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E-Book

Forscherfragen

Berichte aus der Wissenschaft von morgen

AutorMonika Rößiger
Verlagedition Körber-Stiftung
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl184 Seiten
ISBN9783896844491
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
Wir können uns eine Welt ohne Wissenschaft kaum noch vorstellen: Das »Prinzip Forschung« hat unser Weltbild geprägt. Aber selten nur wissen wir, wer hinter den Erkenntnissen steht, die globale Probleme lösen helfen, hinter Forschungsergebnissen, die unseren Alltag angenehmer machen oder uns einfach klüger. »Forscherfragen« stellt neun Wissenschaftler und ihre bahnbrechenden Arbeiten in unterschiedlichen Bereichen der Naturwissenschaften vor. Von der Suche nach den Anfängen des Universums bis zu einem Enzym, mit dem sich altersbedingte Krankheiten aufhalten lassen, vom Klimawandel bis zum Malariamedikament, vom Sonnenstrom aus der Wüste bis zur Erforschung der Druckverhältnisse im Erdinnern: Monika Rößiger führt in Berichten und Interviews durch das Spektrum naturwissenschaftlicher Erkenntnisse. Doch »Forscherfragen« ist mehr als eine Passage durch die »Wissenschaft von morgen«: Es ist ein Ausblick auf das, was Forschung leisten kann, und es ist zugleich eine Ermutigung, in Zukunftsfragen auf die Expertise unabhängiger Wissenschaftler zu setzen.

Monika Rößiger ist Biologin, Wissenschaftsjournalistin und Sachbuchautorin. Zuletzt schrieb sie die Texte für die Bildbände »Deutschlands wilde Wälder«, »Wilde Tiere in Deutschland« und »Wildes Sachsen« (National Geographic Deutschland). Ihr Jugendsachbuch »Das Gehirn« in der Reihe »Was ist Was« wurde in acht Sprachen übersetzt. Sie war Wissenschaftsredakteurin bei mare und reiste zuvor als freie Reporterin durch Südostasien, Nordamerika und Europa. Ihre Berichte sind in Geo, Stern, Spiegel Special, Bild der Wissenschaft, Spektrum der Wissenschaft, FAS und ZEIT erschienen.

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Leseprobe

Zurück zu den Fragen


Ein Vorwort von Martin Meister

Es steckt ein Hauch von Ungewissheit in dem Titel dieses Buches. »Forscherfragen« – das ist doppeldeutig: Sind dies die Fragen der Forscher? Oder sind es jene Fragen, die wir an die Forscher richten. Wer fragt hier wen? So drängt sich an den Anfang dieses Fragen-Buches schon gleich eine Frage.

Doch ist es gar nicht nötig, sie zu entscheiden. Denn tatsächlich soll es um beides gehen, so wie es auch in der Veranstaltungsreihe der Fall ist, die dem Buch zugrunde liegt und die – noch ein wenig irritierender – »Forscher fragen« heißt.

Angesehene Naturwissenschaftler verschiedenster Disziplinen erzählen im KörberForum – Kehrwieder 12, vom Moderator ermuntert, von den aktuellen Fachfragen, die sie sich selber vorlegen. Es sind Fragen nach Details, die man als Laie fürchtet, weil sie oft in sehr technischer Sprache formuliert sind. Darum wird im Bühnengespräch nachgeholfen und möglichst vieles übersetzt.

Und es hilft die Frageform selbst, denn die lenkt aufs Grundsätzliche. Indem die Experten über offene Punkte reden statt über fertiges Wissen; indem sie berichten von den Problemen, die sich ihnen in den Weg stellen und zu denen sie nun nach Lösungen suchen; indem sie die Einwürfe der Saalgäste beantworten, von denen viele Oberstufenschüler sind, geschieht immer wieder das Erstaunliche: Sie verlieren den Jargon, sie werden verständlich.

Gerade für Menschen, die ihr Weltverständnis entwickeln, ist dieser von der Frage herkommende Weg der bessere. Denn er motiviert zum Mitdenken. Zum Mitfiebern sogar. Der Forscher, die Forscherin erscheinen wie der Held in der TV-Serie, der in eine aussichtslose Lage geraten ist und nach einem Kniff sucht, sich daraus zu befreien. Wie bekommt man das Experiment zum Laufen? Wie wird man bloß die unerwünschten Nebeneffekte los? Wo ist der Hebel, mit dem man so viel Energie sparen kann, dass sich das neue Verfahren auch außerhalb der Labors anwenden lässt? Ist der Dreh gefunden, das Problem gelöst, tauchen sofort neue Hürden auf. Doch natürlich wird, wie im Actionfilm, weitergekämpft. Von Frage zu Frage. Und manchmal hilft bei der Antwort auch Kommissar Zufall.

Der Weg, der beim Fragen einsetzt, ist spannend – und er ist der eigentlich erkenntnisleitende, zumal beim Lernen. »Niemand wird bestreiten«, schrieb der Kulturanalytiker Neil Postman, »dass alle Antworten, die einem Schüler gegeben werden, Endprodukte von Fragen sind. Alles was wir wissen, hat seinen Ursprung in Fragen. Man könnte sagen, dass Fragen die eigentlichen intellektuellen Werkzeuge des Menschen sind.«

Zu erleben, wie Forscher diese Werkzeuge gebrauchen, mal mit dem großen Maulschlüssel an Grundsatzfragen herangehen, mal mit der Pinzette an ein Spezialproblem, ist ein Vergnügen, bei dem sich tatsächlich gut lernen lässt. Ein derartiges Erlebnis bereiten auch Monika Rößigers kunstvolle Texte in diesem Buch. Und das, obwohl es um schwere Wissenskaliber geht: um Ungelöstes aus Astronomie, Atomphysik, Biochemie, Energietechnik, Genetik, Geologie oder Pharmazie … In diesen Gebieten wenden sich Wissenschaftler oftmals Fragen zu, die dringlich sind, weil sie große Menschheitsprobleme betreffen. Deswegen staunt man nicht nur über die Raffinesse der Grundlagenforscher, man achtet die Professionalität der Problemlöser, verfolgt die spannenden Aktionen der Agenten mit der Lizenz zum Forschen.

»Wie lässt sich günstig ein Medikament für Malariakranke gewinnen?«, fragt Peter Seeberger, einer der Protagonisten dieses Buches. Seeberger arbeitet als Chemieprofessor an der Freien Universität Berlin und als Direktor an einem Max-Planck-Institut in Potsdam, und seine Frage ist wahrhaftig ernst: Noch immer infizieren sich mehr als 200 Millionen Menschen jährlich mit dem Erreger des Wechselfiebers, geschätzte eine Million Menschen sterben jedes Jahr in den tropischen Ländern der Erde, vor allem in Afrika und Asien, die meisten davon sind Kinder. Dass es keine Rettung für sie gibt, hat zwei wesentliche Gründe: Ehemals häufig eingesetzte, in westlichen Pharmalabors entwickelte Medikamente sind durch Resistenzen der Erreger unwirksam geworden. Vor allem aber: Die wenigen, noch wirksamen Pharmazeutika sind ausgesprochen teuer und in Armutsländern unbezahlbar.

Das zurzeit am besten wirksame Kombinationspräparat enthält den Wirkstoff Artemisinin aus der Pflanze Artemisia annua. In Deutschland ist diese Spezies aus der Gattung der Beifußkräuter selten. In China dagegen gedeiht sie auf großen Feldern für die Gewinnung des pharmazeutischen Wirkstoffs. Dazu werden allein die winzigen Blüten geerntet und der Stoff extrahiert – er macht ein Prozent der Blütenmasse aus.

Seeberger ist nicht der einzige Forscher, der nach einem günstigen Syntheseverfahren für ein Malariamedikament sucht – und nach einem Unternehmen oder einer Stiftung, die bereit wären, diese Suche zu finanzieren. Was seine Arbeit und die seines jungen Kollegen Lévesque so bemerkenswert macht: Sie setzt bei einem Abfallprodukt der Extraktion an – der Artemisininsäure. Diese besitzt einen zehnfach höheren Anteil an der Pflanze als das pure Artemisinin. Wie lässt sich die Säure in den Wirkstoff umwandeln und die Ausbeute an Artemisinin so verbessern? Das ist, genauer betrachtet, Seebergers Forscherfrage.

Artemisinin ist ein reaktionsfreudiges Molekül, eben darauf beruht seine heilsame Wirkung. In größeren Mengen umgesetzt, ist der Stoff explosionsgefährlich. Wie kann man also dafür sorgen, dass immer nur kleine Mengen Artemisinin synthetisiert werden, dafür aber in einem kontinuierlichen und beliebig verlängerbaren Prozess? So lautet die nächste Verfeinerung der Forscherfrage. Die Antwort Seebergers und seines Kollegen fällt bereits sehr technisch aus: in einem Durchflussreaktor mit Hilfe von ultraviolettem Licht.

Das lässt sich noch leicht übersetzten: Der »Reaktor« ist ein fingerdicker, transparenter Kunststoffschlauch, der von dem Reaktionsgemisch durchflossen und von UV-Licht durchstrahlt wird. So kommt, photochemisch angestoßen, die erwünschte Umwandlungsreaktion in Gang – freilich nur in Gegenwart einer Chemikalie, die den Ausgangsstoff empfänglich für Lichtenergie, die ihn »photosensitiv« macht. Welche Chemikalie eignet sich am besten? Und mit welchem Druck soll der molekulare Sauerstoff zugesteuert werden, der sich in das Ringmolekül der gewandelten Säure integriert und sie reaktionsfreudig macht? Wie groß sollte die Durchflussgeschwindigkeit im Reaktor sein? Auch wird ein Lösungsmittel benötigt, das wegen des zugesetzten Sauerstoffs nicht leicht entflammbar sein darf. Welches eignet sich? So löst sich die Forscherfrage in viele Einzelfragen nach Material und Methoden auf.

Zu erleben, wie Experimentatoren virtuos mit ihren Möglichkeiten spielen, kann faszinierend sein. Für jedes Problem, jede Frage gibt es einen Ansatz, einen Lösungsversuch – und man kann, bei einiger Konzentration, sogar verstehen, wie der funktioniert. Unbegreiflich erscheinen Forscher dagegen, wenn beim Erklären alles ganz schnell gehen muss, wenn etwa Peter Seeberger in der »Großen Show der Naturwunder« im ARD-Fernsehen gedrängt wird, in Sekundenschnelle sein Syntheseverfahren am aufgebauten Experiment zu erläutern. In solchen Situationen erscheinen Forscher wie Zauberkünstler, die mal dieses Wundermittel zücken, mal jenes und allen Problemen mit Methoden entkommen, von denen nur eines klar zu sein scheint: dass man sie niemals durchschauen wird.

Es macht nun einmal das Wesen der Naturwissenschaft aus, dass viele ihrer Durchbrüche auf Verfahrenstechniken und Ingenieurleistungen beruhen. Wer das außer Acht lässt, trägt eher zu Mystifizierung und Zerstreuung bei als zu Aufklärung – zu einer Show eben. Der Gedanke, Artemisininsäure in Artemisinin auf photochemischem Wege umzuwandeln, ist schnell gefasst, Seeberger kam er bei zwei Wissenschaftlertreffen in den Sinn. Doch wie genau mussten die Parameter eingestellt werden? Das war die Wissenschaftlerfrage für die nächsten Monate.

Zu zeigen wie die Fragen der Wissenschaftler sich ausdifferenzieren, ist das Anliegen dieses Buches. Es erschließt die Arbeitsgebiete von neun führenden oder preisgekrönten Forscherinnen und Forschern unserer Zeit und setzt jeweils mit ihrer spannenden Ausgangsfrage ein:

Wie lässt sich Antimaterie herstellen – und wie gefährlich ist sie? Dieser Frage ist Rolf Landua nachgegangen. Landua ist Physiker am Europäischen Kernforschungszentrum CERN im Kanton Genf und war dort Mitinitiator der »Antimaterie-Fabrik« sowie Leiter des bekannten Athena-Experiments, bei dem erstmals Millionen von Antimaterie-Atomen erzeugt wurden.

Wie kann man Stroh und Holzschnitzel in Treibstoff umwandeln? Es klingt ein bisschen wie Alchemie: Der Chemiker Ferdi Schüth hat tatsächlich eine Methode gefunden, um aus solchen Abfällen gasförmiges Dimethylether zu gewinnen, das auch in den Treibstoff Ethanol umgewandelt werden kann. Und dies ist nur eines von mehreren Verfahren einer »grünen Chemie«, die Schüth und sein Team am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim entwickeln.

Wie gelingt es, Atommüll zu entschärfen? Dazu koordiniert Joachim Knebel, Leitender Wissenschaftler am Karlsruher Institut für Technologie, ein internationales Projekt, das auf Partitioning und Transmutation setzt: Hochradioaktive Bestandteile der Brennelemente aus Atomkraftwerken sollen abgetrennt und dann in viel kürzer strahlende Stoffe umgewandelt werden. Nach...

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