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E-Book

FBI

Die wahre Geschichte einer legendären Organisation

AutorTim Weiner
VerlagS. Fischer Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl704 Seiten
ISBN9783104007830
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
Hervorragend recherchiert, mitreißend erzählt: die dunkle Geschichte des FBI Wie bereits in seinem Weltbestseller ?CIA? schreibt der zweifache Pulitzer-Preisträger Tim Weiner mit »FBI« die Geschichte einer legendären und mächtigen Organisation neu. Sein glänzend recherchiertes und spannend geschriebenes Buch, das u.a. auf bislang unbekannten Quellen basiert, erhellt auf eindrucksvolle Weise die dunklen Seiten der amerikanischen Geschichte und stellt die Machenschaften des FBI in einen profunden politischen Kontext. Ein Buch packender als ein Thriller. »Eine brillante Reportage über eine der schillerndsten Institutionen der USA.« Deutschlandradio Kultur »Und wieder zeigt sich Weiner als ein Meister des thrillerhaften Sachbuchs. Selten dürfte so fundiert und spannend zugleich das System der amerikanischen Geheimdienste beschrieben worden sein wie hier.« Neue Zürcher Zeitung »So altertümlich es klingen mag: ?FBI. Die wahre Geschichte einer legendären Organisation? ist eine Sittengeschichte des zwanzigsten Jahrhunderts. Ein spannendes Sachbuch, das ohne jede Hysterie darlegt, was in den letzten gut 120 Jahren falsch gelaufen ist und warum.« Krimi-Couch.de »Weiners größtes Verdienst [...] ist, dass er alle Intrigen und Aktionen sorgfältig in ihren politisch-historischen Kontext einbettet und nie aus den Augen verliert, dass zur Demokratie auch die Spannung zwischen bürgerlicher Freiheit und nationaler Sicherheit gehört. Und es verschlägt einem beim Lesen mancher alten Politikersprüche den Atem, sie klingen wie von heute.« Deutschlandradio Kultur

Tim Weiner war lange Journalist bei der »New York Times« und gilt als einer der intimsten Kenner des amerikanischen Geheimdienstsystems. Der Watergate-Skandal gab seinerzeit den Ausschlag für seinen Wunsch, investigativer Journalist zu werden. Für seine Reportagen und seine Berichterstattung über das geheime »National Security Program«, das die CIA gemeinsam mit dem Pentagon heimlich ins Leben gerufen hatte, erhielt er zwei Pulitzer-Preise. Er berichtete als Korrespondent aus Afghanistan, Pakistan, dem Sudan und weiteren 15 Staaten. Für ?CIA. Die ganze Geschichte? wurde er 2007 mit dem National Book Award und dem Los Angeles Times Book Award for History ausgezeichnet.Literaturpreise:National Book Award 2007Los Angeles Times Book Award for History 2007

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Leseprobe

1 Anarchie


Am Donnerstagmorgen, dem 26. Juli 1917, zog J. Edgar Hoover in den Krieg. Der Zweiundzwanzigjährige verließ sein Elternhaus in Washington, D. C., um ein neues Leben im Justizministerium zu beginnen: als Fußsoldat im Heer der Gesetzeshüter, die gegen Spione, Saboteure, Kommunisten und Anarchisten in den Vereinigten Staaten zu Felde zogen.

Amerika war im April in den Ersten Weltkrieg eingetreten. Die ersten amerikanischen Truppenkontingente landeten in Frankreich, unvorbereitet auf die Gräuel, die sie erwarteten. An der Heimatfront machte sich die Angst vor Sabotageakten deutscher Geheimagenten breit. Seit dem Sprengstoffanschlag auf ein riesiges Munitionsdepot mit Kriegsgütern ein Jahr zuvor war das Land in höchster Alarmbereitschaft. Am 30. Juli 1916 waren auf Black Tom Island am westlichen Ende des New Yorker Hafens kurz nach Mitternacht 2000 Tonnen Sprengstoff in die Luft geflogen. Sieben Menschen kamen dabei ums Leben. In Manhattan gingen durch die Schockwellen tausende Fensterscheiben zu Bruch. Die Freiheitsstatue wurde durch Granatsplitter beschädigt.

Hoover arbeitete in der Sonderabteilung des Justizministeriums für Kriegsangelegenheiten, die einen weiteren derartigen Anschlag verhindern sollte. Er bewies Kampfgeist und ein Geschick, seine Vorgesetzten zu beeinflussen. Sein Chef, John Lord O’Brian, war voll des Lobes. Hoover »arbeitete Tag und Nacht und auch am Sonntag, wie ich«, sagte er. »Ich habe ihn mehrmals befördert, einzig und allein aufgrund seiner persönlichen Leistungen.«[1]

Binnen eines Jahres stieg Hoover an die Spitze des Alien Enemy Bureau auf und war damit innerhalb der War Emergency Division zuständig für die Identifizierung und Inhaftierung politisch verdächtiger Ausländer, die in den Vereinigten Staaten lebten. Mit nur dreiundzwanzig Jahren war er für mehr als 6200 in Lagern internierte Deutsche und 450000 weitere verantwortlich, die vom Staat überwacht wurden. Mit vierundzwanzig Jahren wurde ihm die Leitung der neugeschaffenen Radical Division des Justizministeriums übertragen. Er führte die größten Antiterror-Operationen in der Geschichte der Vereinigten Staaten und verfügte die Festnahme tausender als Radikale Verdächtigter überall im Land. Er hatte keine Gewehre und keine Munition. Seine Waffe war die geheimdienstliche Aufklärung.

Hoover verbrachte sein ganzes Leben in Washington, D. C., wo er am Neujahrstag 1895 als jüngstes von vier Kindern geboren wurde. Er war der Sohn und Enkel von Staatsbeamten. Sein Vater Dickerson litt unter Depressionen; eine tiefe Schwermut kostete ihn seine Stelle als Kartograph und trug wahrscheinlich zu seinem frühen Tod bei. Hoover hatte eine fürsorgliche, aber mürrische Mutter, Annie. Er wohnte die ersten 43 Jahre seines Lebens mit ihr in seinem Elternhaus, bis sie starb. Mehreren engen Mitarbeitern vertraute er an, er bleibe Junggeselle aus Angst, an die falsche Frau zu geraten. Eine schlechte Ehe wäre sein Untergang. Hoovers Nichte Margaret Fennell, die mit ihm zusammen aufwuchs und 60 Jahre den Kontakt zu ihm hielt, kannte ihn besser als jeder andere. »Manchmal dachte ich, dass er tatsächlich – ich weiß nicht, wie ich sagen soll – Angst hatte, anderen zu nahe zu kommen«, sagte sie. Wenn er über seine Hingabe zu Gott und seine Treue zu seinem Land hinaus jemals einem Menschen seine Zuneigung zeigte, dann geschah dies ohne Zeugen. Er war sentimental, wenn es um Hunde ging, Menschen gegenüber äußerte er keine Gefühle. Wie es in seinem Innern aussah, blieb selbst seinen nächsten Angehörigen und seinen wenigen guten Freunden ein Rätsel.[2]

In seiner Jugend lernte Hoover zu exerzieren und formallogisch zu argumentieren. Das Drillteam und der Debattierclub der Central High School waren die Highlights seines Lebens. Der Debattierclub der Central High war der beste in der Stadt und Hoover einer seiner Stars. In der Schulzeitung wurden sein Kampfgeist und seine »kühle, unerbittliche Logik« gelobt. Der Zeitung sagte er nach einem dramatischen Sieg über eine andere College-Mannschaft, das Debattieren sei für ihn »ein praktisches und nutzbringendes Abbild des Lebens«, das »im Grunde genommen nichts anderes ist als das Kräftemessen eines menschlichen Verstandes mit einem anderen.«[3]

Unmittelbar nach seinem Highschool-Abschluss trat Hoover in den Staatsdienst ein. Sämtliche Regierungsgebäude lagen in seiner Reichweite. Hoovers einstöckiges Wohnhaus war sechs Straßen südöstlich des Capitol Hill, auf dem sich die beiden Kammern von Senat und Repräsentantenhaus mit ihren Kronleuchtern, der gewaltige Tempel des Obersten Gerichtshofs und die Library of Congress mit ihren hohen Deckengewölben und Buntglasfenstern befanden. Pflichtbewusst besuchte Hoover die Sonntagsgottesdienste der presbyterianischen Kirche, doch die Kongressbibliothek war die weltliche Kathedrale seiner Jugend. Die ehrfürchtige Stille im Hauptlesesaal vermittelte das Gefühl, dass alles Wissen verfügbar war, wenn man nur wusste, wo man zu suchen hatte. Die Bibliothek, 1897 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, besaß sämtliche Bücher, die in den Vereinigten Staaten jemals herausgebracht wurden. Sie hatte ein eigenes Katalogsystem, dessen Feinheiten Hoover im Detail kennenlernte, zuerst als Bote, dann als Mitarbeiter in der Titelaufnahme. Mit dem Katalogisieren, dem Einordnen und der Informationssuche verdiente er sich das Geld für sein Studium. Tagsüber arbeitete er in der Bibliothek, am frühen Abend und in den Sommermonaten vormittags studierte er an der George-Washington-Universität, wo er im Juni 1917 sein Juraexamen ablegte. Hoover meldete sich zum Militärdienst, wurde aber nicht eingezogen und ging ins Justizministerium, um an der Heimatfront zu kämpfen.

»Die größte Bedrohung«


Am 6. April 1917, dem Tag, an dem die Vereinigten Staaten in den Ersten Weltkrieg eintraten, unterzeichnete Präsident Woodrow W. Wilson einen Präsidialerlass, mit dem er das Justizministerium ermächtigte, jeden als illoyal eingestuften Ausländer ohne Gerichtsprozess zu verhaften und einzusperren. Er sagte dem amerikanischen Volk, Deutschland habe »unsere arglosen Gemeinden, ja sogar unsere Regierungsbehörden mit Spionen durchsetzt und überall verbrecherische Intrigen angezettelt«.[4] Damit schürte Wilson die Angst im ganzen Land, und diese Angst war für das Justizministerium eine schwere Bürde. »Nach der Kriegserklärung«, sagte O’Brian, »gab es Leute, die mit einer wahren Terrorherrschaft in Amerika rechneten.«[5]

Hoover und seine Kollegen brüteten Tag und Nacht in den kleinen, verrauchten Zimmern der Abteilung für Kriegsangelegenheiten und des Alien Enemy Bureau über bruchstückhaften Berichten zur Bedrohung Amerikas durch das Ausland. Sie ähnelten Feuerwehrleuten, die ständig einen Fehlalarm hörten. Wie O’Brian sich erinnerte, standen sie unter »enormem Druck«, konfrontiert mit der Forderung von Politikern und Öffentlichkeit, verdächtige Amerikaner und Ausländer »unterschiedslos zu verfolgen« und »unschädlich zu machen«, oft nur »aufgrund leichtfertiger Gerüchte«.[6]

Vor dem Anschlag auf Black Tom hatte »die Bevölkerung dieses Landes keinerlei Erfahrungen mit subversiven Aktivitäten«, so O’Brian. »Auch die Regierung war unvorbereitet.« Nach Black Tom wurden den Behörden tausende potentielle Bedrohungen gemeldet. Die amerikanische Führung befürchtete, der Feind könne überall und jederzeit erneut zuschlagen.

Die deutschen Drahtzieher des Anschlags von Black Tom Island waren seit Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Sommer 1914 aktiv. Sie wollten Washington infiltrieren und die Wall Street unterminieren, und sie rekrutierten irische und Hindu-Nationalisten für Anschläge auf amerikanische Ziele. Von Mexiko und Kanada aus bereiteten sie verdeckte Operationen gegen die Vereinigten Staaten vor.

Während Hoover Anfang 1915 noch an der Abenduniversität Jura studierte, ergingen an den deutschen Militärattaché in den Vereinigten Staaten, Hauptmann Franz von Papen, geheime Befehle aus Berlin: Er sollte den Kampfeswillen Amerikas untergraben. Von Papen begann, in den Vereinigten Staaten eine Propagandamaschinerie aufzubauen. Die Deutschen sicherten sich die Kontrolle über eine große New Yorker Tageszeitung, die Evening Mail. Über Strohmänner wurden Verhandlungen über den Kauf der Washington Post und der New Yorker Sun geführt. Politische Schieber, korrupte Journalisten und bestechliche Detektive machten mit den Deutschen gemeinsame Sache.[7]

Doch nach der Torpedierung des britischen Passagierschiffs Lusitania am 7. Mai 1915 durch ein deutsches U-Boot, bei der 1119 Menschen, darunter 274 Amerikaner, ums Leben kamen, kabelte der deutsche Botschafter verdrossen nach Berlin, dass »unsere hiesige Propaganda unter dem Eindruck des Lusitania-Zwischenfalls gänzlich zusammengebrochen ist«.[8] Die Amerikaner waren empört über den Anschlag auf Zivilisten; das politische und diplomatische Ansehen Deutschlands in den Vereinigten Staaten nahm schweren Schaden. Präsident Wilson ordnete die Überwachung des gesamten deutschen Botschaftspersonals in den Vereinigten Staaten an. Außenminister Robert Lansing ließ die deutschen Diplomaten durch Geheimagenten abhören. Zum Jahresende wurden von Papen und die anderen Attachés ausgewiesen.

Als...

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