Einführung
XBRL hat seit der Jahrtausendwende international und auch in Deutschland enorm an Relevanz gewonnen. Mit der Verabschiedung des Steuerbürokratieabbaugesetzes (SteuBAG) und den damit verbundenen KONSENS-Vorhaben1 wurde XBRL 2008 als Format zur elektronischen Übermittlung von Daten durch die Finanzverwaltung ausgewählt [XBde 2015b]. Die Einführung der elektronischen Übermittlung der Steuerbilanz (E-Bilanz) im vorgeschriebenen Format der Extensible Business Reporting Language (XBRL) stellt an deutsche Unternehmen neue Anforderungen, die es zu erfüllen gilt. Dabei ist es den Verantwortlichen in den Unternehmen häufig unklar, wie die XBRL-Dateien zu erzeugen sind, da es sowohl einen fachlichen als auch technischen Anteil an dieser Aufgabe gibt. Teilweise bestehen auch Wissenslücken zur XBRL selbst. Dies kann negative Auswirkungen auf die Qualität der Einreichung haben und ggf. entsprechende steuerliche Konsequenzen nach sich ziehen. Daher ist es eines der Ziele des vorliegenden Buches, ein Grundverständnis sowohl über den Einsatzort und -zweck als auch zu den technischen Grundlagen der XBRL zu schaffen. Darauf basierend wird durch die Betrachtung unterschiedlicher Implementierungsansätze der XBRL im Unternehmen Hilfestellung gegeben, wie eine Einführung oder eine adäquate Nutzung des Formats aussehen kann. Damit soll dieses Werk nicht bestehende Bücher zur XBRL ersetzen, sondern diese ergänzen.
Die XBRL und ihr Nutzen für das Berichtswesen sind bis zum jetzigen Zeitpunkt Gegenstand zahlreicher internationaler Studien. Diese konzentrieren sich jedoch vornehmlich auf eine Potenzialbetrachtung der XBRL aus einer fachlich orientierten oder die Erstellung von Taxonomien aus einer technisch orientierten Perspektive. Fragestellungen, wie viel XBRL nun in einem Unternehmen benötigt wird, um die Anforderungen von Regulierungsbehörden adäquat erfüllen zu können und zudem Nutzenpotenziale für den Berichtenden zu entfalten, bleiben weitestgehend unberücksichtigt. Dennoch wird immer wieder auf den Nutzen der XBRL generell hingewiesen. Jedoch hilft es, diesen Nutzen getrennt nach den Stakeholdern – grob formuliert den Berichtenden und dem Berichtsempfänger – der XBRL zu betrachten.
Die USA waren eines der ersten Länder, in denen das elektronische Berichtswesen mittels der XBRL an Bedeutung gewann. Bereits seit dem Jahr 2005 nimmt der Standard eine entscheidende Rolle im externen Berichtswesen ein. Zuvor trat schon im Jahr 2000 in einer Studie des Financial Accounting Standards Board (FASB) der Wandel in der Geschäftsberichterstattung von Unternehmen hinsichtlich der Anforderungen unterschiedlicher Empfänger in den Vordergrund. Unter anderem sollten in diesem Zusammenhang die Kosten und die Bearbeitungszeit zur Weitergabe von Unternehmensdaten gesenkt werden. Im Rahmen dieser Studie fand die XBRL auch erstmalig hinsichtlich einer effizienteren Erstellung von Geschäftsberichten Erwähnung.
Betrachtet man die Seite des Berichtenden (Produzenten), so wird in der Literatur der Nutzen einer XBRL-Einführung umso höher eingeschätzt, je tiefer die Integration des Formats in die Unternehmensprozesse erfolgt. Dabei wurden in den bisher vorhandenen Analysen insbesondere die Aspekte der Effizienzsteigerung beim Berichtswesen zur Entscheidungsfindung in Unternehmen und bei Datenprüfprozessen hervorgehoben. Des Weiteren wurde thematisiert, dass durch den Einsatz der XBRL die Datenqualität verbessert wird und der Datenaustausch automatisiert stattfinden kann. Allerdings sind die benannten Mehrwerte von individuellen Voraussetzungen des Berichtenden abhängig, denn die Nutzenpotenziale können durch eine Verbesserung der eigenen Berichtsprozesse entstehen.
Hinweis: Prüfen Sie die möglichen Mehrwerte eines XBRL-Einsatzes für Ihre Organisation kritisch und identifizieren Sie insbesondere Potenziale für Ihre internen Berichtsprozesse.
Für Unternehmen hat die Bedeutung des Internets als Kommunikationsplattform zu verschiedensten Stakeholdern in den letzten Jahren deutlich zugenommen [Beattie/Pratt 2003; Kelton/Yang 2008]. Sie nutzen die eigene Webpräsenz, um Geschäftsdaten zu publizieren und somit kosteneffizient Informationsbedürfnisse der Stakeholder zu befriedigen [CICA 2009]. In den bekannten Formaten wie PDF oder HTML kommt es dabei zu einem Medienbruch und manuellen Nacharbeiten seitens der Stakeholder, um eine tatsächliche Auswertung der Daten vorzunehmen. Wenn also die Berichtsempfänger die XBRL als Format annehmen, kann die Wiederverwendung des Formats bei vielen Berichtsanlässen für den Berichtenden nutzbringend sein [Flickinger 2013, S. 19]. Für Berichtende können Investitionsentscheidungen durch ein verbessertes Informationsangebot im Sinne einer verbesserten Kommunikation mit Stakeholdern und Investoren begünstigt werden [Flickinger 2013, S. 20]. Bei den genannten Vorteilen spielt bereits die Seite der Datennutzer (Konsumenten) mit in die Nutzendiskussion der Berichtenden hinein. Das XBRL-Format ist von Kapitalanlegern erprobt worden [DeutscheBörse 2015]. Die Hauptgründe für deren XBRL-Einsatz anstelle der traditionell vorhandenen MS-Excel- oder PDF-Formate ist auf die erhöhte Effizienz und den verminderten Zeitbedarf zur Analyse von Daten zurückzuführen. Zudem ergibt sich eine erhöhte Transparenz über den Status quo des Unternehmens, was von potenziellen Geldgebern hinsichtlich einer aufzubauenden Vertrauensbasis als positiv erachtet wird.
Die Leistungsfähigkeit des Standards wurde inzwischen auch weltweit von Regulierungsbehörden erkannt, sodass es zu zahlreichen Einführungen zur Abdeckung des öffentlichen Berichtswesens kam. Zahlreiche Studien betrachteten ausgehend von einer öffentlich motivierten XBRL-Einführung, inwieweit Firmen auf eine Umstellung auf das neue Datenaustauschformat vorbereitet sind. Dabei stellte sich heraus, dass beispielsweise in Südafrika das Verständnis noch nicht weit verbreitet und damit auch eine Einführung noch nicht möglich ist. Auch auf dem australischen Markt sind die Anreize für einen Einsatz in Unternehmen aufgrund des begrenzten Bewusstseins über die Vorteile der XBRL nach wie vor gering. In Israel hingegen wird bereits seit 2008 das XBRL-Tagging und eine anschließende Bereitstellung von Finanzberichten auf der MAGNA-Homepage der Israel Securities Authority (ISA) vorgeschrieben, um den Kapitalmarkt transparenter und zudem für ausländische Investoren attraktiver zu machen. Erst durch die derzeitigen Diskussionen um die elektronische Bilanz und die vorgeschriebene Einreichung von Unternehmensdaten im XBRL-Format werden entsprechende Untersuchungen auch in Deutschland vorgenommen. Diese beziehen sich jedoch weitestgehend auf die Betrachtung des möglichen Mehraufwandes, der sich durch die Anforderungen der elektronischen Bilanz ergibt. Die Frage der Einführung der XBRL in ein Unternehmen und die damit verbunden Aufwände und Nutzen werden in der Regel nicht analysiert.
Zusammenfassend ist die Idee, die Auszeichnung von Geschäftsdaten zu standardisieren, analog zu jeder anderen Standardisierung sinnvoll. Insbesondere, wenn der Standard eine breite Anwendung findet. Dies zeigt, dass der Nutzen für alle Beteiligten am automatisierten Berichtswesen umso größer ist, je häufiger ein solcher Standard zum Einsatz kommt. In weltweiten Projekten wurde offensichtlich, dass sich der Zeitbedarf für die Erstellung von Geschäftsberichten ausgehend von den Basissystemen bis zum abschließenden Bericht von mehreren Tagen auf wenige Minuten reduzierte.
Dieses Buch wendet den Blick hin zu einer Unterstützung der Berichtersteller und interessierten Nutzer von XBRL-Daten. Es gliedert sich in drei Teile, sodass der Leser getrennt die für ihn interessanten Passagen des Buches auszuwählen vermag.
Teil A geht auf die fachliche Perspektive der XBRL ein und adressiert den technisch versierten Nutzer, dem der fachliche Hintergrund zum Berichtswesen fehlt, oder den fachlich versierten Nutzer, dem der technische Hintergrund zur XBRL fehlt. Kapitel 1 reflektiert zunächst das Berichtswesen. Die XBRL ist lediglich als technischer Transportbehälter der fachlichen Informationen zu verstehen. Somit spielt auch in diesem Buch die fachliche Seite eine wichtige Rolle. Um im Weiteren den Aufbau von XBRL-Dateien und deren Nutzung nachvollziehen zu können, ist das Verständnis der technischen Grundlagen notwendig, denen Kapitel 2 gewidmet ist. Fachanwender können sich hierbei informieren, wie die XBRL technisch aufgebaut ist, um so mögliche Fehlerquellen zu erkennen und zu vermeiden. In Kapitel 3 werden die Nutzenpotenziale anhand der Informationswertschöpfungskette intensiv diskutiert, damit der Leser die möglichen Wirkungen der XBRL verorten und eine eigene Bewertung vornehmen kann.
Teil B fokussiert auf die technische Realisierung der Berichtspflichten. Dazu gehören die Implementierungsvarianten, der Implementierungsprozess und die Unterstützung der Werkzeugauswahl. Kapitel 4 stellt zunächst die Varianten zur Einführung der XBRL in einem Unternehmen vor. Darauf aufbauend wird ein Entscheidungsmodell zur Auswahl der passenden Implementierungsvariante beschrieben (Kapitel 5), das auf einer theoretischen Fundierung beruht und in Praxisbeispielen aus unterschiedlichen XBRL-Einführungen bereits eingesetzt wurde. Basierend auf der Entscheidung zu einer Implementierungsvariante gibt Kapitel 6 eine Hilfestellung bei der Werkzeugauswahl.
Teil C greift die Anwendungssicht auf. Lerneffekte aus weltweiten XBRL-Projekten sowie Empfehlungen für den Prozess des Taggings sind in Kapitel 7...