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E-Book

Feuer der Sehnsucht

Spiritualität einfach leben - Vorwort von Konstantin Wecker

AutorClaudia Mönius
VerlagGütersloher Verlagshaus
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl256 Seiten
ISBN9783641225490
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
»Religion, entrümpelt um Machtanspruch und Manipulation, kann heilsam sein.« (Claudia Mönius)
Ist mein Glaube wirklich Schnee von gestern? Kann ich meine Sehnsucht nach Spiritualität leben, ohne mich zwischen scheinbar moderner Esoterik und altbacken wirkender christlicher Religion entscheiden zu müssen? Gibt es Religiosität jenseits von Kirche und wie kann ich sie in meinem Alltag leben?
Claudia Mönius holt Gottes- und Glaubenserfahrungen aus der gesellschaftlichen Tabuzone und regt zum Austausch über spirituelle Erfahrungen an. Eine differenzierte Auseinandersetzung mit der christlich-spirituellen Tradition - auch als Basis für Toleranz und Offenheit gegenüber Menschen mit anderem kulturellem und religiösem Hintergrund.
  • Damit Spiritualität lebt
  • Glaube und Freiheit haben miteinander zu tun
  • Alltagsrelevant und persönlich
  • Eine neue Spiritualität, die Überliefertes integriert und weitet
  • Mit einem Vorwort von Konstantin Wecker


Claudia Mönius, geboren 1968, studierte Sprachen, Wirtschafts- und Kulturraumstudien. Trotz traumatischer Erfahrungen im Umfeld der Kirche fand sie zu ihren christlich-spirituellen Wurzeln zurück. Sie lehrt an zwei Hochschulen und arbeitet selbstständig als Coach im Bereich Persönlichkeitsentwicklung.

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Leseprobe

2. GOTT NEU BEGEGNEN IM GEBET

»Diejenigen, die tanzten, wurden von denjenigen, die die Musik nicht hören konnten, für verrückt gehalten.«

Angela Monet8

Wenn ich manchmal über diese Art, Gott zu begegnen, mit Menschen spreche, sagen sie mir mit leiser Stimme: »Ich weiß gar nicht, wie Beten geht.« Muss oder kann man beten lernen? Ja und nein. Nicht in dem Sinn, dass man unbedingt vorgefertigte Gebete braucht, die man in genau dieser Form nachbeten muss. Beten kann unendlich vielfältig sein und bedeutet meiner Meinung nach: bewusst Zeit mit Gott verbringen beziehungsweise ihm bewusst Aufmerksamkeit schenken und sich ihm zuwenden. Das braucht weder eine feste Form noch einen fixen Ort. Was es braucht, und das ist das, was man lernen und einüben kann, ist eine gewisse Regelmäßigkeit, ein »Dranbleiben«. Allzu leicht verliert man sonst den Faden oder betet nur, wenn man mit seinem sonstigen Latein am Ende ist. Gebet als Notnagel, als letzter Strohhalm, wenn gar nichts mehr geht. Bezeichnenderweise fangen in solchen Situationen viele Menschen wieder an zu beten und fragen sich plötzlich gar nicht mehr, wie das geht. Wenn wir mit dem Rücken zur Wand stehen, werden wir ganz schnell wieder wie Kinder und hören uns innerlich mit bebender Stimme beten: »Lieber Gott, mach dass …«. Kaum der Sorge oder Gefahr entronnen, belächeln wir unsere eigene Schwäche und unseren unmittelbaren, ungefilterten und aus dem Herzen kommenden Hilferuf. Schade, denn auch der darf sein, und ich kann mir vorstellen, dass Jesus auch solcherlei Unverfälschtheit meinte, wenn er sagte: »Wenn ihr nicht umkehrt und wie die Kinder werdet, könnt ihr nicht ins Himmelreich kommen.« (Mt 18,3) Ich selbst habe dank meiner religiösen Sozialisation einen reichen Gebetsschatz erlernt, ihn aber über viele Jahre hinweg völlig ignoriert. Zum Beten kam ich tatsächlich wieder, als es mir über lange Zeit sehr schlecht ging und all meine sonstigen Strategien wie Joggen, Ablenkung, ja, sogar Medikamente völlig versagten. Ich litt an einer ausgeprägten Depression, und die ließ sich auch mit einer hervorragenden psychotherapeutischen Behandlung, wie sie mir zuteilwurde, nicht mir nichts, dir nichts weghexen.9 Vielmehr führte sie mich zunächst durch ein finsteres Tal, das zu durchschreiten ein mehr als beschwerlicher Weg war. In dieser Zeit fand ich zu meinem Glauben an Gott zurück, und ich begann zu beten. Von den Gebeten meiner Kindheit war ich weit entfernt, und einen geistlichen Lehrer hatte ich damals natürlich auch nicht. So folgte ich einfach meiner inneren Stimme und betete so, wie es mir am wohlsten tat, und das war damals schriftlich. Ich wendete mich Tagebuch schreibend an Gott und trat um Hilfe bittend mit ihm in Kontakt. Man könnte ja nun denken, das sei eine Einbahnstraße, ein innerer Monolog, den man zu Papier bringt. Doch so fühlte es sich nicht an. Wenn ich mich schreibend an dieses Du wandte, klärten sich meine Gedanken, und aus meinem Inneren stiegen Antworten auf meine Fragen auf, Trost zu meinem Jammern und Klagen, neue Impulse zu meinen immer gleichen kummervollen Gedanken. Sie zauberten sich wie von Geisterhand auf das Papier. Buch um Buch füllte ich damals und blieb dieser für mich so hilfreichen und wohltuenden Gebetsform viele Jahre treu, auch dann noch, als es mir allmählich besser ging. Das war einer meiner Gebetswege, der für einen anderen Menschen, dem die Tinte nicht so leicht aus der Feder fließt, absolut ungeeignet sein mag.

Mit so vielen Worten, sei es schriftlich oder mündlich, zu beten, mag nicht jedermanns Sache sein. Es birgt zudem eine Gefahr in sich: Gott als potenzielle Gebetserhörungsmaschine zu missbrauchen und ihn zu instrumentalisieren nach dem Prinzip »Gebet oben rein, Erhörung unten raus«. Das ist nicht der Sinn des Betens. Freilich können wir den Urgrund des Seins, den Kosmos, das Universum, Gott um etwas bitten, das wir uns sehnlich wünschen. Doch es geht darum, auch dann Akzeptanz zu üben, wenn die Geschehnisse sich anders entwickeln, als unser Ego sie gerne hätte. Eine frühere Kollegin lehrte mich ein kleines Gebet, dessen Verfasser mir nicht bekannt ist. Es begleitet mich bis heute, und vor allem in schwierigen Lebenssituationen empfinde ich es als sehr hilfreich:

Herr, ich bin hier

nach deinem Willen,

in deiner Schule,

unter deinem Schutz,

solange du willst.

Was passiert, wenn ich so bete? Ich sage dem Leben: Ja, ich bin in dieser Situation, weil es so sein soll. Nicht, weil ich etwas falsch gemacht und mich durch mein Unvermögen hineinmanövriert habe. Ich sage weiter: Das schmeckt mir zwar gerade nicht, aber ich bin sicher, ich kann etwas daraus lernen und gestärkt daraus hervorgehen. Eine weitere tröstliche Sicherheit besteht darin, dass ich behütet bin und mir in dieser unangenehmen Situation schon nichts allzu Schlimmes widerfahren wird. Schließlich komme ich aus dieser verzweifelten »Ich will, dass das jetzt sofort aufhört«-Haltung heraus, die Schwieriges noch unerträglicher erscheinen lässt. Ich gebe mich im Vertrauen auf einen übergeordneten Sinn, den ich momentan nicht durchschaue, meiner aktuellen Lage hin und lege sie gleichsam in Gottes Hand. (Wobei dieses Bild wieder die Gefahr in sich birgt, dass wir uns Gott als großen Papa mit einer väterlich ausgestreckten Hand vorstellen.) Klar ist: Ich kann aufhören, gegen die Umstände, in denen ich mich gerade befinde, zu kämpfen, und das entlastet ungemein.

Dein Wille geschehe – oder doch lieber meiner?

Aber seien wir ehrlich: Wir sind Menschen mit Wünschen und Bedürfnissen, und es ist völlig legitim, um das zu bitten, was wir so sehr ersehnen. Lange Zeit sah ich einen Widerspruch zwischen dem »Bittet, dann wird euch gegeben« (Mt 7,7) und dem »Dein Wille geschehe« (Mt 6,10) aus dem Vaterunser. Zwei Jesus-Worte, die mir einen eklatanten Widerspruch darzustellen schienen. Kann ich nun erbitten, was ich mir wünsche, oder bleibt mir sowieso nichts anderes übrig, als mich Gottes Willen zu beugen? Schon im Vaterunser selbst scheint dieser Widerspruch enthalten zu sein. Wie konnte uns Jesus ein Gebet lehren, das mit seinen wenigen Zeilen schon in sich widersprüchlich zu sein scheint?

Vater unser im Himmel,

geheiligt werde dein Name,

dein Reich komme,

dein Wille geschehe

wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute

und vergib uns unsere Schuld

wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

und die Herrlichkeit in Ewigkeit, Amen.

Allein über dieses christliche Grundgebet, das sich gemeinsam in verschiedenen Sprachen beten lässt, gibt es eine Fülle von Literatur, und die Gelehrten können über jede Zeile ganze Abhandlungen schreiben.10 Dennoch blieb mir der tiefe Sinn dieses hingebungsvollen »Dein Wille geschehe« bei gleichzeitigem Bitten um konkrete Anliegen lange Zeit verschlossen. Erst seit ich in so vielen Bereichen das Sowohl-als-auch erkennen kann, hat sich für mich der scheinbare Widerspruch aufgelöst: Ja, ich erkenne an, dass es ein übergeordnetes Wollen gibt, das quasi den Gesamtüberblick über das große Ganze hat und dafür sorgt, dass wir insgesamt mit diesem Kosmos in Balance bleiben. Diesem übergeordneten Wollen, diesem kosmischen All-Einen, dieser übergreifenden, allumfassenden Weisheit ordne ich meinen individuellen Willen unter. Das heißt aber nicht, dass ich diesen Willen nicht haben darf! Es ist gut, Wünsche zu haben, Ziele, Bedürfnisse, und es ist nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht, um deren Erfüllung zu bitten. Ein Jesuit ermunterte mich vor Jahren, mit einem schon seit langer Zeit unerhörten Gebetsanliegen etwas drängelnder und ungeduldiger Gott gegenüber zu werden. Ich fand das zunächst erstaunlich und befremdlich, sträubte sich doch meine brave katholische Seele dagegen, Gott gegenüber einen schärferen Ton anzuschlagen. Da der Rat jedoch von fachkundiger Stelle kam, nahm ich ihn an und schrieb Gott damals einen geharnischten Brief. Was für eine Wohltat! Es dauerte zwar noch Jahre, bis mein Flehen erhört wurde, aber ich hatte eines begriffen: Die Beziehung zu meinem Gott ist keine Beziehung der frommen Sonntagsreden, in denen alles eitel Sonnenschein und höflich angepasst sein muss. Nein, die Beziehung zu meinem Gott ist eine von meiner Seite aus zutiefst menschliche, in der alles seinen Platz hat und in der ich mir und meinem Zorn, meiner Ungeduld und meinem Hadern Luft verschaffen darf. Ich darf sein – mit allem, was mich ausmacht, mit aller Unzulänglichkeit und Schwäche, mit meiner tiefen Sehnsucht. Es ist eine unverbrüchliche Beziehung, die etwas aushält, ja, die mich aushält in all meinen Facetten. Das war eine fabelhafte Erkenntnis, für die ich sehr dankbar bin. Ich kann den Rat nur weitergeben: Mute Dich Gott zu, auch mit Deinen Dir dunkel und unansehnlich erscheinenden Seiten und in einer Art, in der Du Dich einem Menschen nicht zumuten würdest. Auch das ist Beten!

Beten wirkt – wenn auch nicht immer so, wie wir es uns wünschen

Dennoch wird es Gebetsanliegen in Deinem Leben geben, die allem Drängeln zum Trotz unerhört bleiben. Ich selbst machte die Erfahrung von frühester Kindheit an. Meine Mutter war schwer...

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