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E-Book

Euro-Tsunami

Europa wird im Geld ertrinken

AutorPatrick Bernau
VerlagCampus Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl66 Seiten
ISBN9783593417394
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis5,99 EUR
Inflationsbekämpfung, Sparanreize, Unabhängigkeit der EZB - all das scheint im Zuge der jüngsten Euro-Rettungsbemühungen nicht mehr so wichtig. Schließlich steht der Euro vor dem Abgrund, da muss man eben Anleihen kaufen, ohne Rücksicht auf Verluste. Doch was, wenn das Geld die Welt erst richtig in die Bredouille bringt? Wenn all die Liquidität das falsche Mittel ist - wenn die Eurozone nicht brennt, sondern jetzt schon im Geld ertrinkt? Das klingt paradox, zugegeben, fehlt es doch den meisten Euro-Staaten gerade am Geld. Doch tatsächlich gibt es in der Eurozone eigentlich genug Geld, ja sogar zuviel. Und darin liegt die eigentliche Gefahr.

Patrick Bernau, Diplom-Volkswirt, ist Wirtschaftsredakteur der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Für die Sonntagszeitung beobachtet er Börsen und Wirtschaftsforscher. Er bloggt regelmäßig in 'Fazit', dem Wirtschaftsblog der F.A.Z, und ist aktiver Twitterer.

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Leseprobe
Eine große Gefahr: Europa ertrinkt im Geld Oberflächlich betrachtet, scheint sich die Lage in Europa mit Ausnahme von Griechenland allmählich wieder zu beruhigen (und die ständigen Katastrophenmeldungen vom Peleponnes alarmieren kaum noch jemanden). Spanien, Italien und andere Krisenländer müssen längst nicht mehr so hohe Zinsen zahlen wie zuvor. Wie ist das passiert? Das Zaubermittel war: Geld. Seit Jahren schon flutet die Europäische Zentralbank die Wirtschaft mit immer neuem Geld - und unter ihrem neuen Chef Mario Draghi hat sie die Rohre noch mal extra weit aufgedreht. In zwei riesigen Verleihaktionen durften sich die Banken mehr als eine Billion Euro an neuen Euro leihen, und zwar zu niedrigen Zinsen und gegen miese Sicherheiten. An der Börse ist das Manöver bereits als 'Sarko-Trade' bekannt, weil der französische Präsident Nicolas Sarkozy es den Banken so schön erklärt hat: Sie müssen sich nur das Geld von der Zentralbank leihen, und zwar zu einem Zins von einem Prozent. Dann kaufen sie damit Peripherie-Staatsanleihen, die vier oder fünf Prozent Rendite bringen. Die Differenz streichen die Banken als Gewinn ein. Auch die Staaten freuen sich, weil sie wieder Abnehmer für ihre Staatsanleihen finden. Doch was, wenn die Probleme damit nur scheinbar gelöst sind? Wenn das viele Geld die Welt erst richtig in die Bredouille bringt? Wenn all die Kredite der Notenbank das falsche Mittel sind - wenn wir damit keinen Brand löschen, sondern das Fass zum Überlaufen bringen? Weil die Eurozone jetzt schon im Geld ertrinkt? Das klingt paradox, zugegeben, fehlt es doch den meisten Euro-Staaten gerade am Geld. Doch diese Sorge ist nur zu berechtigt. Beginnen wir mit den Fakten: In den vergangenen zehn Jahren, ungefähr seit das Euro-Bargeld eingeführt worden ist, sind Billionen von Euro geschaffen worden. Ökonomen sagen: Die Geldmenge ist mit enormem Tempo gewachsen - viel schneller als das Bruttoinlandsprodukt. Zugelassen hat das die Europäische Zentralbank. Sie kontrolliert die Geldschöpfung, zumindest deren Obergrenze. In den vergangenen Jahren allerdings hat sie zu viel Geld entstehen lassen. Normalerweise bemerkt eine Notenbank diesen Fehler schnell. Wenn es zu viel Geld gibt, dann steigt die Inflation. Doch dieses Mal geschah nichts. Denn auf der anderen Seite der Welt schickte sich China an, zur Industrienation zu werden. Hunderte Millionen Menschen wollten arbeiten, auch zu niedrigen Löhnen, und die chinesische Regierung hielt ihre Währung künstlich billig. Dazu kamen technische Innovationen rund um Computer und Internet, die die Preise drückten. Das Ergebnis ist deutlich: Eine klassische Inflation, wie die Deutschen sie aus den 70er-Jahren kennen, ist bis heute nicht aufgekommen. Doch das Geld ist trotzdem da. Und es hat sich noch jedes Mal irgendwie bemerkbar gemacht. Der ehemalige EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark hat das prägnant formuliert: 'Liquidität findet immer ihren Weg, sagen wir Notenbanker', so formulierte er es in einem Interview zum Ende seiner Amtszeit. 'Entweder steigen die Verbraucherpreise - oder die Vermögenspreise.' In Europa sind in den vergangenen Jahren die Vermögenspreise gestiegen: für Aktien, Immobilien, Staatsanleihen. Billionen von Euro schießen an der Börse hin und her. Sie trieben mal hier, mal dort die Preise in die Höhe. Die Folgen waren noch schlimmer als die einer normalen Inflation. Die meisten Menschen haben ein gutes Gespür dafür entwickelt, dass etwas nicht in Ordnung ist. 'Das Finanzkapital hat sich von der Realwirtschaft gelöst', sagen sie. Und formulieren ein Unbehagen, das einen klaren Grund hat: Es ist das Geld selbst, das den Bezug zur Wirtschaft verloren hat. Anders ausgedrückt: Die Geldmenge ist schneller gewachsen als die tatsächliche Produktion in Europa. Darum stiegen die Preise für einige Vermögensgüter in ungekannte Höhen. In Irland und Spanien wurden Wohnhäuser teuer wie nie. Die Kurse für Staatsanleihen von Griechenland, Portugal, Italien und Co. kletterten über Jahre hinweg nach oben. Als sich herausstellte, dass die enormen Preissteigerungen nur eine Blase waren, brach die Eurokrise aus - und die Wirtschaft in Europa wäre fast in den Abgrund gestürzt. Es stellte sich heraus: Das Wachstum der europäischen Peripheriestaaten war nur geliehen - mit dem vielen Geld, das die Notenbank so fleißig bereitgestellt hat. Geld, das wird später noch deutlich werden, ist nämlich auch nur ein Kredit. Das Problem: Bis jetzt haben sich die Gefahren nicht verringert, das Geld ist immer noch da. Diese Geldschwemme hat Folgen, und sie sind nicht positiv. Dabei wissen Wirtschaftsforscher inzwischen sehr viel über die Risiken des Finanzsystems und die Folgen, die eine Geldschwemme haben kann. Doch konkrete Maßnahmen bleiben bislang aus. Wenn Europa Pech hat, kommt bald eine neue Blase, und die könnte noch viel größer und schlimmer werden als alles, was bisher kam. Noch können wir handeln. Doch die Zeit drängt.
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