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Faktor Fünf

Die Formel für nachhaltiges Wachstum

AutorErnst Ulrich von Weizsäcker, Karlson Hargroves, Michael Smith
VerlagVerlagsgruppe Droemer Knaur
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl320 Seiten
ISBN9783426400227
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,99 EUR
Eine Revolution des Wirtschaftens kündigt sich an Die Welt wird sich im 21. Jahrhundert grundlegend verändern. Entweder lernt die Menschheit, nachhaltig mit der Erde umzugehen, oder die Natur wird zurückschlagen. Mit Faktor Fünf stellen Ernst Ulrich von Weizsäcker und seine Koautoren das Konzept eines zukunftssicheren, umweltschonenden Wirtschaftens vor. Sie zeigen, wie wir die Rohstoffe effizienter nutzen und mit dem Einsatz neuer Technologien sogar Wohlstand und Lebensqualität wachsen lassen können. Dieser neue Bericht an den Club of Rome ist eine überzeugende Antwort auf die gegenwärtigen ökologischen Herausforderungen.

Ernst Ulrich von Weizsäcker war Professor für Biologie an der Universität Essen, Präsident der Universität/GH Kassel, Direktor am UNO Zentrum für Wissenschaft und Technologie in New York, Direktor des Instituts für Europäische Umweltpolitik in Bonn und Präsident des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie. 1998-2005 war der MdB für die SPD, 2006-2008 lehrte er an der University of California, USA. 2008 wurde er mit dem Deutschen Umweltpreis ausgezeichnet. Heute lebt er in Emmendingen.

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Leseprobe

1
Faktor Fünf quer durch die Wirtschaft


Ausgangspunkt Faktor Vier


Das Buch Faktor Vier ist unser Ausgangspunkt. Anhand von 50 Fallbeispielen aus aller Welt hatte es das Potenzial zu einer dramatischen Verbesserung in der Nutzung von Energie und anderen Ressourcen aufgezeigt. Das Buch hatte Wirkung. Ingenieure fühlten sich inspiriert, Unternehmer herausgefordert, und in der Politik rieben sich viele die Augen. Es entstand ein Gefühl, dass man das Denken über Innovationen, Klimaschutz und Wertschöpfung radikal ändern könnte. Faktor Vier inspirierte uns in Australien, zusammen mit einigen wenigen anderen Büchern, zur Gründung von The Natural Edge Project (TNEP), einer Denkfabrik der Nachhaltigkeit. Wir sahen, dass gewaltige Verbesserungen der Ressourceneffizienz und damit eine große Entlastung der schwer bedrohten Umwelt möglich waren. Und die zugehörigen Ingenieursaufgaben sahen regelrecht aufregend aus. Faktor Vier, das in zwölf Sprachen übersetzt wurde, bewies, wie wichtig es war, dass sowohl Wirtschaft als auch Politik einen Schritt weitergingen: von der Eindämmung von Umweltbelastungen hin zu einer Innovationslawine, die schlussendlich sogar zu einer Vermeidung von Umweltbelastungen führen könnte.

Die Fallstudien in Faktor Vier umfassten:

  • 20 Beispiele der Vervierfachung der Energieproduktivität, unter anderem bei Autos, Gebäuden, Fenstern, unterschiedlichsten Geräten einschließlich Pumpen, Motoren und Klimaanlagen, bei Beleuchtung, Büroausstattung einschließlich Computer bis hin zur Herstellung von Nahrungsmitteln.

  • 15 Beispiele zur Materialproduktivität, etwa durch den Einsatz langlebiger Produkte, E-Books und elektronischer Kataloge, Reduzierung des Materialflusses in der Produktion, Umbau statt Abbruch von Gebäuden, Chemikalienleasing und diverse Recyclingmethoden.

  • Fünf Beispiele zur Wasserproduktivität, am wichtigsten in der Landwirtschaft (Tröpfchenbewässerung; Baumwollproduktion), in der Industrie sowie in Privathaushalten.

  • Zehn Beispiele zur Transportproduktivität: Autodesign und Carsharing, ultraleichte Züge, Stadtplanung für Expressbusse, verkehrssparende Logistik, Videokonferenzen und E-Mail-Kommunikation (um Reisen zu vermeiden).

Nun also, 15 Jahre später, ein neues Buch: Faktor Fünf. Wir sehen jetzt sogar ein Potenzial für eine fünffache Erhöhung der Ressourcenproduktivität. Dieses beschreiben wir in Teil I und gehen dabei quer durch die Hauptbereiche der Wirtschaft: Gebäudebau, (Schwer-)Industrie, Landwirtschaft und Verkehr (Online-Branchenstudien aus den Sektoren Papierindustrie, Informationstechnologie sowie Nahrungsmittel- und Gaststättengewerbe ergänzen und unterstützen unsere Thesen; siehe dazu www.factorfiveonline.info). Viele der Verbesserungen, die wir vorstellen, sind rentierlich. Aber wir vermuten, dass eine breite Durchsetzung erst dann erfolgt, wenn die Rahmenbedingungen sich entsprechend verändert haben. Der Markt hat ja auch die Technologien aus Faktor Vier nur sehr zögerlich angenommen.

Faktor Fünf soll Faktor Vier nicht ersetzen, sondern ergänzen, weshalb wir allen, die es noch nicht kennen, raten, auch Faktor Vier noch zu lesen.[27] Die beiden Bücher zusammen zeigen, wo und wie die Ressourcenproduktivität um mindestens 75 bis 80 % gesteigert werden kann. Faktor Fünf konzentriert sich dabei bewusst auf die Sektoren, die weltweit den höchsten Verbrauch an Energie, Wasser und Rohstoffen sowie die höchsten Treibhausgasemissionen verursachen.

Teil I erläutert die technischen Bemühungen um kosteneffektive Verbesserungen der Ressourcenproduktivität. Teil II, im Wesentlichen aus der Feder von Ernst von Weizsäcker, enthält unsere Überlegungen zur politischen Umsetzung und befasst sich unter anderem mit dem Ordnungsrecht, ökonomischen Instrumenten, dem sogenannten Rebound-Dilemma und der kühnen Idee einer sehr langfristig angelegten ökologischen Steuerreform. Und dann geht es ums Eingemachte der Politik: eine neue Balance zwischen privaten und öffentlichen Gütern, und schließlich sogar um die Aufforderung zur Genügsamkeit, oder Suffizienz – bislang ein völliges politisches Tabu.

 

Das Wichtigste beim Betreten von Neuland ist, erst einmal die richtigen Fragen zu stellen, statt auf den Antworten auf falsche Fragen sitzen zu bleiben. Neudeutsch nennt man das vielleicht ein moderiertes Scoping (bei komplexen Planungs-, Management- und Herstellungsprozessen).

Dieser Prozess beginnt meist mit der Frage »Welches Produkt (oder welche Dienstleistung) wird verlangt, und wie kann man es mit niedrigerer Umweltbelastung zur Verfügung stellen?« Eine solche Frage führt fast unweigerlich zu ganz anderen, neuen Entwürfen, die das Produkt dramatisch ändern können – und dennoch gleichwertige Leistungen bieten. Wie die Branchenstudien in diesem Buch zeigen, gibt es mittlerweile eine ganze Reihe von Optionen, die sowohl die Bedürfnisse unserer Gesellschaft befriedigen als auch eine entscheidend geringere Umweltbelastung aufweisen als frühere Lösungen. Martin Dwyer, Direktor der Abteilung praktisches Ingenieurwesen und berufliche Weiterbildung der Institution for Engineers Australia, erklärte bei einem Rückblick auf die Arbeit zu seinem Buch Whole System Design: »In Systemen zu denken und die richtigen Fragen zu stellen eröffnet weit mehr Gestaltungsoptionen und -lösungen, als wir zunächst glauben. Und manche dieser Lösungen bringen durchschlagende Verbesserungen, die über die Summe der einzelnen Verbesserungen weit hinausgehen.«[28]

Um Klienten und Partner zu treffen, nutzen zum Beispiel viele Unternehmen nun Videokonferenzen, um Reisekosten zu mindern. Immer mehr Architekten und Raumgestalter setzen bei der Beleuchtung auf natürliches Licht, lichtleitende Regalböden und technologisch fortgeschrittene Lampen, um energieintensives Licht zu vermeiden. Und viele Restaurants nutzen jetzt hochisolierte Herde, um die Hitzeentwicklung einzudämmen, die ihrerseits eine energiefressende Klimaanlage nötig macht.

Auch im größeren Maßstab tut sich einiges. So arbeiten innovative Unternehmen mit Geopolymer-Zement als Ersatz für den Energiefresser Portlandzement. Stromkonzerne fördern Energieeffizienz bei ihren Kunden und freuen sich über ihre eigenen eingesparten Kapitalkosten von Kraftwerksneubauten. Wer am Anfang eines Entwicklungs- oder auch eines Umrüstungsprozesses die richtigen Fragen stellt, kann rechtzeitig Klarheit über rentablere Strategien gewinnen. Man kommt zu alternativen Wegen zum Ziel, und oft ist die Verminderung von Ressourcennachfrage der Schlüssel zum Erfolg.

Ein Autokonzern sollte sich fragen, was sein Produkt bietet – die Antwort heißt im Wesentlichen Mobilität. Nächste Frage: Gibt es nicht Möglichkeiten, Mobilität und geringere Umweltbelastung miteinander zu verbinden? Damit ist Kern und Ziel unseres Kapitels 5 beschrieben. Viel Mobilität und Komfort mit weniger Auto- (und Flugzeug-)Bedarf. Rasche, komfortable öffentliche Verkehrsmittel sind ein Teil der Lösung. Da können sich »Mobilitätskonzerne« engagieren und gut Geld verdienen. Ähnlich beim Güterverkehr: Man muss doch nicht alle Profite über einen straßenverstopfenden, uneleganten, klimaschädlichen Lkw-Verkehr machen.

Die grundlegende Prämisse von Faktor Vier und Faktor Fünf ist, dass die Menschen nicht Treibstoff oder Autos wollen, nicht Kilowattstunden oder Kohlekraftwerke, nicht Elektronen oder Glühbirnen, nicht Blechbüchsen oder Aludosen, sondern die »Dienstleistung«, die diese Dinge bieten: Mobilität, Energie, Licht oder die Möglichkeit zur Lagerung von Nahrungsmitteln und Getränken. Ein ganzheitlicher Ansatz in Entwicklung, Konstruktion und Design eröffnet ein weites Feld aufregender Möglichkeiten. Statt überbordender Lieferungen von Waren und Dienstleistungen elegante Pakete mit hohem Komfort und wenig Abfall. Und was man an Produkten braucht, kann umweltschonend hergestellt werden, etwa mit erneuerbaren Energien, rezykliertem Metall, Nahrung aus der Nachbarschaft statt über die Ozeane geflogen. Verbraucher/innen brauchen gar nicht viel von all den Veränderungen im Hintergrund zu merken. Der gewünschte Service bleibt ja erhalten. Für Klima und Umwelt eine riesige Entlastung.

Gewiss sollen Konsumenten ihren Wunsch artikulieren, den Naturverbrauch zu reduzieren. Und sie können auch selbst viel dafür tun. Ist das Auto für den Weg zur Arbeit nötig? Wenn die Bahn schneller, billiger und zuverlässiger wäre, könnte man das Auto stehen lassen. Zurzeit ist das vielerorts eine Utopie. Wenn das öffentliche Verkehrssystem aber in geeigneter Weise ausgebaut und ausgestaltet wird, wie das in einigen Städten[29]heute schon der Fall ist, steigen viele um, und Energieverbrauch und Klimabelastung nehmen ab. Die Branchenstudien in Teil I dieses Buches befassen sich mit Bereichen der Wirtschaft, die die Grundbedürfnisse der Menschen befriedigen: ein Dach über dem Kopf, ein Arbeitsplatz und ein Platz zum Spielen (Gestaltung von Gebäuden, Stahl- und Zementherstellung); Nahrung und Wasser (Methoden und Tätigkeiten der Landwirtschaft); Mobilität und Handel (Verkehr). Dinge, die die Menschen zum Leben brauchen. Dinge oder Dienstleistungen, bei denen die Ressourcenproduktivität kräftig erhöht, der Ressourcenverbrauch und die damit verbundene Umweltbelastung vermindert werden können. An einigen Stellen merkt man dann auch, dass...

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