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E-Book

Es kommt der Tag, da bist du frei

Unveröffentlichte Texte und Reden

AutorViktor E. Frankl
VerlagKösel
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl256 Seiten
ISBN9783641179960
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Bisher unveröffentlichte Texte des Psychotherapeuten und Begründers der Logotherapie, Viktor E. Frankl, spiegeln eindrucksvoll die ungebrochene Bereitschaft, jeder Krisensituation im Leben mit der Frage nach dem 'Wie?' zu begegnen. Vor dem Hintergrund neuer Berichte Frankls über das Erlebte im Konzentrationslager bekommt diese Bereitschaft eine existenziell radikale Dimension.

Frankl antwortet in den Texten auf Fragen nach Menschenwürde, Versöhnung, Kriegsfolgen und Daseinsfragen in der ihm eigenen Philosophie. Herausgegeben werden die Texte von Professor Alexander Batthyány. Er leitet das Viktor Frankl Institut in Wien und arbeitet zusammen mit DDr. h.c. Eleonore Frankl den privaten Nachlass Viktor Frankls auf.



Prof. Dr. Viktor E. Frankl (1905-1997) war Professor für Neurologie und Psychiatrie an der Universität Wien und Professor für Logotherapie u.a. in San Diego, Kalifornien. Begründer der Logotherapie. Inhaber von 29 Ehrendoktoraten. Seine Bücher wurden in 22 Sprachen übersetzt.

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Leseprobe

Einleitung

von Alexander Batthyány

Alle im Lager wussten es und sagten es einander: es gibt kein Glück auf Erden, das je wiedergutmachen könnte, was wir erleiden. Um Glück war es uns auch nie zu tun – was uns aufrecht hielt, was unserem Leiden und Opfern und Sterben Sinn geben konnte, war nicht Glück. Trotzdem: auf Unglück – darauf war man kaum gefasst. Diese Enttäuschung, die nicht wenigen von den Befreiten in der neuen Freiheit vom Schicksal beschieden war, ist ein Erlebnis, über das diese Menschen nur schwer hinweggekommen sind und, seelenärztlich gesehen, auch sicherlich nicht leicht hinweggebracht werden können. Diese Feststellung ist aber nichts, was den Seelenarzt entmutigen dürfte – im Gegenteil: sie hat ihm Ansporn zu sein, denn sie hat Aufgabencharakter.

So oder so – einmal kommt der Tag, für jeden der Befreiten, an dem er, rückschauend auf das gesamte Erlebnis des Konzentrationslagers, eine merkwürdige Empfindung hat: er kann es nun selber nicht verstehen, wie er imstande war, all das durchzustehen, was das Lagerleben von ihm verlangt hat. Und wenn es in seinem Leben einen Tag gab – den Tag der Freiheit –, an dem ihm alles wie ein schöner Traum erschien, dann kommt einmal der Tag, an dem ihm alles, was er im Lager erlebt, nur mehr wie ein böser Traum vorkommt. Gekrönt wird aber all dieses Erleben des heimfindenden Menschen von dem köstlichen Gefühl, nach all dem Erlittenen nichts mehr auf der Welt fürchten zu müssen – außer seinen Gott.

Mit diesen Zeilen endet Viktor Frankl seinen 1945 verfassten Holocaustbericht … trotzdem Ja zum Leben sagen. Was aber unmittelbar danach geschah: weshalb Frankl in das heimatliche Wien zurückkehrte und wie der ehemalige Lagerhäftling die ersten Tage, Wochen und Monate nach der Befreiung erlebte und unter welchen Lebensumständen er seinen berühmten Holocaustbericht verfasste – all dies ist in … trotzdem Ja zum Leben sagen nicht oder meist nur mit wenigen Worten angedeutet, viel mehr noch blieb aber einer größeren Leserschaft bisher verborgen oder gänzlich unbekannt.

Im Anschluss an seine Vorträge ist Viktor Frankl daher des Öfteren über die Zeit unmittelbar nach der Befreiung aus dem Konzentrationslager befragt worden. Im Laufe der Jahre und, so scheint es, mit wachsendem zeitlichen Abstand hat Frankl mit zunehmender Offenheit über die ersten Wochen und Monate in der Freiheit erzählt. Ab ungefähr Anfang der 1990er-Jahre hat Frankl dann erstmals persönliche Notizen und Briefe aus seinem Privatarchiv zur Einsichtnahme und Veröffentlichung freigegeben – offenbar in der Überzeugung, dass auch diese bislang kaum beachtete Lebensphase seiner Heim- und Rückkehr es verdiente, vor dem Vergessen bewahrt zu werden; vielleicht auch in der Hoffnung, dass auch über sie zu lesen womöglich jenen, die schon aus der Lektüre von … trotzdem Ja zum Leben sagen Trost und Kraft geschöpft haben, helfen könne, wieder Mut und Zuversicht für ihr eigenes Leben zu gewinnen.

Vor diesem Hintergrund rekonstruiert dieses Buch einige der wichtigsten Stationen und Leitmotive der Befreiung und Heimkehr mithilfe von teilweise noch unveröffentlichten Briefen und Dokumenten aus Viktor Frankls privatem Nachlass in Wien. Eine weitere Intention dieses Buches ist es, ein oft kolportiertes, mitunter aber allzu vereinfachendes Narrativ über Frankls Biografie in den ersten Nachkriegsjahren zu korrigieren. Tatsächlich enthalten einige der hier veröffentlichten Texte und Briefe in dieser Hinsicht auch für Kenner von Frankls Biografie Überraschendes, insofern sie beispielsweise zu einer zurückhaltenderen Lesart etwa der Frage auffordern, wie »leicht« es Frankl fiel, nach der Beendigung der Lagerhaft in vier Konzentrationslagern (Theresienstadt, Auschwitz, Kaufering und Türkheim) wieder zurück in ein Leben in Freiheit zu finden. Auch zeigen vor allem die frühen politischen Stellungnahmen und Vorträge, um wie viel differenzierter als bisweilen dargestellt Frankls Standpunkt zu Fragen nach kollektiver Schuld, Verantwortung und Wiedergutmachung gewesen ist. Dieses Buch beleuchtet somit als Ergänzungs- und Fortsetzungsband von … trotzdem Ja zum Leben sagen eine im Allgemeinen weniger bekannte Werk- und Lebensphase Viktor Frankls.

Der Textapparat ist in drei Hauptteile gegliedert – der erste, biografische, Teil enthält Briefe und Gedichte aus den Jahren 1945–1947, der zweite Teil enthält Vorträge, Interviews und Stellungnahmen zum Themenbereich Holocaust, Nationalsozialismus und Weltkrieg aus den Jahren 1946 bis 1948; der dritte Teil Gedenkreden aus den Jahren 1949–1988.

Dem ersten Hauptteil vorangestellt ist ein Zeitzeugenbericht Frankls aus dem Jahr 1985. Dieser Vortrag erhellt den lebens- und werkgeschichtlichen Zusammenhang der in diesem Band vorgestellten Texte anhand eines kurzen Abrisses von Frankls Lebensgeschichte in den Jahren 1938 bis 1945.

1. Briefe 1945–1947

Der erste Teil zeichnet anhand von zwischen 1945 und 1947 verfassten Briefen den in den letzten Abschnitten von … trotzdem Ja zum Leben sagen nur anskizzierten Weg der Rückkehr nach. Gegen Ende von … trotzdem Ja zum Leben sagen ist die Beschwerlichkeit dieses Weges ansatzweise angedeutet, wenn Frankl schreibt:

Wehe dem, für den das, was ihn im Lager als Einziges aufrecht gehalten hat – der geliebte Mensch –, nicht mehr existiert. Wehe dem, der jenen Augenblick, von dem er in tausend Träumen der Sehnsucht geträumt hat, nun wirklich erlebt, aber anders, ganz anders, als er sich ihn ausgemalt. Er steigt in die Straßenbahn ein, fährt hinaus zu jenem Haus, das er Jahre hindurch im Geist und nur im Geist vor sich gesehen hat, und drückt auf den Klingelknopf – ganz genauso, wie er es in tausend Träumen ersehnte … Aber es öffnet nicht der Mensch, der nun öffnen sollte –, er wird ihm auch nie mehr die Tür öffnen …

Diese Zeilen gewinnen an zusätzlicher Bedeutung, wenn man sie vor dem Hintergrund von Frankls Biografie liest. In Theresienstadt hatte Frankl den Tod seines Vaters miterlebt, hegte aber bis zuletzt die Hoffnung, dass vor allem seine Mutter und seine erste Frau Tilly Frankl, geborene Grosser, die Lager überlebt hätten. In einem der frühesten erhaltenen Schreiben nach der Befreiung begründet Frankl mit dieser Hoffnung (und der daraus erwachsenen »Gewissensnot«, nach beiden in Wien zu suchen) auch seine vorzeitige Kündigung – zwecks Rückkehr nach Wien – vom Militärspital der Alliierten Truppen im bayerischen Bad Wörishofen, in dem er in den ersten Wochen nach seiner Befreiung als Arzt arbeitete (vgl. Brief an Captain Schepeler, ohne Datum, 1945).

Erst nachdem er die Hoffnung, seine Mutter und seine Frau wiederzusehen, aufgeben musste – Frankl erfuhr noch in München, dass seine Mutter in Auschwitz ermordet wurde, und unmittelbar nach seiner Rückkehr nach Wien, dass seine erste Frau Tilly in Bergen-Belsen in den Wochen nach der Befreiung an den Folgen der Lagerhaft verstorben war –, spricht Frankl von seinem Überleben nicht mehr als Gnade, sondern als Last. Geblieben war ihm nun nur noch das Bewusstsein der Aufgabe seines geistigen Werks, der Logotherapie und Existenzanalyse, und die Niederschrift seines bereits vor der Deportation begonnenen Buches Ärztliche Seelsorge:

Es ist begreiflich, wenn ich mir im großen Ganzen vorkomme wie ein Junge, der in der Schule nachsitzen muss: die andern sind schon fort, ich bin noch da, ich habe meine Arbeit noch fertig zu machen, dann darf auch ich nach Hause. (23. Juni 1946)

Und:

Kein Glück ist mir in diesem Leben geblieben seit den Martyrien meiner Mutter und meiner jungen Frau. Nichts ist geblieben – außer der Verantwortung gegenüber dem geistigen Werk, das ich zu erfüllen habe – immer noch und trotz, oder: vielleicht auch gerade, weil ich so zu leiden habe. (1945)

Frankl war nach seiner Rückkehr nach Wien tatsächlich außerordentlich produktiv: Er veröffentlichte zwischen 1945 und 1949 acht Bücher, darunter einige der Haupt- und Grundlagentexte der Logotherapie und Existenzanalyse; auch hielt er zahlreiche viel beachtete Vorträge und Rundfunkansprachen im In- und Ausland. Ab Februar 1946 konnte er zudem seine ärztliche Tätigkeit wiederaufnehmen: Frankl wurde zum Vorstand der Neurologischen Abteilung der Wiener Poliklinik berufen – eine Position, die er 25 Jahre, bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1970, innehatte.

Aber die beruflichen und wissenschaftlichen Erfolge beschreiben wie gesagt nur eine Seite von Frankls Leben nach der Befreiung. Die andere, bisweilen auch in der zeitgenössischen Franklrezeption übersehene Seite kommt im Verhältnis zu den äußeren Erfolgen umso kontrastreicher vor allem in den frühen Briefen an die Schwester und die engeren Freunde zum Ausdruck. Hier spricht Frankl offen über die Einsamkeit und die inneren Nöte, die ihn nach seiner Rückkehr nach Wien bewegten: die Trauer um seine Familienangehörigen und seine erste Frau, um die zahlreichen Freunde, die die nationalsozialistische Verfolgung nicht überlebt hatten.

Ab April 1946 dokumentieren die Briefe dann aber, wie Frankl durch die Bekanntschaft mit seiner zukünftigen zweiten Frau, Eleonore, geborene Schwindt, und der Geburt der Tochter Gabriele im Dezember 1947, zunehmend Mut und neue Kraft schöpft. In seinem Schreiben an Rudolf Stenger beschreibt Frankl das Kennenlernen von Eleonore Schwindt denn auch als den entscheidenden Wendepunkt nach der Befreiung:

Ich kann Dir heute, überhaupt seit wenigen...

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