Die Bildungs- und Lehraufgaben des Geographie- und Wirtschaftskundeunterrichtes sind in Österreich im Lehrplan der jeweiligen Schulform verankert. Nicht nur die Bildungsstandards, sondern auch die Kompetenzen, welche Schülerinnen und Schüler am Ende einer Schulstufe entwickelt haben sollen, sind ein fixer Bestandteil dieses Lehrplanes. Im Folgenden wird hauptsächlich auf den Lehrplan der Oberstufe von Allgemeinbildenden Höheren Schulen (AHS) Bezug genommen, da die im empirischen Teil entworfene Lehr- und Lernaufgabe für eine 7. Klasse mit modularem Geographie- und Wirtschaftskundeunterricht (d.h. der Gegenstand umfasst in der 7. Klasse die Inhalte von 5., 6. und 7. Klasse) entwickelt wurde. In ebendiesem Lehrplan werden die Bildungs- und Lehraufgaben folgendermaßen beschrieben:
Der Geographie- und Wirtschaftskundeunterricht soll Motive und Auswirkungen, Regelhaftigkeiten und Probleme menschlichen Handelns in den eng miteinander verflochtenen Aktionsbereichen „Raum, Gesellschaft und Wirtschaft“ sichtbar und unter dem Gesichtspunkt der Politischen Bildung verständlich machen. Der Fachunterricht soll sich verstärkt folgenden Werten verpflichtet fühlen: einer menschenwürdigen Gesellschaft, einer intakten Umwelt und nachhaltigen Wirtschaft.
Darüber hinaus soll der Unterricht aus Geographie und Wirtschaftskunde den Schülerinnen und Schülern jene Qualifikationen vermitteln, die den Schülerinnen und Schülern eine weitgehend selbstbestimmte Wahl aus den vielfältigen Bildungs-und Berufsangeboten in einer sich ständig verändernden Welt ermöglichen sollen. (BMBF 2004: 1)
Für Geocaching inklusive der Verwendung von digitalen Karten auf einem GPS-Empfänger kann bereits in dieser recht allgemein gehaltenen Beschreibung ein Platz gefunden werden. Die „sich ständig verändernde Welt“ macht es nötig, digitale Karten benutzen und sich damit in eben dieser Welt orientieren zu können.
Neben den oben dargestellten Bildungsaufgaben hat der Unterricht in Geographie und Wirtschaftskunde mehrere methodische und fachspezifische Kompetenzen zum Ziel, die sich zu einem großen Teil mit jenen in Kapitel 2.3 vorgestellten Kompetenzen der Deutschen Gesellschaft für Geographie decken, aber auch relevante Unterschiede aufweisen. Zum einen wird im österreichischen Gymnasiallehrplan Wirtschaftskompetenz eingefordert, welche bei der Deutschen Gesellschaft für Geographie fehlt, da in Deutschland Wirtschaftskunde nicht mit dem Schulfach Geographie verbunden ist – anders als in Österreich. Zum anderen ist Umweltkompetenz als eine der Kompetenzen im österreichischen Gymnasiallehrplan explizit angeführt (vgl. BMBF 2004: 1), während die Bewertung der Umwelt und ihr Schutz bei den Kompetenzen der Deutschen Gesellschaft für Geographie lediglich als Unterpunkte in anderen Kompetenzbeschreibungen vorkommen, so z.B. beim Bereich „Fachkompetenz“: von den Schülerinnen und Schülern wird die „Fähigkeit, Mensch-Umwelt-Beziehungen in Räumen unterschiedlicher Art und Größe zu analysieren“ gefordert (Deutsche Gesellschaft für Geographie 2014: 15).
Die für Geocaching relevanten Kompetenzen werden sowohl von der Deutschen Gesellschaft für Geographie als auch vom österreichischen Gymnasiallehrplan explizit angeführt. In letzterem heißt es:
Methodenkompetenz
geographisch – wirtschaftskundliche Informationen mit Hilfe bewährter und auch mit dem Einsatz computergestützter Verfahren gewinnen, analysieren und zielgruppenorientiert darstellen können
Nutzung und Auswertung topographischer und thematischer Karten sowie von Weltraumbildern
Orientierungskompetenz
Entwicklung der Fähigkeit, erworbenes Wissen und gewonnene Einsichten im privaten, beruflichen und öffentlichen Leben bei räumlichen, wirtschaftlichen, politischen und berufsbezogenen Entscheidungen anzuwenden
Verdichtung und Sicherung eines weltweiten topographischen Rasters um raumbezogene Informationen selbständig einordnen zu können
(BMBF 2004: 1)
Explizit erwähnt werden demnach computergestützte Verfahren, die Nutzung und Auswertung topographischer und thematischer Karten, sowie der topographische Raster – alles Bereiche, die sich hervorragend für den Einsatz von GPS-Geräten und damit für Geocaching eignen.
In den didaktischen Grundsätzen des Lehrplans heißt es:
Es soll in jeder Klasse Unterrichtseinheiten geben, in denen die Schülerinnen und Schüler durch die unmittelbare Auseinandersetzung mit der Realität lernen.
Im Unterricht soll die Aktivität der Schülerinnen und Schüler im Vordergrund stehen. Daher sind verstärkt Unterrichtsverfahren einzusetzen, die zu eigenständiger und kritischer Informationsverarbeitung führen. Dabei sind neben traditionellen geographischen Arbeitsformen insbesondere die Möglichkeiten der IKT zur Gewinnung sowie Verarbeitung und Darstellung geographischer und wirtschaftskundlicher Informationen zu nutzen (BMBF 2004: 2).
Diese beiden Absätze klingen beinahe, als ob sie eigens für die Verwendung von GPS-Geräten im Geographieunterricht geschrieben worden wären. Beim Geocaching werden Schülerinnen und Schüler unmittelbar mit der Realität konfrontiert, müssen mit Abweichungen zwischen Karte und Realraum zurechtkommen und können selbst beurteilen, ob z.B. Signaturen der Karte sinnvoll sind oder nicht. Sie lernen, einen geeigneten Maßstab zu wählen, um sich optimal im Gelände zu orientieren. Ständig sind sie dabei – wie in den didaktischen Grundsätzen gefordert – selbst aktiv, und das noch dazu mit sogenannter Informations- und Kommunikationstechnik (IKT).
Nachdem das Geocaching-Unterrichtsbeispiel des empirischen Teils für eine 7. Klasse AHS mit modularem Geographie- und Wirtschaftskundeunterricht entworfen wurde, wird in der Folge der Lehrstoff der 9., 10. und 11. Schulstufen genauer erläutert (vgl. BMBF 2004: 2ff). Der Lehrstoff der 5. und 6. Klassen (9. und 10. Schulstufen) wird in zwei große Überthemen unterteilt:
die soziale, ökonomisch und ökologisch begrenzte Welt
Vielfalt und Einheit - Das neue Europa
In der 8. Klasse stellt sich der Lehrstoff unter dem Titel „lokal – regional – global: Vernetzungen – Wahrnehmungen – Konflikte“ dar.
Die Lehr- und Lernaufgabe des empirischen Teils stammt aus dem Bereich „Vielfalt und Einheit - Das neue Europa“, dessen Lehr- und Lernziele folgendermaßen definiert werden:
Raumbegriff und Strukturierung Europas
-unterschiedliche Gliederungskonzepte Europas nach naturräumlichen, kulturellen, politischen und ökonomischen Merkmalen begreifen; Erfassen des Europa-Begriffes
-die wichtigsten räumlichen und ökonomischen Auswirkungen des Integrationsprozesses der Europäischen Union kennen
Produktionsgebiete im Wandel – Außerwert-und Inwertsetzung als sozioökonomische Problemstellungen
-die Abhängigkeit landwirtschaftlicher Nutzung vom Naturraumpotential und den agrarsozialen Verhältnissen erkennen
-die Eignung von Naturräumen für die Tourismusentwicklung sowie die Folgen der Erschließung vergleichend bewerten
Konvergenzen und Divergenzen europäischer Gesellschaften
-die europäische Dimension für die Gesellschaftsentwicklung erfassen und die Chancen für die eigene Lebens-und Berufsplanung erkennen.
-Erkennen, dass sich Europa zum Einwanderungskontinent entwickelt hat
Wettbewerbspolitik und Regionalpolitik
-Einsichten in die Maßnahmen und Auswirkungen der Verkehrs-und Wirtschaftspolitik der Europäischen Union gewinnen. Deren Träger, Instrumente und Funktionsweise kennen lernen und kritisch bewerten
-regionale Disparitäten an ausgewählten Staaten und überstaatlichen Gebilden erkennen und analysieren, sowie die Bedeutung der Regionalpolitik für den Abbau derselben erfassen
Regionale Entwicklungspfade im Vergleich
-anhand ausgewählter Beispiele die Veränderungen in Raum, Wirtschaft und Gesellschaft nach einem Beitritt zur Europäischen Union aufzeigen
-Erfassen der Bedeutung grenzüberschreitender Zusammenarbeit für die Raumentwicklung
Die Aufgabenstellungen und Inhalte der Arbeitsblätter des...