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E-Book

Erfolgreich lieben

Wie man ein glückliches Paar wird und es bleibt

AutorGeorg Fraberger
VerlagResidenz Verlag
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl176 Seiten
ISBN9783701746002
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Eine Liebesbeziehung ist ein Tausch, bei dem ein Mensch etwas von sich gibt, um mit einem anderen Menschen mehr zu werden. Doch dieser Austausch ist nicht einfach. Oft gibt es innere Widerstände, der Verstand kann gegen die Liebe oder den Lebenspartner sprechen, während der Körper damit nicht übereinstimmt und beim Anblick des Partners schwach wird, weiche Knie oder Verlustängste bekommt. Innerhalb einer Beziehung kann die Liebe aus dem Lot geraten. Doch es gibt Wege, um die Liebe als intensiven Austausch, ohne Anstrengung, ohne Zwang und ohne Muss zu erleben. Georg Fraberger analysiert Liebe und Sexualität und zeigt auf, wie man zu einer erfüllten Partnerschaft gelangt. Er beschreibt sehr offen die Beziehung zu seiner Frau und den Weg zu einer stabilen Ehe.

Georg Fraberger, geboren 1973 in Wien, ist Psychologe und Autor. Er arbeitet als Psychologe am Allgemeinen Krankenhaus Wien. Georg Fraberger ist verheiratet und Vater von fünf Kindern. Zuletzt erschienen: 'Wie werde ich Ich' (2017), 'Erfolgreich lieben' (2019).

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Leseprobe

2.Die Macht der Liebe


Die Psychologie beschäftigt sich viel mit der Frage, was ein Mensch braucht beziehungsweise welche Grundbedürfnisse er hat. Es gibt mehrere Antworten, etwa die Bedürfnispyramide nach Abraham Maslow, bei der physiologische Bedürfnisse, Sicherheitsbedürfnisse, soziale Bedürfnisse, Individualbedürfnisse und die Selbstverwirklichung gedeckt werden müssen. Andere Modelle wie jenes des amerikanischen Psychiaters William Glasser zeigen ähnliche Bedürfnisse, die gedeckt werden müssen, um ein glückliches Leben zu führen. Man konzentriert sich also sehr bald in der Arbeit als Psychologe auf vorhandene Ressourcen eines Menschen und wie diese genutzt werden können.

Doch sind Ressourcen und Verhaltenskorrekturen tatsächlich die Antwort auf die Frage, wie man ein Mensch der Tat wird? Wie man einer wird, der selbstständig und aktiv sein Leben gestaltet? Die Frage der Motivation, des Antriebs, der Tätigkeit wird durch ein Gefühl beantwortet und nicht durch Ressourcen. Dieses Gefühl heißt Liebe. Was helfen Ressourcen und befriedigte Bedürfnisse, ohne Grund, diese zu benutzen und sich daran zu freuen? Es ist die Macht der Liebe, die sowohl die Erfüllung von Bedürfnissen als auch die Nutzung von Ressourcen festlegt. Die Liebe bestimmt nicht den Wert der Bedürfnisse, sondern jener Menschen, denen die Bedürfnisse dienen. Ein Auto befriedigt das Bedürfnis der Mobilität, dennoch ist Mobilität nicht für jeden Menschen gleich viel wert. Liebt man jemanden, für den Mobilität wichtig ist, so steigt aufgrund der Liebe zu diesem Menschen die Bedeutung und der Wert von Mobilität, selbst wenn man nie vorhatte, darüber nachzudenken.

Bezieht sich die Liebe auf den Wert eines Menschen, so liegt die wahre Macht der Liebe vor allem darin, dass sie die subjektive Wahrheit verändert. In Wahrheit ist dann ein Mensch mehr wert, als er scheint. In Wahrheit hat er dann andere Bedürfnisse, als man ihm zuspricht. Diese neue Wahrheit ist nicht zu sehen als ein neues physikalisches Gesetz, als eine neue Relativitätstheorie, aber sie verändert den Wert, das Bild und damit die Identität einer Person. Nachdem die Liebe immer gut ist, kann man davon ausgehen – sie wertet den Menschen auf.

Die Bedeutung der Liebe will ich am ehesten an der Ironie meines eigenen Lebens beschreiben. Von dem ausgehend stammen alle Überlegungen und Recherchen zu diesem Thema. Ich führe nämlich ein Leben, das alles beinhaltet, von dem viele Menschen träumen, in einem Körper, der nichts von dem leisten kann, was die Gesellschaft heute verlangt und mit dem es mir niemand zutraut. Nicht einmal ich selbst traute mir so viel Freiheit zu und musste erst den Mut fassen, so zu leben, wie ich wollte.

Ohne Liebe ist alles nichts, oder?


Das NICHTS: Ich wurde 1973 ohne Arme und Beine geboren; ich kann daher weder mit dem Rad fahren noch auf Beinen tanzen oder laufen. In der Schule war ich anfangs schlecht und später mittelmäßig. Soweit mir bekannt, war 1973 nicht sicher, wie mein Leben verlaufen würde. Keiner konnte sich vorstellen, dass ich später normal arbeiten, mit dem Auto fahren, Kinder haben, ins Ausland auf Urlaub verreisen sollte. Dennoch hatten von Beginn an alle meine medizinischen Behandlungen und Erziehungsmaßnahmen das Ziel der Freiheit und Selbstständigkeit.

Jeden Sommer verbrachte ich ein paar Wochen im Spital, immer in der Ferienzeit, damit ich vom Schulunterricht nichts verpasste. Sämtliche Hilfsmittel nahm ich nur unter Protest an – entweder waren die Prothesen zu schwer oder zu langsam. In meinen ersten Rollstuhl wollte ich anfangs gar nicht einsteigen, denn damit galt ich als behindert. Und überhaupt, das Wort Behinderung klang so behindert, dass ich es ablehnte. Als ich als Jugendlicher versuchte, durch lange, blond gefärbte Haare cool zu wirken, hörte ich Kinder ihre Eltern fragen: »Wieso hat die Frau keine Arme und Beine?« Selbst ein Studienkollege meinte, ich hätte es gut, ich müsste mich wenig um mein Erscheinungsbild bemühen, denn im Rollstuhl sähen sowieso alle gleich aus … Situationen und Reaktionen, die meine Hoffnung auf eine erfolgreiche Zukunft hätten schwinden lassen können. Auch in meiner derzeitigen Lebenslage gibt es immer wieder Menschen, denen das Nichts aufgrund der körperlichen Umstände auffällt: Meine Familie wohnt derzeit auf dem Land. Dort ist es üblich, dass sich alle Bewohner des Ortes zumindest vom Sehen kennen. Noch vor Kurzem, als meine Frau mit den Kindern im Autobus fuhr, erkundigte sich der Fahrer des Busses bei der Freundin meiner Frau, weshalb diese mit mir zusammen sei, wo ich doch so wenig bieten könne und sie so hübsch sei.

Bis heute also lässt mein Körper nicht vermuten, dass ich ein Leben führen kann, das alles bietet.

Das ALLES: Als wertvoll erachtet zu sein, geschätzt zu werden sowie froh darüber zu sein, dass ich da bin, war alles, was mir entgegengebracht wurde. Unabhängig von den körperlichen Voraussetzungen erhielt ich viel Liebe von meiner Familie. Durch die engsten Angehörigen, aber auch durch mich medizinisch behandelnde Ärzte, Krankenschwestern, Physiotherapeuten bis hin zum Reinigungspersonal bekam ich stets das Gefühl vermittelt, als freuten sie sich über mein Dasein. Mir war bewusst, dass viel überlegt wurde, was mir helfen könnte und was nicht. Ich habe erlebt, dass jedes Mal die Freude aller sehr groß war, wenn mir jemand durch seine Überlegungen tatsächlich geholfen und sich hierdurch meine Wahrheit über Behinderung verändert hat. Ich habe also erlebt, dass ich etwas nicht konnte, doch die Vorstellung, wie ich etwas tun könnte, dazu führte, eine neue Identität zu erlangen. Als Beispiel möchte ich den Umgang mit dem Bleistift erwähnen. Als Kleinkind versuchte ich, mit dem Fuß zu schreiben und zu zeichnen. Die Feinmotorik war nicht so zufriedenstellend, wie das bei jemandem ist, der keine Behinderung hat. Nach mehreren Jahren des Schreibens zwischen Kinn und Schulter legte man mir ein Lederband um den Arm herum an und klemmte den Stift dort fest. Nach wenigen frustrierenden Übungen stellte sich Erfolg ein, und mittlerweile habe ich dasselbe Schriftbild wie jemand, der sein Schreibutensil ganz normal mit den Händen führt.

Ich wurde nicht nur geliebt in dem Sinne, dass man sich stets über mich freute, sondern geliebt, indem ich in meinen Wünschen und Sorgen ernst genommen wurde, und dabei gleichzeitig so gefordert, als hätte ich keine Behinderung. Alle, die mich liebten, schienen stolz auf mich gewesen zu sein, so wie ich war, und dafür, was ich konnte. Wie in meinen früheren Büchern »Ohne Leib, mit Seele« und »Ein ziemlich gutes Leben« bereits angerissen, wurde in meinem Leben nicht darauf geachtet, was ich nicht tun konnte. Vielmehr wurde probiert, wie ich das, was ich wollte, erreichen könnte. Erreichte ich ein bestimmtes Ziel nicht, ließ meine Umgebung normale Trauerreaktionen inklusive Ärger bei mir zu und durchlebte sie auch mit mir gemeinsam. Diese Form von Zuwendung war alles, was ich benötigte, sodass ich all das NICHTS in meinem Leben nicht nur gut ertragen konnte, sondern damit gut zu leben lernte. Ich wurde im Kindergarten, später in der Schule, aber auch im Spital als Patient, an der Universität ebenso wie bei meinen Urlauben jeweils so freundlich und gut aufgenommen, als hätte ich ALLES, was ein Mensch braucht. So habe ich dann ALLES erreicht, was ich erreichen wollte beziehungsweise brauchte, um jenes Leben führen zu können, von dem ich träumte: Ich habe studiert, ging für ein Jahr allein ins Ausland, hatte dieselben Probleme wie meine Kollegen und Freunde, die Liebe zu finden, habe schließlich geheiratet und eine Familie gegründet. Ich arbeite an einem der größten Spitäler Europas als Psychologe, fahre Auto, bin Buchautor, Keynote Speaker und ein Experte für Motivation, Resilienz und Veränderung. Es war die Liebe der Familie und der Ärzte / Behandler, die meine Realität und damit meine Wahrheit im Leben verändert haben.

Der letzte große Schritt meiner subjektiven Wahrheit in Richtung allgemeine Wahrheit war jener, als ich den Führerschein machte. Wohl wissend, dass eine Armee von Menschen, die an den Folgen der Contergan-Katastrophe litten, mit dem Auto selbstständig fahren konnte, musste ich in Wien erst unter Beweis stellen, dass ich gleichfalls dazu fähig war. Zahlreiche medizinische Überprüfungen meines Körpers und technische Gutachten haben letzten Endes aus meiner subjektiven eine allgemeingültige Wahrnehmung gemacht.

Die Macht der Liebe besteht folglich darin, dass sie die Wahrheit verändern kann, indem sie den Wert einer Person, einer Tätigkeit oder eines Gegenstandes beeinflusst. Als Psychologe ist man auch darum bemüht, die Wahrheit festzustellen, besonders wenn es darum geht, welcher Elternteil sich bei einer Scheidung um ein Kind kümmern darf. In Wahrheit sitzen abwechselnd Vater und Mutter getrennt voneinander beim Psychologen und stellen ihre Sichtweise dar,...

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