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Erfolgspotentiale in Familienunternehmen

Eine sozialkapitaltheoretische Sichtweise

AutorBernadette Berg, geb. Katzer
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl97 Seiten
ISBN9783640610709
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2009 im Fachbereich BWL - Unternehmensführung, Management, Organisation, Note: 1,3, Universität zu Köln (Seminar für Allg. BWL, Unternehmensentwicklung und Organisation), Sprache: Deutsch, Abstract: Für Familienunternehmen entstehen durch den Besitz und den Einfluss der Familie Besonderheiten im Vergleich zu Nicht-Familienunternehmen. Die Verbindung eines Unternehmens mit der historisch gewachsenen Institution Eigentümerfamilie, mit ihren Zielen, Werten und Umgangsformen, entfaltet besondere Wirkungen innerhalb des Familienunternehmens, welche Erfolgspotentiale positiv wie negativ beeinflussen können. Insbesondere der Einfluss der Familie über die Kontakte mit Angestellten, Managern, anderen Unternehmen und weiteren Dritten sowie deren Art der Beziehung zueinander - somit das soziale Netzwerk und dessen Ausprägungen - haben einen Einfluss auf mögliche Faktoren, die den Erfolg des Familienunternehmens beeinflussen können. Die Forschung beschäftigt sich seit langem mit der Frage, wie diese besondere Funktionsweise von Familienunternehmen aussieht und welche Folgen sie auf Erfolgspotentiale dieser Unternehmensform hat. Es bleibt jedoch bis auf einzelne neuere Ansätze bei einer singulären Betrachtung einzelner Elemente von Familienunternehmen und einer Konzentration auf einzelne Theorien. Es fehlt somit eine umfassende Zusammenführung, die die besondere Funktionsweise von Familienunternehmen erklärt und deren Beeinflussung von Erfolgspotentialen darstellt. Ein möglicher Ansatz der Zusammenführung liegt in der auf Familienunternehmen angewendeten Sozialkapitaltheorie. Die Sozialkapitaltheorie entwickelte sich aus der Netzwerkforschung heraus. Sie basiert auf der Annahme, dass Beziehungen zwischen Akteuren Ertragspotential darstellen. Die Sozialkapitaltheorie beschäftigt sich somit explizit mit dem Potential, das Beziehungen darstellen können. Die Besonderheit von Familienunternehmen wird von der Forschung eben in den Beziehungen der Familie, die zu einem Familienunternehmen gehört, gesehen. Durch eine sozialkapitaltheoretische Betrachtung von Familienunternehmen kann somit die Funktionsweise von Familienunternehmen und die Wirkung von Familienbesitz und -einfluss auf Erfolgspotentiale verständlich gemacht werden. Ziel dieser Arbeit ist es, Familienunternehmen vor dem Hintergrund der Sozialkapitaltheorie zu betrachten, um die Wirkung von Familienbesitz und -einfluss auf mögliche Erfolgspotentiale von Familienunternehmen zu erklären.

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Leseprobe

3 Familienunternehmen unter der sozialkapitaltheoretischen Sichtweise


 

In diesem Kapitel werden FU vor dem Hintergrund der Sozialkapitaltheorie beleuchtet. Mit diesem theoretischen Ansatz lässt sich die besondere Funktionsweise von FU, die insbesondere durch die Involvierung der Familie in dem Unternehmen entsteht, erklärbar machen. Die Sozialkapitaltheorie beschäftigt sich mit sozialen Verbindungen zwischen Personen und deren Wirkungen im unternehmerischen Kontext. Die Wirkungen von Sozialkapital können Erfolgspotentiale von Unternehmen sowohl fördern als auch hemmen.[43] Die Nutzung dieser Theorie ermöglicht die sozialen Beziehungen, die in FU aufgrund der familiären Hintergründe eine besondere Rolle einnehmen, genauer zu betrachten und deren Wirkungen auf Erfolgspotentiale von FU erkennbar zu machen. Die Sozialkapitaltheorie bietet dabei einen Erklärungsrahmen, um soziale Verbindungen und deren Wirkungen strukturiert zu erfassen.

 

Hierzu wird zunächst eine kurze Einführung in die Sozialkapitaltheorie gegeben und das Netzwerk von FU, also die sozialen Verbindungen zwischen Personen und Institutionen, erläutert. Anhand von verschiedenen Dimensionen des Sozialkapitals wird die Sozialkapitaltheorie umfänglich auf FU angewandt und so deren besondere Funktionsweise veranschaulicht. Nach der Herleitung besonderer Entstehungsbedingungen für Sozialkapital in FU schließt das Kapitel mit einer Zusammenführung der Erkenntnisse zu Sozialkapital in FU ab.

 

3.1 Einführung in die Sozialkapitaltheorie


 

Der Begriff Sozialkapital wurde im Zusammenhang mit der Netzwerkforschung geprägt. Zunächst in den Sozialwissenschaften entstanden, wurde die Theorie schnell auf andere Bereiche, unter anderem auch auf die Management- bzw. Organisationsforschung, angewandt.[44] In einer einheitlichen Theorie fassten Coleman (1990), Burt (1992) und Putnam (1993) in den 90er Jahren die bisherigen Ergebnisse der Netzwerkforschung zu einem Konzept zusammen.[45] Dennoch wird Sozialkapital in der Forschung nicht einheitlich definiert.[46] Nahapiet und Ghoshal (1998) fanden eine Definition, die allgemeine Anerkennung gefunden hat. Sie definieren Sozialkapital als die Summe der gegenwärtigen und potentiellen Ressourcen eingebettet in, verfügbar durch, und abgeleitet aus dem Netzwerk der Beziehungen, die durch ein Individuum oder eine soziale Einheit besessen werden.[47] Soziales Kapital umfasst somit nach dieser Definition das Netzwerk an sich (strukturelle Sichtweise) als auch die Ressourcen, die über das Netzwerk bezogen werden können (ressourcenorientierte Sichtweise).[48]

 

Im Fokus der Sozialkapitaltheorie liegt das soziale Netzwerk von Akteuren, welches hier zunächst definiert werden soll (siehe Abbildung 2).[49]

 

 

Abbildung 2: Soziales Netzwerk von Akteuren[50]

 

Ein soziales Netzwerk lässt sich formal als einen Graph aus Knoten und Verbindungslinien darstellen. Die Knoten stehen hierbei für die Akteure, z.B. für einen Arbeitnehmer, und die Verbindungslinien für den Kontakt zwischen ihnen.

 

Die Sozialkapitaltheorie folgt der Annahme, dass diese Verbindungen das Verhalten der Akteure des Netzwerkes beeinflussen und dadurch Erfolgspotential für Individuen darstellen können.[51] Die Beziehungen und Interaktionen der Akteure bestimmen dabei die Eigenschaften des sozialen Netzwerkes.[52] Hier ist zum einen die Struktur des Netzwerkes relevant, zum anderen sind es aber auch die Inhalte bzw. die Qualität der Beziehungen.[53] Das Netzwerk kann beispielsweise sehr dicht sein, was häufige und intensive Kontakte impliziert. Qualitativ können Verbindungen z.B. durch Vertrauen und Sympathie gekennzeichnet sein, was kooperatives Verhalten stärkt oder die gemeinsame Identität fördert.[54]

 

Das Sozialkapital bzw. das soziale Netzwerk kann dabei positive wie negative Wirkungen haben.[55] Sozialkapital bringt nur in bestimmten Situationen bzw. Aufgabenanforderungen positive Wirkungen für ein Unternehmen und seine Mitarbeiter mit sich („situative Vorteilhaftigkeit“).[56] Der aus dem sozialen Netzwerk resultierende Nutzen hängt beispielsweise von den Ressourcen ab, die im Netzwerk zur Verfügung stehen, davon, ob diese Ressourcen für ein Unternehmen bei einer Aufgabe nützlich sind oder von der Struktur des Netzwerkes an sich.[57] Je nach Situation kann das gleiche soziale Netzwerk der Zielerreichung somit dienlich sein oder sie behindern.[58] Der Fit zwischen den Netzwerkeigenschaften und den Zielen des Unternehmens bzw. dessen Aufgaben bestimmt den Wert des Sozialkapitals.[59]

 

In der Forschung ist bisher allerdings noch unklar, wie negative Wirkungen eines sozialen Netzwerkes in die Sozialkapitaltheorie eingeordnet werden sollen. In vielen Untersuchungen lag der Fokus bisher auf den produktiven Wirkungen von Netzwerken.[60] Mehr Sozialkapital sollte grundsätzlich besser als weniger sein.[61] Auch Nahapiet und Ghoshal (1998) merken nur an, dass Sozialkapital signifikante negative Auswirkungen haben kann.[62] Doch negative Aspekte (wie eine mögliche Reduzierung der Innovativität) wurden vielfach belegt und es gilt, sie nicht außen vor zu lassen, sondern exakt in die Theorie einzuordnen.[63] Nur so kann die Bedeutung von Sozialkapital für Erfolgspotentiale von FU umfassend betrachtet werden. Für diese Arbeit soll eine Einordnung in Orientierung an der Arbeit von Dasgupta (2005) stattfinden.[64] Folgende Definition wird somit verwendet:

 

Sozialkapital sei rein das interpersonelle Netzwerk. Sozialkapital und das soziale Netzwerk werden also gleich gesetzt. Dabei sollen, wie oben definiert, bei der Betrachtung des Netzwerkes die Struktur und die Eigenschaften der Verbindungen relevant sein. Welche Wirkungen die Struktur und die Eigenschaften für Individuen oder Unternehmen mit sich bringen, wird in der Definition außen vor gelassen. Sie impliziert keine Wertung der Wirkungen.[65]

 

Da Sozialkapital ein soziales Netzwerk ist, sind damit bestimmte Eigenschaften verbunden. Grundbedingung für die Entstehung eines Netzwerkes ist eine wechselseitige Interaktion. Ein Abbruch des Kontaktes durch einen Akteur kann das Netzwerk zerstören. Soziale Beziehungen können nicht erzwungen werden. Sie ergeben sich eher beiläufig und können von Unternehmensseite im besten Fall gefördert werden.[66] Ebenso benötigen sie wiederholten Kontakt, um sich zu festigen. „Investitionen“ sind also nötig, um langfristig eventuelle positive Wirkungen daraus ziehen zu können. Durch die Interaktionen von Akteuren ist Sozialkapital nicht statisch, sondern verändert sich ständig und kann nur als Momentaufnahme erfasst werden.[67] Bei einem Netz sozialer Beziehungen sind die Lokalisierung und die Begrenzung problematisch. Sozialkapital ist somit schwer greifbar, schwer anzueignen und schwer aufrechtzuerhalten.[68] Sozialkapital kann in ökonomische Größen überführt werden, indem es für einen Akteur bzw. ein Unternehmen ökonomische Vorteile bringt, die dann messbar sind. Es kann somit zumindest metaphorisch auch als Kapitalform (wie z.B. Humankapital) angesehen werden.[69] Es zeigt weiter teils Eigenschaften eines Kollektivgutes. Nutzt ein Akteur sein Netzwerk, wird das Sozialkapital für einen anderen nicht verbraucht (Nicht-Rivalität im Konsum). Akteure können höchstens von einem Netzwerk ausgeschlossen werden (Ausschließbarkeit).[70] Obwohl ein Gut, ist es dabei jedoch nicht handelbar und auf andere nicht direkt übertragbar.[71] Eine letzte wichtige Eigenschaft ist, dass Sozialkapital ein sich selbst verstärkendes Konstrukt ist. Bestehendes Sozialkapital ermöglicht und vertieft soziale Interaktionen, sodass wiederum Sozialkapital entsteht.[72]

 

Um Sozialkapital inhaltlich analysieren zu können, soll hier die Kategorisierung von Nahapiet und Ghoshal (1998) angewendet werden. Diese ist anwendbar, da auch Nahapiet und Ghoshal (1998) nur die Existenz von Sozialkapital und nicht dessen Wirkungen gruppieren. Sie unterteilen Sozialkapital demnach in drei Dimensionen: die strukturelle Dimension, die relationale Dimension und die kognitive Dimension. Die strukturelle Dimension betrachtet die Struktur der Netzwerkverbindungen zwischen Akteuren (Stärke und Anordnung der Verbindung). Die relationale Dimension beschreibt die Natur und die Qualität der Verbindungen (Vertrauen, Normen, Identität). Die dritte, kognitive...

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