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Erlebnisbericht über das Ende des Zweiten Weltkrieges

AutorWolfgang Piersig
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl48 Seiten
ISBN9783656904229
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Projektarbeit aus dem Jahr 2015 im Fachbereich Geschichte Europa - Deutschland - Nationalsozialismus, II. Weltkrieg, , Sprache: Deutsch, Abstract: Zweiter Weltkrieg und das Erinnern an das mit ihm verbundene Leid und die von ihm ausgehende Gewalt für unschuldige Nationen und Menschen, das ist bis heute ein aktuell gebliebenes Thema. Aus der gegenwärtigen sehr brisanten Weltsituation schlussfolgend, ist es nicht nur für die Gegenwart eine hohe gemeinsame Verpflichtung, die Historie anzunehmen wie auch Geschehenes nicht zu vergessen, die Erinnerung an die Opfer und Geschehnisse Häftlingslager für ca. 1.000 Personen, eine Außenstelle des KZ Groß-Rosen, wachzuhalten und die richtigen Lehren aus diesem schrecklichen, grauenvollen Ereignis für alle Zukunft daraus zu ziehen. Dies ist man den Opfern von Krieg, Folter, Gewalt, Terror, Faschismus, Rassismus, den Hinterbliebenen, aber vor allem den Kindern und Kindeskindern schuldig. Kamenz war Geburts-, Wohn- und Arbeitsort des Autors wie auch Ausgangs- und Endpunkt seiner Niederschrift. Schon frühere Kriege brachten der Stadt mancherlei Nöte, wie die Kriege Friedrich des Großen (1740-1792), z.B. 1745, ebenso der 'Siebenjähre Krieg' (1756-1763). Auch die Napoleonischen Kriege lieferten Miseren, wie die Militärlasten von 1812, wo vom 25. März bis 9. April 15.000 Bayern, 12.000 Franzosen, 20.000 Italiener die Stadt passierten, denen Napoleons Bruder Joachim, König von Neapel, folgte wie auch Kosaken und das 80.000 Mann starke Blücher?sche Corps u.a. Militärs. Garnisonierung bestand 1866 bis 1877 mit dem 2. Bataillon des 103. Infanterie-Regiments. Weitere folgten 1896 und 1907 mit dem 1. Bataillon mit Regimentsstab des 13. Infanterieregiments Nr. 178, folgend mit dem 2. Bataillon des gleichen Regiments. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges (1914) wurde hier mit das Königlich Sächsische Reserve-Infanterie-Regiment 242 aufgestellt. Bis 1990 befand sich in den Kasernen die OHS der Luftstreitkräfte/Luftverteidigung der NVA mit zeitweise 1.500 Studierenden.

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Leseprobe

Das Ende des Zweiten Weltkrieges.


 

Erlebnisse aus dieser Zeit in Kamenz, auf der Flucht nach dem Protektorat Böhmen – Sudetenland – und auf der Rückkehr nach Kamenz.


 

Durch das unaufhaltsame Vordringen der alliierten Streitkräfte seit Mitte 1944 – im Westen die Armeen der Amerikaner, Engländer und Franzosen, im Osten die Divisionen der Sowjets, Polen sowie die Partisanengruppierungen der von uns vorher überfallenen Oststaaten, wurde die Situation für Hitler-Deutschland immer bedrohlicher, zumal die genannten verbündeten Armeen Anfang des Jahres 1945 die ehemaligen deutschen Ost- und Westgrenzen überschritten hatten bzw. sich diesen näherten.

 

In der Nacht zum 19. April 1945 waren polnische Truppen aus Richtung Bautzen kommend bis kurz vor Kamenz vorgedrungen, hatten sich dann aber mehr südlicher gehalten und zogen von Thonberg-Prietitz kommend in Richtung Hennersdorf – Gersdorf – Steina – Pulsnitz – Bretnig Großröhrsdorf – Radeberg weiter, wo sie von deutschen Truppen aufgehalten und zurückgeschlagen wurden.

 

In der vorerwähnten Nacht zum 19. April 1945 gegen 2 Uhr, wo bereits östliche Truppen schon vor Kamenz operierten, wurden die Einwohner von Kamenz durch die Amtswalter der NSDAP mit der Aufforderung geweckt, sofort auf die Flucht in Richtung Pulsnitz zu gehen. Dieser Appell hatte folgenden Wortlaut (s.a. Original in Anlage 1, S. 23):

 

„An die Bevölkerung von Stadt und Kreis Kamenz!

 

Aus militärischen Gründen muss der Kreis Kamenz von der Zivilbevölkerung, Frauen, Kindern und Männern, die nicht zum Volkssturm eingezogen sind, geräumt werde. Die Räumung hat sofort zu beginnen. Fahrzeuge stehen nicht zur Verfügung, daher Fußtreck mit Handwagen und Fahrrädern. Marschstraße, die unbedingt eingehalten werden muss:

 

über Bischheim – Pulsnitz – Großröhrsdorf – Seeligstadt – Schmiedefeld – Lauterbach – Langenwolmsdorf – Heeselicht – Hohenstein – Schandau – Welka – Reschen- Bodenbach.

 

Verpflegungsstellen und Unterkunft:

 

 

So unvorbereitet auf die Flucht zu gehen kamen nur wenige nach.

 

Die in Richtung Hennersdorf geflüchteten Kamenzer Bürger waren den polnischen Truppen direkt in die Hände gelaufen, denn soweit waren diese Kampfverbände über Nacht bereits vorgedrungen. Die durch deutsche Truppen an einem weiteren Vordringen im Raume Radeberg – Großerkmannsdorf gestellten Verbände zogen sich darauf in das nordöstliche von Kamenz liegende Gebiet zurück. Die südlichen und westlichen Räume von Kamenz waren nun wieder frei von östlichen Kampftruppen.

 

Da deutscherseits unsere Gegend zum Kampfgebiet wurde, leitete man Maßnahmen zur Evakuierung der Bevölkerung des Kreises Kamenz aus den nichtbesetzten Orten ein. Vor allem in den Tagen vom 4. bis zum 6. Mai 1945 setzte sich der Flüchtlingsstrom zu Fuß mit vollgepackten Handwagen in Richtung oberes Elbtal, Erzgebirge, Sudetenland in Bewegung.

 

Bereits Mitte Februar 1945 war ich zum Volkssturmdienst in Kamenz eingezogen worden. Die nordöstlich von Kamenz liegenden sowjetisch/polnischen Kampfverbände belegten die Stadt Kamenz nach dem 20. April 1945 mit leichterem Granatfeuer. Durch die tags und nachts immer zu anderen Zeiten einsetzende Beschießung war die Kamenzer Bevölkerung in ständiger Lebensgefahr.

 

Die Volkssturmstützpunkte „Tankstelle Dunkel“, „Nordstraße“, „Berufsschule“ - neben der Katholischen Kirche, und „Winkelkrug“, Wiesaer Kirchweg, wo ich auch Dienst getan habe, lagen unter zeitweiligen Granatbeschuss. Den allerschlimmsten Granatfeuerbeschuss erlebte ich beim Wachdienst in dem Hohlweg oberhalb des „Winkelkruges“. In Lebensgefahr war man in- und außerhalb des Dienstes ständig und dass man zumindest von Granatsplittern verschont geblieben ist, bedeutet schon mehr als ein großes Glück.

 

Nach vorausgegangenen Gefechten bei Großgrabe, Schwepnitz, Schmorkau und in der Wendei, zwischen Crostwitz – Lehndorf – Siebitz, hatte sich nach dem 20. April 1945 eine vordere Frontlinie der polnisch/sowjetischen Truppen vor Kamenz in nordöstlicher Richtung verlaufend, wie bei Cunnersdorf – Biehla – Zschornau – Deutschbaselitz – Nebelschütz aufgetan. Hinter dieser Linie befanden sich die leichteren Geschütze, die Kamenz vom 20. April bis 4. Mai 1945 mit Feuerüberfällen belegten. In den vorher genannten vier ersteren Orten wurden nach dem Kriege Ehrenmale für die bei diesen Gefechten gefallenen polnischen und sowjetischen Soldaten errichtet.

 

Die für den Beschuss von Kamenz ausgewählten Ziele waren große, herausstehende Häusergiebel und Türme. Die hinter Deutschbaselitz stehenden Geschütze der östlichen Armeen hatten in ihrem Blickfeld die hohen, hellen Giebel der Häuser Bautzener Straße 7 von Fleischermeister Willy Kunaht und dem gegenüberliegenden Haus mit der Hausnummer 8 von Conditormeister Georg Wolf. Diese beiden Häuser erhielten je einen Giebelvolltreffer in Höhe der Böden. Das Haus Bautzener Straße 8 bekam außerdem von einem aus Richtung Biehla-Zschornau kommenden Geschoss einen Volltreffer in Höhe des 2. Stockwerkes, unterhalb des rechten Fensters der Vorderfront. Durch die Detonation und den Rückschlag der Geschoßsplitter und des Geschosszündungsteiles waren auch in unserer Wohnung alle Fenster zerschlagen. Zum Glück hatten wir Anfang April die Doppelfenster herausgenommen, die wir nach Ende des Krieges als Notbehelf gegen äußere Witterungseinflüsse wieder einsetzten.

 

Wegen der in der Beschießungszeit dauernd zu erwartenden Feuerüberfälle verbrachten wir – Mutti, Vati und Wolfgang – ferner sämtliche anderen Mitbewohner des Hauses sowie die Eltern Stäglich, Tante Irene und ihre Tochter Christine, die ab 20. April bis zur Flucht aus Kamenz mit bei uns waren, vor allem nachts im Keller dieses Hauses. Größtenteils auf Stühlen sitzend versuchte man in dieser nasskalten Luft etwas zu nicken, denn zum Schlafen kam niemand.

 

Weitere Geschosse schlugen ein in der Bautzener Straße vor dem Hause Nr. 2 – Eckart – und Bautzener Straße Nr. 10 – Foto Schulz. Durch die explodierenden Geschosse waren in der oberen Bautzener Straße alle Fenster und Schaufensterscheiben in Trümmer gegangen.

 

Geschoßeinschläge gab es auch auf dem Kamenzer Markt vor dem Hause von Dr. med. Lorenz, Ecke Markt / Bautzener Straße, ferner in die obere granitene Eingangsumrandung der Rathaustür. Ebenso waren mitten auf dem Platz vor der Klosterkirche sowie vor dem Papierwarengeschäft von Besser am Schulplatz Geschoßeinschläge zu sehen. Die Hauptkirche „St. Marien“ hat einen Geschütztreffer an der Altarstirnseite an dem rechten unteren Pfeiler, gegenüber der Katechismuskirche. Durch die Explosion dieses Geschosses waren die drei mit Blei eingeglasten farbigen Altarfenster, kirchliche Motive darstellend, total zerstört worden. Dies sind nur die mir bekannten Geschoßeinschläge im oberen Stadtteil von Kamenz.

 

Ein anderer Teil davon ging in Höfen und Gärten des oberen Stadtteiles nieder. Die in den letzten zwei Wochen vor Kriegsende bei der Beschießung von Kamenz oder durch sonstige Feindeinwirkung gefallenen deutschen Soldaten wurden auf dem Hutberg in dem an die „Mark“ angrenzenden Wäldchen von ehemals Weißes Garten- und Baumschulengrundstück beerdigt, was später zu einem Ehrenhain ausgestaltet werden sollte. Nach dem Krieg sind die dort Beerdigten anderweitig beigesetzt worden.

 

Die Geschäfte waren geschlossen, zumal es auch keine Warenzulieferungen mehr gab. In einigen wenigen Geschäften wurden sogar die Warenrestbestände ohne Bezahlung verteilt, so z.B. in dem Süßwarengeschäft Sperber, Ecke Marktplatz / Kurze Straße und in dem gegenüberliegenden Laden Schnürschuhe von zurückgeführten Beständen aus den geräumten Gebieten. Blumengürtler am Kamenzer Markt hatte in seinem Keller ein Brandweinlager und dieses flaschenweise auch ohne Geld verteilt. Das geschah alles in der aufgeregten Stimmung des 20. Aprils 1945.

 

Mit jedem neubeginnenden Tag zeigte sich der Zusammenbruch des Hitlerreiches in aller Kürze immer deutlicher. Verlogenere Berichte von den deutschen Fronten als die damals von der deutschen Heeresleitung herausgegebenen, hat es noch nie gegeben. Sie sprachen von Erfolgen der feindlichen Armeen gegenüber, wobei es für unsere Truppen nur eine Niederlage nach der anderen gab (wie dies die folgenden Abschriften bzw. im Original beigefügten Heeresberichte des „Kamenzer Tageblattes“ vom 1. März & 25. April 1945, Anlagen 2, S. 24; 3, S. 26 zeigen).

 

Kamenzer Tageblatt

 

Zugleich Anzeiger für Großröhrsdorf, Bretnig u. Hauswalde sowie Zeitung für Elstra u. Umgebung / Nachrichten für Bernsdorf u. Wiednitz

 

Nummer 51 – 124. Jahrgang Donnerstag, den 1. März 1945 Gegründet am 22. Mai 1822 Seite 1

 

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