Sie sind hier
E-Book

Entscheidungsanalytische Modellierung von Public-Health-Interventionen mittels Markov-Modellen

AutorRena Truschinski
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2006
Seitenanzahl54 Seiten
ISBN9783638541244
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Studienarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Gesundheit - Sonstiges, Note: 1,0, Hochschule Neubrandenburg, Veranstaltung: Gesundheitsökonomie, 47 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Entscheidungsanalytische Instrumente wie das Markov-Modell gehören zum Standardrepertoire derer, die gesundheitsökonomische Evaluationen durchführen. Sie halten auf diesem Gebiet zunehmend Einzug, da sie die Wirkungen und den Ressourcenverbrauch bestimmter Public-Health-Interventionen modellieren. Markov-Modelle stellen ein Verfahren zur unterstützenden Entscheidungsfindung bei Unsicherheit dar und beantworten die Fragen, was es kostet bzw. wie viel mehr es kostet und was es aus klinischer Sicht bringt, Patienten mit einer spezifischen Symptomstellung mit z.B. einer neuen Therapie zu behandeln. Im Lichte der Kosten-Effektivität als Entscheidungskriterium rückt der vorliegende Beitrag die Markov-Modellierung in den Vordergrund. Dazu erläutert sie zunächst die Grundlagen der Entscheidungsanalyse und den Vorteil der Markov-Modelle gegenüber dem einfachen Entscheidungsbaumverfahren. Nach den Ausführungen zu den Annahmen, Prinzipien und der Konstruktion der Markov-Modelle modelliert diese Arbeit ein fiktives Entscheidungsproblem am Beispiel der hereditären Sphärozytose, das jedoch lediglich der Veranschaulichung dient. An diesem konzipierten hypothetischen Markov-Modells werden dann insbesondere die Simulationsverfahren, Kohortensimulation und Monte Carlo Simulation, diskutiert.

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe

2 Die formale Entscheidungsanalyse im Kontext der gesundheits-ökonomischen Evaluation


 

2.1 Entscheidungskriterium Kosten-Effektivität


 

Im deutschen Gesundheitswesen entscheidet der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) darüber, welche Medikamente, Therapien oder Behandlungsmethoden im Sinne des § 12 SGB V notwendig, hilfreich und wirtschaftlich sind. Der GBA ist ein Gremium, das sich aus Vertretern der Ärzteschaft und der Krankenkassen sowie aus Patientenvertretern zusammensetzt und unter der Aufsicht der Gesundheitsministerin steht. Der Ausschuss trifft im Rahmen der gesetzlichen Ausgestaltung des SGB demokratische Entscheidungen darüber, welche neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zur Regelleistung der Krankenkassen avancieren und die Kassen damit bezahlen müssen. Er kann jedoch auch bereits eingeführte Behandlungsmethoden aus dem Leistungskatalog der GKV ausschließen, wenn sich diese als unwirksam erwiesen haben (§ 34 SGB V). Der Ausschuss entscheidet also vor dem Hintergrund des therapeutischen Nutzen speziell darüber, welche Methode Ärzte bei einer Erkrankung benutzen sollten und welche nicht.

 

Diesen Entscheidungsprozessen des GBAs liegen die Ziele zugrunde, die finanziellen Belastungen für die Versicherten gering zu halten und den Nutzen der neuen Methoden für die Patienten zu sichern. Grundlage dieser Ziele im Gesundheitswesen sind die steigenden Gesundheitskosten, die zu einem Finanzierungsproblem in der GKV führen. Problematisch ist es jedoch ferner, dass mit steigenden Gesundheitskosten keine adäquate Verbesserung der Gesundheit erzielt wird. Offensichtlich verschwenden Kostenträger ihre begrenzten finanziellen Mittel für wenig wirksame Versorgungsleistungen bzw. für indikationsspezifische Interventionen, die bei bestimmten Patientengruppen kontraindiziert sind. Die Ressourcen im Gesundheitswesen sind begrenzt, was nach einer effizienten Mittelverwendung verlangt. In diesem Zusammenhang spielt die Bewertung der Kosten-Effektivität von Public-Health-Interventionen eine zunehmend signifikante Rolle[3].

 

Die Kosten-Effektivitäts-Analyse ist ein Analysetyp der gesundheitsökonomischen Evaluation, die Aussagen darüber machen möchte, ob sich der Einsatz einer medizinischen Intervention lohnt. Die Evaluation mit vergleichendem Charakter stellt die Kosten der zu evaluierenden medizinischen Interventionen dem Nutzen gegenüber mit dem Ziel, Informationen für eine rationale Allokationsentscheidung zu liefern. Die gesundheitsökonomische Evaluation wendet jedoch den inkrementellen Ansatz an. Danach ermitteln Ökonomen die Kosten pro zusätzlichen Nutzen, womit sich die Frage klären lässt, ob und wie viel ein Mehr an Kosten einer Intervention auch ein Mehr an Qualität bzw. Nutzen erbringt.

 

Bei der gesundheitsökonomischen Evaluation werden die medizinischen Interventionen vorwiegend im Rahmen einer Kosten-Effektivitäts- oder einer Kosten-Nutzwert-Analyse verglichen. In der Regel stellt der Analytiker die gegenwärtige Standardleistung – dies kann die am häufigsten eingesetzte (weil bewährteste) Intervention oder das Abwarten als Entscheidungsoption sein – einer neuen, medizinisch wirksameren aber auch kostenintensiveren Versorgungsleistung gegenüber. Eine Kosten-Effektivitäts-Analyse gibt die Behandlungsergebnisse, die der Ökonom in der gesundheitsökonomischen Evaluation als Outcome bezeichnet, in der gleichen natürlichen Einheit an. Outcomemaße dieses Analysetyps sind z.B. gewonnene Lebensjahre oder Anzahl symptomfreier Tage. Bei einer Kosten-Nutzwert-Analyse wird die Effektivität dagegen in Nutzwerte ausgedrückt (z.B. QALYs, HYEs, SAVEs), die die Patientenpräferenzen reflektieren.[4]

 

Mit der Bestimmung der (inkrementellen) Kosten-Effektivität als ein Entscheidungskriterium zur optimalen Allokationsentscheidung hinsichtlich medizinischer Interventionen ist ein Anwendungsfeld der formalen Entscheidungsanalyse definiert. Die Entscheidungsanalyse lässt sich in der klinischen Entscheidungsfindung (Clinical Decision Making) sowie in Kosten-Effektivitäts/Nutzwert-Analysen einsetzen. Allerdings ergänzen Ökonomen – im Unterschied zur klinischen Modellierung von medizinischen Entscheidungsproblemen – in der gesundheitsökonomischen Modellierung das Krankheitsmodell um ein Kostenmodell.

 

2.2 Definition und Charakteristik der formalen Entscheidungsanalyse


 

Die gesundheitsökonomische Evaluation nutzt im Vorfeld der Analyse von medizinischen Interventionen hinsichtlich ihrer Kosten-Effektivität ein Entscheidungsmodell[5]. Dieser Ansatz zum Vergleich konkurrierender Public-Health-Interventionen wird als formale Entscheidungsanalyse oder als entscheidungsanalytische Modellierung bezeichnet, die auf den Grundlagen der präskriptiven Entscheidungstheorie basiert[6]. Die formale Entscheidungsanalyse (Decision Analysis) ist ein systematischer, expliziter und quantitativer Ansatz zur Entscheidungsfindung unter Unsicherheit und beschäftigt sich speziell mit der Frage, wie medizinische Entscheidungen verbessert werden können[7].

 

Die Aufgaben der formalen Entscheidungsanalyse liegen primär

 

in der Darstellung des Entscheidungsproblems einschließlich der alternativen Handlungsverläufe mit den jeweiligen potentiellen Umwelteinflüssen und der erwarteten Konsequenzen und

 

in der Untersuchung der Auswirkungen der Alternativen durch Berechnung des Erwartungsnutzens der einzelnen Alternativen.

 

Charakteristisch für ein Entscheidungsproblem ist einerseits, dass dem Arzt zur Behandlung einer spezifischen Erkrankung mit einem bestimmten Symptomenkomplex verschiedene Handlungsoptionen zur Verfügung stehen. Alternative Behandlungsmethoden sind bei dem indikationsspezifischen Erkrankungsbild anwendbar und unterscheiden sich in ihrem jeweiligen Nutzen-Risiken-Verhältnis sowie ggf. in ihrer Kosten-Effektivität. Unter diesen Bedingungen konkurrieren die betreffenden Alternativen miteinander.

 

Zum anderen charakterisiert sich ein Entscheidungsproblem durch Unsicherheit und Komplexität. Unsicherheiten bestehen generell hinsichtlich des gegenwärtigen Zustandes des Patienten (z.B. ungenaue Treffsicherheit des diagnostischen Tests) sowie über den gesamten Krankheitsverlauf (individuell verschiedene physische Reaktion des Patienten auf Behandlung, Compliance des Patienten, potentielle Komplikationen). Insbesondere der künftige Krankheitsverlauf formiert sich allgemein durch Umwelteinflüsse, die der behandelnde Arzt nicht kontrollieren kann. Unter diesen Bedingungen ist der Mediziner gezwungen, Entscheidungen zu treffen, die primär auf die Erhaltung und Verlängerung des Lebens seiner Patienten abzielen. Dabei ist im Ergebnis ungewiss, ob sich der Erfolg der angewandten Public-Health-Intervention einstellt und ggf. in welchem Maße. Allein unter Berücksichtigung der Tragweite medizinischer Entscheidungen erscheint die Anwendung der Entscheidungsanalyse bei klinischen Entscheidungsproblemen als äußerst sinnvoll.[8]

 

Darüber hinaus können sich bestimmte Entscheidungssituationen als äußerst komplex gestalten. So nimmt die Komplexität beispielsweise mit der Zahl der Alternativen oder mit einem langfristigen Zeithorizont zu. Eine solche Entscheidungssituation verschleiert ein klares eindeutiges Vorgehen, das den größten klinischen Nutzen für Patienten stiftet. Angesichts der Komplexität spezifischer medizinischer Entscheidungssituationen scheint zweifellos festzustehen, dass den Akteuren des Gesundheitswesens das Treffen von Entscheidungen nicht einzig und allein der Intuition überlassen werden kann. Der Mensch mit einem gesunden Menschenverstand scheint mit der vollständigen Erfassung und Verarbeitung der Komplexität schlichtweg überfordert zu sein und daher unfähig, rationale Entscheidungen hervorzubringen[9].

 

Die Darstellung der Entscheidung erfolgt in einem sog. Entscheidungsmodell, dessen Struktur die Modellierung des Krankheitsverlaufs im Rahmen der einzelnen Alternativen determiniert. Ein Entscheidungsmodell besteht neben den Alternativen aus drei weiteren Elementen: den Konsequenzen, den Wahrscheinlichkeiten und den Outcomes. Der Behandlungsverlauf sowie ggf. der natürliche Krankheitsverlauf kennzeichnet sich durch krankheitsspezifische Ereignisse oder klinische Zustände, deren Auftreten unsicher aber in Form von Wahrscheinlichkeiten, Anteilen, Häufigkeiten oder Odds Ratios quantifizierbar ist – häufig operieren die Anwender jedoch mit Wahrscheinlichkeiten[10]. De facto erlebt der individuelle Patient diese Ereignisse oder Zustände oder nicht; allerdings ist die exakte Vorhersage unmöglich. Mit jeder Behandlungsoption und den jeweiligen krankheitsspezifischen Ereignissen oder Zuständen determinieren sich Konsequenzen (Outcomes). Outcomes beschreiben in der Gesundheitsökonomie Behandlungsergebnisse bzw. allgemein Ergebnisse einer Intervention im Zusammenhang mit der Mortalität, Morbidität und der gesundheitsbezogenen Lebensqualität wie z.B. gewonnene Lebensjahre, Anzahl symptomfreier Tage oder QALYs[11].

 

Durch ein Entscheidungsmodell werden die Komplexitäten und Unsicherheiten des Entscheidungsproblems handhabbar, da sich ein Modell durch seine Repräsentationsfunktion, durch Vereinfachung und durch Pragmatismus...

Blick ins Buch

Weitere E-Books zum Thema: Gesundheit - Ernährung

Prostatabeschwerden erfolgreich behandeln

Der umfassende Ratgeber für Patienten und zur Vorbeugung Format: PDF

Schon ab 45 steigt die Anzahl der Männer mit Prostatabeschwerden an, mit 60 leidet schon mehr als die Hälfte darunter. Angesichts solcher Zahlen könnte man meinen, dass Prostatabeschwerden normal und…

Prostatabeschwerden erfolgreich behandeln

Der umfassende Ratgeber für Patienten und zur Vorbeugung Format: PDF

Schon ab 45 steigt die Anzahl der Männer mit Prostatabeschwerden an, mit 60 leidet schon mehr als die Hälfte darunter. Angesichts solcher Zahlen könnte man meinen, dass Prostatabeschwerden normal und…

Prostatabeschwerden erfolgreich behandeln

Der umfassende Ratgeber für Patienten und zur Vorbeugung Format: PDF

Schon ab 45 steigt die Anzahl der Männer mit Prostatabeschwerden an, mit 60 leidet schon mehr als die Hälfte darunter. Angesichts solcher Zahlen könnte man meinen, dass Prostatabeschwerden normal und…

Deine Wirbelsäule

E-Book Deine Wirbelsäule
dein Schicksal? - Zentrum von Gesundheit oder Krankheit - Hilfe zur Selbsthilfe Format: PDF

Etwa 20 Millionen Deutsche leiden an chronischen Kreuz- oder Gelenkschmerzen. Dieses Buch will wirksame Anleitungen vermitteln und aufklären, damit Schmerzen verhindert oder gelindert werden können.…

Deine Wirbelsäule

E-Book Deine Wirbelsäule
dein Schicksal? - Zentrum von Gesundheit oder Krankheit - Hilfe zur Selbsthilfe Format: PDF

Etwa 20 Millionen Deutsche leiden an chronischen Kreuz- oder Gelenkschmerzen. Dieses Buch will wirksame Anleitungen vermitteln und aufklären, damit Schmerzen verhindert oder gelindert werden können.…

Deine Wirbelsäule

E-Book Deine Wirbelsäule
dein Schicksal? - Zentrum von Gesundheit oder Krankheit - Hilfe zur Selbsthilfe Format: PDF

Etwa 20 Millionen Deutsche leiden an chronischen Kreuz- oder Gelenkschmerzen. Dieses Buch will wirksame Anleitungen vermitteln und aufklären, damit Schmerzen verhindert oder gelindert werden können.…

Wasser

E-Book Wasser
Unser wichtigstes Lebensmittel Format: PDF

Aus dem Wasser ist alles Leben entstanden. Wasser ist das Lebenselement schlechthin. Wo es Wasser gibt, pulsiert das Leben, wo es fehlt, ist es unfruchtbar und wüst. Wasser und Luft verbinden sich in…

Wasser

E-Book Wasser
Unser wichtigstes Lebensmittel Format: PDF

Aus dem Wasser ist alles Leben entstanden. Wasser ist das Lebenselement schlechthin. Wo es Wasser gibt, pulsiert das Leben, wo es fehlt, ist es unfruchtbar und wüst. Wasser und Luft verbinden sich in…

Dem Körper eine Chance

E-Book Dem Körper eine Chance
fünf Tage , die das Leben verändern Format: PDF

Der Therapeut Toni Mathis hat der kranken Gesellschaft den Kampf angesagt. Mit seiner "Gesundheitswoche" verhilft er auch scheinbar aussichtslosen Fällen wieder zum Wohlgefühl im eigenen K…

Dem Körper eine Chance

E-Book Dem Körper eine Chance
fünf Tage , die das Leben verändern Format: PDF

Der Therapeut Toni Mathis hat der kranken Gesellschaft den Kampf angesagt. Mit seiner "Gesundheitswoche" verhilft er auch scheinbar aussichtslosen Fällen wieder zum Wohlgefühl im eigenen K…

Weitere Zeitschriften

FREIE WERKSTATT

FREIE WERKSTATT

Die Fachzeitschrift FREIE WERKSTATT berichtet seit der ersten Ausgaben 1994 über die Entwicklungen des Independent Aftermarkets (IAM). Hauptzielgruppe sind Inhaberinnen und Inhaber, Kfz-Meisterinnen ...

Berufsstart Bewerbung

Berufsstart Bewerbung

»Berufsstart Bewerbung« erscheint jährlich zum Wintersemester im November mit einer Auflage von 50.000 Exemplaren und ermöglicht Unternehmen sich bei Studenten und Absolventen mit einer ...

CE-Markt

CE-Markt

CE-Markt ist Pflichtlektüre in der Unterhaltungselektronik-Branche. Die Vermarktung von Home und Mobile Electronics mit den besten Verkaufsargumenten und Verkaufsstrategien gehören ebenso zum ...

Courier

Courier

The Bayer CropScience Magazine for Modern AgriculturePflanzenschutzmagazin für den Landwirt, landwirtschaftlichen Berater, Händler und generell am Thema Interessierten, mit umfassender ...

küche + raum

küche + raum

Internationale Fachzeitschrift für Küchenforschung und Küchenplanung. Mit Fachinformationen für Küchenfachhändler, -spezialisten und -planer in Küchenstudios, Möbelfachgeschäften und den ...

SPORT in BW (Württemberg)

SPORT in BW (Württemberg)

SPORT in BW (Württemberg) ist das offizielle Verbandsorgan des Württembergischen Landessportbund e.V. (WLSB) und Informationsmagazin für alle im Sport organisierten Mitglieder in Württemberg. ...

building & automation

building & automation

Das Fachmagazin building & automation bietet dem Elektrohandwerker und Elektroplaner eine umfassende Übersicht über alle Produktneuheiten aus der Gebäudeautomation, der Installationstechnik, dem ...

Euro am Sonntag

Euro am Sonntag

Deutschlands aktuelleste Finanz-Wochenzeitung Jede Woche neu bietet €uro am Sonntag Antworten auf die wichtigsten Fragen zu den Themen Geldanlage und Vermögensaufbau. Auch komplexe Sachverhalte ...