3. Die Ursprünge des Devisenmarktes
Seine Ursprünge findet der Devisenmarkt im Jahr 1971 mit der Aufhebung des Gold-Standards, welcher wiederum seine ersten Ursprünge im 19. Jahrhundert hat.
Denn schon vor der Einführung des Gold-Standards in den 30er- und 40er-Jahren des 20. Jahrhunderts und nahezu im kompletten 19. Jahrhundert bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges 1914 gab es einen klassischen Gold-Standard, wobei Papiergeld mit Gold unterlegt war.
Hieraus wird bereits ersichtlich, was mit »Gold-Standard« gemeint ist: Der Wert der Währung eines Landes definierte sich darüber, wie die Bewertung der Währung relativ zu einer Unze Gold war, und wurde gegen diese fixiert.
Der Hauptvorteil des Gold-Standards war bzw. ist offensichtlich, dass Währungen durch die Fixierung ihres Wechselkurses gegen eine Unze Gold stabil waren. Manipulationen oder Inflation wurden durch das global fixe bzw. beschränkte Goldvorkommen im Keim erstickt.
Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs resultierte in der Abschaffung des Gold-Standards und darin, dass Währungen gegeneinander frei »floaten« konnten, sprich, sich gegeneinander flexibel bewegten und nicht fix an eine Unze Gold gekoppelt waren.
Die Versuche der großen Weltmächte, zu den Wechselkursraten vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs zurückzukehren, welche ein Höchstmaß an Stabilität gewährt hatten, scheiterten, die am Krieg beteiligten Nationen finanzierten über das nahezu uneingeschränkte Drucken von Papiergeld ihre Kriegskosten.
Die Folgen des »billigen Geldes« sind bekannt: In Deutschland folgte auf die »goldenen Zwanziger« eines der düstersten Kapitel deutscher Geschichte, Preisinstabilitäten, galoppierende Inflation, Rezession, die Große Depression und letztendlich der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs.
Während dieser Zeit kam es zu einer Machtverschiebung von Großbritannien weg hin zu den USA.
Diese hegemoniale Machtverschiebung wurde durch das Abkommen von Bretton Woods im Juli 1944 manifestiert und war im Anschluss in den 1950er- und 1960er-Jahren geprägt von einer Zeit starken globalen Wirtschaftswachstums und Preisstabilität.
Was beinhaltete das Abkommen von Bretton Woods?
Tatsächlich war das Zusammentreffen der 44 alliierten Nationen in Bretton Woods für die Finanzmärkte ein historischer Moment. Es war das erste Mal in der Geschichte, dass die führenden Wirtschaftsnationen zusammentrafen und über ihre geldpolitische Zukunft entschieden.
Dem US-Dollar kam beim Zusammentreffen von Bretton Woods eine Schlüsselrolle zu. Es wurde beschlossen, dass die Währungen der anwesenden Nationen an den USD gekoppelt werden sollten, während die Vereinigten Staaten einwilligten, USD gegen Gold zu einem fixen Kurs von 35 USD pro Feinunze umzutauschen und in Form von Goldbarren bei der Notenbank einzulagern.
Genau hieraus sollte dann auch das größte Problem und das Ende des Bretton-Woods-Systems rund 30 Jahre später resultieren.
Zwar funktionierte das Abkommen von Bretton Woods für eine kurze Zeit gut. Doch spätestens mit der militärischen Intervention der USA in Vietnam Anfang der 1960er-Jahre traten die Schattenseiten dieses Abkommens zutage.
Während die USA in den ersten Jahren nach Bretton Woods eine solide Wirtschaftspolitik betrieben hatte, sorgte der Einmarsch der USA in Vietnam nicht nur für ein militärisches, sondern auch für ein wirtschaftspolitisches Fiasko, welches in der Verkündung von US-Präsident Nixon zur Aufhebung des Gold-Standards am 15. August 1971 gipfelte.
Um nämlich die Militärausgaben in Vietnam finanzieren zu können, weiteten die USA die US-Geldmenge aus. Da diese Geldmenge jedoch nicht mit einer entsprechenden Menge Gold unterlegt war, waren inflationäre Tendenzen in den USA die logische Konsequenz.
In Verbindung mit den aufbegehrenden europäischen Volkswirtschaften, die sich infolge unterbewerteter Währungen als Exportnationen etablierten und massive Haushaltsüberschüsse anhäuften, sorgte der zunehmende Vertrauensverlust in den USD für einen kontinuierlichen Umtausch von USD-Fremdwährungsreserven in Gold.
Die Aufhebung der Koppelung des USD an Gold am 15. August 1971 kann allerdings noch nicht als tatsächliche Geburtsstunde des heutigen frei floatenden Devisenhandels gesehen werden.
Diese Geburtsstunde ist auf den 19. März 1973 zu datieren, den Tag, als die Europäische Gemeinschaft (EG) es dem Block der europäischen Devisen gestattete, sich frei gegen den USD zu bewegen.
Ausgehend von dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems begann die Chicago Mercantile Exchange (CME) mit dem Aufsetzen der ersten Devisen-Futures und schuf somit einen Ort, wo verschiedene Marktteilnehmer wie Banken, Im- und Exporteure oder auch Spekulanten auf die Entwicklungen des USD zu anderen Währungen auf Termin spekulieren konnten.
In den kommenden Jahren begannen dann die Banken, häufiger direkter miteinander zu handeln, der Interbankenmarkt war geboren.
3.1 Was ist der Interbankenmarkt?
Heutzutage wird ein Großteil des täglich gehandelten Devisenvolumens am Interbankenmarkt gehandelt. Im Gegensatz bspw. zu einer Aktien- oder Future-Börse wie der CME, also zentralisierten Orten, wo jede Transaktion aufgezeichnet wird (sprich: zu welchem Preis wie viel Umsatz getätigt wurde), findet ein Großteil des täglichen Devisenhandels außerbörslich statt, wie die Grafik im Kapitel »Was ist der Devisenhandel?« der Bank of International Settlement (BIS) bereits gezeigt hat.
Außerbörslicher Handel (auch als Over-the-Counter oder OTC bekannt) bedeutet zum Beispiel, dass es keinen zentralen Ort gibt, wo Transaktionen aufgezeichnet werden. Stattdessen erfolgt die Kursaggregation dezentralisiert zwischen den jeweiligen Parteien und die jeweiligen Devisentransaktionen tauchen auch nur in deren Büchern auf.
Wie folgende Grafik zeigt, handelt es sich beim Interbankenmarkt um ein feingliedriges elektronisches Netzwerk:
Die üblichen Handelsstunden, in denen man als Retail-Trader Transaktionen am Interbankenmarkt durchführen kann, sind von Sonntag, 23 Uhr (MEZ), bis Freitag, 23 Uhr (MEZ). Im Vergleich zu den globalen Aktienmärkten findet dieser kontinuierliche Handel unter einem Höchstmaß von zur Verfügung stehender Liquidität statt.
Ausgehend hiervon wird man feststellen können, warum man Händler jeglicher Natur legitim als professionelle Risikomanager bezeichnen darf:
Unabhängig davon, ob der Händler einer Bank oder aber ein Retail-Trader long oder short ist, ist die Hauptaufgabe eines jeden an erster Stelle das Management von Risiken (zum Risk- und Money-Management folgt später noch ein separates Kapitel).
Um ausgehend von der Positionierung am Markt Risiken weiterzugeben, bietet sich der Interbankenmarkt perfekt an, denn am Interbankenmarkt werden fortlaufend Kurse gestellt.
Schauen wir uns im Folgenden die Spieler und Parteien genauer an, die am Interbankenmarkt agieren.
3.2 Wer sind diese »Parteien«?
Die Hauptspieler im Devisenmarkt, die fortwährend Geld- und Briefkurse stellen, sind neben den größten Banken der Welt auch, wie obige Grafik zeigt, Notenbanken, Hedgefonds, Pensionsfonds, kleinere regionale Banken, Vermögensverwalter, Unternehmen, die in der freien Wirtschaft aktiv sind, oder zum Beispiel Online-Retail-Broker, die als Market Maker die Gegenposition zu ihren Kunden eingehen und am Interbankenmarkt ihre auf dem eigenen Buch befindlichen Risiken weitergeben.
Diese Parteien handeln entweder auf eigene Rechnung oder auf Rechnung ihrer Kunden.
Die Bezeichnung »Interbankenmarkt« ist also nicht wirklich hinreichend. Es macht durchaus Sinn, sich anzuschauen, wer neben den Banken am Interbankenmarkt auftritt, welche Ziele diese einzelnen Parteien bei ihren Aktivitäten am Interbankenmarkt verfolgen, und in diesem Zusammenhang auch, auf Rechnung welcher »Kunden« die einzelnen Parteien agieren.
Zum besseren Verständnis wollen wir einen tieferen Blick hinter die Kulissen werfen, beginnend mit einer Betrachtung der einzelnen Banken.
Banken
Rund 79 Prozent des täglich global gehandelten Devisenvolumens wird von zehn Banken gehandelt, mehr als 50 Prozent entfallen allein auf vier Banken: Citigroup, die Deutsche Bank, Barclays und die UBS (Stand: Mai 2014).
Wie eingangs bereits erwähnt, handeln die Banken entweder auf eigene Rechnung oder auf Rechnung ihrer Kunden.
Trader sprechen in diesem Zusammenhang etwas kürzer gefasst auch von sogenannten »Price Takern« (oder: Preisnehmern; so sind zum Beispiel Retail-Trader, die auf der Handelsplattform ihres Brokers auf den Kauf-Button des EUR/USD klicken, ebenfalls Price Taker) und »Price Makern« (die einen Kurs stellen, zu dem man handeln kann, auch sogenanntes Market Making).
Um am Interbankenmarkt als Market Maker bzw. Price Maker fungieren zu können, stellt der jeweilige Teilnehmer (meist eine Bank) fortlaufend An- und Verkaufskurse.
Das Zusammenspiel zwischen dem Sales- und dem Trading-Desk einer Bank kann man sich grob wie folgt vorstellen: Der Sales-Desk ist als Schnittstelle zwischen dem Kunden der Bank und dem Trading-Desk zu sehen.
Der Kunde ruft den Sales-Mitarbeiter der Bank an und gibt an diesen seine Order.
Der Sales-Desk wiederum erfragt im Trading einen handelbaren Kurs bzw. das Volumen, für welches der Trader auf den jeweiligen Kurs stillhält.
Der Geld- und Briefkurs, den der Händler der Bank hier ermittelt, ist besonders von seiner aktuellen Positionierung abhängig (von seinem »Buch«) und ganz wesentlich von der zur...