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E-Book

Elternarbeit als Erziehungspartnerschaft

Ein Leitfaden für den Vor- und Grundschulbereich

AutorHans Dusolt
VerlagBeltz
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl141 Seiten
ISBN9783407630810
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis18,99 EUR
Professionelle Elternarbeit gilt längst als unverzichtbarer Bestandteil in der pädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen; als Thema selbst ist sie aber immer noch in geringem Umfang Gegenstand der einschlägigen Ausbildungsgänge. Viele pädagogische Fachkräfte kommen deshalb schnell an ihre Grenzen, wenn sie mit Eltern über Themen sprechen müssen, die über die Arbeit mit dem Kind hinausgehen. Neben der Darstellung unterschiedlicher Formen der Elternarbeit in Kita und Grundschule zeigt der Autor theoretisch fundiert und durch viele Praxisbeispiele veranschaulicht, welche Möglichkeiten Fachkräfte in Kita und Grundschule haben, Eltern qualifiziert in die pädagogische Arbeit einzubeziehen. Anregungen, Hinweise und Tipps zur kompetenten und effektiven Gestaltung von Elternarbeit runden diesen übersichtlichen, praxiserprobten Leitfaden ab. Die überarbeitete 4. Auflage wurde u. a. um Themen wie Regenbogenfamilien, Inklusion und Flüchtlinge erweitert.

Hans Dusolt, Diplom-Psychologe, Systemischer Therapeut / Familientherapeut (DGSF), Mediator und Sachverständiger für Familienpsychologie, hat langjährige Berufserfahrung in der Arbeit an heilpädagogischen Tagesstätten und als Dozent an einer Fachakademie für Heilpädagogik. Zuletzt hatte er über 15 Jahre hinweg die Leitung einer Beratungsstelle für Eltern, Kinder, Jugendliche und Familien in München inne und ist seitdem in freier Praxis tätig.

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Leseprobe

Teil 2 Formen der Elternarbeit


Obwohl das Einzelgespräch die in der Regel vertrauteste und wohl auch bekannteste Form der Elternarbeit ist, muss sie sich nicht darauf beschränken. Vielmehr gibt es eine ganze Reihe von verschiedenen Formen, die im Folgenden dargestellt werden.

Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen Einzel- und Gruppenarbeit (Einzelgespräch, Hausbesuch, Konferenz, Eltern-Kind-Wochenenden, Thematische Elternabende, Elterngruppen) sowie sonstigen Formen der Elternarbeit (z. B. Elternbrief). Jede einzelne Form hat ihre eigenen Schwerpunkte und Vorteile, aber auch ihre Grenzen: Einzelarbeit ermöglicht z. B. ein sehr individuelles Eingehen auf die jeweilige Situation, ist aber zeitaufwändig; Gruppenarbeit eignet sich dagegen mehr zur Vermittlung allgemeiner Inhalte und fördert den Informationsaustausch auch zwischen den Eltern untereinander. Eine bestimmte Form kann nie die ganze Palette aller Möglichkeiten abdecken.

Bei der Planung der Elternarbeit kommt es daher darauf an, die für den jeweiligen Zweck geeignetste Möglichkeit herauszufinden. Folgende Kriterien lassen sich dabei zugrunde legen:

  • Ziel und Zweck: Was will ich erreichen?

  • Teilnehmer: Wer soll beteiligt sein?

  • Äußere Voraussetzungen: Welche Rahmenbedingungen sollen gegeben sein?

  • Innere Voraussetzungen: Welche Einstellungen sollten die Beteiligten mitbringen?

  • Methoden: Welche methodischen Möglichkeiten stehen zur Verfügung?

  • Vorteile: Was ist der besondere Vorteil dieser spezifischen Form von Elternarbeit?

  • Grenzen und mögliche Risiken: Wo sind die Grenzen und welche Risiken bestehen möglicherweise bei deren Nichtbeachtung?

Diese Kriterien bilden die Grundlage für die nachfolgende Darstellung der einzelnen Formen in Gestalt eines »Rasters«. Inhaltliche Überschneidungen lassen sich dabei nicht immer ganz vermeiden.

Zwei grundsätzliche Punkte zur Ausgestaltung der Erziehungspartnerschaft

  1. Schweigepflicht

Für jede Form von individueller Elternarbeit muss die Beachtung der Schweigepflicht unbedingt verbindlich sein: Die Eltern müssen die Sicherheit haben, dass persönliche Informationen nicht ohne ihr ausdrückliches Einverständnis an Dritte (z. B. Kolleginnen, andere Eltern, Behörden) weitergegeben werden; ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, so ist eine auf gegenseitigem Vertrauen basierende Elternarbeit im Sinne einer Erziehungspartnerschaft nicht möglich.

Eine Weitergabe von vertraulichen Informationen an Dritte sollte nur dann erfolgen, wenn eine schriftliche Schweigepflichtentbindung der Eltern vorliegt. Eine Ausnahmesituation ist nur dann gegeben, wenn das Wohl des Kindes akut gefährdet ist.

2.

»Sie« oder »Du«?

In vielen Kindertagesstätten ist es üblich, sich mit den Eltern zu »duzen«. Das »Du« verdeutlicht in besonderer Weise die »gleiche Augenhöhe« als wichtige Voraussetzung für eine gelebte Erziehungspartnerschaft. In unserer deutschen Sprachkultur bezeichnet das »Du« zwischen Erwachsenen aber auch eine freundschaftliche, persönliche Komponente, die in der Regel nicht vom ersten Kennenlernen an vorhanden ist, sondern sich erst entwickeln muss. Das »Sie« dagegen drückt eine gewisse Distanz, aber auch den Respekt vor persönlichen Grenzen und vor der Autorität des anderen aus.

Sicher ist es im Einzelfall unproblematisch, wenn sich eine Pädagogin mit Eltern, die der gleichen Generation angehören und die einen ähnlichen Erziehungsstil pflegen, »duzt«. Ein »Du« wird aber nicht allen Beziehungen zwischen Pädagoginnen und Eltern gerecht.

Dies ist insbesondere der Fall:

  • zu Beginn der Zusammenarbeit;

  • bei großen Altersunterschieden;

  • bei einem großen Autoritätsgefälle (beispielsweise: junger Vater – ältere Einrichtungsleitung oder: Managerin – Praktikant);

  • bei persönlicher Abneigung;

  • bei Konflikten, in denen es für die Fachkraft wichtig ist, in ihrer Professionalität respektiert zu werden.

Das »Du« ist in unserem deutschen Sprachgebrauch abhängig von der individuellen Beziehung zwischen zwei Menschen, das Nichtrespektieren dieses Sprachgebrauchs kann als nicht »stimmig«, im Einzelfall sogar als verletzend empfunden werden.

So steht zwar im Einzelfall nichts dagegen, wenn sich Pädagogin und Eltern duzen, als genereller Sprachgebrauch wird das »Du« jedoch nicht allen Beziehungen und Situationen gerecht. Kritisch zu sehen ist auch, wenn sich Pädagoginnen mit einzelnen Eltern duzen, mit anderen jedoch nicht. Dies suggeriert eine unterschiedliche »Freundschaftlichkeit« mit der Folge, dass sich Eltern, die nicht »geduzt« werden, von den Pädagoginnen weniger angenommen, vielleicht sogar abgelehnt fühlen oder dass Pädagoginnen fürchten müssen, insbesondere im Konfliktfall ihre professionelle Distanz zu den Eltern zu verlieren.

Grundsätzlich sollte daher dem »Sie« der Vorzug gegeben werden – auch mit dieser etwas distanzierteren Sprachform lässt sich eine Erziehungspartnerschaft mit den Eltern wunderbar gestalten!

1. Einzelarbeit


Unter dem Begriff »Einzelarbeit« werde ich nachfolgend das Gespräch »zwischen Tür und Angel«, das Einzelgespräch, den Hausbesuch, die Konferenz und die Eltern-Kind-Interaktionsbeobachtung vorstellen. Im Gegensatz zur Gruppenarbeit ist dabei die Zusammenarbeit mit einem Elternteil, einem Elternpaar oder einer Familie zu verstehen. Nicht gemeint ist damit, dass die Arbeit von einer Pädagogin alleine durchgeführt werden muss; in manchen Fällen ist es ratsam oder sogar notwendig, die Gespräche zu zweit zu führen.

1.1 Das Gespräch »zwischen Tür und Angel«


Ziel und Zweck

Das Gespräch »zwischen Tür und Angel« findet in der Regel beim Bringen oder Abholen des Kindes statt. Es dient dem kurzen Informationsaustausch zwischen Eltern und Einrichtung über die Befindlichkeit des Kindes, seinen gesundheitlichen Zustand oder besondere Ereignisse während des Tages. Auch kurze organisatorische Absprachen werden in dieser Form getroffen. Für pädagogische Inhalte ist das Gespräch »zwischen Tür und Angel« nicht geeignet.

Teilnehmer

»Tür-und-Angel-Gespräche« finden zwischen den beim Bringen/Abholen anwesenden Personen statt. Das können auch die Praktikantin und der Opa sein. Meist werden diese Gespräche im Beisein des Kindes geführt.

Äußere Voraussetzungen

Ein paar Minuten Zeit, kein zu hoher Geräuschpegel.

Innere Voraussetzungen

Die Bereitschaft, das »Wichtigste des Tages« kurz mitzuteilen bzw. anzuhören und eine vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre.

Methoden

Bei dieser Form des Austauschs handelt es sich um ein Alltagsgespräch, für das keine besondere Methodik erforderlich ist. Die Grundzüge der Gesprächsführung (s. unter »Einzelgespräch«) sind jedoch auch hier hilfreich.

Vorteile

Wenig aufwändiger persönlicher Informationsaustausch, Beziehungspflege zwischen Einrichtung und Eltern. Offene Fragen können zeitnah gestellt und beantwortet, Missverständnisse oder Unklarheiten kurzfristig ausgeräumt werden.

Grenzen und mögliche Risiken

So einfach und wenig aufwändig das Gespräch »zwischen Tür und Angel«...

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