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E-Book

Extrem beschenkt und sehr sensibel

Hochbegabte Jugendliche - wie sie ticken, was sie brauchen

AutorJanneke Breedijk, Julia Rau, Noks Nauta
VerlagBeltz
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl219 Seiten
ISBN9783407865182
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Die Pubertät ist für jeden Jugendlichen - und seine Eltern - eine schwierige Zeit. Für Hochbegabte gilt das ganz besonders. Einerseits fühlen sie häufig noch wie Kinder, andererseits sind sie in ihrem Denken fast schon erwachsen. Emotionale Unsicherheit und soziale Konflikte fallen extrem aus und prägen ihr Leben weit über die Pubertät hinaus. Die Autorinnen dieses Buches begleiten seit vielen Jahren Ausnahmetalente und zeigen bewährte Strategien, um mit jugendlicher Hochbegabung umzugehen. Die Geschichten, die sie erzählen, handeln von Sensibilität, Eigensinn und unbändiger Kreativität, von Neid und Ausgrenzung, Selbstsuche und Orientierungslosigkeit, wie es nach der Schule weitergehen soll. Eltern und Lehrern hilft dieses Buch, hochbegabte Jugendliche zu verstehen und ihren Weg in ein gelingendes Erwachsenenleben bestmöglich zu unterstützen.

Janneke Breedijk unterrichtet in den Niederlanden »Plus-Klassen« mit hochbegabten Schülern. Seit 2012 berät sie das nationale Pro-gramm »Excellency & Giftedness«. Sie lebt in Pijnacker. Weitere Informationen unter: www.pluskids.nl. Noks Nauta erforscht als Ärztin und Psychologin seit vielen Jahren das Phänomen Hochbegabung bei Erwachsenen und hat zahlreiche Bücher dazu veröffentlicht. Im In- und Ausland gibt sie Workshops für Pädagogen, Psychologen und Ärzte. Sie lebt in Delft. Weitere Informationen unter: www.noksnauta.nl. Julia Rau arbeitet als Coach und Beraterin in den Bereichen Hoch-begabung, Hochsensibilität sowie Laufbahn- und Karriere-coaching. Ende 2014 führte sie eine Studie zum Alltag von Hoch-begabten durch, an der 1400 Personen teilnahmen. Sie lebt in Köln. Weitere Informationen unter: www.julia-rau.de.

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Leseprobe

1. »Das finde ich echt ungerecht!«


Anton

Anton ist jetzt 14 Jahre alt und geht in die 9. Klasse des Gymnasiums. Er ist noch nie dahingehend getestet worden, aber seine Mutter, die selbst hochbegabt ist, erkennt bei ihm viele Anzeichen von Hochbegabung. Meistens geht er recht gern zur Schule, er hat dort auch ein paar gute Freunde. Manchmal fühlt er sich etwas einsam, weil er merkt, dass er anders denkt als die meisten Gleichaltrigen. Anton ist ein engagierter Junge, der schon als Kind lebhaft Anteil am Weltgeschehen nahm. Als er sieben Jahre alt war, weigerte er sich, an einer Faschingsfeier in der Schule teilzunehmen: Er hatte in den Nachrichten Bilder von einem Krieg in einem fernen Land gesehen. Wie konnte man feiern, wenn anderswo Krieg herrschte? Antons Mutter unterstützte ihn, weil sie sah, dass es ihm wirklich ernst war, und erklärte der Lehrkraft den Grund für Antons Verhalten. Diese wunderte sich sehr.

Anton kann es schlecht ertragen, wenn er Ungerechtigkeiten sieht. Wird ein Mitschüler zu Unrecht bestraft oder unfair behandelt, kämpft er für eine gerechte Behandlung. Wenn in seiner eigenen Klassenarbeit eine Antwort als falsch angerechnet wird, während er sich sicher ist, dass sie richtig ist, wehrt er sich ebenso nachdrücklich.

Antons Mutter ist da genauso gestrickt: Antons Schwester Rosa hatte einmal eine Fünf in Biologie, weil eine Antwort, die Rosa richtig beantwortet hatte, als falsch angestrichen war. Daraufhin rief ihre Mutter selbst den Biologielehrer an – mit Erfolg: Die Note wurde berichtigt.

Anton ist ein guter Schüler und hat meistens gute Zensuren. Nur Aufgaben, bei denen er mit anderen zusammenarbeiten muss, fallen ihm ziemlich schwer. Dabei ist er zur Gruppenarbeit durchaus in der Lage. Er merkt aber sofort, dass andere Schüler nicht immer genauso viel Einsatz zeigen wie er. Wenn andere Schüler in der Arbeitsgruppe ihre Arbeit nicht oder, wie Anton findet, nicht gut genug erledigen, steht er vor einem Dilemma: Soll er noch einmal nacharbeiten, womit er die anderen bloßstellt, oder soll er lieber nicht eingreifen, dann bekommt die ganze Gruppe eine schlechtere Note, als zumindest Anton selbst die eigentlich verdient hätte. Das bereitet ihm wirklich Kopfzerbrechen.

Was ist gerecht?

Die Ethik ist ein Teilgebiet der Philosophie, in dem man sich auf die Fragestellung konzentriert, welche Handlungsweise gut ist.

(Moralische) Werte können als Ideale gesehen werden, die angestrebt werden. Beispiele für solche Werte sind Freiheit, Gerechtigkeit, Liebe. Diese Werte spielen eine wichtige Rolle für die Art, wie wir miteinander umgehen und wie wir unsere Gesellschaft gestalten.

Sie tragen zum Gemeinschaftsgefühl und zum Gefühl der Zusammengehörigkeit bei. Werte sind »Wegweiser« bei Entscheidungen, Aufgaben oder Begegnungen.

Ausgehend von diesen Werten geben wir uns selbst bestimmte Normen oder Regeln. Diese formulieren wir als etwas, das man darf oder eben nicht darf: Du sollst nicht stehlen, du sollst nicht töten, du sollst nicht lügen usw. Wenn diese Regeln dann festgeschrieben werden, entstehen Gesetze.

Ohne bestimmte Normen oder Regeln, an die sich alle zu halten haben, würde es gerade in neu entstehenden Gesellschaften drunter und drüber gehen.

Einer der wichtigsten Werte in unserer Gesellschaft ist die Gerechtigkeit.

Nur zwei Beispiele dafür, was Schüler als gerecht empfinden:

  • eine Strafe bekommen, wenn man etwas angestellt hat, was verboten ist,

  • eine gute Note bekommen, wenn man etwas sehr gut gemacht hat.

Das bedeutet auch, dass es für ungerecht gehalten wird, wenn man bestraft wird, obwohl man gar nichts Verbotenes getan hat, oder eine schlechte Note zu bekommen, wenn etwas sehr gut gemacht wurde.

Es gibt also immer eine Art »Norm«, ein Kriterium.

Bei Gerechtigkeit geht es immer darum, dass Menschen in derselben (oder einer vergleichbaren) Situation dieselbe (oder eine vergleichbare) Behandlung erhalten.

Auch Tugenden können als eine Art von Werten gesehen werden. Unter Tugenden werden positive menschliche Eigenschaften, wie z. B. Treue, Fürsorglichkeit usw. verstanden. Näheres zu dem Thema findet sich in dem »Großen Tugend-Buch« (Popov, 1997; 2014).

Auch im Internet gibt es Tests, mit denen man seine persönlichen Werte entdecken kann: www.zollondz-kommunikation.de/messbares-wertemanagement/gratis-wertetest

Zu viel Gerechtigkeitsgefühl?


Wenn Anton sieht, dass ein anderer Schüler für etwas zur Rechenschaft gezogen wird, was er gar nicht getan hat, findet er das ungerecht. Das zugrunde liegende Prinzip lautet: »Jemand darf nur für etwas zur Rechenschaft gezogen oder bestraft werden, wenn er dies auch tatsächlich getan hat.« Wenn das nicht zutrifft, ist die Strafe nicht gerecht: Jemandem geschieht ein Unrecht.

Bei Gruppenarbeiten ist es immer möglich, dass man als Gruppe und somit auch jeder einzelne Schüler eine niedrigere Note bekommen kann, auch wenn man vielleicht eine höhere Note verdient hätte, wenn man allein gearbeitet hätte. Das kannst du ungerecht finden. Es mag ungerecht erscheinen, aber andererseits: Die Note der Gruppe ist immer ein Durchschnitt. Es wäre gut, wenn die Lehrer das den Schülern einsichtig machen könnten.

Für einen Lehrer ist es manchmal gar nicht so leicht, gerechte Entscheidungen zu treffen, schließlich sind alle Schüler unterschiedlich. Und wir wissen auch, dass alle Schüler unterschiedlich lernen. Keiner gleicht dem anderen, aber alle sind gleichwertig. Wenn ein Schüler nicht so intelligent ist, aber unglaublich hart arbeitet, darf das dann nie mit einer guten Note belohnt werden? Diese Frage stellt sich den Lehrkräften ebenso wie die, warum, unter welchen Bedingungen und bei welchen Aufgaben es besser ist, zusammenzuarbeiten als allein. Wir wissen, dass die Zusammenarbeit zu besseren Ergebnissen führen kann. Sie kann auch effizienter sein, sowohl für die Schüler als auch für die Lehrer, und es kann einfach mehr Spaß machen, zusammen an einem Auftrag zu arbeiten. Es bedarf aber einiger Voraussetzungen, damit die Zusammenarbeit von Schülern gut verlaufen kann. Folgendes sollte gut vorbereitet und geklärt sein:

  • die Kriterien, die das Endprodukt erfüllen muss;

  • Rahmenbedingungen: Zeit, Platz und (digitale) Mittel, Betreuung durch die Lehrkraft;

  • das gemeinsame Ziel, eine klare Verteilung von Aufgaben und Verantwortung, Vereinbarungen über die Prozessüberwachung;

  • dem Beitrag jedes Einzelnen sollte Respekt entgegengebracht werden, indem jeder jedem gut zuhört;

  • nach Abschluss des Projekts: eine ausführliche Besprechung und Bewertung.

Anton hält es für ungerecht, ein Fest zu feiern, wenn anderswo Krieg herrscht. Er glaubt, dass er nicht das Recht hat, zu feiern, wenn es anderen Menschen schlecht geht. Das hat also mit einem Vergleich mit anderen Menschen zu tun. »Alle haben das Recht zu feiern«, geht ihm dabei durch den Kopf. »Wenn die Menschen dort das nicht können, darf ich das auch nicht.«

An und für sich ist ein gut entwickeltes Gerechtigkeitsgefühl sehr wichtig. Manchmal kann man dadurch aber auch in verzwickte Situationen geraten. Vielleicht wundert sich Antons Lehrkraft, dass er nicht mitfeiern will, oder erwartet, dass ihn seine Mitschüler deswegen hänseln und ausgrenzen. Vielleicht ist es auch so, dass Anton sehr oft für andere eintritt und seine Lehrer sagen: »Achte doch einmal weniger auf die anderen, die können doch auch für sich selbst sprechen.« Und wie werden sie reagieren, wenn Anton sagt, dass er keine Gruppenarbeiten mehr machen möchte?

In allen diesen Situationen kann sein Gerechtigkeitsgefühl für ihn zu einer erheblichen Belastung werden. Es kann Freundschaften und das gute Verhältnis zu seinen Lehrern beeinträchtigen. Wenn es sein ganzes Leben beherrscht, wird er immer mehr zum Eigenbrötler, ...

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