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Enforcement in Österreich. Eine Analyse des ersten Prüfungsjahres 2014

AutorKerstin Kitir
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl117 Seiten
ISBN9783668245532
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2016 im Fachbereich Jura - Steuerrecht, Wirtschaftsuniversität Wien, Sprache: Deutsch, Abstract: Ziel dieser Arbeit ist es, die ersten Erfahrungen mit dem Enforcement in Österreich anhand einer empirischen Untersuchung näher zu durchleuchten. Dabei wird der Schwerpunkt auf der bisherigen Tätigkeit der österreichischen Enforcement-Stelle und den bereits veröffentlichten Fehlern des ersten Prüfungsjahres 2014 liegen. In manchen Bereichen sollen darüber hinaus erste Vergleiche mit dem deutschen Enforcement-System angestellt werden. Als ein Verbund zahlreicher Länder bedarf die Europäische Union einer Einrichtung, die eine einheitliche Auslegung der Rechnungslegungsfragen in allen EU-Mitgliedstaaten gewährleistet und Jahresabschlüsse untereinander vergleichbar macht. Dieses Ziel zu erreichen war in der Vergangenheit nicht immer möglich, da die Länder innerhalb der EU ihre Bilanzen nach eigenen nationalen Vorschriften aufstellten. Mit zunehmender Internationalisierung des Bilanzrechts und der immer öfters auftretenden Bilanzskandale in den USA und Europa wurde der Ruf der Investoren nach einer einheitlichen Rechnungslegung und einer damit einhergehenden zusätzlichen Kontrolle neben der Abschlussprüfung immer lauter. Die ersten Schritte in die Richtung einer besseren Vergleichbarkeit wurden im Jahr 2002 mit der verpflichtenden Anwendung der IFRS für kapitalmarktorientierte Unternehmen ab dem Jahr 2005 gesetzt. Damit die richtige Anwendung dieser Standards auch gesichert werde konnte, wurden die Mitgliedstaaten ein paar Jahre später zusätzlich dazu angehalten eine Überprüfungsbehörde einzurichten, die im Falle fehlerhafter Abschlüsse den Unternehmen Strafen auferlegt. Konkrete Vorgaben, in welcher Struktur ein derartiges Enforcement von den einzelnen Ländern umzusetzen ist und welche Sanktionen für Fehler vorzusehen sind, gab es dafür nicht. Jedenfalls notwendig war jedoch die Umsetzung bis zum 20.01.2007. Österreich hat diese zeitliche Vorgabe als einziger Mitgliedstaat der EU bei weitem verfehlt und eine Enforcement-Behörde mit Inkrafttreten des Rechnungslegungs-Kontrollgesetzes am 01.07.2013 mehr als sechs Jahre zu spät eingeführt. Natürlich blieb Österreich in den Jahren zuvor nicht untätig, denn die ersten Pläne zur Umsetzung der EU Vorgaben stammen aus dem Jahr 2006. Diese Überlegungen wurden jedoch aufgrund heftiger Kritik verworfen und ein paar Jahre später mit dem Entwurf des RL-KG zum Teil erneut aufgegriffen.

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Leseprobe

3. Das Prüfverfahren


 

Das österreichische Rechnungslegungs-Kontrollgesetz war erstmals auf Abschlüsse, die nach dem 30.12.2013 endeten, anzuwenden.[151] Nach dem bis zum 26.11.2015 geltenden Listing-Prinzip waren im ersten Jahr der Überprüfung all jene Unternehmen zu kontrollieren, die an der Wiener Börse im amtlichen Handel oder im geregelten Freiverkehr Aktien, Anleihen, Optionsscheine oder Zertifikate begeben haben.[152] Andere Formen des Wertpapierhandels waren davon nicht umfasst.[153]

 

3.1. Stichprobenprüfung


 

Das Prüfverfahren durch die OePR kann entweder aufgrund eines konkreten Anhaltspunktes oder ohne besonderen Anlass nach Maßgabe des Prüfplanes eingeleitet werden.[154] Bei Letzteren handelt es sich um sogenannte „Stichprobenprüfungen“.[155] Diese stellen den Regelfall der Enforcement-Prüfungen dar.[156]

 

Im RL-KG ist keine den Abschlussprüfungen nachgelagerte Prüfung der kapitalmarktorientierten Unternehmen vorgesehen, der Gesetzgeber begnügt sich vielmehr damit, einzelne Gesellschaften einer Überprüfung zu unterziehen.[157] Eine Vollprüfung erscheint auch gar nicht erforderlich, denn Stichprobenprüfungen wirken präventiv und verschaffen der Rechnungslegung das notwendige Vertrauenskapital auf den internationalen Kapitalmärkten.[158]

 

Gemäß § 1 Abs 2 RL-KG hat die Prüfstelle einen jährlichen Prüfplan zu erstellen und diesen sodann der FMA vorzulegen.[159] Der Prüfplan wird zur Vermeidung von Willkür für Prüfungen ohne besonderen Anlass erstellt.[160] Im Prüfplan werden die bei der Stichprobenziehung anzuwendende Vorgehensweise und die Anzahl der zu prüfenden Unternehmen festgelegt.[161] Auf Basis des Prüfplans erfolgt anschließend die Stichprobenziehung, welche stets nach einer systematisierten, nachvollziehbaren und begründeten Auswahl unter Berücksichtigung der ESMA-Verlautbarungen, der Unternehmens- und Branchenspezifika, Risikogesichtspunkten und der im Vorfeld definierten Prüfungsschwerpunkte erfolgt.[162] Die für das Abschlussjahr 2013 festgelegten Schwerpunkte werden im Kapitel 5.2 ausführlicher behandelt.[163]

 

3.2. Anlassprüfung


 

Anlassprüfungen haben stets Vorrang gegenüber Stichprobenprüfungen.[164] Sie können eingeleitet werden, sobald konkrete Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen Rechnungslegungsvorschriften vorliegen.[165] Ein derartiger konkreter Anhaltspunkt könnte etwa aufgrund einer den Rechnungslegungsnormen widersprechenden Bilanzierungsmethode des Unternehmens, einer sich widersprechenden Berichterstattung des Unternehmens oder durch Hinweise Dritter vorliegen.[166] Vorerhebungen, die durchgeführt werden um einen Anhaltspunkt für eine Anlassprüfung zu erlangen, sind gesetzlich nicht gedeckt.[167]

 

Grundsätzlich bezieht sich die Anlassprüfung nur auf den vorgeworfenen Fehler.[168] Der Umfang der Prüfung kann jedoch erweitert werden, falls sich im Zuge der Prüfung ein Verdacht auf weitere Mängel ergibt.[169] Gänzlich unterbleiben kann die Prüfung aufgrund eines konkreten Anhaltspunktes in jenen Fällen, in denen offensichtlich kein öffentliches Interesse an der Prüfung besteht.[170] Denkbar wäre dies beispielsweise dann, wenn das Unternehmen nicht mehr gelistet ist, sich in Liquidation befindet oder wenn die Auswirkungen und Verstöße aus dem Blickwinkel des Kapitalmarktes nur unwesentlich sind.[171]

 

3.3. Gegenstand der Prüfung


 

Im Rahmen der Prüfung wird beurteilt, ob der vom Wirtschaftsprüfer geprüfte Jahresabschluss und Lagebericht bzw der Konzernabschluss- und Konzernlagebericht, sowie sonstige Informationen gemäß § 81a Abs 1 Z 9 BörseG den nationalen und internationalen Rechnungslegungsvorschriften entsprechen.[172] Der Einzeljahresabschluss nach UGB muss nur dann von der Prüfung umfasst sein, wenn vom Unternehmen kein Konzernabschluss erstellt wird.[173] Neben dem zuletzt festgestellten Jahres- und Konzernabschluss werden die Halbjahresfinanzberichte des vergangenen und des laufenden Geschäftsjahres überprüft.[174] Der Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers bleibt dabei stets unberührt.[175]

 

3.4. Pre-Clearance


 

In der ESMA-Leitlinie 4 wird ein sogenanntes „Pre-Clearance-Verfahren“ vorgesehen, im Rahmen dessen die Emittenten eine Aufsichtsentscheidung bereits im Vorfeld – vor Veröffentlichung der entsprechenden Finanzinformation – einholen können.[176] Die Enforcement-Behörden können frei wählen, ob sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen.[177] Entscheiden sie sich dafür, muss jedoch darauf geachtet werden, dass sie nicht Interpretationen vornehmen, die nur dem IFRIC zustünden.[178] Aus diesem Grund sollte die anzuwendende Bilanzierungsmethode auf Basis aller spezifischen Fakten und Umstände soweit spezifiziert sein, dass aus der Entscheidung keine allgemeingültige Interpretation abgeleitet werden kann.[179] In Österreich wurde vor kurzem ein derartiges Pre-Clearance-Verfahren durch die FMA eingerichtet.[180] Als zuständige Rechnungslegungskontrollbehörde gemäß § 1 RL-KG kann sie den unter das österreichische Enforcement fallenden Unternehmen Auskünfte zu Rechnungslegungsfragen erteilen.[181] Das Pre-Clearance wird jedoch nur für IFRS Abschlüsse angeboten.[182] In der Anfrage muss der zu bilanzierende Sachverhalt mit einem Verweis auf die einschlägigen Bestimmungen der IFRS ausreichend konkretisiert und präzise dargestellt werden.[183] Die FMA gibt in ihrer Antwort daraufhin lediglich bekannt, ob Einwendungen gegen die geplante Bilanzierung bestehen.[184] Zu allgemein gehaltene Anfragen können von der FMA nicht beantwortet werden.[185] Es wird eindeutig darauf hingewiesen, dass die Auskunft keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat und daher nicht für andere Sachverhalte und andere Unternehmen herangezogen werden kann.[186]

 

In Deutschland wurde das Instrument der fallbezogenen Voranfrage bereits im Jahr 2009 eingeführt.[187] Der Verfahrensablauf unterscheidet sich dabei bis auf die zuständige Behörde (in Deutschland ist die DPR und somit die erste Stufe für die Voranfragen zuständig)[188] kaum vom österreichischen Pre-Clearance.

 

3.5. Durchführung der Prüfung


 

Nachdem die Stichproben nach dem Zufallsprinzip gezogen wurden (für das Prüfungsjahr 2014 wurden insgesamt 30 Stichproben gezogen), setzt sich die OePR mit den auserwählten Unternehmen in Verbindung und informiert sie über die geplante Prüfung.[189] Die eigentliche Rechnungslegungskontrolle beginnt dann sobald das Unternehmen der Prüfung durch die OePR zugestimmt hat.[190] Ist das der Fall eröffnet der Leiter der Prüfstelle das Verfahren und ein Prüfsenat wird eingerichtet.[191] Der Prüfsenat besteht aus dem Leiter der Prüfstelle, seinem Stellvertreter, dem „Berichtskritiker“ und dem Prüfungsverantwortlichen.[192] Aufgabe des Berichtskritikers ist es, das Prüfverfahren zu begleiten und gegebenenfalls zusätzliche Prüfungshandlungen vom Prüfungsverantwortlichen zu verlangen.[193]

 

Von Seiten des Unternehmens muss zugleich mit der Prüfungseröffnung eine Ansprechperson benannt werden.[194] Anschließend müssen die ersten Unterlagen an die Prüfstelle übermittelt werden.[195] Der Datenaustausch erfolgt dabei auf elektronischem Wege unter Verwendung eines gesicherten Datenraumes.[196]

 

Sobald das Organisatorische geklärt ist, erhält das Unternehmen ein erstes Frageschreiben, welches innerhalb weniger Tage schriftlich zu beantworten ist.[197] Fragen die dabei vom Unternehmen unzureichend beantwortet werden, wird der fallverantwortliche Prüfer in der nächsten Fragerunde höchstwahrscheinlich erneut aufgreifen.[198] Punkte die nach mehreren Nachfragen nicht zur Gänze geklärt werden konnten, unterzieht die OePR einer näheren Untersuchung.[199] Dabei wird den Gesellschaften die Möglichkeit geboten, weitergehende Informationen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen und ein Unternehmensgespräch zu führen.[200] Oftmals können damit noch substantielle Darstellungen für den relevanten Sachverhalt vorgebracht werden.[201] Die endgültige Entscheidung über das Prüfungsergebnis trifft nach Abschluss des Verfahrens der Prüfsenat.[202]

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