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Eliten und Macht in Europa

Ein internationaler Vergleich

AutorMichael Hartmann
VerlagCampus Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl268 Seiten
ISBN9783593403847
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Das Zusammenwachsen Europas ist vor allem ein Projekt der Eliten. Allerdings sind deren soziale Herkunft, Bildungswege und Karrieremuster je nach Land höchst unterschiedlich. Unterschiedlich fällt auch die Einkommens- und Vermögensverteilung in den einzelnen europäischen Ländern aus. Gibt es zwischen der Struktur der Eliten und der sozialen Ungleichheit einen Zusammenhang?

Michael Hartmann ist Professor für Soziologie an der Technischen Universität Darmstadt. Bei Campus erschienen von ihm zuletzt »Der Mythos von den Leistungseliten« (2002) und »Elitesoziologie. Eine Einführung « (2004).

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Leseprobe
Knapp zwei Jahrzehnte nach dem Ende des 2. Weltkriegs hatten sich die Verhältnisse in den vom Krieg betroffenen westeuropäischen Ländern weitgehend stabilisiert. Sah es nach dem Krieg in den meisten Ländern für kurze Zeit noch so aus, als seien der Kapitalismus und mit ihm die herrschenden Klassen und Eliten auf dem Scherbenhaufen der Geschichte gelandet, konnte davon nur gut zehn Jahre später keine Rede mehr sein. Das starke Wirtschaftswachstum und die damit einhergehende deutliche Anhebung des Lebensstandards für die breite Bevölkerungsmehrheit hatten die nach dem Kriege aufgetretenen, zum Teil massiven sozialen Auseinandersetzungen zum größten Teil entschärft. Die (anfangs hohe) Arbeitslosigkeit war rapide gesunken und in einer Reihe von Ländern sogar fast vollkommen verschwunden. Die Zuspitzung des Ost-West-Gegensatzes sorgte gleichzeitig für eine Renaissance konservativer Einstellungen in der Politik wie in der breiten Bevölkerung. Die bis in die erste Hälfte der 1950er Jahre üblichen großen Streiks wurden deutlich seltener. Waren 1950 in Frankreich noch fast zwölf Millionen Arbeitstage durch Streiks verloren gegangen, so sank dieser Wert bis 1960 auf nur noch gut eine Million. In Belgien ging die Zahl von fast 2,8 Millionen auf 334.000 zurück, in Schweden von 41.000 auf 18.000 und in Deutschland sogar von knapp 1,6 Millionen auf nur noch 38.000. Einzig in Großbritannien und Italien blieb das Niveau in etwa gleich hoch (Schmidt 1971: 209f.). Parallel ebbte auch der nach 1945 zu beobachtende steile Anstieg der Gewerkschaftsmitgliedschaft ab, wenn sich der Trend nicht sogar umkehrte. Politisch hatten so gut wie alle Parteien den Kapitalismus als gesellschaftliche Grundlage akzeptiert und ihre Programminhalte, falls erforderlich, dementsprechend angepasst. Die CDU hatte die sozialistisch klingenden Elemente ihres Ahlener Programms von 1947, das noch Forderungen nach der Überführung von Schlüsselindustrien in gemeinwirtschaftliche Formen und zur Planung der Wirtschaft enthielt, vollständig entsorgt (Gurland 1989: 138ff., 370ff.), die SPD ihr Godesberger Programm verabschiedet. Die kommunistischen Parteien verloren stark an Gewicht, versanken zum Teil fast in der Bedeutungslosigkeit. Selbst die weiterhin großen und einflussreichen kommunistischen Parteien Frankreichs und Italiens begannen ihren scharfen Oppositionskurs nach den schweren Niederlagen in den 1950er Jahren zu überdenken und allmählich zu verändern. Die westeuropäischen Eliten und herrschenden Klassen hatten ihre Macht nach einer kurzen Phase der (mehr oder minder ausgeprägten und tief greifenden) Erschütterung grundlegend konsolidiert. Die Wahlergebnisse demonstrierten das unübersehbar. Abgesehen von den skandinavischen Staaten dominierten so gut wie überall die konservativ-bürgerlichen Parteien. Sie regierten zumeist allein oder aber in einigen Fällen (wie etwa in Österreich) auch mit den Sozialdemokraten als Juniorpartner. In den 1950er Jahren deutete sich in vielen Ländern allerdings eine Entwicklung vorsichtig an, die Bewegung in die relativ erstarrten Verhältnisse bringen sollte und auch für die Elitenbildung grundsätzlich von großer Bedeutung sein konnte, die Bildungsexpansion im Hochschulsektor. Ab Anfang der 1960er Jahre gewann sie sehr schnell an Geschwindigkeit und Gewicht. Waren die Universitäten bis zu diesem Zeitpunkt Bildungseinrichtungen für durchschnittlich 2 Prozent eines Jahrgangs und durch ihre hohe Selektivität auch eine wichtige Instanz für die Auslese der jeweiligen nationalen Eliten, so sollte sich zumindest die erste Eigenschaft binnen eines guten Jahrzehnts grundlegend wandeln. Der massive Ausbau der Hochschulen erweiterte das Rekrutierungsbecken für die jeweiligen nationalen Eliten ganz beträchtlich. Ob und inwieweit das die Elitenrekrutierung dann tatsächlich verändert oder zumindest deutlich beeinflusst hat, hing und hängt allerdings von der Gesamtsituation in den verschiedenen Ländern ab, wie noch zu sehen sein wird.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Inhalt6
1. Einleitung8
1.1. Armut und Reichtum in Europa9
1.2. Eliten und Macht13
1.3. Forschungsfeld und Forschungsmethode23
2. Die Neuformierung der Eliten nach 194531
2.1. Frankreich und Großbritannien – die Sieger des 2. Weltkriegs33
2.1.1. Die ungebrochene Macht der Public-School- und Oxbridge-Absolventen34
2.1.2. Grandes Écoles, Grands Corps und Elitenmobilität40
2.2. Deutschland und Italien – die Verlierer des 2. Weltkriegs46
2.2.1. Die Restauration der Elitenstruktur in der deutschen Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Justiz46
2.2.2. Die italienischen Eliten zwischen Veränderung und Restauration54
3. Kontinuität und Wandel – die westeuropäischen Eliten von den 1960er Jahren bis heute61
3.1. Die Bildungsexpansion und die Elitebildungsinstitutionen62
3.1.1. Der Übergang zur Massenuniversität63
3.1.2. Die französischen Elitehochschulen68
3.1.3. Die britischen Elitebildungseinrichtungen73
3.1.4. Die deutsche Exzellenzinitiative78
3.2. Die Elitecorps der Verwaltung – Frankreich und Spanien84
3.2.1. Die hohe Homogenität und Mobilität der französischen Eliten84
3.2.1.1. Politik und Verwaltung84
3.2.1.2. Die Wirtschaft93
3.2.1.3. Die Pantouflage100
3.2.2. Die Elitecorps der Verwaltung und die Eliten in Spanien103
3.3. Elitebildungseinrichtungen, aber geringe Elitenmobilität – Großbritannien und die Schweiz108
3.3.1. Eton und Oxbridge – ein Mythos schwächelt108
3.3.1.1. Politik, Verwaltung, Justiz und Militär109
3.3.1.2. Die Wirtschaft117
3.3.2. Die Schweizer Eliteuniversitäten und Eliten124
3.4. Eliten ohne Elitebildungseinrichtungen – Deutschland, Italien, Österreich und die Beneluxländer126
3.4.1. Die Politik127
3.4.2. Verwaltung und Justiz140
3.4.3. Die Wirtschaft145
3.4.4. Geringe sektorübergreifende Elitenmobilität153
4. Das skandinavische Modell – offene Gesellschaft, offenes Bildungssystem und offene Eliten?159
4.1. Die soziale Rekrutierung der Eliten in Dänemark,Finnland, Norwegen und Schweden159
4.2. Die Mobilität der skandinavischen Eliten173
5. Die neuen Eliten in Osteuropa179
5.1. Kontinuität oder Ablösung – die neuen und die alten Eliten179
5.2. Die soziale Herkunft der neuen Eliten184
5.3. »Making Capitalism without Capitalists«191
6. Europäisierung der Eliten?196
6.1. Die Europäische Kommission196
6.2. Europäische Wirtschaftseliten?205
7. Eliten, Macht und gesellschaftliche Kräfteverhältnisse215
7.1. Elitenbildung und Elitenhomogenität215
7.2. Elitenstruktur und soziale Ungleichheit226
7.3. Elitenmacht und gesellschaftliche Kräfteverhältnisse239
Literatur246
Abkürzungen260
Namensregister262

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