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Ethik und Interkulturalität in einer globalisierten Wirtschaft

AutorSebastian Maucher
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2005
Seitenanzahl101 Seiten
ISBN9783638442695
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich BWL - Unternehmensethik, Wirtschaftsethik, Note: 1,3, Universität Mannheim, 188 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Die moderne Gesellschaft entwickelt sich zunehmend zu einer Weltgesellschaft. Für das beschleunigte Zusammenwachsen werden mehrere Faktoren als begünstigend erachtet. Von technologischer Seite her kann eine stetige Senkung der Transportkosten und die Entwicklung und Durchsetzung kostengünstiger Kommunikationstechnologien beobachtet werden. Darüber hinaus tragen tiefgreifende institutionelle Veränderungen wie beispielsweise die erfolgreichen Bemühungen um eine Liberalisierung des Welthandels im Rahmen des GATT einen entscheidenden Teil bei. Auch das Scheitern der so genannten Zweiten Welt durch den Zusammenbruch des Sozialismus in Osteuropa beschleunigte die Entwicklung einer weltweit verflochtenen Ökonomie. Die fortschreitende Globalisierung bietet für die meisten Industrie- und Entwicklungsländer unverzichtbare Chancen und große Vorteile für Konsumenten und Produzenten. Durch effizientere Arbeitsteilung steigen nicht nur die Einkommen in Niedriglohnländern, sondern auch in jenen, die innovative Investitions- und Konsumgüter in hoher Qualität zu wettbewerbsfähigen Preisen anbieten können. Ein wachsender Welthandel ist somit zum Vorteil aller. Er birgt allerdings die Gefahr einer Erosion sozialer und ökologischer Standards. So begründen negative externe Effekte der Geschäftstätigkeit multinationaler Unternehmen neben Steuerungsdefiziten des Rechts im internationalen Bereich die Notwendigkeit einer internationalen Wirtschafts- und Unternehmensethik auf der Basis ethischer Selbstverpflichtung.

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Leseprobe

Eine weitere kulturvergleichende Studie stammt von Geert Hofstede. Dieser entwickelte aus den Ergebnissen einer Befragung von über 115.000 Angestellten der Firma IBM in vergleichbaren beruflichen Positionen aus über 50 Ländern fünf Kulturdimensionen; dabei wurden in den einzelnen Ausprägungen durch die Verwendung von Indexwerten Länderranglisten erstellt. 154 Diese Studie ist aufgrund ihrer umfangreichen Datenbasis, der Berücksichtigung einer Vielzahl an Ländern und ihrer empirischen Fundierung bisher die bedeutendste der vorliegenden Kulturuntersuchungen. 155

Der gesamten Betrachtung liegt die von Hofstede aufgestellte Definition von Kultur zugrunde. Danach ist zwischen Kultur im engeren Sinne - Zivilisation oder Verfeinerung des Geistes und insbesondere deren Ergebnisse wie Bildung, Kunst und Literatur - und Kultur Zwei zu differenzieren. 156 Die Kultur Zwei, die gleichzeitig das relevante Konzept für Hofstedes Untersuchung ist, umreißt er als kollektive Programmierung des Geistes, die die Gruppenmitglieder von denen anderer Gruppen unterscheidet. Unterstellt wird durch diese Definition, dass Kultur ein kollektives, kein individuelles Phänomen ist und dass sie sich in Verhaltensweisen manifestiert und nicht direkt sichtbar ist. Weiterhin ist sie, wie Hofstede bemerkt, einigen, aber nicht allen Individuen geläufig. 157

(1) Machtdistanz: Diese Dimension drückt die emotionale Distanz, die zwischen Mitarbeiter und Vorgesetztem herrscht, aus und gibt dabei Auskunft über die Abhängigkeit von Beziehungen in einer Kultur. In Ländern mit geringer Machtdistanz ist das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten begrenzt, und es wird ein eher konsultativer Stil bevorzugt. Damit ist die emotionale Distanz zwischen ihnen gering. Für den Mitarbeiter ist der Vorgesetzte immer ansprechbar, er traut sich, diesem zu widersprechen. Hingegen ist in Ländern mit großer Machtdistanz eine große Abhängigkeit zwischen den Hierarchieebenen feststellbar. Die Mitarbeiter reagieren darauf entweder mit Akzeptanz, was zu einem autokratischen oder patriarchalischen Vorgesetzten führt, oder mit völliger Ablehnung. „Machtdistanz kann also definiert werden als das Ausmaß, bis zu welchem die weniger mächtigen Mitglieder von Institutionen bzw. Organisationen eines Landes erwarten und akzeptieren, dass Macht

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Ländern fest. Niedrigere Werte sind für die USA, Großbritannien samt seiner früheren Kolonialgebiete 160 und den Rest Europas beobachtbar. 161 Hauptunterschiede in den kulturellen Ausprägungen sind etwa, dass Mitarbeiter mit geringer Machtdistanz eher davon ausgehen, in Entscheidungen miteinbezogen zu werden. Hingegen erwarten Mitarbeiter mit hoher Machtdistanz Anweisungen zu erhalten, wobei der ideale Vorgesetzte gewissermaßen ein wohlwollender Autokrat im Sinne eines gütigen Vaters ist. 162

(2) Individualismus / Kollektivismus: Bei dieser Dimension ist die Rolle des Individuums gegenüber der gesamten Gruppe Betrachtungsgegenstand. Kollektivistisch sind dabei Gesellschaften, in denen die Interessen des Individuums jenen der Gruppe untergeordnet sind. Gesellschaften, in denen die Bindungen zwischen den Individuen locker sind, gelten dagegen als individualistisch: „Man erwartet von jedem, dass er für sich selbst und seine unmittelbare Familie sorgt.“ 163 Der Kollektivismus wird Kulturen zugeordnet, in denen der Mensch von Geburt an in starke, geschlossene Wir-Gruppen integriert ist, die ihn ein Leben lang schützen und dafür bedingungslose Loyalität verlangen. 164 Wir-Gruppen sind zum Beispiel Großfamilien in kollektivistischeren Gesellschaften. Seine Wir-Gruppe unterscheidet das Individuum von anderen Individuen; diese gehören aus dessen Blickwinkel Fremdgruppen an. Die Wir-Gruppe bildet dabei eine Hauptquelle der Identität. 165 In individualistischen Gesellschaften gelten als wichtige Kriterien für den Einzelnen etwa persönliche Zeit für Familie und Privatleben, persönliche Freiheiten und Herausforderungen im Berufsleben. Für Individuen aus kollektivistischen Kulturen wurde empirisch eher ein Fokus auf entsprechende Fortbildungsmöglichkeiten, gute Bedingungen am Arbeitsplatz und die

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(3) Maskulinität / Femininität: Zentraler Betrachtungsgegenstand ist hier, ob Bestimmtheit, also Maskulinität, oder Bescheidenheit, Femininität, im Verhalten wünschenswert ist. Im Rahmen der Maskulinität wird Punkten wie Einkommen, Anerkennung für geleistete Arbeit, Beförderung und der Herausforderung im Rahmen der Arbeit eine höhere Bedeutung beigemessen. Die Femininität impliziert eine stärkere Ausrichtung auf das Verhältnis zum Vorgesetzten, eine gute Zusammenarbeit mit den Kollegen, eine angenehme Umgebung für sich und die Familie sowie einen sicheren Arbeitsplatz. 167 „Maskulinität kennzeichnet eine Gesellschaft, in der die Rollen der Geschlechter klar gegeneinander abgegrenzt sind: Männer haben bestimmt, hart und materiell orientiert zu sein, Frauen müssen bescheidener, sensibler sein und Wert auf Lebensqualität legen. Femininität kennzeichnet eine Gesellschaft, in der sich die Rollen der Geschlechter überschneiden: Sowohl Frauen als auch Männer sollten bescheiden und feinfühlig sein und Wert auf Lebensqualität legen.“ 168 Feminine und maskuline Kulturen unterscheiden sich demzufolge dadurch, dass in den femininen eher gearbeitet wird, um zu leben, während in den maskulinen das Leben der Arbeit dient. Vorgesetzte in femininen Kulturen verlassen sich auf ihre Intuitionen und streben einen Kompromiss an, wohingegen in maskulinen Kulturen von ihnen erwartet wird, entschlussfreudig und bestimmt zu sein. 169

(4) Unsicherheitsvermeidung: Unter der Dimension Unsicherheitsvermeidung wird der Grad, in dem sich Mitglieder einer Kultur durch ungewisse oder unbekannte Situationen bedroht fühlen, verstanden. Als Reaktion auf eine hohe Ausprägung kann unter anderem nervöser Stress oder das Bedürfnis nach geschriebenen oder ungeschriebenen, die Unvorhersehbarkeit abschwächenden Regeln beobachtet werden. 170 Die Menschen in Ländern mit stärker ausgeprägter Unsicherheitsvermeidung wirken auf

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versuchen Kulturen mit stärker ausgeprägter Unsicherheitsvermeidung die Uneindeutigkeit zu reduzieren. Daher streben die Menschen an, in ihren Organisationen, Institutionen und Beziehungen Strukturen zu schaffen, die die Ergebnisse klar interpretierbar und vorhersehbar machen. Dies äußert sich in zahlreichen formellen Gesetzen und Regeln, die die Rechte und Pflichten beispielsweise von Arbeitgebern und Arbeitnehmern festlegen - zusätzlich zu vielen internen Regeln, die den Arbeitsablauf bestimmen.

(5) Konfuzianische Dynamik: Die letzte und nachträglich hinzugefügte Dimension ist die konfuzianische Dynamik. Sie betrifft Werte, die zwar in der westlichen Denkweise anerkannt sind, aber im Rahmen der ersten Untersuchung nicht primär berücksichtigt wurden. Dabei wird eine langfristige beziehungsweise kurzfristige Orientierung im Leben zugrundegelegt, wobei Hofstede sich an die Grundaussagen der Lehre des Konfuzius anlehnt. 172 „In Kulturen mit einer starken Ausprägung der Kulturdimension konfuzianische Dynamik spielen Statusdenken, Beharrlichkeit und Ausdauer, Sparsamkeit und Schamgefühl wichtige Rollen. Traditionen werden gepflegt und gesichtswahrende Kommunikation als besonders bedeutsam eingestuft. Das Pflegen von Beziehungen, das Machen von Geschenken und Erbringen von Gefälligkeiten beruhen auf dem Prinzip der Reziprozität.“ 173

Eine Schwachstelle an Hofstedes Ansatz kann im Untersuchungsdesign gesehen werden. Die erste seiner Studien beruht nur auf der Befragung von IBM-Mitarbeitern. Da keine Kontrollgruppe befragt wurde, bleibt unklar, welchen Einfluss die Unternehmenskultur und IBM-internen Sozialisationsprozesse auf die Untersuchungsergebnisse hatten. Die von Hofstede vertretene Kulturauffassung, dass die Gesellschaft an sich schon eine Kultur sei, birgt die Problematik, dass der Stellenwert der Kultur aufgrund dieser Gleichsetzung per se nicht hinterfragt wird. 174 Weiterhin wird die ursprüngliche Studie im Kontext der tendenziell synthetischen asiatisch-orientalischen Kulturen häufig als unangepasst kritisiert. Da Hofstede aus einem westlichen kulturellen Hintergrund stammt, neigt er zu einer analytischen...

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