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Eliteschulen des Sports

Die Bewältigung der Doppelbelastung von Schule und Leistungssport bei Schülern und Schülerinnen am Beispiel der Sportschulen Halle

AutorAndré Starke
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl166 Seiten
ISBN9783656053835
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis39,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Didaktik - Sport, Sportpädagogik, Note: 1,0, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Department Sportwissenschaft), Sprache: Deutsch, Abstract: Der Leistungssport ist entweder pädagogisch, oder er ist gar nichts! So hieß das olympische Credo von Coubertin, das er sich zu Lebzeiten gewünscht hatte (vgl. Grupe, 1998, S. 34). In der heutigen Zeit ist der Ausspruch relevant wie selten zuvor. Die Karriere kann aber auch am Höhepunkt des leistungssportlichen Könnens schnell vorbei sein. Um aber dennoch sein sportliches Talent nutzen zu können, muss ein Weg gefunden werden, den Leistungssport und die Schule zu vereinbaren. Dies geschieht mit Hilfe der Verbundsysteme Leistungssport - Schule. Sie sollen es ermöglichen, die Belastung des Schülers zu verringern. Nach umfangreicher Literaturanalyse zu dem Thema Verbundsysteme Schule - Leistungssport wird in der vorliegenden Arbeit die Eliteschule des Sports als die vorläufig am besten geeignete Form der Verbindung von Leistungssport und Schule gesehen. Im weiteren Verlauf der Arbeit sollen die Unterstützungsleistungen für Schüler, welche ein Verbundsystem besuchen, erläutert und untersucht werden. Die in der vorliegenden Studie zu beantwortende Fragestellung lautet: Bewältigen die Schüler im Verbundsystem der Sportschulen Halle die Doppelbelastung von Schule und Leistungssport auf Grund von Unterstützungsleistungen der Personen verschiedener Instanzen? Dabei soll die Sicht und das subjektive Empfinden der Schüler die Grundlage der Ergebnisse bilden. Diese Arbeit soll jedoch ein möglichst komplexes Abbild der Situation der sozialen Unterstützung an den Sportschulen Halle bieten. Daher greift die durchgeführte Studie auf quantitative und qualitative Methoden zurück. Um einen Hintergrund der Situation der Schüler in einer Eliteschule des Sports zu geben, wird die Eliteschule des Sports thematisiert. Dabei soll kurz die historische Entwicklung, der aktuelle Status und das Konzept erläutert werden. Im weiteren Verlauf wird die Doppelbelastung der Schüler theoretisch fundiert. Die Grundlage bilden Begriffe und Erkenntnisse der Doppelbelastung, welche in der Literatur zu finden sind. Die Bewältigung dieser Belastung durch Unterstützungsleistungen wird in den Blick genommen. Letztlich soll das Ergebnis aufgezeigt werden, dass aus der Doppelbelastung und den empfangenen Unterstützungsleistungen resultiert.Nach der Betrachtung des Forschungsstandes wird die durchgeführte Studie an der Sportschule Halle den Mittelpunkt der Ausführungen darstellen. [...]

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Leseprobe

3 Forschungsstand der Doppelbelastung von Schule und Leistungssport


 

3.1 Die Doppelbelastung der Schüler von Schule und Leistungssport


 

3.1.1 Die Doppelbelastung von Schule und Leistungssport


 

Der Olympiasieger im Zehnkampf von 1988 in Seoul Christian Schenk sagte in einem Interview mit der TAZ (Kletterer, 2003, 26. August): 

 

„Die Bereitschaft der Athleten, sich mit „Haut und Haaren“ dem Sport zu widmen und „30 – 40 Stunden pro Woche zu trainieren“ sei keineswegs mehr gegeben. Vielmehr scheue der Nachwuchs das Risiko, alles auf die Karte „Sport“ zu setzen, und zwar aus gutem Grund – nämlich, „weil die jungen Leute sich mit anderen Sorgen herumplagen müssen, mit Schule, Studium und solchen Dingen für das Leben danach eben“

 

Diese Aussage spiegelt ein Problem des Leistungssports der heutigen Zeit wider. Schüler, die eine Sportschule besuchen, sind täglich einer hohen Belastung von sportlichen und schulischen Anforderungen ausgesetzt. Es gilt sowohl der Schule als auch dem Leistungssport genügend Beachtung zu schenken und kein Ziel aus den Augen zu verlieren. In diesem Kapitel sollen Begriffe geklärt, die Literatur zur Doppelbelastung genannt, Aspekte der Schule und Gesichtspunkte sportlicher Anstrengungen beschrieben, Unterstützungsleistungen zur Bewältigung dokumentiert und die Auswirkungen der Doppelbelastung erläutert werden.

 

Im sportwissenschaftlichen Lexikon (Carl, 2003, S. 73) wird als Belastung „die Gesamtheit der erfassbaren Einflüsse bezeichnet, die von außen auf einen Menschen zukommen und auf ihn einwirken“. Davon zu unterscheiden ist die Beanspruchung, welche „die individuelle unmittelbare Auswirkung einer von außen auf einen Menschen zukommenden Belastung“ (Carl, 2003, S. 68) darstellt.

 

Als Doppelbelastung wird die Gesamtheit der Einflüsse bezeichnet, die von zwei Instanzen ausgeht. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird der Begriff für die Doppelbelastung der Schüler aufgrund der Instanzen Schule und Leistungssport verwendet. Einflüsse wie Fahrzeiten oder Unterstützungsleistungen, welche nicht eindeutig einer Instanz zugeordnet werden können, sind in der Gesamtheit eingeschlossen. Die Doppelbelastung ist dauerhaft und entsteht nicht aufgrund von Einzelereignissen. Sie ist die Folge von sich ständig wiederholenden, „gleichsam an den Rändern zerfaserte[n] Situationen, die stets auch kleinen aktuellen, Veränderungen unterliegen“ (Richartz, 2000, S. 162; Richartz & Brettschneider, 1996, S. 31).

 

Den Problemgegenstand der Doppelbelastung formulieren Teubert, Borggrefe, Cachay und Thiel (2006, S. 11) folgendermaßen:  

 

„Die Probleme der Abstimmung von Schulkarriere und Sportkarriere laufen letztlich immer unmittelbar im Leben des jugendlichen Athleten zusammen, der vor dem Horizont knapper Zeit und einer doppelten Erfolgserwartung seinen individuellen Lernrhythmus mit dem erforderlichen Aufwand seines leistungssportlichen Engagements in Einklang bringen muss.“

 

Da etwa 95 % der Athleten, die den D- und D/C-Kadern der Landesfachverbände angehören, sich im schulpflichtigen Alter befinden, wird die Allgegenwärtigkeit der Doppelbelastung im Leistungssport deutlich (Landessportbund Nordrhein-Westfalen, 1998). Die Zeit der biographischen Höchstleistung fällt in immer mehr Sportarten in die Adoleszenz, in der auch die schulische Belastung hoch ist (vgl. Brettschneider, 1998, S.101). Büch (1996, S. 9) zeigt die Erwartungshaltung an einen jugendlichen Leistungssportler auf:

 

„Dabei kommt es in langfristiger Perspektive allerdings nicht nur darauf an, sich mit dem Erreichen sportlicher und schulischer Ziele zufrieden zu geben, sondern auch die anderen Entwicklungsaufgaben des jugendlichen Lebensabschnitts im Sinne einer positiven Persönlichkeitsentwicklung zu beachten.“

 

In Abb.  4 modifiziert nach Rost (2002, S. 117) werden die einwirkenden Faktoren auf den jugendlichen Leistungssportler dargestellt.

 

 

Abb.  4. Merkmale der Anforderungsstruktur junger Sportler (modifiziert nach Rost, 2002, S. 117)

 

Die Doppelbelastung wurde bereits in mehreren Studien sowohl quantitativ als auch qualitativ untersucht. Rost (2002) widmete sich mit einer Befragung am Leipziger Sportgymnasium im erhöhten Maße der zeitlichen Gesamtbelastung der Schüler. Die Studie zeigt einen Anstieg der Trainings- und Schulzeiten mit zunehmendem Alter. Lediglich in der Klassenstufe Zwölf wird die Trainingszeit eingeschränkt, da oftmals die Entscheidung entweder Abitur oder Leistungssport getroffen wird (vgl. Tab. 1, Rost, 2002, S. 119). Die Schüler verfügen im Durchschnitt nur über 7,5 Stunden pro Woche für ihre Hobbys.

 

Tab. 1. Mittlere zeitliche Gesamtbelastung durch Schule, Hausaufgaben und Training am Sportgymnasium Leipzig (Rost, 2002, S. 119)

 

 

Zu ähnlichen Ergebnissen kommen Richartz und Brettschneider (1996, S. 64f) in ihrer qualitativen Studie mit Schülern aus drei Berliner Schulen mit sportlichem Schwerpunkt:

 

„Kontrastiert man Mittel- und Oberstufenschüler sowie Mädchen und Jungen, erhält man durch die Mediane die folgenden Hinweise: die Trainingszeiten steigen bei Mädchen und Jungen mit den Klassenstufen an. Dabei trainieren die Mädchen in beiden Stufen erheblich weniger als ihre männlichen Altersgenossen.“

 

Kreisel und Pfeiffer (2002, S. 118f) stellten mithilfe Leipziger Sportschüler jedoch fest, dass kein kontinuierlicher Anstieg der Trainingseinheiten mit zunehmender Klassenstufe erfolgt. Die Zunahme der Trainingszeit von Klasse Sechs bis Klasse Elf wird über eine zeitliche Ausdehnung der Trainingseinheiten im Verein erreicht.

 

Richartz und Brettschneider (1996) setzten sich außerdem mit den Belastungen der Schüler und deren Bewältigung auseinander. Die Autoren geben mithilfe der Schülerantworten eine Reihe schulischer, sportlicher und aus beiden Aspekten resultierender Belastungen an. Die Rede ist von langen Fahrzeiten, dem Ausbleiben von schulischen und sportlichen Erfolgen oder eine zu lange Zeit, in der die Eltern nicht besucht werden können. Als besonders belastend finden die Schüler aber auch „wenn sie glauben, den Erwartungen von Eltern, Lehrern oder Trainern hinsichtlich ihrer sportlichen oder schulischen Leistungen nicht entsprechen zu können“ (Richartz & Brettschneider, 1996, S. 80).   

 

Brettschneider und Klimek (1998) machten sich ebenso die Doppelbelastung und deren Bewältigung zum Thema. Insbesondere wird der Prozess der Umwandlung der Kinder- und Jugendsportschulen zu Sportbetonten Schulen und die Unterstützungsleistung dieser für die Schüler untersucht. Die Untersuchung verlangt nach einer Verstärkung und Erweiterung der unterstützenden Maßnahmen von Seiten aller Betroffenen und wird in der vorliegenden Studie Anklang finden.

 

Zahlreiche weitere Studien zum Thema der Doppelbelastung sind in der Literatur zu finden, sollen aber in dieser Arbeit nur im Bezug zu dem jeweiligen Thema Beachtung finden. Einen ausführlichen Überblick über den Forschungsstand gibt Teubert (2009, S. 14ff). 

 

3.1.2 Aspekte der Institution Schule


 

Eine Instanz der Doppelbelastung der Schüler ist die Schule. Das Ziel dieser Lehranstalt ist die Bildung der Schüler, indem diesen Wissen und Können vermittelt wird. Nach Lassahn (1993, S.10) heißt Bildung „der Prozess der Formung eines Menschen, die Herausbildung einer Gesamtverfassung nach Vorstellungen, die Menschen selbst entwickelt haben“. Die Schule muss sich aber auch zunehmend erzieherischen Aufgaben widmen, den Schülern als soziale Unterstützung dienen und Raum zur Entfaltung für Neigungen oder Begabungen geben (vgl. Brettschneider, Heim & Klimek, 1998, S. 28).

 

In Deutschland besteht die Schulpflicht, welche jedes Kind bzw. jeden Jugendlichen verpflichtet, eine Schule zu besuchen. Die Mitgliedschaftsbedingungen in Schulen sind durch das Schulgesetz, sowie durch die Allgemeine Schulordnung und die Ausbildungs- und Prüfungsordnungen des jeweiligen Bundeslandes geregelt (Teubert, 2009, S. 61). Sie legen fest,  

 

„dass sich die Schüler auf den Unterricht vorzubereiten, sich aktiv daran zu beteiligen, die erforderlichen Arbeiten anzufertigen und die Hausaufgaben zu erledigen haben; aber auch, dass sie die Schulordnung einzuhalten und die Anordnung der Lehrerinnen und Lehrer, der Schulleitung und anderer dazu befugter Personen befolgen. (Teubert, 2009, S. 61)“

 

Laut Teubert (2009, S. 37ff) werden die Schüler in die Publikumsrolle versetzt und erhalten professionelle Betreuung in Form von Lehrern. Der Zugang zur Schule ist weitaus weniger voraussetzungsvoll als der Spitzensport. Je nach Schulform müssen schulische...

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