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E-Book

Es muss nicht immer reden sein

So lösen Sie Konflikte am Arbeitsplatz. Mit Konfliktnavigator.

AutorClaudia Eilles-Matthiessen
VerlagCampus Verlag
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl261 Seiten
ISBN9783593439495
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis25,99 EUR
Konflikte am Arbeitsplatz sind kräftezehrend. Sie kosten Zeit, Geld und Nerven. Was aber tun, wenn das direkte Gespräch unmöglich ist? Dann ist es höchste Zeit für den Konfliktnavigator! Die praxiserprobte Selbstcoachingmethode stellt die Selbstregulation der Konfliktparteien in den Vordergrund: Wie sehr belastet sie die Situation? Welche ihrer Bedürfnisse werden durch den Konflikt verletzt? Und was wollen sie erreichen? Selbstregulation, Beziehungsregulation, Sachklärung und Prävention: Vier Lösungsfelder enthält dieses Buch. Checklisten und Tools aus Psychologie und Coaching zeigen, was die Beteiligten an einem Konflikt für sich selbst tun können. Vor einem Klärungsgespräch - und manchmal auch anstatt eines solchen. Wer Konflikte mit System analysiert, findet den Hebel, mit dem es allen rasch besser geht!

Claudia Eilles-Matthiessen begleitet seit über 15 Jahren Menschen dabei, Kompetenzen zu entfalten, Ziele zu erreichen, Widersprüche zu jonglieren - und Konflikte zu lösen. Die promovierte Psychologin ist Lehrbeauftragte für Coaching und Konfliktmanagement und berät Organisationen aus Wirtschaft und Wissenschaft.

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Leseprobe
Vorwort Wer einen Konflikt am Arbeitsplatz erlebt, kennt die damit verbundenen unangenehmen Gefühle wie Ärger oder Ohnmacht. Anspannung, Schlafstörungen und das 'ungute Gefühl am Montagmorgen' gesellen sich gerne als unangenehme Wegbegleiter dazu. Konflikte am Arbeitsplatz sind störend, nervig und frustrierend. Begleitet werden sie von dem Wunsch, dass sich die Situation verändert oder der Konflikt schlicht verschwindet. Es ist verständlich, dass sich die Aufmerksamkeit bei einem Konflikt zunächst auf den Konfliktpartner und dessen Verhalten richtet. Wer jedoch die Lösung eines Konflikts nur darin sieht, dass der andere sich verändern möge, schränkt seinen Lösungsspielraum erheblich ein. Außerdem gibt er die Kontrolle für die Konfliktlösung aus der Hand und macht sich vom anderen abhängig. Wer bei der Reflexion eines Konflikts dagegen bei sich selbst ansetzt, wer seinen eigenen Reaktionen mit einer selbstwertschätzenden Haltung begegnet und seine > Bedürfnisse und > Emotionen ernst nimmt - ohne sich blind von ihnen lenken zu lassen -, tut sich selbst etwas Gutes und stärkt seine Autonomie. Die Idee, eine Methode zur Analyse und Lösung von Konflikten am Arbeitsplatz zu entwickeln, die jeder selbstständig umsetzen kann, entstand im Zuge vieler Konflikt-Coachings, Workshops und Beratungen. Denn immer wieder konnte ich bei meiner praktischen Arbeit feststellen, wie sehr es Betroffene entlastet, wenn sie einen Konflikt mit Abstand betrachten, systematisch analysieren und im Zuge der Strategieentwicklung einen Weg finden, mit dem Konflikt umzugehen. Dabei geht es oft weniger darum, was am Arbeitsplatz oder im Umgang mit dem Konfliktpartner gesagt werden sollte. Vielmehr ist es wichtiger, belastende Erfahrungen zu verarbeiten, eigene Bedürfnisse ernst zu nehmen, Ziele zu klären und einen Plan zu entwickeln, der das Gefühl beendet, vom Verhalten Dritter abhängig zu sein. Kurz, es geht um innere Klarheit, Selbstwirksamkeit und die Sicherheit, mit sich selbst im Reinen zu sein. Es geht um Selbstregulation. Innere Unabhängigkeit, Souveränität und Selbstwertschätzung wiederum machen stark. Und erhöhen die Wahrscheinlichkeit dafür, Konflikte konstruktiv und kreativ zu lösen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg, neue Erkenntnisse und Freude beim Lesen und Lösen. Claudia Eilles-Matthiessen Frankfurt am Main, im Oktober 2018 Von der Konflikt-Trance zur Lösung Haben Sie gerade einen nervenaufreibenden Konflikt mit Kollegen, Vorgesetzten oder Mitarbeitern? Haben Sie Stress im Team? Streit im Büro? Auseinandersetzungen mit Kunden? Ein Konflikt am Arbeitsplatz erscheint meist unübersichtlich, kompliziert und erdrückend. Aber keine Sorge, wir bezwingen dieses Ungeheuer. Zwar können wir kein niedliches Haustier daraus machen, aber wir werden es zähmen, bis es als freundliches Nutztier daherkommt. Mit diesem Buch möchte ich Sie begleiten, wenn Sie gerade mitten in einem Konflikt stecken und nach Lösungen suchen. Dazu habe ich eine Methode entwickelt: den > Konfliktnavigator. Dieser strukturierte Prozess unterstützt Sie dabei, Ihren Konflikt am Arbeitsplatz zu analysieren, Ihre > Ziele zu klären und eine Lösungsstrategie zu entwickeln. Durch die systematische Analyse des Konflikts anhand der Fragen und Checklisten gewinnen Sie Abstand zum Geschehen und stärken Ihren eigenen Einfluss und Gestaltungsspielraum. Sie distanzieren sich und stärken das, was man > Selbststeuerung oder Beobachterposition nennen kann. Das quälende Gefühl der Hilflosigkeit und Abhängigkeit von anderen, das einen Konflikt oft begleitet, weicht der Erfahrung, sich selbstverantwortlich für die eigenen Bedürfnisse, Interessen und eine Verbesserung der Situation einzusetzen. Jeder, der sich gerade durch eine schwierige Beziehung am Arbeitsplatz, durch einen Konflikt oder eine Krise manövriert, kennt das: Alles scheint schiefzugehen, man fühlt sich schlecht, der Körper macht sich unangenehm bemerkbar, und aus irgendeinem Grund scheint es allen anderen Beteiligten besser zu gehen. Die Gedanken kreisen ständig um den Konflikt, die Aufmerksamkeit ist eingeengt und auf die Disharmonie fokussiert. Wie aufdringliche, unhöfliche und viel zu laute Partygäste machen sich die belastenden Gedanken und Gefühle im Bewusstsein breit. Andere Themen treten in den Hintergrund. Das eigene Erleben wird vom Konflikt beherrscht. Man erlebt eine > Konflikt-Trance1, fühlt sich im Konflikt regelrecht gefangen. Das erste Ziel im Umgang mit einem Konflikt ist es daher, sich vom Konflikt zu distanzieren, die Selbststeuerung zu stärken und die eigenen Kompetenzen und Ressourcen zu aktivieren (siehe Abbildung 1). Gelingt es Ihnen, dem Konflikt eine konstruktive Wendung zu geben, dann verhindern Sie destruktive Eskalationen, reduzieren emotionale Belastungen sowie die finanziellen Kosten eines Konflikts. Außerdem können Sie eine Menge lernen - vor allem über sich selbst. Wer gerne auch mal querdenkt, Dinge hinterfragt und keine Scheu hat, sich mit sich selbst zu beschäftigen, findet in diesem Buch neue Wege der Konfliktlösung. Manche der Ideen und Methoden, die ich Ihnen vorstellen werde, sind einfach, andere komplex. Einheitliche Rezepte und Handlungsanleitungen wird es jedoch nicht geben. Es kann sie nicht geben, da jeder Konflikt anders ist. Wer neugierig ist und sich auch für den wissenschaftlichen Hintergrund der hier vorgestellten Methoden interessiert, findet in diesem Buch statt seitenlanger Abhandlungen eine klare fachliche und wissenschaftliche Fundierung. Wer praxisorientierte Hinweise und nützliche Tools sucht, wird in diesem Buch ebenfalls fündig werden. Wer die Psychologie für eine der wichtigsten Wissenschaften des 21. Jahrhunderts hält und sie für sich nutzen möchte, ist herzlich willkommen. Und wer der Psychologie skeptisch gegenübersteht, ist als kritischer Leser ebenso herzlich eingeladen. Wer unter Konfliktlösung nicht nur weichgespülte Harmonie versteht, sondern berechtigte Interessen durchsetzen möchte, findet hier Anregungen und Ermutigung zum klaren Auftritt. Wer aber eine Anleitung dazu sucht, wie man einen Konflikt 'gewinnt', oder der Meinung ist, am Konflikt seien immer nur die anderen schuld, mag sich gerne nach einem Buch umschauen, das dieses Weltbild bestätigt. Ich wünsche meinen Leserinnen und Lesern eine anregende Lektüre, rasche Entlastung und innere Klarheit im Umgang mit aktuellen, vergangenen und künftigen Konflikten. Teil 1 Neue Wege der Konfliktlösung 'Sei dir einer Sache niemals absolut sicher.' Bertrand Russell, britischer Philosoph 1. Konflikte am Arbeitsplatz Julia ärgert sich. Die 48-jährige Abteilungsleiterin in einem mittelständischen Unternehmen der pharmazeutischen Industrie ist in ihrem Team für die jährlichen Mitarbeitergespräche verantwortlich. Leider erbringt einer ihrer Mitarbeiter, Theo (33), nicht die erwarteten Leistungen. Theo hatte sich zunächst auf eine andere Stelle innerhalb des Unternehmens beworben, wurde aber dann für die Position eines Gruppenleiters in Julias Abteilung vorgeschlagen. Die Zusammenarbeit hat sich von Anfang an schwierig gestaltet. Theo äußert sich gegenüber seinen Kollegen und Mitarbeitern kritisch über die Abteilung, die Unternehmenskultur und die Geschäftsführung. Gleichzeitig gehört er nicht gerade zu den Leistungsträgern, jedenfalls aus Julias Sicht. Er hält Termine nicht ein, ist langsam und arbeitet umständlich. Julia reagiert nach einigen erfolglos verlaufenen Gesprächen zunehmend ungehalten, erhöht den Druck und fordert Theo wiederholt per E-Mail dazu auf, seine Ergebnisse termingerecht abzuliefern. Ohne Erfolg. Das jährliche Gespräch zur Mitarbeiterbeurteilung verläuft wie erwartet kontrovers. Theo fühlt sich unfair beurteilt, Julia ist nicht bereit, ihre kritische Leistungsbeurteilung zu verändern. Das Gespräch eskaliert derart, dass Theo lauter wird und - in der Wahrnehmung von Julia - bedrohlich auftritt, während Julia umgekehrt mit 'arbeitsrechtlichen Konsequenzen' droht. Nach diesem Gespräch gehen sich beide zunächst aus dem Weg. Julia berichtet ihrem Vorgesetzten, dem Bereichsleiter Wolfgang, von dem Vorfall, während sich Theo an den Betriebsrat wendet. Lassen wir zunächst Julia zu Wort kommen: 'Ich bin total genervt. Theo ist einfach zu langsam und viel zu umständlich. Alles muss ich ihm dreimal erklären. Außerdem lässt er sich nicht führen. Ich habe den Verdacht, dass er mich als Vorgesetzte gar nicht ernst nimmt. Vermutlich ist er generell nicht in der Lage, sich in die Hierarchie eines Unternehmens einzufügen. Er war einfach zu lange an der Uni. Dort mag seine Arbeitsweise ja in Ordnung sein, dieses langsame und detaillierte Vorgehen. Aber bei uns? Ich habe Zielvorgaben und muss Ergebnisse liefern. Aber dafür hat Theo kein Verständnis. Das Schlimmste jedoch ist sein ständiges Kritisieren: Die Geschäftsführung, die Kultur, das IT-System - an allem mäkelt er rum. Und gleichzeitig ist er gut darin, Forderungen zu stellen: Weiterbildung, Home-Office-Tage, das volle Programm. Und dazu seine ständigen Launen. Mal ist er charmant und witzig, dann wieder schlecht gelaunt und aggressiv. Eine echte Diva. Er nervt! Und dann sein Verhalten bei unserem Mitarbeitergespräch: keinerlei Selbstreflexion, keine Kritikfähigkeit. Er war einfach nur beleidigt und fühlte sich ungerecht behandelt. Soll er einen besseren Job machen, dann wird auch die Beurteilung besser. Ich kann ihm keine gute Bewertung geben. Schließlich muss ich auch den anderen Mitarbeitern gegenüber fair sein. Und die sind allesamt zuverlässiger und - vor allem - weniger launenhaft!' Soweit Julias Einschätzung. Und was sagt Theo? Er wird an späterer Stelle zu Wort kommen. Vorerst wollen wir für ein zweites Beispiel von der Pharma- in die Finanzbranche wechseln, wo Luis und Katharina arbeiten. Auch Luis ist verärgert. Nach einem Umstrukturierungsprozess hat der 39-jährige Finanzwirt gemeinsam mit einer Kollegin die Führungsverantwortung für das zehnköpfige Team in einer Großbank übernommen. Schon bei den ersten Gesprächen mit Katharina (35), der neuen Kollegin, spürt er Vorbehalte und latente Spannungen. Die weitere Aufteilung von Rollen, Verantwortung und Aufgaben zwischen beiden gestaltet sich schwierig. Luis vermutet, dass sie ihm nicht vertraut und Sorge hat, er könne zu dominant auftreten und sie damit in 'die zweite Reihe' drängen. Formal sind beide als gleichberechtigte Doppelspitze angetreten, sie teilen sich eine Stelle, um mehr Zeit für die Familie zu haben (Luis) beziehungsweise ein Fernstudium zu absolvieren (Katharina). Luis bemerkt, dass seine anfangs unbefangene Haltung Katharina gegenüber einer spürbaren Anspannung weicht. Er denkt immer häufiger darüber nach, wie er sich ihr gegenüber positionieren soll. Gleichzeitig hat er das Bedürfnis, ihr aus dem Weg zu gehen und Gespräche, die zur Klärung der anstehenden Themen nötig wären, zu vermeiden. Ich werde später auch auf diesen Fall zurückkommen. Lassen Sie uns an dieser Stelle zunächst ein letztes Mal die Szene wechseln: In einer Werbeagentur treffen wir auf Sabine. Die 43-jährige Sabine ist nach ihrer Elternzeit und einigen Jahren als Freiberuflerin wieder in ihre alte Agentur als Kundenbetreuerin zurückgekehrt. Die Arbeit macht ihr nach wie vor Spaß, sie schätzt den Umgang mit den Kollegen und das dynamische Umfeld. Leider hat zwischenzeitlich der Geschäftsführer gewechselt. Der neue Chef, Bernd, ist angetreten, um die Agentur 'auf Wachstumskurs zu bringen' und auf künftige Herausforderungen vorzubereiten. Sabine hat eine Vollzeitstelle, ist aber als alleinerziehende Mutter für ihre inzwischen 14-jährige Tochter Sarah verantwortlich. Beim Einstellungsgespräch wurde die Agentur Sabine gegenüber als familienfreundliches Unternehmen dargestellt. Sie könne 'selbstverständlich' einen Tag Home-Office pro Woche nutzen und müsse 'im Wesentlichen' nicht an Meetings nach 18 Uhr oder an Abendveranstaltungen teilnehmen. Schon bald aber merkt sie, dass Bernd ihre ständige Anwesenheit erwartet, sie zu Abendveranstaltungen schickt und regelmäßig nach 20 Uhr und morgens vor 8 Uhr E-Mails versendet, auf die er eine umgehende Antwort erwartet. Zunehmend merkt sie, wie sehr die Anforderungen ihres Chefs an ihren Kräften zehren. In ihr wächst der Impuls, dem Vorgesetzten Grenzen zu setzen und einfach mal Nein zu sagen, gleichzeitig sorgt sie sich um das Arbeitsklima und möchte keinen dauerhaften und kräftezehrenden Konflikt mit ihrem Vorgesetzten riskieren. Bei einem Konflikt am Arbeitsplatz kennen wir die persönlichen Hintergründe des anderen oft nicht. Sabine aus der Werbeagentur ahnt nicht, dass der 55-jährige Bernd seinen Job als Geschäftsführer als letzte Chance sieht und Angst vor drohender Arbeitslosigkeit hat. Katharina kennt Luis' Vorgeschichte nicht und weiß daher nicht, dass er durch die schwierigen Erfahrungen in seiner ersten Führungsrolle an Selbstzweifeln leidet. Julia, die Abteilungsleiterin aus dem Pharmakonzern, rechnet nicht damit, dass Theo noch mit seiner Entscheidung gegen eine Karriere in der Wissenschaft hadert. Die drei Fallbeispiele sind wie alle Beispiele in diesem Buch Fiktionen, Geschichten, inspiriert von realen Konflikten aus meiner Coaching- und Beratungspraxis und so verändert, dass ein Rückschluss auf real existierende Personen oder Unternehmen nicht möglich ist. Belassen wir es hier erst einmal dabei und fragen uns, was einen Konflikt am Arbeitsplatz kennzeichnet. Welche Zutaten sind nötig, um einen Konflikt zu erschaffen? Merkmale eines Konflikts Angenommen, Sie wären Drehbuchautor und sollen den Plot für einen Konflikt am Arbeitsplatz schaffen, was bräuchten Sie dazu? Zunächst sollten Sie festlegen, worum es geht. Geht es um eine Sachfrage? Um die schwierige Beziehung zweier Kollegen, die sich nicht leiden können? Um einen cholerischen oder rücksichtslosen Mitarbeiter, Vorgesetzten, Kunden? Um die Verteilung knapper Ressourcen? Um unterschiedliche Ziele oder Vorstellungen davon, wie ein Ziel zu erreichen ist? Als Nächstes erschaffen Sie die Figuren. Es sollten mindestens zwei sein. Je mehr Personen oder Gruppen beteiligt sind, desto komplexer wird das Geschehen. Neben Einzelpersonen eignen sich auch Teams, Gruppen oder ganze Unternehmen als Akteure für das Konfliktdrehbuch. Man kann die Personen dann charakterlich ausgestalten, ihnen eine Biografie, charakterliche Merkmale, Temperament, Vorlieben und Abneigungen, Stärken und Schwächen und ein passendes Äußeres geben. Gut für einen Konflikt ist auch ein kompliziertes Privatleben, das in die Situation am Arbeitsplatz hineinschwappt, wie das Privatleben der Tatort-Kommissare in die Bearbeitung ihres Falles. Hilfreich für das Konfliktgeschehen sind ebenso Kontraste: ältere und jüngere Mitarbeiter, unterschiedliche Kulturen und natürlich Frauen und Männer. Einer ist vielleicht besonders zwanghaft und penibel, während seine Kollegin im Laissez-faire-Modus arbeitet. Der Eine ist sehr ambitioniert und möchte Karriere machen, während der Andere seinen Lebensmittelpunkt im Privatleben sieht. Einer ist gesellig und kontaktorientiert, der andere verschlossen und zurückgezogen. Die eine oder andere Figur sollte dann ein paar Eigenarten bekommen, die üblicherweise als nervig oder anstrengend empfunden werden: ein auffallendes Aftershave, das durch die Gänge wabert, lautes Telefonieren, die Eigenart, mittags etwas unangenehm Riechendes am Schreibtisch zu essen, unstrukturierte, langatmige E-Mails schreiben, unpünktlich zu Meetings kommen, weitschweifige Ausführungen machen, den Raum anderer einschränken, alles besser wissen, ständig von besseren 'alten Zeiten' erzählen oder Ähnliches. Wie ist die Beziehung der Akteure zueinander? Gab es schon bei der ersten Begegnung eine spontane Antipathie? Hat sich der eine aus Sicht des anderen einfach grob danebenbenommen? Wurde bei einer der Figuren ungewollt ein 'roter Knopf' gedrückt, also eine persönliche Empfindlichkeit berührt? Es ist wichtig für einen glaubwürdigen Plot, die eine Figur etwas tun zu lassen, das Ziele, Werte oder Bedürfnisse der anderen Figur verletzt. Das funktioniert besonders gut, wenn es sich um etwas handelt, das dieser anderen Figur wiederum besonders wichtig ist: ein persönlicher Wert wie Gerechtigkeit, ein elementares Bedürfnis wie Sicherheit oder ein wichtiges Ziel wie die Fertigstellung eines Projektes. Konflikte gedeihen gut, wenn in dem Unternehmen Aufgaben und Verantwortlichkeiten nicht klar definiert sind, wenn Führungskräfte ihre Rolle nicht wahrnehmen, wenn unrealistische Ziele vorgegeben werden oder - noch besser - Zielvorgaben miteinander im Konflikt stehen, sodass die Mitarbeiter in einem permanenten inneren Dilemma agieren. Zeitdruck, eine ständige Fokussierung auf Fehler und knappe Ressourcen tragen ebenfalls dazu bei, dass Konflikte gedeihen; Sie können daher gerne auch diese Punkte in Ihr Konfliktdrehbuch einbauen. Weiterhin hilft es, wenn die eine Figur die Ursache des Konflikts ausschließlich in der anderen Figur sieht, dieser die Schuld gibt und sich selbst als Opfer betrachtet. Soll der Konflikt in Ihrem Drehbuch richtig eskalieren, sorgen Sie dafür, dass einer Ihrer Akteure mit möglichst vielen Menschen im Unternehmen über den Konflikt spricht, sich selbst dabei gut und den anderen schlecht aussehen lässt. Zur Eskalation trägt außerdem bei, in der Gruppe Koalitionen zu bilden und sich gegenseitig darin zu bestärken, wie schlimm der Schuldige und wie unzumutbar die ganze Situation ist. Lassen Sie Ihre Akteure möglichst viele emotionsgeladene E-Mails schreiben und die Zuschauer auf CC setzen! Mit diesem Gedankenausflug sind die wichtigsten Merkmale eines Konflikts zusammengetragen: o Mindestens zwei Personen oder Gruppen treffen aufeinander. o Jede Person oder Gruppe hat eigene Ziele, Bedürfnisse und Interessen. Die Unterschiede bezogen auf diese Interessen oder Bedürfnisse werden zumindest teilweise als unvereinbar wahrgenommen. Das, was der eine tut, hat Auswirkungen auf den anderen. Es bedroht oder verletzt dessen Interessen, Bedürfnisse, > Motive oder Ziele. o Das ganze Geschehen ist emotional eingefärbt. Ärger, Wut oder Feindseligkeit, aber auch Hilflosigkeit, Schuld- oder Schamgefühle werden erlebt. o Der andere wird abgewertet, der Kontakt wird vermieden und alles, was der andere fortan sagt oder tut, wird durch den Konflikt verzerrt wahrgenommen. Die ursprünglich differenzierte Wahrnehmung des anderen als einer Person mit sympathischen und weniger sympathischen Eigenarten weicht einem stark vereinfachten Bild vom anderen. Konflikte, die sich zwischen zwei oder mehreren Beteiligten abspielen, werden als > soziale Konflikte bezeichnet. Im Gegensatz dazu sind Konflikte, die vorrangig oder ausschließlich innerhalb einer Person stattfinden, > innere Konflikte. Bei einem inneren Konflikt ringen widersprüchliche Bedürfnisse, Ziele und Gefühlen miteinander. Wer gerade einen solchen inneren Kampf erlebt, ist manchmal angespannt, gereizt und erscheint unzufrieden. Er ruht nicht in seiner Mitte, bis die widersprüchlichen Bedürfnisse, Motive und Wünsche wieder miteinander koordiniert sind und eine halbwegs harmonische Melodie im inneren Orchester spielen. Innere Konflikte erhöhen die Wahrscheinlichkeit, auch in der Außenwelt mit anderen aneinanderzugeraten. Innere Ambivalenzen, der Kampf zwischen zwei oder mehreren Zielen, Bedürfnissen oder Handlungsoptionen, macht sich etwa in widersprüchlicher oder verwässerter Kommunikation bemerkbar. Die meisten sozialen Konflikte sind mit inneren Konflikten verbunden, da man darüber nachdenkt, wie man sich in einem aktuellen Konflikt positionieren soll. Der Klassiker hier ist der innere Konflikt zwischen dem Wunsch, die eigenen Interessen durchzusetzen, und der Sorge, die Arbeitsbeziehung zum Konfliktpartner könne darunter leiden. So ergeht es beispielsweise Sabine in der Werbeagentur, die sich einerseits gegenüber den Forderungen ihres Vorgesetzten abgrenzen möchte, dabei aber keine dauerhafte Verschlechterung der Beziehung riskieren möchte. Die Idee der Inneren Pluralität, die dieser inneren Zerrissenheit zugrunde liegt, wird Ihnen in Kapitel 3 wieder begegnen. Eine hilfreiche Methode, um innere Widersprüche aufzulösen oder zu integrieren, lernen Sie in Kapitel 8 mit dem > Tetralemma kennen. Fakten über Konflikte Konflikte fühlen sich zumeist unangenehm an und nur allzu oft würden wir sie gern vermeiden. Umso wichtiger ist es, sich ein paar Fakten über Konflikte vor Augen zu führen. Konflikte sind normal Konflikte sind keine Ausnahme, sondern normal. Sie treten auf, wenn Menschen mit unterschiedlichen Persönlichkeiten, Biografien, Arbeitsstilen, Rollen, Interessen und Zielen aufeinander treffen. Die Wahrscheinlichkeit für einen Konflikt steigt: o bei Zeitdruck und Arbeitsüberlastung; o wenn Menschen in Organisationen zu viele Veränderungsprozesse pro Zeiteinheit managen und verarbeiten müssen; o wenn Wertschätzung, Transparenz und Zielklarheit fehlen; o wenn Führungskräfte ihre Rolle unzureichend wahrnehmen.

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