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Europäisierung der EU-Berichterstattung: Eine Inhaltsanalyse deutscher Printmedien in der europäischen Schuldenkrise

AutorTobias Schäfer
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl54 Seiten
ISBN9783956846397
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Die europäische Staatsschuldenkrise prägt wie kein anderes Thema die Berichterstattung über Europa. Der Staatsbesuch von Angela Merkel am 9. Oktober 2012 in Griechenland erhält in der aktuellen Krise eine besondere politische und öffentliche Brisanz. Eine allgemeingültige Definition für Europäisierung gibt es dabei bisher nicht. Wissenschaftlicher Konsens besteht aber darüber, dass Europäisierungsprozesse über Massenmedien, als Akteure der Öffentlichkeit kommuniziert und vorangebracht werden. Im Zentrum dieser Studie steht die Frage, wie sich Europäisierung in der europäischen Staatsschuldenkrise charakterisiert. Am Beispiel der Berichterstattung deutscher Qualitätszeitungen über den Staatsbesuch der Bundeskanzlerin in Athen wurde die Forschungsfrage mit einer qualitativen Inhaltsanalyse analysiert.

Tobias Schäfer wurde 1987 in Filderstadt geboren. Sein Studium der Staatswissenschaften mit dem Schwerpunkt Europäische Politik an der Universität Passau schloss er 2013 erfolgreich mit dem Grad des Bachelor of Arts (B.A.) ab. Während seines Studiums verb

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 2, Medien, Europäisierung und europäische Öffentlichkeit: 2.1, Die Rolle der Medien im politischen Prozess: Die Medien haben eine herausragende Bedeutung im politischen System. Sie fungieren zugleich als Resonanzboden und als Generator für gesellschaftliche Modernisierungsprozesse (Sarcinelli 2011: 3). In der Mediengesellschaft ist Kommunikation elementarer Bestandteil eines 'strategischen Spiel[s]', 'das über Erfolg oder Misserfolg von Individuen, Organisationen, gesellschaftlichen Gruppen und ganzen Gesellschaften entscheidet' (Münch 1995: 85). Der Soziologe Richard Münch bezeichnet die Gesellschaft daher auch als Kommunikationsgesellschaft (1995). Die Kommunikation der Medien ist schwer greifbar. Das gilt auch für die Wechselbeziehung von Kommunikation und Politik, insbesondere von Medien und Politik (Sarcinelli/FES: 3). Kommunikation ist kein reines Ausdrucks- und Verständigungsmittel, sondern integraler Bestandteil des Politischen selbst. Die zentralen Leistungen der Massenmedien sind ihre politische Funktion und ihre Informationsfunktion (Burkhart 2002: 390ff., 402ff.). In der modernen Mediengesellschaft stellt die (Medien-)Öffentlichkeit die Bühne für die Dauerbeobachtung der Politik (Sarcinelli 2012: 39). Für die Legitimation nationaler oder europäischer Politik wird den Massenmedien eine wichtige Rolle zugeschrieben. 'Legitimität als eine demokratietheoretische Fundamentalkategorie politischer Kommunikation knüpft den Geltungsanspruch politischer Herrschaft an eine kommunikative Begründungsleistung' (Sarcinelli 2005: 77). Diese Begründungsleistung kann nur durch Massenmedien erbracht werden. Ihnen wird folglich als verbindendes Element zwischen Politik und Bevölkerung eine fundamentale Rolle in der Bereitstellung und Vermittlung von Informationen über politische Prozesse und Akteure zugeschrieben (Huber 2011: 22). In den letzten Jahrzehnten ist das politische System kommunikationsabhängiger geworden und die nationale und internationale Kommunikationslandschaft hat sich stark verändert. Eine wichtige Rolle spielen dabei gesellschaftliche Wandlungsprozesse und Veränderungen innerhalb des Mediensystems selbst, beispielsweise durch die neuen Medien. Die Medienakteure sehen sich einer zunehmenden internationalen Verflechtung und Kompetenzverlagerung ausgesetzt. Darüber hinaus ist ein Souveränitätsverlust des politisch-administrativen Systems zu beobachten (Sarcinelli 2011: 8). National und international hat sich die Informations- und Kommunikationslandschaft stark verändert. Dazu gehört auch die Professionalisierung medienaffiner Berufe, wie der Bereich der Public Relations (PR). Akteure im politischen und wirtschaftlichen System versuchen, oft unter Umgehung der klassischen Medien, eigene Themen und Sichtweisen in der Öffentlichkeit zu platzieren (Sarcinelli 2011: 13f.). Die normative Leitidee des Journalismus, Sprachrohr und Anwalt der Bürger zu sein, wird in vielen Fällen ausgehebelt (Sarcinelli 2011: 12f., Burkhart 2002: 291ff.). Trotz dieser Entwicklungen behalten die klassischen Printmedien, wenn auch mit leicht abnehmender Tendenz, ihre zentrale Rolle für den politischen Prozess. Allgemein zugängliche Massenmedien sind nach wie vor die zentrale Plattform der Politik-vermittlung politischer und gesellschaftlicher Akteure (Sarcinelli 2011: 39, Trenz 2005: 192). In Deutschland sprechen wir daher von einer historisch gewachsene Leitmedienkultur (Sarcinelli 2011: 29). Von zwei Dritteln der Deutschen werden die Tageszeitungen als primäre Informationsquelle für Politik genutzt (Sarcinelli 2011: 30). Nicht zu vernachlässigen ist, dass die Medien nach eigenen Regeln arbeiten, die unausweichlich auch zu Verzerrungen der Realität führen (Wilke/Rosenberger 1991: 27). Für die Frage der Nachrichtenauswahl sind in der Forschung die Nachrichten-Werttheorie mit den Nachrichtenfaktoren und das Gatekeeper-Konzept zentral . So orientieren sich Journalisten stark an Ereignissen, wenn diese negativ und eindeutig sind, oder mit Elite-Personen in Verbindung gebracht werden. Nur wenn beispielsweise ein bestimmtes 'EU-Ereignis' von den Journalisten als besonders wichtig eingeschätzt wird, kommt es in den Medien vor und kann unter Umständen nationale Ereignisse verdrängen (Machill/Beiler/Fischer 2006: 149). Hinter der Agenda-Setting-Hypothese steht die Annahme, dass Massenmedien nicht bestimmen, was wir denken, sondern worüber wir nachzudenken haben, indem sie Themen auf die Tagesordnung (Agenda) setzen. Man spricht auch von einer 'Tagesordnungs-' oder 'Thematisierungsfunktion der Massenmedien (Burkhart 2002: 248f.). 2.2, Öffentlichkeit und Massenmedien: Die zentrale Funktion der Massenmedien in einer demokratischen Gesellschaft ist die Herstellung von Öffentlichkeit (Ronneberger 1974: 1999). Man bezeichnet sie deshalb auch als mediale Öffentlichkeit. Unterschiedliche Medientypen haben unterschiedliche Funktionen in Bezug auf eine Öffentlichkeit. Printmedien wie Tageszeitungen, setzen eher auf eine längerfristige Agenda, Fernsehen und Internet haben dagegen eine 'Spotlight-Funktion'(Eichhorn 1996: 38f.), die man auch 'Scheinwerfereffekt' nennt (Burkhart 2002: 251, Schenk 1987: 299). Die Bedeutung der Tageszeitungen für den langfristigen politischen Diskurs wird hier hervorgehoben. Allgemein dient der Begriff der Öffentlichkeit als Abgrenzung zum Privaten und zur Bühne der Thematisierung von Angelegenheiten der Allgemeinheit. Ihr werden drei zentrale Funktionen zugeschrieben: Beobachtungsfunktion, Validierungsfunktion und Orientierungsfunktion (Sarcinelli 2011: 4f). Öffentlichkeit spielt in partizipativen und deliberativen Demokratie- und Öffentlichkeitsmodellen eine wichtige demokratiepolitische und soziale Rolle, indem sie die Offenheit von politischen und gesellschaftlichen Diskursen garantiert (Latzer/Saurwein 2006: 31) und für Legitimation und Integration sorgt. Gemäß Ingolf Pernice und Lars S. Otto ist 'Öffentlichkeit (...) der Grund der Demokratie, sie nährt die Demokratie und wird von ihr genährt (2010: 7ff.). Ähnlich begreift Martin Walser Öffentlichkeit als 'Quellgrund der Demokratie' (Moos 2012: 2). Eine politische Öffentlichkeit generiert sich aus verschiedenen wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Teilöffentlichkeiten. Kommunikation ist das konstituierende Element für Öffentlichkeit (Latzer/Sauerwein 2006: 11). Synonyme für Öffentlichkeit sind daher auch Kommunikationsraum, Kommunikationsnetzwerk und Kommunikationssystem (Latzer/Sauerwein 2006: 24). Die wichtigsten Akteure, die diese Öffentlichkeit kommunizieren, sind Massenmedien. Deswegen versteht man sie in erster Linie als massenmediale Öffentlichkeit (Latzer/Sauerwein 2006: 24). Massenkommunikation kann man auch als öffentlich bezeichnen (Burkhart 2002: 171), da es um den von den Massenmedien getragenen politischen Diskurs geht, der Politik erst zu einer Sache der Allgemeinheit macht und damit demokratisierend wirkt (Pfetsch/Koopmans 2006: 179f.). Wie für den politischen Prozess im Allgemeinen wird den Massenmedien im Speziellen eine zentrale Rolle für die Konstituierung einer europäischen Öffentlichkeit zugesprochen (Pfetsch/Koopmans 2006: 179f.). Sie sorgen mit einem Quasi-Monopol für die 'Veröffentlichung' politischer Herrschaft in der Europäischen Union (Trenz 2005: 191). Eine europäische Öffentlichkeit zeichnet sich 'durch gemeinsame, die Grenzen des National-staats überschreitende Diskursräume aus'(Moos 2012: 2). Die Form und das Ausmaß europäischer Öffentlichkeit spielen eine zentrale Rolle für die demokratische Qualität der Europäischen Union (Latzer/Sauerwein 2009: 10). Öffentlichkeitskonzepte kommen heute nie ohne die Berücksichtigung der modernen Massenmedien aus. Empirische Analysen europäischer Öffentlichkeit konzentrieren sich daher auf massenmediale Öffentlichkeit, speziell auf Leitmedien der öffentlichen Kommunikation (Latzer/Sauerwein 2006: 12). Öffentlichkeitsforschung muss deshalb immer auch als Massenmedienforschung verstanden werden (Latzer/Sauerwein 2006: 23f.). 2.3, Europäisierung: Europäisierung hat sich als zentraler Begriff in der EU-Forschung neben die EU-Integration gesellt. Es gibt aber keinen echten wissenschaftlichen Konsens darüber, was unter dem Begriff zu verstehen ist (Große Hüttmann/Nodt 2002: 31ff.). Mein eigener Versuch, Europäisierung als 'eine aktive oder passive Einbeziehung nationaler gesellschaftlicher, politischer und wirtschaftlicher Akteure auf eine gemeinsame europäische Ebene' zu definieren, bleibt sehr unkonkret. Aber auch ohne eine allgemeingültige Definition wird der Begriff der Europäisierung in der Wissenschaft zunehmend zur Beschreibung des gesellschaftlichen Wandels in Europa durch der europäischen Integration verwendet. Eine Europäisierung lässt sich aber nicht nur auf die Debatte über die europäische Integration beschränken, sondern muss gerade in den unterschiedlichen Politikfeldern sichtbar werden (Pfetsch/Koopmans 2006: 185). Explizit finden Europäisierungsprozesse über die Medien statt. Für Jürgen Gerhards bedeutet Europäisierung daher die 'Verstärkung der Berichterstattung über europäische Themen in den nationalen Medien, primär der Massenmedien'(2002: 142). Diese Form der Transnationalisierung wird auch als 'relationaler Prozess, der dann sichtbar ist, wenn ein substantieller und über die Zeit wachsender Anteil der öffentlichen Kommunikation grenzüberschreitende Bezüge herstellt bzw. sich auf Europa bezieht'(Pfetsch/Koopmans 2006: 182) definiert. Nach Juan Diez Medrano lässt sich der Begriff der Europäisierung mit vier Indikatoren näher bestimmen (2003: 193). Bei einer horizontale Europäisierung (Koopmans/Erbe 2003: 6), als ersten Indikatoren, treten Akteure an einem Ort der EU über Massenmedien in die Debatte mit Akteuren an einem anderen Ort in der EU. Dies geschieht beispielsweise in Form von Presseschauen. Dem zweiten Indikator zufolge beteiligen sich Akteure in unterschiedlichen EU-Staaten an Debatten zu gleichen Themen und stimmen in ihren Problemrahmungen über-ein (Diez Medrano 2003: 193). Aufbauend auf den ersten Indikator werden Themen synchron in den Medien mehrerer EU-Staaten diskutiert. Die Debatten ähneln dabei stark. Beim dritten Indikator, einer vertikalen Europäisierung (Koopmans/Erbe 2003: 6), treten Akteure aus EU-Staaten in die Debatte mit Akteuren der EU-Ebene. Diese kommunikativen Verbindungen zwischen nationaler und europäischer Ebene beeinflussen dabei immer mehr die nationale Berichterstattung. Als vierter und letzter Indikator debattieren die Akteure über einheitliche Ziele und gleiche Mittel aus der Perspektive des EU-Gesamtraums (Diez Medrano 2003: 193).
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