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E-Book

Erfolgreiches Stressmanagement

AutorEberhardt Hofmann
VerlagHogrefe Verlag GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl254 Seiten
ISBN9783844424904
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Stress ist heute ein Alltagsphänomen. Viele Menschen suchen daher nach Möglichkeiten, im Privatleben und im Berufsalltag erfolgreich mit Stress umzugehen. Der Band beschäftigt sich zunächst mit den physiologischen und psychologischen Aspekten der Stressreaktion, ihren kurz- und langfristigen Auswirkungen sowie mit der Entstehung von Stressquellen. Anschließend werden Techniken der kurzfristigen Kontrolle des Stressgeschehens sowie Methoden, die längerfristig zur Bewältigung von Stress eingesetzt werden können, beschrieben. Es handelt sich dabei beispielsweise um Techniken der Atmungskontrolle, der muskulären An- und Entspannung sowie der Veränderung von Gedanken, die sehr schnell wirken und dazu eingesetzt werden können, die Stressreaktion in akuten Situationen »abzubremsen«. Entspannungsverfahren, die Veränderung von Einstellungen und Überzeugungen sowie von Verhaltensgewohnheiten können langfristig der Stressbewältigung dienen. Schließlich wird auf die Bedeutung körperlicher Bewegung für unser Denken und Erleben eingegangen und ein Ausdauertraining zur Prävention und Kompensation des Stressgeschehens vorgestellt. Die vorgestellten Methoden zum Stressmanagement sind alle in ihrer Wirksamkeit wissenschaftlich untermauert. Die zahlreichen Übungen erleichtern die Umsetzung der Methoden im Alltag.

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Leseprobe

2     Die Auswirkungen der Stressreaktion


In diesem Kapitel wird ein Modell dargestellt, mit dessen Hilfe man sich den Ablauf der physischen, psychischen und emotionalen Veränderungen in Stresssituationen erklären kann. Die nachfolgenden Kapitel bauen auf diesen Grundüberlegungen auf. Zuerst werden dazu die Reaktionen auf physisch reale Bedrohungen aufgezeigt, die im Prinzip genauso auch in physisch nicht oder nicht unmittelbar bedrohlichen Situationen ablaufen. Die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit, die Gesundheit und die Befindlichkeit sowie Ansatzpunkte zur Veränderung werden dargestellt. Doch zunächst soll anhand eines Fallbeispieles die Entstehung und die Auswirkungen von Stress erläutert werden.

Fallbeispiel:

Herr A. muss am nächsten Tag eine Präsentation vor einem Entscheidungsgremium durchführen. Von der Entscheidung dieses Gremiums hängt viel ab. Da er noch dringend einige andere ungeplante Arbeiten erledigen muss, hat er nicht genügend Zeit, sich intensiv vorzubereiten. Er denkt: „Ich schaffe das alles nicht rechtzeitig“ und spürt eine innere Unruhe. Er nimmt einen Teil der Arbeit mit nach Hause. Die für den Abend geplante Verabredung mit Bekannten muss er absagen. Das bringt ihm auch noch Ärger mit seiner Frau ein, die sich auf den gemeinsamen Abend gefreut hat. Herr A. fühlt sich von allen Seiten bedrängt. Bei der Vorbereitung der Präsentation unterlaufen ihm dann Leichtsinnsfehler, die er mit hohem Zeitaufwand wieder korrigieren muss. In der Nacht schläft er schlecht, ihm fallen dabei noch zusätzlich unaufgearbeitete Probleme mit seinen Kollegen ein.

Herr A. würde in dieser Situation wahrscheinlich sagen: „Ich bin im Stress“. Wenn man sich mit dem Thema „Stress“ beschäftigt, werden oft unscharfe und uneindeutige Begriffe verwendet. Daher soll anhand des obigen Beispiels zunächst eine Begriffserklärung erfolgen. Umgangssprachlich wird der Begriff „Stress“ einerseits als Beschreibung eines Zustandes gebraucht („Ich bin im Stress“), andererseits wird er als Beschreibung für die stressauslösenden Situationen benutzt („Das macht mir Stress“). Der Begriff „Stress“ stammt ursprünglich aus der Materialforschung und bedeutet dort „Anspannung“, „Verbiegung“, „Belastung“. Um das Jahr 1950 herum hat dann der Pionier der Stressforschung Hans Selye den Stressbegriff auf die Biologie übertragen. Er bedeutet hier ebenfalls „Anspannung“, „Belastung“. Heutzutage ist das Wort „Stresstest“ in Mode gekommen, es wird immer dann gebraucht, wenn man die Robustheit von irgendetwas bestimmen will. Das Wort „Stresstest“ wird dabei jedoch sehr unpräzise und eher im politischen Umfeld gebraucht. Im Weiteren soll daher Stress den Zustand der Anspannung und Belastung bedeuten. Die jeweiligen Situationen, die Stress auslösen, werden in Abgrenzung dazu „Stressoren“ genannt. Im obigen Beispiel sind die Präsentation, die Zeitnot, die Zusatzarbeiten und der Ärger mit seiner Ehepartnerin die Stressoren. Stressoren können rein physische Stressoren, wie z.B. Lärm, Hitze oder Kälte, Schmerzen, physische Verletzungen oder chemische Substanzen, sein. Sie können aber auch aus dem Leistungsbereich stammen, wie z.B. aus Überforderung oder Unterforderung resultieren, aufgrund von anstehenden Prüfungen oder Bewertungssituationen oder durch Leistungsdruck, Frustration etc. entstehen Auch aus dem sozialen Bereich können Stressoren wie Isolation, Trennung, Menschenmassen, Konkurrenz, Aggressionen usw. wirksam sein.

Die innere Unruhe, der Gedanke „Ich schaffe das alles nicht rechtzeitig“, die Schlafstörung, die Leichtsinnsfehler und die Gedanken an die Probleme mit den Kollegen sind im obigen Beispiel die individuellen Reaktionen von Herrn A. auf diese Stressoren. Natürlich kann auch die Stressreaktion selber zu einem Stressor werden. In unserem Beispiel führte die Stressreaktion bei Herrn A. dazu, dass er Leichtsinnsfehler machte, die dann korrigiert werden mussten und so die Zeitnot noch verstärkten.

Welche Ereignisse nun als Stressoren wirken und welche nicht, kann man dabei nicht allgemeinverbindlich sagen. Schon die Alltagserfahrung lehrt, dass manche Menschen beispielsweise eine Achterbahnfahrt, eine Klettertour oder einen Vortrag vor vielen Zuhörern zu halten als eine Quelle der Freude, andere dagegen als einen Stressor empfinden. Ob eine Situation zu einem Stressor werden kann hängt neben den objektiven Gegebenheiten unter anderem auch stark von der individuellen Lern- und Lebensgeschichte sowie von individuellen Bewertungen des Stressors und der Einschätzung der eigenen Bewältigungsmöglichkeiten ab.

Definition von Stress:

Stress ist eine unspezifische Aktivierungsreaktion des gesamten Organismus auf Stressoren, wenn diese als Gefährdung wahrgenommen werden.

2.1  Wie verändert sich unser Körper bei Bedrohungen?


Um die Reaktion unseres Körpers und unseres Gehirns in Stresssituationen (Bedrohungen/Belastungen) verstehen zu können, ist es hilfreich, uns in die Welt unserer Vorfahren vor ca. 100.000 Jahren zu versetzen. Stellen wir uns folgende Situation vor: Ein Mensch vor 100.000 Jahren hört Gebrüll. Er hört Tritte im Wald und glaubt, einen Schatten gesehen zu haben. Was wird dieser Mensch tun? Er wird wahrscheinlich versuchen, blitzschnell davonzulaufen. Wenn ihm dies nicht mehr möglich ist, oder wenn er glaubt, stärker zu sein als das Tier, das wahrscheinlich die Geräusche verursacht hat, so wird er sich zum Kampf mit dem Tier bereit machen. Er hat also prinzipiell zwei Möglichkeiten, um auf die potenzielle Bedrohung zu reagieren, entweder mit Kampf oder mit Flucht. Um bei realen physischen Bedrohungen entweder kämpfen oder flüchten zu können, müssen im Körper einige physiologische Veränderungen ablaufen, die letztendlich der schnellen Bereitstellung großer Mengen von Energie dienen. Die wichtigsten dieser physiologischen Veränderungen und deren Funktion bei physisch realen Bedrohungen werden in Tabelle 1 dargestellt.

Tabelle 1:  Automatisch ablaufende physiologische Veränderungen bei physisch realer Bedrohung

Erhöhung der HerzfrequenzDas Herz schlägt in Bedrohungssituationen schneller, dadurch wird die Durchblutung der Muskulatur erhöht, mehr Sauerstoff, der zur Energiegewinnung benötigt wird, wird in die Zellen transportiert. Mit einer Erhöhung der Herzfrequenz geht auch eine Erhöhung des Blutdrucks einher. Die Erhöhung der Herzfrequenz ist wohl die am deutlichsten spürbare Komponente der Stressreaktion.
Beschleunigung der AtmungDurch eine schnellere Atmung wird dem Körper mehr Sauerstoff zur Verfügung gestellt, der zur vermehrten Energieerzeugung notwendig ist.
Bereitstellen von BlutfettenDer Körper stellt der Muskulatur Fette zur Verfügung, um aus deren Abbau Energie zu gewinnen, diese Fette werden über die Blutbahnen zu der Muskulatur transportiert.
Hemmung der VerdauungDas Blut wird aus den inneren Organen in die Muskulatur umverteilt. Dadurch wird die Verdauung gehemmt, der Körper scheint sich zu sagen: „Erst der Gefahr entgehen, dann weiter verdauen, es gibt im Moment wichtigere Dinge (Kampf oder Flucht) als Verdauung“. Der Körper konzentriert seine ganzen Kräfte auf diejenigen Funktionen, die akut zum Überleben wichtig sind. Das Blut wird hauptsächlich von Magen, Darm, Leber und Nieren abgezogen und statt dessen der Muskulatur zugeleitet.
Hemmung der SexualfunktionHier gilt das gleiche wie bei der Verdauung: Die Sexualfunktion ist in dem Moment der realen physischen Bedrohung unwichtig für das Überleben und wird daher blockiert.
Erhöhung der MuskelspannungDurch das Vorspannen der Muskulatur ist es möglich, Bewegungen schneller ausführen zu können. Die Vorspannung der Muskulatur ermöglicht ihr bildlich gesprochen einen „fliegenden Start“, man ist durch die Vorspannung der Muskulatur „auf dem Sprung“, um sofort reagieren zu können. Diesen Effekt kann man z.B. gut bei Tennisspielern beobachten, die einen gegnerischen Aufschlag erwarten, der ganze Körper ist in Anspannung und in Bewegung, um aus der Anspannung und Bewegung heraus schneller reagieren zu können. Besonders stark verspannt sich die Muskulatur in Stresssituationen im Hals- und Schulterbereich. Dies geschieht vermutlich deshalb, weil durch das Hochziehen der Schultern die großen Arterien, die im Normalzustand relativ ungeschützt am Hals entlang laufen, geschützt werden sollen.
Erhöhung der BlutgerinnungsfähigkeitIn Situationen physischer Bedrohung wird die Gerinnungsfähigkeit des Blutes reflexhaft erhöht. Bei erhöhter Blutgerinnungsfähigkeit ist es wahrscheinlicher, im Falle einer Verletzung zu überleben, da die Wunde dann weniger stark blutet, bzw. sich schneller wieder schließt.
Senkung des elektrischen HautwiderstandesDer Grund für diese physiologische Veränderung ist noch nicht genau bekannt. Der „kalte Schweiß“ tritt auf. Mit der Absonderung von Schweiß geht eine Verringerung des elektrischen Hautwiderstandes einher. Die Schweißabsonderung kann...
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