Sie sind hier
E-Book

Entwicklung und Implementierung eines Patientendokumentationssystems auf einer Intensivpflegestation

AutorDirk Franke
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2006
Seitenanzahl129 Seiten
ISBN9783638459471
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis31,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Gesundheit - Pflegewissenschaft - Sonstiges, Note: 2,0, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft), 114 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Im Rahmen dieser Diplomarbeit ist ein neues Patientendokumentationssystem für eine interdisziplinäre Intensivpflegestation (IPS) entwickelt worden, das den wissenschaftlichen und rechtlichen Ansprüchen ebenso entsprechen sollte, wie den Anforderungen, die die Mitarbeiter der IPS an ein neues Dokumentationssystem stellen. Außerdem sollte erstmals die Dokumentation am Pflegeprozess stattfinden. Es sollte festgestellt werden, ob ein wissenschaftlich orientiertes Patientendokumentationssystem auf einer IPS anwendbar ist und vom multiprofessionellen Team akzeptiert und genutzt wird. In die Entwicklung des Patientendokumentationssystems wurden alle Mitarbeiter der IPS integriert. Hierzu wurden einige Mitarbeiter zu 'Internen Projektbegleitern' ausgebildet, die während der vierwöchigen Implementierungsphase beratend tätig waren. Mittels retrograder Dokumentenanalyse wurde das Dokumentationsverhalten aller mit diesem System arbeitenden Mitarbeiter (Ärzte, Pflegende und Physiotherapeuten) gemessen und somit die Praktikabilität dieses Systems und die Akzeptanz der Mitarbeiter analysiert. Die Auswertung zeigte, dass vor allem bei den Intensivpflegenden ein positives Lernverhalten bei der Pflegeprozessdarstellung innerhalb des dreiwöchigen Analysezeitraumes festzustellen war. Das Dokumentationssystem stellt die meisten Pflegeprobleme auf der interdisziplinären IPS dar, so dass eine handschriftliche Ergänzung im Pflegebericht gegen Ende der Implementierungsphase immer weniger notwendig wurde. Erstmals ist auch die 'Intensivmedizinische Komplexbehandlung' in Form einer codierten Darstellung des Behandlungsaufwandes auf der Intensivpflegestation dokumentiert worden. In einer abschließenden Mitarbeiterbefragung zur Zufriedenheit mit dem neuen Patientendokumentationssystem zeigte sich trotz des positiven Lernverhaltens noch eine Unsicherheit im Umgang mit dem Pflegeprozess. Für die endgültige Verwendung sind daher noch ein paar Modifikationen notwendig. Gleichwohl haben die Ergebnisse der Analyse gezeigt, dass das in dieser Diplomarbeit entwickelte Patientendokumentationssystem praxistauglich ist und von den Mitarbeitern der IPS akzeptiert wird. Es ist dazu geeignet, die Kausalität des komplexen Behandlungsaufwandes sowohl der Medizin, als auch der Pflege darzustellen. Die pflegerischen und die ärztlichen Mitarbeiter sind motiviert, das System weiter zu entwickeln.

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe

3 Dokumentationspraxis


 

Die Dokumentationspraxis hat in der Vergangenheit auf Papier basierend stattgefunden. Aufgrund des Wandels der Technologie im Krankenhauswesen ist ebenso ein Wandel in der Dokumentationspraxis in Richtung Computer basierte Dokumentation festzustellen.

 

3.1 Konventionelle Pflegedokumentationen


 

In einer Studie von Martin et al. (1999) wurde die Dokumentationspraxis der Pflegenden auf einer Intensivstation und die Übereinstimmung der dokumentierten mit den tatsächlichen Gegebenheiten der Patientensituationen überprüft. Es zeigte sich, dass eine Vielzahl unterschiedlicher Dokumentationsarten auf derselben Station vorhanden war. Pflegende gaben an, dass sie den Patienten durch die enge Zusammenarbeit gut kennen würden. Diese Tatsache gaben sie als Grund an, nicht so häufig dokumentieren zu müssen. Die mündliche Übergabe ist die häufigste Übergabemethode. Auch Schindele (1998) stellt fest, dass die gängige Form der Informationsweitergabe zwischen Pflegenden die mündliche Übergabe ist. Bei ihr besteht die Gefahr, dass pflegerelevante Aspekte vergessen werden und somit die Qualität der pflegerischen Betreuung nicht gegeben ist. Martin et al. (1999) berichten, dass die Vitalzeichendokumentation durchgehend und vollständig durchgeführt wurde, was auch Franke (2002b) in seiner Untersuchung zeigen konnte. Einige Pflegende nutzten zusätzlich ein Kommunikationsbuch. Diese Vielzahl und Unvollständigkeit der Dokumentation bietet ein großes Potential, Fakten zu vergessen, die die übernehmende Pflegekraft für die Kontinuität und Sicherheit der Patientenbetreuung benötigt. Die durchschnittliche Dokumentationszeit pro Schicht wurde mit 56 Minuten, oder 12 % der Arbeitszeit ermittelt. Pflegende gaben als Grund für die mangelnde Dokumentation meistens Zeitmangel an. Pflegeergebnisse wurden ebenfalls nachlässig dokumentiert. Dokumentation ist der häufigste Grund für Überstunden auf der Intensivstation. Nach einer internen Erhebung auf der Intensivstation der Chirurgischen Universitätsklinik Regensburg mit zehn Intensivpflege-Planbetten entfallen vier bis fünf ärztliche Arbeitsstunden und sogar acht bis zehn pflegerische Arbeitsstunden pro Tag auf Dokumentationsaufgaben (Mann et al. 1996).

 

Gottschalk (in Mayer 2000) hat mit seiner Forschungsarbeit untersucht, welche Anforderungen Pflegende an einen Pflegebericht stellen, welche Informationen zu finden sind und ob der Verlauf der Patientenbetreuung in diesem ersichtlich ist. Es wurden problemzentrierte Interviews mit den Pflegenden geführt und diese analysiert. Dabei zeigte sich, dass nicht alle aufgestellten Kriterien immer erfüllt sein müssen, damit der Verlauf bei einem Patienten zu erkennen ist. Die Pflegenden gaben eine Reihe von Anforderungen an die Pflegedokumentation an. Den Verlauf der Pflege beschrieben sie nur aufgrund von Wirkungen und Auswirkungen der Pflegeinterventionen. In einigen Kategorien scheint das Dokumentieren für die Pflegenden eher als Absicherung gegenüber anderen Pflegenden, sowie dem ärztlichen Bereich zu sein. Die Gefahr besteht, dass die Dokumentation nur als Tätigkeitsnachweis gebraucht wird.

 

Benner (1994) konnte zeigen, dass Pflegende in der Lage sind, das Besondere der jeweiligen Patientensituation zu sehen und dem einzelnen Patienten gerecht zu werden. In diesem Sinne muss den Pflegekräften zugetraut werden, dieses Besondere in schriftlich angemessener Form darstellen zu können (Schiereck 2000). Die Informationssammlung sollte nicht auf das Aufnahmegespräch begrenzt, sondern bei Bedarf ergänzt werden. Allerdings meint Schiereck, dass Pflegeziele die während des Krankenhausaufenthaltes nicht erreicht werden können, erst gar nicht in der Zielformulierung der Pflegeplanung auftauchen sollten und deshalb auch nicht dokumentationswürdig seien (Stratmeyer 1997; Schiereck 2000).

 

Bartholomeyczik und Morgenstern (2004) haben im Rahmen einer umfassenden Qualitätssicherung in der Mehrzahl von Altenpflegeheimen in Frankfurt am Main eine standardisierte Untersuchung von Pflegedokumenten durchgeführt und mit Hilfe zweier übergreifender Fragestellungen, die sich auf Dimensionen der Vollständigkeit und der Prozessbezogenheit der Dokumentation bezogen, untersucht. Es konnte dargestellt werden, dass in der pflegerischen Dokumentation die Ressourcen der Patienten unzureichend dokumentiert und psychosoziale Probleme ignoriert wurden. Jedes fünfte Dokument enthielt keinerlei Angaben zu Pflegezielen. Ebenso fehlten zum überwiegenden Teil Grundlagen der Evaluation der Pflege. Am häufigsten wurden durchgeführte Interventionen dokumentiert. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen Ehnfors und Smedby (1993) in ihrer Untersuchung in Schweden. Die Forscher stellten fest, dass eine mangelnde Anwendung der Pflegedokumentation das Risiko von Mängeln bei der Kontinuität und Sicherheit für den Patienten bedeutet. Viele Studien fokussierten auf die Pflegedokumentation und bestätigten deren Zunahme und erhöhte Genauigkeit. Es zeigte sich, dass pathophysiologische und häufig vorkommende Pflegediagnosen gezielter erfasst werden, als diejenigen, die präventive Interventionen erfordern oder solche im physiologischen Bereich (Brown et al. 1987; Hanson et al. 1990). Ehrenberg befragte 544 Pflegende zur Dokumentation des Pflegeprozesses. Die Ergebnisse zeigten, dass 83 % die Pflegegeschichte und 84 % den Pflegestatus der Patienten erhoben. Am wenigsten häufig wurden Pflegediagnosen und Pflegeziele (40 %, bzw. 43 %) gestellt (Ehrenberg et al. 1996).

 

Timonen und Sihvonen (2000) haben in einer Studie in Finnland untersucht, in wieweit die Einbeziehung der Patienten in die Pflegevisite eine Verbesserung des Genesungszustandes beeinflusst. Dabei wurde festgestellt, dass die Patienten häufig zu müde waren, um effektiv an ihrer eigenen Pflegeplanung mitzuarbeiten. Patienten forderten von den behandelnden Pflegenden und Ärzten eine patientenverständliche Sprache im Umgang mit ihnen anzuwenden. Häufig bestand die Kommunikation nur von Seiten der Pflegenden; die Patienten waren meist zu passiv.

 

Lassen (in: Mayer 2000) hat die Umsetzung der Pflegediagnostik im pflegerischen Alltag untersucht. Die mittels fokussierter Interviews ermittelten Ergebnisse zeigen, dass die befragten Pflegenden Pflegediagnostik als wichtigen Bestandteil der heutigen Pflege empfinden. Sie befanden sich allerdings in dem Widerspruch aus „machen wollen“ und „nicht können“. Das „nicht können“ lag für sie vor allen Dingen in der hohen Arbeitsbelastung und darin, nicht ausreichend Zeit für Gespräche, Reflexion und Dokumentation zu haben. Pflegende gaben an, Angst zu haben, die falsche Diagnose zu stellen und so die falschen Interventionen durchzuführen. Mayer (2000) stellt fest, dass die Pflegeanamnese unvollständig geschieht und der psychosoziale Bereich häufig vernachlässigt wird, da Pflegende hier keine Interventionen angeben können.

 

Dokumentationsschwierigkeiten können unterschiedliche Ursachen haben. Dies untersuchten Höhmann et al.. Sie fanden folgende Gründe für eine mangelnde Dokumentation:

 

1. defizitäre pflegetheoretische Kenntnisse

2. defizitäre Schulung zum Pflegeprozess

3. defizitäres Verständnis vom Pflegeprozess

4. mangelnde Systematik der Systeme

5. mangelnde Einsicht

6. Formulierungsschwierigkeiten

7. erhöhter Zeitaufwand

8. Doppeldokumentation

9. unvollständige Eintragungen

10. abrechnungsrelevant statt patientenbezogen (Höhmann et al. 1996)

 

Die Nutzung der NANDA-Pflegediagnosen in der Patientendokumentation haben unterschiedliche Studien als vorteilhaft herausstellen können (Pyykkö et al. 2000; Johnson et al. 2001; König 2002a).

 

3.2 Rechnergestützte Pflegedokumentation


 

Die Anforderungen an eine effiziente und theoretisch fundierte Pflege sowie die Qualitätsentwicklung haben rapide zugenommen und Pflegende wenden vermehrt computerisierte Dokumentationssysteme an. Pflegestandards, individuelle Pflegeplanung und Pflegeinterventionen schließen sich gegenseitig nicht aus und sind integrale Bestandteile von Qualitätssicherung. Der zunehmende Einzug von rechnergestützten Dokumentationssystemen in der Krankenpflege führt unweigerlich zu dem Vergleich von rechnergestützten und konventionellen Pflegedokumentationssystemen. Dabei treten neben Fragen der Akzeptanz von Computern auch Fragen bezüglich der Qualität von computerunterstützten Pflegedokumentationen auf. Um die Qualität von Pflegedokumentationen zu bestimmen, ist es sinnvoll, sich die vorliegenden Forschungsergebnisse zu diesem Thema zu betrachten.

 

Narita et al. (1997) untersuchten die Voraussetzungen, die an ein Computersystem gestellt werden müssen, um die Pflegedokumentation durchführen zu können. Es stellte sich heraus, dass selbst Computer mittlerer Leistungsfähigkeit und einfacher Software hierzu geeignet sind.

 

Getty et al. (1999) untersuchten das Verhalten von Pflegenden bei der rechnergestützten Pflegeplanung und deren Dokumentation. Es wurde eine Gruppe Pflegender mit zweijähriger Computererfahrung mit Pflegenden, die...

Weitere E-Books zum Thema: Pflege - Heilberufe - Betreuung - Altenpflege

Sozialmedizin in der Sozialarbeit

E-Book Sozialmedizin in der Sozialarbeit
Forschung für die Praxis Format: PDF

Die Sozialmedizin innerhalb der Sozialarbeit beschäftigt sich in Forschung und Praxis insbesondere mit Fragen von Gesundheit und Krankheit sowie der Gesundheits- versorgung sozial benachteiligter…

Sozialmedizin in der Sozialarbeit

E-Book Sozialmedizin in der Sozialarbeit
Forschung für die Praxis Format: PDF

Die Sozialmedizin innerhalb der Sozialarbeit beschäftigt sich in Forschung und Praxis insbesondere mit Fragen von Gesundheit und Krankheit sowie der Gesundheits- versorgung sozial benachteiligter…

Rheuma-Funktionstraining

E-Book Rheuma-Funktionstraining
Grundkurs Format: PDF

Mehr als die Hälfte der deutschen Bevölkerung leidet an Rückenschmerzen, die sich zum Teil durch ein wiederholtes Funktionstraining vermeiden oder zumindest reduzieren lassen. Professor Reinhard…

Rheuma-Funktionstraining

E-Book Rheuma-Funktionstraining
Grundkurs Format: PDF

Mehr als die Hälfte der deutschen Bevölkerung leidet an Rückenschmerzen, die sich zum Teil durch ein wiederholtes Funktionstraining vermeiden oder zumindest reduzieren lassen. Professor Reinhard…

Weitere Zeitschriften

DER PRAKTIKER

DER PRAKTIKER

Technische Fachzeitschrift aus der Praxis für die Praxis in allen Bereichen des Handwerks und der Industrie. “der praktiker“ ist die Fachzeitschrift für alle Bereiche der fügetechnischen ...

Die Versicherungspraxis

Die Versicherungspraxis

Behandlung versicherungsrelevanter Themen. Erfahren Sie mehr über den DVS. Der DVS Deutscher Versicherungs-Schutzverband e.V, Bonn, ist der Interessenvertreter der versicherungsnehmenden Wirtschaft. ...

EineWelt

EineWelt

Lebendige Reportagen, spannende Interviews, interessante Meldungen, informative Hintergrundberichte. Lesen Sie in der Zeitschrift „EineWelt“, was Menschen in Mission und Kirche bewegt Man kann ...

Euro am Sonntag

Euro am Sonntag

Deutschlands aktuelleste Finanz-Wochenzeitung Jede Woche neu bietet €uro am Sonntag Antworten auf die wichtigsten Fragen zu den Themen Geldanlage und Vermögensaufbau. Auch komplexe Sachverhalte ...

FileMaker Magazin

FileMaker Magazin

Das unabhängige Magazin für Anwender und Entwickler, die mit dem Datenbankprogramm Claris FileMaker Pro arbeiten. In jeder Ausgabe finden Sie von kompletten Lösungsschritten bis zu ...