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E-Book

Flieger am Feind

Einundsiebzig deutsche Luftfahrer erzählen

AutorWerner von Langsdorff
Verlagepubli
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl393 Seiten
ISBN9783745034363
Altersgruppe18 – 99
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis3,99 EUR
Dieses Buch gibt einen umfassenden Einblick in den Kriegsalltag deutscher Jagdflieger im Ersten Weltkrieg. 71 Erlebnisberichte beleuchten den Krieg anhand einzelner Schicksale. Zu Wort kommen zahlreiche deutsche Kampfflieger wie Immelmann, Boelcke, Udet, Plüschow, Richthofen, Plauth, Christiansen, Siegert u. v. m. Unglaubliche Geschichten erzählen von haarsträubenden Luftkämpfen und brenzligen Situationen am Rande des Todes.

Werner von Langsdorff. Ein deutscher Schriftsteller und Luftfahrtingenieur.

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Leseprobe

Kriegsflüge über dem Kanal Von Friedrich Christiansen


m 19. März 1916 wurde ein Bombenangriff angesetzt mit dem Ziel der Zerstörung der in den Hafenanlagen und zur Abfahrt nach Frankreich verladenen ungeheuren Mengen von Kriegsmaterial. Ich führte die Staffel von sechs Flugzeugen. In meiner Maschine flog außerdem der neue Kommandeur, Kapitänleutnant v. Tschirschky. Schon beim Anflug von Zeebrügge wurde unsere Staffel von zahllosen Batterien an der englischen Küste begrüßt. Feuerblitze auf der Erde und Schrapnellwolken am Himmel kennzeichneten den Weg unseres Angriffs. Alle Maschinen erreichten die verschiedenen Ziele. Unser Führerflugzeug belegte mit gutem Erfolg unter schwerstem Abwehrfeuer Hafenanlagen und ankernde Schiffe mit Bomben.

Schon beim Abflug ging ein Schrapnellvolltreffer durch den einen Schwimmer. Glücklicherweise war es ein Blindgänger, sonst wäre es aus gewesen. Beim weiteren Rückflug, der zunächst zehn Kilometer landeinwärts führte, wurden wir von hinten, direkt aus der Sonne heraus, von einem kleinen gewandten englischen Land-Jagdeinsitzer angefallen und zwar so überraschend, daß der Gegner bis auf zwanzig Meter herankommen konnte und eine volle Maschinengewehrgarbe als erste Begrüßung los wurde. Treffer hagelten in unser Flugzeug. Die Kühlleitung wurde zerschossen, von einem Motorzylinder die Ventilhebel zerstört.

Dazu bekam Kapitänleutnant v. Tschirschky einen Schulterschuß und einen Streifschuß am Kopf, so daß er sein automatisches Mausergewehr — Maschinengewehre hatten wir damals auf Seeflugzeugen noch nicht — nicht mehr bedienen konnte.

Nun setzte ein wilder Kurvenkampf ein, in dem ich versuchte, dem Gegner das Zielen unmöglich zu machen und ihn abzuschütteln. Natürlich war der feindliche Kampfvogel unserem schweren Bombenschlepper weit überlegen. Mein Motor knurrte schon in den letzten Zügen, das herausspritzende heiße Kühlwasser zerstörte fast mein Gesicht und behinderte die Umschau.

Runter aufs Wasser! war mein einziger Gedanke. Vielleicht sammelt uns dort ein Kamerad auf! Indessen flog der hartnäckige Gegner beneidenswerte Anläufe. Immer dichter kam er heran, hatte seine Chance erkannt und beschädigte durch einen weiteren Treffer das Mausergewehr. Trotz großen Höhenverlustes gelang es uns, in nur einigen Metern Höhe über den Häusern von Deal und den etwas erstaunten Einwohnern die Nordsee zu erreichen. In etwa fünf Kilometer Abstand von der Küste setzte ich den Vogel ins Wasser. Aber leider in einer lebhaften Schiffahrtsgegend.

Zum Glück lag auf dem Wasser aber eine Dunstschicht, und nur dadurch ließ der Gegner wohl von uns ab. Natürlich legte sich unser Doppeldecker infolge des zerschossenen Schwimmers sofort auf die Seite. Schon tauchte der Unterflügel ins Wasser. Dazu war der Rumpf von Treffern durchsiebt. Im Windschirm waren gut ein Dutzend Schußlöcher, — gleich vierzehn Kopfschüsse bei normaler Kopfhaltung! Auch quer vor dem Führersitz ging eine Garbe durch. Meine Gashebelhand hatte Streifschüsse, im Oberschenkel schmerzte ein Fleischschuß.

Der Engländer war sicher kein Anfänger, um so unverständlicher, daß er die sichere Beute im letzten Augenblick losließ! Nachdem die Beschädigungen der Kühlleitung schnell mit Isolierband geflickt und Salzwasser zum Kühlen nachgefüllt war, versuchten wir den Motor wieder in Gang zu bringen. Ausgerechnet jetzt brausten feindliche Zerstörer heran und überschütteten uns verzweifelt Arbeitende mit Granaten. Es dauerte endlos, bis sich der widerwillige Motor endlich bequemte, anzuspringen. Es war wirklich allerhöchste Zeit!

Wie eine fette Ente rutschte und hüpfte nun der lahmgeschossene Vogel aus dem Bereich der Aufschläge, hinweg über die flachen Goodwin-Sandbänke, die ich aus meiner Seefahrt genau kannte. Dahin konnten die sicher schwer entrüsteten „Beefs“ nicht folgen.

Aber schon streift der Motor wieder, und nur mit Mühe gelang es uns, weiteren englischen Vorpostenschiffen zu entwischen und glücklich die Station zu erreichen.

Der Hinflug hatte zwei Stunden, die Rückkehr sieben Stunden gedauert. Kein Wunder, wenn sie daheim uns schon aufgegeben hatten. Aber bereits am nächsten Tag überfielen wir wieder mit sechs Maschinen Dover — hei lewet noch! —

Nicht immer ging die Sache so klar. Im November 1916 zum Beispiel mußte ich mit meinem Beobachter Monteur Zey im Kanal bei stürmischer See heruntergehen wegen Motordefekt. Neun Stunden trieben wir in dunkler Nacht, jeden Augenblick gewärtig, daß die schwerbeschädigte Maschine unter uns wegsacken würde. Aber im letzten Augenblick vor dem Absacken tauchte das deutsche U-Boot UB 10, Kommandant Oberleutnant zur See Amberger, auf und rettete uns.

Schon früher hatte uns einmal ein U-Boot gerettet. Es war bei einem der vielen englischen Angriffe auf die flandrische Flottenbasis. Während der schweren Beschießung Zeebrügges flog ich mit dem leider 1917 tödlich in Zeebrügge Verunglückten Fähnrich zur See Emer als Beobachter im Höllenfeuer der Abwehrgeschütze in niedriger Höhe, um über See den weiteren feindlichen Anmarsch der englischen Formationen zu erkunden. Dann ging es zur genauen Feststellung des Dampferverkehrs in den Downs, der Hauptverkehrsstraße zur Themsemündung. Ein besonders nahrhafter dicker Frachtdampfer wurde durch Bombenabwürfe auf Strand gesetzt, dann hieß es heimwärts, um mit dem restlichen Brennstoff noch die Station zu erreichen. Flanderns Küste, das Hinterland, der Kranz der feindlichen Schiffe vor dem rechten Flügel der deutschen Armee waren aus der großen Höhe in guter Sicht. Da war schon Ostende. Jetzt über die Monitore, dann Kurs auf Zeebrügge. In kurzer Zeit im Stall, wenn dieser nicht inzwischen zerteppert ist!

Da setzte der Motor aus. Maschine auf dem Kopf runter. Der Motor stand eisern. Also Gleitflug runter und Landung auf dem Wasser unweit der feindlichen Schiffe.

Verzweifelte Versuche, den defekten Motor wieder in Gang zu bringen, waren erfolglos. Schon war die Aufmerksamkeit des nächsten feindlichen Schiffes erregt. Demgemäß sofortige Feuereröffnung. Seine Signale hetzten die Zerstörermeute heran, — aber nicht schnell genug! Ein in Lauerstellung liegendes deutsches U-Boot hatte den Vorgang durchs Sehrohr verfolgt, fuhr heran, tauchte kurz entschlossen auf, nahm uns durch die Turmluke auf und empfahl sich mit uns, nachdem die Maschine vorher gesprengt worden war. Unser Retter, UB 1, Kommandant Oberleutnant zur See Werner, lieferte uns darauf in Ostende ab. Und mehrmals haben wir mit unserer Maschine auf See treibende Kameraden retten können. Aber eines meiner erschütterndsten Erlebnisse im Kriege war die Rettung einiger Leute des deutschen Torpedobootes S. 20, das am 5. Juli 1917 im Gefecht mit englischen Zerstörern zwischen Ostende und der Themsemündung zum Sinken gebracht worden war.

Mit meinem Beobachter, Vizeflugmeister Maukisch, gerade von einem Englandflug zurückkehrend, sahen wir etwa sechzig Überlebende an der Unfallstelle zwischen Schiffstrümmern im Wasser treiben. Sofort gingen wir nieder und holten zunächst drei völlig Erschöpfte und Verwundete heraus. Leutnant zur See Groß, Oberheizer Marling und Matrose Porte wurden auf den Schwimmern und im Beobachtersitz verstaut.

Bei diesem Manöver, inmitten dieser armen, zum Teil verwundeten Schiffbrüchigen, die bereits über acht Stunden auf Trümmerteilen hoffnungslos in der Nordsee trieben, kam unser kleines Flugzeug in eine sehr bedenkliche Lage. Kaum hatten wir nämlich die ersten beiden auf den Schwimmern festgebunden, als mehr als zwanzig Mann heranschwammen, um sich an die in der Dünung heftig schwankende Maschine anzuklammern. Aber das mußte verhindert werden, denn die einzige Rettung der bedauernswerten Kameraden lag in schnellstem Heimflug.

Die Maschine war schon überlastet. Maschinengewehre, Munition, hundert Liter Benzin und andere Ausrüstung flog über Bord. Aber nun wollte der Motor nicht anspringen, und es gelang einer Anzahl mit dem Wasser Ringender, sich an die Schwimmer zu hängen. Nur mit grober Gewalt ließen sich die zum Tode Verurteilten armen Menschen abschütteln. Es war ein harter Entschluß, aber es mußte sein!

Endlich sprang der Motor an. Beim Herausrollen aus dem Bereich der bejammernswerten, mit dem Tode ringenden Kameraden hatte sich noch einer am Untergestell der Schwimmer festgeklammert. Trotzdem gelang der Start — waffenlos, gänzlich behindert, für jeden Feind eine leichte Beute. Unser Untergang und das Schicksal aller Überlebenden wäre besiegelt gewesen. Die Eindrücke beim Start und das Verlassen der Unglücklichen waren schrecklich und unvergeßlich. Ein tierisch gellendes Geschrei aus sechzig heiseren Menschenkehlen erfüllte die Luft. Die Versinkenden vermochten nicht mehr zu begreifen, daß im Start die einzige Hoffnung für die anderen bestand.

„Du Fliegerhund nimmst uns nicht mit, läßt uns hier elend versaufen!“ das war das Letzte, was uns beim Abflug in die Ohren gellte. Und es waren alles liebe bekannte Kameraden, gute Freunde, die dort fast hoffnungslos im Meer trieben.

Nach glücklicher Rückkehr wurde auf der Station Alarm geschlagen. In fieberhafter Eile führte ich zwölf Flugzeuge und vier Torpedoboote zum nächtlichen Kampfplatz. Nach zweieinhalb Stunden konnten nur noch fünfundzwanzig lebende brave Seeleute der Nordsee entrissen werden. Achtunddreißig tote Kameraden wurden heimgebracht. Das schauerliche Erlebnis wirkte noch lange...

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