Bevor auf die Auswirkungen und die daraus resultierenden Folgen des demographischen Wandels näher eingegangen wird, erfolgt zuvor eine Erläuterung der Begriffsdefinition und eine Darstellung der zukünftigen Bevölkerungsentwicklung.
Der Begriff „demographischer Wandel“ steht für eine veränderte Zusammensetzung in der Bevölkerungsgröße und der Bevölkerungsstruktur. Die Einflussfaktoren: Geburtenrate, Lebenserwartung, Sterblichkeitsrate und Wanderungsrate, tragen maßgeblich zum Wohlstand und dem wirtschaftlichen Wachstum bei und prägen die Entwicklung des demographischen Wandels.[6]
Die Alterung der Gesellschaft und die Abnahme der Bevölkerung lassen sich kurzfristig nur wenig beeinflussen. Die Lebenserwartung wird permanent durch verbesserte Lebensbedingungen und eine bessere medizinische Vorsorge erhöht. Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt im Jahre 2060 für Frauen 89,2 Jahre und für Männer 85,0 Jahre.[7] Die nachfolgende Abbildung zeigt die zukünftige Bevölkerungsvorausberechnung:
Abbildung 1: Die 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Destatis [2009], S. 16, Abruf am 26.03.2013
Die Abbildung zeigt, dass die über 65-Jährigen die zukünftige Alterszusammensetzung bilden. Jeder 7. der Bevölkerung wird 80 Jahre oder älter sein. Das entspricht einem Anteil von ca. 10 Mio. der Gesamtbevölkerung. Das Statistische Bundesamt prognostiziert, das im Jahr 2060 ca. 65 Mio. Menschen in Deutschland leben werden und dabei die über 65-Jährigen einen Anteil von 34 Prozent einnehmen.[8] Die nachfolgende Abbildung zeigt die Bevölkerungspyramide, d. h. die Bevölkerungsvorausberechnung der Altersstruktur für das Jahr 2060, bei der ein Wanderungssaldo von 100.000 Personen und eine Geburtenrate von 1,4 Kindern je Frau angenommen wird. Im Anschluss folgt die dazugehörige Tabelle nach Altersgruppen.[9]
Abbildung 2: Bevölkerungsvorausberechnung für das Jahr 2060
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Destatis [2009], S. 45, Abruf am 26.03.2013
Tabelle 1: Bevölkerungsvorausberechnung für das Jahr 2060
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Destatis [2009], S. 45, Abruf am 26.03.2013
Selbst bei einem Anstieg der Geburtenrate und einer Zuwanderung von jährlich 200.000 Menschen würden im besten Fall im Jahr 2060 ca. 70 Mio. Menschen in Deutschland leben. Demnach würden immer noch zwölf Millionen weniger Menschen in Deutschland existieren als im Jahr 2008, so dass diese Lücke nicht geschlossen werden kann - siehe hierzu nachfolgende Abbildung -.[10]
Abbildung 3: Bevölkerung in Deutschland in Millionen
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Destatis [2011], S. 21, Abruf am 26.03.2013
Die verminderte Bevölkerungszahl hat auch einen Einfluss auf das Erwerbspersonal. Die Altersstruktur der im Erwerbsleben stehenden Personen wird immer älter und dies verändert die Belegschaftsstruktur in den Unternehmen.[11]
Das nachfolgende Kapitel beschäftigt sich nunmehr mit den Faktoren, die den demographischen Wandel bestimmen: Geburtenrate, Einwanderung und Erwerbsquote, die einen entscheidenden Einfluss auf das Arbeitspotenzial ausüben.[12]
Die Geburtenrate bleibt nach einer im Jahr 2009 durchgeführten 12. Bevölkerungsvorausberechnung bis zum Jahr 2060 auf einem niedrigen Niveau. Annahmen prognostizieren eine Geburtenquote, die zwischen 1,2 und 1,6 Kindern pro Frau liegt.[13] Die Sterblichkeitsrate übersteigt künftig die Geburtenrate, so dass im Jahr 2030 in Deutschland 17 Prozent weniger Kinder und Jugendliche leben werden. Das Geburtendefizit wird sich somit voraussichtlich bis 2030 um 150 Prozent auf eine Zahl von 410.000 Kindern erhöhen. Um den jetzigen Bevölkerungsstand halten zu können, müsste eine Fertilität, d. h. eine Geburtenrate, von 2,1 Kindern pro Frau erreicht werden.[14] Die abnehmende Geburtenzahl führt künftig zu einer Veränderung bzw. Verschiebung der Altersstrukturen.[15] Der Überschuss der Sterbefälle kann demzufolge durch die Zuwanderung aus dem Ausland nicht kompensiert werden, da diese schon seit Jahren rückläufig ist.[16]
Das zukünftige Erwerbsalter kann durch eine höhere Zuwanderung, d. h. durch eine Bevölkerungsbewegung über die Landesgrenzen hinaus, beeinflusst werden. Die Altersstruktur der im Erwerbsleben stehenden Personen verjüngt sich durch qualifizierte Personen.
Um jedoch das Erwerbspersonenpotenzial - nachfolgend EPP genannt - künftig halten zu können, müsste es eine Nettozuwanderungsrate von jährlich 400.000 Personen geben.[17] Die nachfolgende Tabelle stellt zwei Annahmen des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung - nachfolgend IAB genannt - dar, die einen jährlichen Wanderungssaldo ab dem Jahre 2020 von 100.0000 Personen (Annahme W1) und 200.0000 Personen (Annahme W2) unterstellen.[18]
Übersicht über die Annahmen zur künftigen Entwicklung des Saldos der
Zu- und Abgänge über die Grenzen Deutschlands
Tabelle 2: Übersicht über die Annahmen zur künftigen Entwicklung 2009 - 2060
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Destatis [2009], S. 34, Abruf am 01.04.2013
Die Tabelle zeigt, dass sich durch einen jährlichen Wanderungssaldo von 100.000 Menschen ein Wanderungsgewinn von 4.860.000 und bei einem Wanderungssaldo von jährlich 200.0000 ein Wanderungsgewinn von 9.360.000 Menschen ergeben würde.[19] Eine aktuelle Pressemitteilung vom 14.01.2013 des Statistischen-Bundesamts (Destatis) stellt dar, dass im Jahr 2011 ein hoher Einwanderungsgewinn von 279.000 und im Jahr 2012 von 340.000 Personen verzeichnet werden konnte.[20] Eine höhere Einwanderungszahl beeinflusst den künftigen kumulierten Wanderungsgewinn und steigert zum jetzigen Zeitpunkt die Einwohnerzahl in Deutschland, was wiederum positive ökonomische Effekte mit sich bringt. Laut einer Prognose der Bundesagentur für Arbeit - nachfolgend BA genannt - könnte ein Fachkräftepotenzial von 0,8 Millionen Vollzeitäquivalenten erschlossen werden, wenn ab dem Jahr 2015 jährlich eine Nettozuwanderung von 200.000 Zuwanderern erfolgen würde.[21]
Die Erwerbsquote gibt Auskunft über die Erwerbsbeteiligung und das Erwerbspotenzial. Die Erwerbsbeteiligung der Frauen ist im Jahr 2011 gegenüber den Männern etwas niedriger ausgefallen. Das IAB prognostiziert, dass in den nächsten Jahren die Erwerbsquote der Frauen, die zwischen 30 und 49 Jahre alt sind, ansteigt. Es kann eine Erwerbsbeteiligung von fast 100 Prozent erreicht werden.[22] Die Zahl der Beschäftigten kann demzufolge bis zum Jahr 2020 um ca. 400.000 Arbeitskräfte anwachsen. Hier ist jedoch zu bedenken, dass es sich dabei fast ausschließlich um Teilzeitjobs handelt und diese also nicht voll zur Ausschöpfung des Erwerbspotenzials beitragen. Demzufolge übt dieser Beschäftigungsanstieg nur einen geringen Einfluss auf den demographischen Wandel aus. In der Zeit von 2020 bis 2025 fällt die Beschäftigtenzahl aufgrund des Ausscheidens der Baby-Boomer-Generation in den Ruhestand um rund 500.000 Arbeitskräfte signifikant ab.[23]
Die nachfolgende Abbildung stellt die Arbeitsmarktbilanz des EPPs und der Erwerbstätigen bis zum Jahr 2025 dar.
Abbildung 4: Arbeitsmarktbilanz bis 2025
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Fuchs, Johann/Zika, Gerd [2012], S. 15, Abruf am 05.04.2013[24]
Die Abbildung zeigt, dass das EPP in den nächsten Jahren schrumpft. Die Entwicklung des EPPs wird künftig zunehmend vom Wanderungssaldo beeinflusst und hat Konsequenzen auf die Erwerbsbeteiligung. In der nachfolgenden Abbildung werden drei Szenarien der künftigen Erwerbsbeteiligung und des Wanderungssaldos bis zum Jahr 2025 dargestellt. Szenario 1 beschreibt die Entwicklung der Erwerbsbeteiligung ohne Zuwanderung und bei einer konstanten Erwerbsquote. Bei dieser Darstellung würde das EPP sehr stark schrumpfen und es würde im Jahr 2020 gerade noch 38 Mio....