellus sind Texte von Augenzeugen aus unmittelbarer Nähe zu Elisabeth, sowohl zeitlich als auch persönlich. Sie sind die Hauptquellen für das Leben Elisabeths. Zeugenaussagen geben nähere Informationen zu Leben und Lebenswandel Elisabeths, ebenso zu ihrem Verhältnis zu Konrad. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Summa Vitae und der Libellus „überwiegend authentische Erinnerungen“[6] widerspiegeln. Diese Tatsache bedeutet für den heutigen Leser, dass er zur Beantwortung der Frage, wer Elisabeth war, diesen berichtscharakteristischen Texten größtenteils folgen darf. Allerdings schildern diese Quellen nicht den Lebenslauf, sondern berichten davon, wie Elisabeth ihr Leben gestaltete und ihr Schicksal bewältigte.[7] Der Leser muss sich darüber bewusst sein, dass die Verfasser einen Standpunkt hatten und bestimmte Zwecke verfolgten.[8] Die Summa Vitae und der Libellus sollten die „Kanonisation, d.h. (die) (…) Erhebung in den Kanon der Heiligen“[9] voranbringen. Der Ansicht, alle Quellen über das Leben der heiligen Elisabeth seien „klassische Parteigeschichtsschreibung“[10] darf in dieser Radikalität jedoch nicht gefolgt werden. Die Heranziehung der Quellen ist von großem Wert, weil sie „viel mehr verraten, als sie beabsichtigen“[11].

 

Wir sehen die Tugenden und Taten der Heldin wie sie uns berichtet werden unter einem anderen Gesichtspunkte als die Menschen vor (acht)hundert Jahren und deswegen erfahren wir über ihr Schicksal und ihren Charakter oft mehr und unbestechlichere Wahrheiten, als von den Protokollanten beabsichtigt wurde.[12]

 

Dennoch muss auch darauf hingewiesen werden, dass das Mittelalter „noch nicht die Verpflichtung zur Wahrheit und zur interesselosen Objektivität“[13] kannte. Daher sollten die Quellen unter dem Gesichtspunkt einer „relative(n) Zuverlässigkeit“[14] betrachtet werden. Für den heutigen Leser kommt das Problem der zeitlichen Distanz hinzu, mehr als 800 Jahre trennen uns von den Augenzeugen.[15] Dadurch ergibt sich die Frage, ob wir überhaupt richtig verstehen können, was die Zeitzeugen zum Ausdruck bringen wollten. Einiges, was für sie damals selbstverständlich war, kann für den heutigen Betrachter aufgrund der fernen Vergangenheit vielleicht nie mehr präsent werden.

 

2.1 Summa Vitae von Konrad von Marburg


 

Die Summa Vitae stammt aus dem Jahr 1232, sie ist das älteste und wichtigste schriftliche Zeugnis über das Leben Elisabeths.[16] Ihr Verfasser, Konrad von Marburg, berichtet summarisch über Elisabeths Leben, d.h. Einzelheiten des täglichen Lebens werden übergangen.[17] Konrads Quelle ist präzise und knapp verfasst und enthält daher wenig biographische Details. Er hat sie zum Zweck der Heiligsprechung seines Beichtkindes verfasst. Es gab wohl niemanden, der für das Verfassen einer Elisabeth-Vita geeigneter war als ihr langjähriger Beichtvater, „(s)chließlich wußte er (…) vom inneren Leben Elisabeths, von ihren geistigen Schwächen und Stärken, von ihrem Sehnen und Wünschen“[18]. Hinzu kommt, dass er als Magister der Theologie und seiner Tätigkeit als Priester und Inquisitor die Verfahrensregeln für eine Kanonisation kannte und mit Papst Gregor bekannt und möglicherweise befreundet war.[19] Veränderte Bedingungen des Heiligsprechungsverfahrens hatten dazu geführt, dass der Papst „das exklusive Recht (…) zur Heiligsprechung“[20] besaß. Die Kriterien für die Anerkennung eines Heiligen forderten neben post mortem[21] bezeugten Wundern den Nachweis eines tugendhaften Lebens.[22] Die Existenz von Wundern wurde als „Nachweis der wahren Heiligkeit“ verstanden, denn es war ja durchaus möglich, „daß das Leben eines Nichtmärtyrers insgeheim laxer verlaufen ist, als es aus den Zeugenaussagen hervorgeht“[23]. Das Wunder stellte die „göttliche Bestätigung“[24] der Tugenden dar. Konrad werden diese Bedingungen bekannt gewesen sein, weshalb er dem Papst neben einem zusammenfassenden Bericht über Elisabeths Leben, der Summa Vitae, einen Wunderbericht zukommen ließ.[25] Abgedruckt im Lateinischen ist Konrads Brief an den Papst z.B. zu finden bei Albert Huyskens[26] und Arthur Wyss[27]. In meiner Arbeit beziehe ich mich auf die deutsche Übersetzung von Karl Wenck[28].

 

Konrad bezieht sich in seinem Bericht auf die Zeit seiner Tätigkeit als Beichtvater, daher enthält seine Vita nur die letzten fünf Lebensjahre Elisabeths, die Jahre 1226-1231.[29] Dadurch, dass Konrad seine Vita sehr zeitnah nach ihrem Tod geschrieben hat –„(b)ereits ein Dreivierteljahr“[30] später–, kann davon ausgegangen werden, dass sich keine Legenden gebildet haben, wodurch ihre Authentizität wächst. Für mittelalterliche Verhältnisse war es sehr selten, dass fast zeitgleich zum Leben eine Vita niedergeschrieben wurde.[31] Allerdings darf Konrads Intention nicht außer Acht gelassen werden. Er strebte danach einen Heiligenkult zu begründen, der ihm im Kampf gegen die Ketzer helfen sollte.[32] Dazu beabsichtigte er Elisabeth „als leuchtendes Vorbild“[33] darzustellen. Es ist jedoch anzunehmen, dass nicht nur der Kampf gegen die Ketzer leitendes Motiv Konrads war, sondern auch seine persönliche Hochschätzung Elisabeths.[34] Er bezeichnete sie „als eine zweifellos sehr kluge Frau“[35]. Dennoch gilt es, die Aussagen kritisch zu prüfen und ggf. mit Aussagen anderer Zeugen zu vergleichen. Die Summa Vitae stellt eine Herausforderung für die Forschung dar, eine „(u)nkritische Übernahme ihrer Angaben ist (…) ebenso verfehlt wie ihre Beurteilung als realitätsfernes Konstrukt“[36]. Sie stellt nicht nur eine Lebensbeschreibung Elisabeths dar, sondern ist zugleich auch eine „Selbstdarstellung und starke Einbeziehung Konrads“[37]. Das macht sie für meine Arbeit unverzichtbar.

 

2.2 Libellus de dictis quatuor ancillarum sanctae Elisabeth confectus – Büchlein über die Aussagen der vier Dienerinnen


 

Dieses Büchlein bildet das „Aktenstück für den Heiligsprechungsprozess“[38]. Dieser war

 

nach der Ermordung Konrads im Juli 1233 ins Stocken geraten. Im Oktober 1235 wurde das Kanonisationsverfahren offiziell wieder aufgenommen. Es wurde vom Papst eine neue Heiligsprechungskommission eingesetzt.[39] Diese zweite päpstliche Kommission war der Ansicht, dass für eine Kanonisation Elisabeths die Summa Vitae als die Aussagen eines einzigen Zeugen über einen recht begrenzten Zeitraum nicht genügend seien.[40] Aus diesem Grund wurden über das Leben Elisabeths ausführliche Zeugenverhöre durchgeführt. Als Zeugen wurden hierfür vernommen: Guda, Elisabeths Weggefährtin seit ihrer Kindheit und Isentrud von Hörselgau, Hofdame Elisabeths seit der Geburt ihres Sohnes Hermann. Durch den geringen Altersunterschied und die lebenslange Begleitung stellt Guda eine besonders glaubwürdige Zeugin dar. „Sie hatte offenbar ihr ganzes Leben auf die Begleitung Elisabeths ausgerichtet“[41]. Guda war bis auf die letzten beiden Lebensjahre Elisabeths bei ihr. Sie hat Elisabeth nicht verlassen, sondern wurde von Konrad von Marburg weggeschickt.[42] Die Gläubigkeit Gudas erhöht ihre Glaubwürdigkeit, denn aufgrund ihres Glaubens „fühlte sich Guda der Wahrheit ihrer Aussagen verpflichtet“[43]. Auch Isentrud, eine thüringische Adelige, gilt als treue Freundin Elisabeths. Sie lebte von 1222 bis 1228/1229 in Elisabeths Familie. Ortrud Reber beschreibt die Verbundenheit der beiden wie folgt: „(Isentrud) (war) mit ihr so vertraut (…), dass sie alle ihre Geheimnisse wusste“[44]. Sie legte mit Elisabeth das Gelübde ab, nach dem Tod ihres Mannes nicht mehr zu heiraten, außerdem stand sie ihr nach Verlassen der Wartburg treu zur Seite.[45] Auf diese Ereignisse weisen die...

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