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E-Book

EMDR bei Sozialen Angststörungen

AutorAnna-Konstantina Richter
VerlagKlett-Cotta
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl269 Seiten
ISBN9783608115598
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis39,99 EUR
Mit EMDR lassen sich Soziale Angststörungen schnell und wirkungsvoll behandeln. Dieses stark anwendungsorientierte Praxisbuch erläutert, wie sozial ängstliche Patient/-innen sicher diagnostiziert werden können. Es zeigt anhand ausführlicher Fallbeispiele, wie Therapeut/-innen effizient und sicher vorgehen können. »Als ich das Manuskript bekomme, dauert es nicht lange, um zu erkennen, dass Konstantinas Werk ein geborener Klassiker über das Thema ist.« André Maurício Monteiro, EMDR-Trainer's Trainer, Brasilia Die Sozialen Angststörungen stellen die dritthäufigste psychische Störung dar und gelten aufgrund der hohen Nonresponderquote als schwer behandelbar. Wissenschaftliche Studien belegen, dass EMDR einen direkten Effekt auf soziale Ängste hat. Das Buch erläutert das therapeutische Vorgehen mit der EMDR-Methode und gibt einen Überblick über wichtige neue Befunde zum Störungsbild. Es verbindet eine theoretische Fundierung mit aktuellen Erkenntnissen über eine gut umsetzbare, praxistaugliche Diagnostik samt Materialsammlung. PsychotherapeutInnen werden mittels praktischer Fallbeispiele gut auf die Anwendung in Klinik oder eigener Praxis vorbereitet. Dies Buch leistet einen einzigartigen Beitrag zur Schließung der seit Jahren bestehenden Forschungslücke bei Sozialen Angststörungen und gibt den weltweit ersten Überblick über die Forschungslage zu EMDR bei Sozialen Angststörungen, der von Frau Richter als führender Forscherin auf dem Gebiet zusammengetragen wurde. Außerdem leistet das Buch einen führenden konzeptionellen Beitrag zur psychologischen Modellentwicklung, wie eine Verbesserung der Heilungschancen gelingen kann durch das neu vorgestellte Konzept der Neokonsolidierung von belastenden Erinnerungen. Dieses Buch richtet sich an - Ärztliche und Psychologische PsychotherapeutInnen aller Richtungen - VerhaltenstherapeutInnen - PsychoanalytikerInnen, tiefenpsychologisch fundierte PsychotherapeutInnen - PsychotherapieforscherInnen - Kinder- und Jugendlichen-PsychotherapeutInnen - Kinder- und JugendlichenpsychiaterInnen - Kinder- und JugendlichenärztInnen - Erziehungsberatungsstellen - SchulsozialarbeiterInnen - MitarbeiterInnen schulischer Beratungs- und Förderzentren, SchulpsychologInnen

Anna-Konstantina Richter ist Diplom-Psychologin, Psychologische Psychotherapeutin, EMDR-Therapeutin, akkreditierte verhaltenstherapeutische Supervisorin, EMDR-Supervisorin und arbeitet in psychotherapeutischer Privatpraxis in Marburg. Sie ist Mitbegründerin des Zentrums für psychologische Beratung und Training Richter und Kemeny Partnerschaft (ZpBT) für EMDR-Fortbildungen in Marburg.>> Zur Website der Autorin

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Leseprobe

1

Einleitung: Warum es dieses Buch gibt – Anliegen, Zielgruppen und Spoiler


Silk or leather or a feather

Respect yourself and all of those around you

Prince Charming

Prince Charming

Ridicule is nothing to be scared of

»Prince Charming«, Adam and the Ants, 1981

Es gibt dieses Buch aus zwei Gründen.

Erstens gibt es zwar Psychotherapien für Soziale Angststörungen (kurz SAS) mit hohen Effektstärken für kognitive Verhaltenstherapie (kurz KVT) und Psychodynamische Psychotherapie (kurz PDP), die Nonresponderquote mit bis zu 48 % (Leichsenring et al., 20131) ist aber so hoch, dass die Autor/-innen u.a. ergänzend eine andere Art Psychotherapie in Betracht ziehen (S. 765). Eine Diskussion zu diesem Thema anzustoßen, Psychotherapeut/-innen Wissen und Handlungsvorschläge mittels einer anderen Art der Psychotherapie, nämlich EMDR, für die Behandlung Sozialer Angststörungen anzubieten und weitere Forschung zum Thema anzuregen – das ist ein Ziel dieses Buches.

Beiträge wie die von Ströhle und Fydrich (2018) bedürfen einer deutlichen Ergänzung über das Wesen der Störung, die sich eben nicht nur durch Vermeidungsverhalten und »negative, selbstbezogene und generalisierte Gedankenmuster« (S. 272) auszeichnet und sich daher nicht nur durch Verhaltensexperimente und kognitive Interventionen behandeln lässt – sonst gäbe es die hohe Nonresponderquote nicht. In den verhaltenstherapeutischen und psychodynamischen Manualen zur Sozialen Angststörung von Stangier, Clark, Ginzburg und Ehlers (2016) sowie Leichsenring, Beutel, Salzer, Haselbacher und Wiltink (2015) ist von der hohen Nonresponderquote nicht die Rede, lediglich in der o. g. Publikation der Erstautoren der Manuale, so dass es für die Kliniker/-innen in der Praxis, die eher die Manuale als die Publikationen in den Journals lesen, schwer ist, von der Lücke in der Wirksamkeit zu wissen. Im neuen Manual von McEvoy, Saulsman und Rapee (2018) über mit Imagery (zu deutsch »bildliche Vorstellung, Imagination«) verbesserte KVT wird das Problem offen genannt, bisher steht dieses Werk jedoch nur in englischer Originalfassung zur Verfügung.

Ein weiteres Ziel ist es, mit diesem Buch für strukturierte Psychodiagnostik zu werben, denn bei meinen Recherchen zu diesem Thema ist mir ein weiteres eklatantes Problem aufgefallen: Patient/-innen mit SAS werden oftmals nicht als solche erkannt. Wenn man das weiß, wundert es einen auch nicht, denn es ist störungsimmanent, nicht peinlich auffallen zu wollen. Als Verfechterin einer strukturierten Psychodiagnostik sehe ich hier einmal mehr, dass es wichtig ist, diesen Sachverhalt zu verbessern – daher enthält dieses Buch aktuelle Hinweise auf Material, das den Kolleg/-innen dabei helfen möge, in der probatorischen Phase in der ambulanten Praxis bzw. bei der stationären Aufnahme zu erkennen, welche der depressiven oder alkoholabhängigen Patient/-innen nicht eventuell SAS als Indexdiagnose haben (s. Kap. 4).

Strukturierte Psychodiagnostik stellt immer wieder ein Reizthema unter Kolleg/-innen dar; so erinnere ich eine Supervision, in der mir als Psychotherapeutin in Ausbildung (kurz PiA) gesagt wurde, strukturierte Diagnostik wie mit dem DIPS-Interview mache man nur in der Forschung, und mein damaliger Supervisor stelle nach der zweiten probatorischen Sitzung die Diagnose(n) sowie den Antrag auf Psychotherapie. »Wie willst du Störungen erkennen, die mit Vermeidung einhergehen, wenn du nicht mit einem Interview danach fragst?« fragte ich meinen Supervisor, der mir Recht gab. Und genau vor diesem Problem stehen wir bei unseren Patient/-innen mit SAS. An dieser Stelle wird Birbaumer mit obigem Zitat über zum Teil ineffiziente Verbalpsychotherapie und Druck, der von Betroffenen und deren Angehörigen kommen wird, Unrecht haben, denn sozial ängstliche Patient/-innen werden keinen Druck machen, diagnostische und psychotherapeutische Herangehensweisen zu ergänzen bzw. zu ändern: Störungsimmanent tarnen sie sich, um Peinlichkeit zu entgehen. Der Druck, den er prognostiziert, und die Wahl der richtigen Konsequenzen werden von uns Behandler/‑innen ausgehen müssen. Als akkreditierte verhaltenstherapeutische und EMDR-Supervisorin ist es mir mit diesem Buch ein Anliegen, meine Kolleg/‑innen nach Kräften zu unterstützen, in der Praxis gut einsetzbares Diagnostik-Material zu implementieren und die Wirksamkeit von Psychotherapien zu verbessern.

Wahrscheinlich ist dies das weltweit erste Buch überhaupt zum Thema EMDR bei SAS. Mein persönlicher Weg zur Autorinnenschaft eines solchen Buches sah folgendermaßen aus: Als Psychotherapeutin in Ausbildung in der Klinik Hohe Mark in Oberursel bei Frankfurt am Main habe ich begeistert auf unserer Station das verhaltenstherapeutische Gruppentraining sozialer Kompetenzen (GSK-Training) von Hinsch & Pfingsten kennengelernt. An unserem Verhaltenstherapie-Ausbildungsinstitut, der GAP (Abkürzung für »Gesellschaft für Ausbildung in Psychotherapie«) in Frankfurt am Main, haben mein Kollege Dipl.-Psych. Jörg Stenzel und ich GSK-Gruppen auch ambulant angeboten, um unsichere oder aggressive Menschen dabei zu unterstützen, selbstsicherer zu werden.

Ich hatte zuvor Verhaltenstherapie im Studium an der Philipps-Universität Marburg in der letzten Vorlesung »Klinische Psychologie« von Irmela Florin kennengelernt (das muss im WS 1997/1998 gewesen sein), bevor sie viel zu früh verstorben ist, und es gab für mich zu diesem Zeitpunkt nie die Frage, etwas anderes zu lernen als Verhaltenstherapie. Verhaltenstherapie war das, was wirkte, und man sollte für seine Patient/-innen Therapieverfahren lernen, die wirken, so bin ich in Marburg sozialisiert worden (ab meinem ersten Semester, WS 1995/96, war Tiefenpsychologie aus dem Studienplan verschwunden). Jedoch berichtete Frau Florin uns in ihrer letzten Vorlesung »Klinische Psychologie« auch von EMDR, dieser wirksamen neuen Therapie, von der man nur noch nicht wisse, warum sie wirksam sei.

Als PiA kam ich der EMDR-Therapie deshalb näher, weil die Klinik Hohe Mark die deutsche Keimzelle des EMDR-Verfahrens ist – dort tätige Psychotherapeut/‑innen hatten in den 90er Jahren in den USA von Francine Shapiro EMDR gelernt und in Deutschland verbreitet (s. Kap. 6). Der damalige Verhaltenstherapie-Supervisor aller PiA der Klinik, Dipl.-Psych. Dieter Herrmann, ist auch ein EMDR-Therapeut, aber was dieses EMDR genau war, erschloss sich mir damals noch nicht, ich bekam nur mit, wenn unsere Patient/-innen auf unserer allgemeinpsychiatrischen Privatstation von einer Sitzung bei ihm kamen, weil sie bei ihm z. B. Traumata mittels EMDR bearbeitet hatten. Ich gehörte nicht zu den PiA, die an der Reihe waren, bei einer EMDR-Sitzung zu hospitieren, so hatte ich keine Ahnung, was dieses EMDR genau war. Genau das war der Grund, weshalb ich in der Zeit meines Staatsexamens in der Klinik Hohe Mark im dortigen Kirchsaal sofort den ersten EMDR-Baustein lernte (das sogenannte EMDR Level 1), obwohl sich an meinem Verhaltenstherapie-Institut eine Dozentin heftig gegen EMDR ausgesprochen hatte: Ich war total gespannt darauf, was dieses EMDR denn nun war; intuitiv zog es mich zu EMDR, und es folgten sukzessive die Zertifizierungen als EMDR-Therapeutin und später als EMDR-Supervisorin durch die Dachgesellschaft EMDR Europe.

Ich lernte EMDR von einem tiefenpsychologisch fundierten Psychiater und Psychotherapeuten (was sehr spannend war – das waren Termine, auf die ich mich immer freute), und es sollte lange Zeit so bleiben, dass ich kaum auf Kolleg/-innen traf, die wie ich Verhaltenstherapeut/-in und EMDR-Therapeut/-in waren. Das brachte mir zwar ergänzendes psychodynamisches Wissen, das ich noch nicht hatte, aber mir fehlte jemand, der mir in Sachen KVT und EMDR »Entweder-oder«-Fragen beantworten konnte.

Im Jahre 2014, anlässlich der 15. Europäischen EMDR-Konferenz in Edinburgh, saß ich in einem Vortrag am Ende der Konferenz und schon mehr auf Abflug eingestellt, als ich auf einmal hellwach war, denn der Redner, EMDR-Trainer Prof. Dr. Ad De Jongh von der Universität Amsterdam, brachte in seinem Vortrag über »Treatment of Fears and Phobias with EMDR« Fragen aufs Tapet, die auch mich immer wieder beschäftigt hatten: Sollte ich für ...

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