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Festschrift für Rainer Hamm zum 65. Geburtstag am 24. Februar 2008

VerlagWalter de Gruyter GmbH & Co.KG
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl885 Seiten
ISBN9783899495881
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis249,00 EUR

This Festschrift is dedicated to the renowned criminal defense lawyer Rainer Hamm.

 



Regina Michalke, Rechtsanwälte Hamm & Partner, Frankfurt am Main; Wolfgang Köberer, Rechtsanwälte Hamm & Partner, Frankfurt am Main; Jürgen Pauly, Rechtsanwälte Hamm & Partner, Frankfurt am Main; Stefan Kirsch, Rechtsanwälte Hamm & Partner, Frankfurt am Main.

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Leseprobe
Der Fall Havemann (S. 357-358)

Auf den Spuren einer Rechtsbeugung

Detlef Krauss

Vom Januar bis August 2000 führte die 1. große Strafkammer des Landgerichts Neuruppin die zweite Hauptverhandlung im „Fall Havemann“ durch, das erste Urteil des Landgerichts Frankfurt/Oder, das mit dem Freispruch aller sieben Angeklagten endete, hatte der 5. Strafsenat des BGH durch Urteil vom 10.12.1998 zum Nachteil von vier Angeklagten aufgehoben und zurückverwiesen.1 Vor dem Landgericht Neuruppin ging es schließlich nur noch um zwei Angeklagte, einen Staatsanwalt und eine (leitende) Staatsanwältin, die beiden anderen Angeklagten, beide Richter, waren zwischenzeitlich verstorben.

Ich habe an dem Verfahren als zweiter Pflichtverteidiger des angeklagten Staatsanwalts P. mitgewirkt. Der Prozess geht mir seither nicht mehr aus dem Kopf. Die Beweisaufnahme vor Gericht und mehr noch das Studium ganzer Aktenberge, zum Teil als Hausaufgaben im Selbstleseverfahren, zum Teil aus den Vorakten und allen möglichen Archiven zusammengetragen, fügten sich zu einem bizarren, bedrohlichen und immer auch skurrilen Stück DDR-Geschichte, wie es sich meine Schulweisheit nicht hatte träumen lassen.

Die beiden Angeklagten, die nur Vertreter und Vertreterin einer „normalen“ Strafjustiz zu sein schienen (und es wohl auch waren), passten nicht in das Bild. Das ganze Verfahren, das seine beruhigende Routine aus der Fairness von Gericht und Staatsanwalt erhielt und dessen Weg und Ende doch in bedenklicher Weise von einem wenig stimmigen Revisionsurteil des BGH vorgegeben war, setzte lauter Fragezeichen – ein weiterer Akt in dem Lehrstück über eine Grundfrage der deutsch-deutschen Vereinigung: ob man strafrechtliche Verfehlungen rückwirkend in ein vormals anderes Rechtssystem hinein aburteilen kann.

Irgendwann, so habe ich seither oft gedacht, schreibe ich einmal darüber. Die Festschrift für Rainer Hamm scheint eine gute Gelegenheit. Am besten fängt man mit Havemann selbst an (I). Auf unserer Spurensuche geht es dann zunächst um die vom Bundesgerichtshof geleistete Grundlegung zur Frage der Strafbarkeit von DDR-Alttaten im Allgemeinen und von Rechtsbeugung durch Richter und Staatsanwälte im Besonderen (II). Es folgen die Urteile des Landgerichts Frankfurt/Oder (III), des BGH als Revisionsinstanz (IV) und des Landgerichts Neuruppin als Neuauflage der tatrichterlichen Entscheidung (V). Das schafft die Voraussetzungen, um die Problematik der Rechtsbeugung im „Fall Havemann“ im Zusammenhang darzustellen (VI). Am Ende führt die Spurensuche noch einmal zum „Fall Havemann“ (VII) und zur Rechtsbeugung (VIII).

I.

Robert Havemann steht für eine faszinierende deutsche Biografie.2 Am 16.12.1943 ist er vom Volksgerichtshof unter Vorsitz von Roland Freisler, zusammen mit anderen Mitgliedern der Widerstandsgruppe „Europäische Union“, zum Tode verurteilt worden. Während die Mitverurteilten hingerichtet wurden, setzte das Reichsjustizministerium die Vollstreckung des Urteils gegen den damals 33-jährigen Havemann aus und inhaftierte ihn im Zuchthaus Brandenburg, „einflussreiche Freunde“ und das Interesse des Machthabers an Havemanns Forschungsarbeiten – er durfte in der Haft weiter arbeiten – mögen zusammengekommen sein.

Nach dem Kriege (1951) wurde Havemann als überzeugter Kommunist Mitglied der SED. Er war Spitzel für den sowjetischen Geheimdienst, wenig später (1953–63), in der exponierten Stellung als Prorektor für Studienangelegenheiten an der Humboldt- Universität, auch Inoffizieller Mitarbeiter (IM) der Staatssicherheit. Nach dem 20. Parteitag der KPdSU (1956) wandelte er sich allmählich vom engagierten Parteimitglied zum hartnäckigen Partei- und Regimekritiker.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Inhalt7
In Treue gegen die Untreue17
Kleider machen Strafverteidiger!?37
Die „Plausibilitätsrüge“57
Aussage gegen Aussage – zur Entwicklung der revisionsgerichtlichen Rechtsprechung und der Aussagepsychologie69
Strafrechtswissenschaft und strafrechtliche Rechtsprechung – Fremde seltsame Welten79
Der sog. „erweiterte Suizid“ – ein problematischer Begriff?99
Auf dem Weg zum Jüngsten Gericht117
Und bist du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt123
Kann der Verstoß gegen die VOB/B eine Untreue sein?137
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die Entziehung der Fahrerlaubnis153
Ästhetische Bildung als Prävention?175
Konsens im Strafprozeß187
Das Auto im Garten und § 142 StGB207
Bloß nicht aus der Rolle fallen …219
Pflichtwidrigkeit und Vorsatz bei der Untreue (§ 266 StGB) am Beispiel der sog. Kredituntreue227
Und es (ver)lockt die Beschuldigung243
Das Unrecht der Strafvereitelung251
Bestechende Untreue?271
Zweierlei Unrecht285
Zum Akteneinsichtsrecht Privater nach § 475 StPO305
Zur Rechtsfolgenfestsetzungskompetenz des Revisionsgerichts319
Der Datenschutzbeauftragte als Hilfsbeamter der Staatsanwaltschaft?341
Zur Vermögensbetreuungspflicht entsandter Aufsichtsratsmitglieder (§ 101 Abs. 2 AktG) gegenüber dem Entsendenden357
Der Fall Havemann373
Die Revisionsbegründung zu Protokoll der Geschäftsstelle und effektiver Rechtsschutz399
Der „Frankfurter Arbeitskreis Strafrecht“413
Das Protokoll im Strafverfahren421
Verständigung im Strafverfahren435
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Rechtsmittel459
Abgeordnetenbestechung (§ 108e StGB)475
Zur Kontinuität des Antisemitismus der Schuldabwehr493
Gedanken zum letzten Wort des Angeklagten505
Die Erzeugung prozessualer Gewalt durch die Auslegung materiellen Rechts513
Fort- und Weiterbildung in Forensischer Psychiatrie531
Die Katze im Bier, oder: die Abgrenzung von Tatfrage und Rechtsfrage im strafprozessualen Revisionsrecht541
Der Kontinuitätsgrundsatz – ein unentdecktes Prinzip des Beweisantragsrechts553
Mündlichkeit der Hauptverhandlung und Revisionsrecht573
Kriminalpolitik in der Mediengesellschaft591
Marginalien zum Ablehnungsrecht603
Bruchstellen eines Menschenrechts: Schweigen gefährdet611
Die Befugnisse von Nachrichtendiensten und Polizei – faktischer Tod dem Trennungsgebot?631
Eine erfolgreiche Beschwerde des Rechtsanwalts Professor Dr. H.645
Die Staatsanwaltschaft – ein politisches Instrument?659
Zur Immunisierung tatrichterlicher Urteile gegen verfahrensrechtlich begründete Revisionen671
Der Täter-Opfer-Ausgleich693
Der Ausbau der Opferstellung im Strafprozeß – Fluch oder Segen?703
Zur Zulässigkeit staatsanwaltschaftlicher Vorermittlungen717
Auf der Rutschbahn in die Überwachbarkeit735
Beschlagnahme von Computerdaten und E-Mails beim Berater749
Zum Beschlagnahmeschutz der Handakten des Unternehmensanwalts767
Das allgemeine Schädigungsverbot des § 266 Abs. 1 StGB783
Neuregelungen der Maßregeln der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt in Bund und Ländern799
Untreue und Gesellschaftsrecht819
Rainer Hamm und das Strafrecht in der NJW831
Menschliche Gattung als Rechtsgut?845
Regelungsdefizite und Regelungspannen im Achten Buch der Strafprozessordnung857
Verzeichnis der Schriften von Rainer Hamm867
Autorenverzeichnis883

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