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E-Book

Elite und Diktatur: Die Rolle der Eliteschulen im Nationalsozialismus

AutorVanessa Stürz
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl65 Seiten
ISBN9783956845253
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 erfolgten auch im Schulsystem tiefgreifende Neuerungen. Rassismus und Antisemitismus sollten obligatorisch in den Unterricht und Schulalltag, neben weiteren Umformungen im Sinne des Nationalsozialismus, eingebunden werden. Auch auf interschulischer Basis galt es, das System auf einen größtmöglichen Nutzen für das Regime auszurichten. Somit wurden die Schultypen stark minimiert und zudem gleichgeschaltet, während eine zusätzliche Schiene im Schulsystem explizit für die Elitebildung eingerichtet wurde. Die Selektion einer Elite war das größte Ansinnen der Nationalsozialisten und führte zur Gründung spezifischer Erziehungsanstalten mit der Aufgabe der Eliteförderung, unter denen die Nationalpolitischen Erziehungsanstalten und Adolf-Hitler-Schulen zu den bekanntesten zählen. Eine Laufbahn an einer dieser Schulen sollte den Schülern eine strahlende Zukunft sichern, doch zeitgleich stellte sie eine harte, prägende Zeit dar, waren doch an diesen Einrichtungen die Einflüsse des Nationalsozialismus am deutlichsten zu erkennen.

Vanessa Stürz wurde 1990 im Duisburger Stadtteil Homberg geboren. Im Jahr 2009 machte die Autorin ihr Abitur und begann, nach einem Jahr praktischer Erfahrung in der Jugendarbeit, ihr Studium für das Grundschullehramt an der Universität Duisburg-Essen. Im

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 3.3.2, Ernst Krieck: Ernst Krieck war bis 1928 aktiver Volksschullehrer und somit der Pädagogik und der erziehungswissenschaftlichen Praxis weitaus näher als die meisten übrigen Aktionäre einer nationalsozialistischen Pädagogik. Bereits vor seinem Eintritt in die NSDAP befasste sich Krieck mit Fragen der Erziehungswissenschaft und veröffentlichte 1922 seine erste Schrift Philosophie der Erziehung. Mit seinem Eintritt in den nationalsozialistischen Lehrerbund am 1. Januar 1932 vollzog sich gleichzeitig der Schritt in die Parteimitgliedschaft, da diese beiden unmittelbar verbunden waren. Giesecke vermutet, dass Krieck in der kulturell noch bruchstückartigen nationalsozialistischen Bewegung die Gelegenheit sah, seine in der Weimarer Republik noch kritisch beäugten Theorien zur Erziehung zu verbreiten. In besonderem Maße prägte Krieck den Gemeinschaftsbegriff, denn das Leben in einer Gemeinschaft bezeichnet er als 'Vorbedingung seines Werdens' eines jeden Menschen. In seiner Theorie nahm die Gemeinschaft, der die Menschen als einzelne Glieder untergeordnet waren, den höchsten Stellenwert ein. Soziale Gemeinschaften prägten seiner Auffassung nach die Erziehung und nicht, wie der zu diesem Zeitpunkt noch vorhandene demokratische Zeitgeist hervorhob, das intentionale Einwirken von einzelnen Erziehern. Gemeinschaften hingegen erziehen Heranwachsende funktional, allein durch ihre Existenz, nach kollektiven Leitbildern zu Typen anstelle von Individuen. 'Erziehung ist typische Angleichung der Glieder an die Normen und Ordnungen der Gemeinschaft', formulierte Krieck das Grundgesetz der Erziehung. In diesem Zusammenhang prägte er die Begriffe Zucht, unter welchem die kollektive Anpassung der einzelnen Glieder verstanden wurde, sowie Menschenformung, Typenprägung und Typus. Der Zuchtbegriff implizierte gleichermaßen die Unterordnung des Einzelnen unter die Gesamtheit der Gemeinschaft, sodass Individualität als unerwünscht galt und sich individuelle Entschlusskraft stattdessen auf die Vollstreckung des Willens von Führer und Gemeinschaft zu beziehen hatte. Demnach diente dieser Theorie zufolge die Erziehung lediglich zur Formung möglichst gleicher Glieder, die dem Wohl der Gemeinschaft dienen sollten und einzeln keinerlei Bedeutung hatten. Auf diese Weise erklärt sich die Bedeutung der Funktionalität. Innerhalb dieser funktionalen Erziehung, welche als oberster Begriff zur Charakterisierung seiner Konzeption verwendet wurde, benannte Krieck vier Erziehungsformen: Die Gemeinschaft erzieht die Glieder, die Glieder erziehen einander, die Glieder erziehen die Gemeinschaft, die Gemeinschaft erzieht die Gemeinschaft. Die funktionale Erziehung besaß folglich mehrere Ebenen und vollzog sich nahezu von selbst, anstatt ausschließlich durch intentionales Handeln. Nach dem Eintritt in die NSDAP erschienen Kriecks Ansichten radikaler, denn der bis dato noch erkennbare Faktor einer, wenn auch geringen, Autonomie einzelner Glieder verschwand nun vollkommen hinter dem höchsten Wert der völkischen Gemeinschaft. Assel bezeichnet die Rolle des einzelnen Menschen als ''Präzisionsroboter', der auf eigene Willensbildung verzichtet', sodass ein funktionalisiertes Glied der Gemeinschaft sich leicht zum 'Instrument der Führung' machen ließ. Darüber hinaus vollzog sich nach seinem Parteibeitritt eine Politisierung seiner Ansichten und auch der Rassismus zeigte sich weitaus deutlicher in seinen Schriften als zuvor. Aus der Gemeinschaft sollte nun seiner Auffassung nach ein Volk werden und aus diesem Volk schließlich eine rassenbewusste Nation, die von einer Macht geführt wurde und über einheitliche politische Haltung und einheitlichen Willen verfügte. Insgesamt betrachtet, prägte Krieck insbesondere den Begriff der funktionalen Erziehung, welcher die kollektive Anpassung der einzelnen Menschen an die Vorstellungen der Gemeinschaft beinhaltete und darüber hinaus die Rolle des Einzelmenschen definierte. Diese bestand darin, als Glied der Gemeinschaft dieser zu dienen und die eigene Individualität sowie eigene Bedürfnisse zurückzustellen. Daraus ist zu schließen, dass Kriecks Erziehungsvorstellung implizierte, was im Nationalsozialismus insbesondere in der Kriegszeit deutlich wurde: Dass der Einzelmensch nichts wert war, sondern dem Wohle der Gemeinschaft beziehungsweise des Staates dienen sollte. 3.3.3, Alfred Baeumler: Alfred Baeumler war ein Philosoph und Pädagoge, der sich relativ früh von der nationalsozialistischen Bewegung begeistert zeigte. Im Jahre 1933 übernahm er die Professur für Politische Pädagogik an der Universität Berlin, sodass er die Gelegenheit erhielt, seine Auffassungen zu verbreiten. Der Begriff der Politischen Pädagogik ist mit Baeumler in Verbindung zu bringen, da dieser die grundlegende Aufgabe der Pädagogik in einer politischen Erziehung gemäß der nationalsozialistischen Idee sah. Obgleich Baeumler bereits 1933 der NSDAP beitrat, galt er dennoch als Außenseiter und Einzelgänger innerhalb dieser. Nicht in allen Belangen stimmte Baeumler mit den nationalsozialistischen Ansichten überein, sondern wich in geringem Maße von ihnen ab, was hier noch zu erläutern ist. Zunächst aber ist zu erwähnen, dass Baeumler in einem Brief an Manfred Schröter im Jahr 1950 die Gründe für seine Gefolgschaft im Nationalsozialismus darlegte und sich von seinen damaligen Einstellungen distanzierte. Als maßgeblich relevanten Hintergrund gab Baeumler darin seine aufrichtige Verachtung der Weimarer Republik und ihrer demokratischen Staatsform an, aus welcher sich sein Glaube an die nationalsozialistische Bewegung als mögliche Lösung für die von ihm empfundenen gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Probleme ableitete. Es wurde bereits angedeutet, dass Baeumler eine politische Erziehung hervorbringen wollte, sodass er dementsprechend eine politische Ausrichtung der Schule forderte. Der Bildung an sich maß er, im Gegensatz zur vorherrschenden Meinung, eine große Bedeutung bei, da sie eine wichtige Funktion für die übergeordnete Gemeinschaft habe. Er formulierte in seiner Schrift Bildung und Gemeinschaft, die Gemeinschaft sei darauf angewiesen, dass seine einzelnen Glieder ihre Anlagen und Fähigkeiten zur höchsten Entfaltung bringen, sich folglich bilden. Obgleich Baeumler von Gemeinschaft sprach, verstand er unter dem Bildungsbegriff eine individuelle geistige Entwicklung, was eine Abweichung von der nationalsozialistischen Gesinnung, die Individualität rigoros zu verhindern suchte, zeigte. Dennoch verfolgte er die gleichen Ziele wie die Nationalsozialisten, wie vorweg seine Einschätzung der Gewichtung von Bildung zeigt, die ebenfalls lautete: Körperbildung, Charakterbildung, geistige Bildung. Baeumler kritisierte besonders die formale Bildung, welche den Inhalt in den Mittelpunkt stellte, weshalb er auf die Entwicklung einer neuen Erziehungstheorie und -praxis abzielte. Demzufolge sollte der Schule die Aufgabe übertragen werden, Staat, Weltanschauung und Volk untrennbar zu einer Einheit zusammenzufügen, sodass eine Schule in seinem Sinne eine völkische Weltanschauungsschule zu sein hatte. Dem Lehrer wurde somit die Funktion zugeschrieben, 'Liebe und Begeisterung für den Führer zu wecken.' Dennoch hielt er eine universitäre Lehrerausbildung nicht für notwendig, da er die Meinung vertrat, dass vielmehr eine tiefgehende Überzeugung und das Bewusstsein der vom Staat auferlegten Verantwortung einen guten Lehrer kennzeichneten.
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