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E-Book

Europäische Identität als Projekt

Innen- und Außensichten

VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl270 Seiten
ISBN9783531913483
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis49,99 EUR
Thomas Meyer/Johanna Eisenberg Die Identität Europas ist noch immer ein hochgradig umstrittenes Thema. Fast alles, was dieses Thema betrifft, steht zur Diskussion. Sowohl die Rolle, die das Konzept für das politische Gemeinwesen Europa spielen kann als auch seine U- prünge, Bedingungen und Inhalte. Die Diskussion hält an, Klärung tut not. Die einen sehen in einer klaren Vorstellung von Identität die Seele Europas, ohne die die den Menschen fernen und schwer verständlichen Institutionen der Union zu einer menschenfernen Maschinerie verkommen müssten, die auf immer den Bürgern der Gemeinschaft entfremdet bliebe, und das europäische Einigungswerk zu einem fragwürdigen Kunstgebilde, einer Art bürokratischem Monstrum machte, das in den Herzen und Köpfen der Europäer ein Fremdkörper bleibt. Andere hoffen, dass die Bürger der Union in nicht allzu entfernter Zukunft eine Identifi- tion mit diesem Gemeinwesen entwickeln, das in der Art und vielleicht sogar in der Dichte dem gleichkommt, was in Europa im 19. und 20. Jahrhundert an nationalen Identitäten ausgebildet wurde.

Dr. Thomas Meyer ist Professor für Politikwissenschaft an der Universität Dortmund.
Johanna Eisenberg ist wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Stiftung Genshagen.

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Leseprobe
"Identität und Konfliktlinien in Europa – eine ungarische Sicht (S. 79-80)

György G. Márkus

„Wer würde schon für Europa sterben?"" – hat bereits vor paar Jahren der amerikanische Politologe F. Zakaria gefragt, um die Identitäts-Schwäche einer Kern-EU aufzuzeigen, die mit der großen Erweiterung bestimmt nicht geringer worden ist. Und es geht hier nicht um eine sekundäre oder tertiäre, hinter der stark ausgeprägten Rechtsgemeinschaft und dem dominanten Binnenmarkt-Prinzip zu stellenden Frage. Ohne eine, nicht nur von schmalen Eliten, sondern von Millionen von Bürgern getragene Identität wird Europa nie ein richtiger global player werden. Wir leben in einem postindustriellen und einem post cold war Zeitalter, in einem globalen Kapitalismus der Zweiten Moderne, in dem weder die klassischen ökonomischen (Klassen)Kämpfe noch die ideologischen Ost-West-Konflikte, sondern die identitätsbezogenen cultural codes entscheidend sind (Castells 2000). Ein Europa als politisches Projekt kann ohne Identität nicht realisiert werden.

Politische Paradoxe

Bereits seit Maastricht wird die EU – wenigstens von oben – als politische Union definiert. Einige zentrale politische Paradoxe, die von dem Problem einer politischen Identität nicht zu trennen sind, zeigen sich markant:

Die am meisten supranationale Integration der Welt wurde auf dem am meisten national diversifizierten Kontinent der Erde geschaffen. Das föderalistisch gedachte Projekt wird Geisel des Nationalstaates bzw. der Nationalstaaten.

Das Integrationswerk der am meisten demokratischen europäischen Länder als eine künstliche Elitekonstruktion hat im Laufe der Vertiefung eine bürokratische politische Superstruktur mit umfassendem Demokratiedefizit ausgebildet.

Die zunächst vom Prinzip der Rationalität geprägte Einigung wurde zu einer voluntaristischen, die Kohäsion reduzierenden Erweiterungspolitik, eine Politik der imperialen Überdehnung (Cuperus 2006).

Es bestehen Disparitäten in der Herausbildung unterschiedlicher Policy- Aspekte der Integration. Das Wirtschaftliche unterwirft einerseits das kohäsive Soziale, anderseits das identitätsfördernde Kulturelle. „Efforts to promote employment and social policy at the level of the European Community have come (…) late and seem feeble in comparison to the success stories of the Single Market and the Monetary Union"" (Scharpf 2002: 2).

Unbehagen in Europa

Unsicherheit, Ängste und – mit Freud gesprochen – Unbehagen werden immer präsenter in Europa. Ein Europa, das eine Synthese von drei gleichwertigen Komponenten: vom Wirtschaftswachstum, von liberaler Demokratie und von sozialer Kohäsion darstellte, ein Europa der multikulturellen Gesellschaften, ein Europa der grenzübergreifenden Solidarität, wird in Frage gestellt (Dahrendorf 1996). Viele befürchten eine Marktdominanz mit Demokratie, aber ohne Gerechtigkeit (ein amerikanisiertes Modell), nicht wenige Intellektuelle deuten auf die Option eines robusten Wachstums ohne liberale Demokratie, untermauert jedoch mit nationalistischer Solidarität, die von Dahrendorf als asiatisches Modell ausgelegt wird, die aber auch in der Rhetorik der europäischen Rechtspopulisten erscheint. Der „rheinische"", d. h. der soziale Kapitalismus (Albert 1991), scheint ein Auslaufmodell zu sein. Mit Blick auf die Herausforderung der Globalisierung ist unklar, ob sich die EU als Bollwerk dagegen oder als ein sich anpassender Bestandteil davon versteht.

Geschichte und Identität

Kann man eine kollektive Identität der Europäischen Union aus der politischen Geschichte Europas ableiten? Das heutige Europa entstand als Folge des Falls des supranationalen Römischen Reiches. Jahrhundertelang waren Differenzierung, Grenzziehungen, Nationalisierung die übergreifende Tendenz."
Inhaltsverzeichnis
Inhalt5
Vorwort7
I. Konzeptionen13
Europäische Identität14
Die europäische Identität: Erbe der Vergangenheit oder Konstruktion für die Zukunft?30
Ein Spiel von Schuldzuweisungen? Politiker, Institutionen und die europäische Identität der Bürger46
Europa als Grammatik64
II. Innensichten75
Identität und Konfliktlinien in Europa – eine ungarische Sicht76
Ist eine europäische Identität notwendig und möglich? Zur deutschen Debatte85
Das soziale Europa und die europäische Identität109
Europäische Identität und Schule: Wie kann europäisches Bewusstsein gefördert werden?125
Ambivalentes Grenzland: Die ukrainische Identität zwischen Ost und West138
Europäische Identität denken156
III. Außensichten161
Die internationale Dimension der europäischen Identität162
Die Europäische Union: Amerika vor der Wiederentdeckung seiner Kreatur170
Die ‚Neuheit’ Europas von der Peripherie betrachtet: Die indische Wahrnehmung des ‚ neuen Europa’ in der179
multipolaren Welt179
Europa als kritisches Visiotyp202
Transatlantische Beziehungen: Europas strategische Emanzipation im Zerrspiegel211
IV. Fazit236
Warum sind in der Europäischen Union politische Identität und Legitimität wichtig?237
Herausgeber und Autoren256

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