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Frauen und Bücher

Eine Leidenschaft mit Folgen

AutorStefan Bollmann
VerlagDeutsche Verlags-Anstalt
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl448 Seiten
ISBN9783641091538
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
»Lies, um zu leben!« - faszinierende Begegnungen mit berühmten Leserinnen
Wussten Sie, dass Marilyn Monroe eine passionierte Leserin war und eines ihrer Lieblingsbücher der »Ulysses« von James Joyce? Dass der Studienabbrecher Friedrich Gottlieb Klopstock 1750 die Dichterlesung erfand, als er einer Schar junger Frauen seine Oden vortrug und dafür Küsse kassierte? Dass Jane Austen nur Frauen für voll nahm, die Romane lieben? Oder dass vor 150 Jahren Eugenie Marlitt, eine entlassene Vorleserin, zur ersten Bestsellerautorin der Welt aufstieg?

Diese und eine Fülle anderer Begebenheiten lässt Stefan Bollmann in einem unterhaltsam geschriebenen Panorama lebendig werden, das von Klopstocks Zeit bis in die Gegenwart führt und von aktuellen Phänomenen wie Fanfiction und 'Shades of Grey' berichtet. Zugleich erzählt er eine überraschend andere Geschichte des Lesens, seiner Macht und Magie. Lesen kann Leben und Lieben verändern. Ein Buch für Frauen, die leidenschaftlich gern lesen - und aus dem Männer erfahren, was ihre Frauen meinen, wenn sie sagen: »Jetzt nicht! Ich lese!«

Stefan Bollmann, geboren 1958, promovierte nach einem Studium der Literatur, Geschichte und Philosophie über Thomas Mann. 1998 tauschte er den Beruf des Hochschullehrers gegen den des Lektors in Publikumsverlagen. Stefan Bollmann hat zahlreiche Bücher veröffentlicht. Mit seinen Bestsellern 'Frauen, die lesen, sind gefährlich' (2005) sowie 'Frauen, die lesen, sind gefährlich und klug' (2010), beide erschienen im Elisabeth Sandmann Verlag, ist er dem Wandel der Lesekultur nachgegangen und hat den Boom des Themas mit angestoßen, das er in 'Frauen und Bücher. Eine Leidenschaft mit Folgen' (DVA 2013) noch umfänglicher betrachtet hat. Seine Bücher wurden in 16 Sprachen übersetzt und verkauften sich annähernd eine halbe Million Mal.

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Leseprobe

Vorwort

Als das Lesen weiblich wurde

»Lesen ist mein Lebensglück«, bekennt Elke Heidenreich in einem Interview.

Worin das Glück bestehen könnte, beschreibt die Schriftstellerin und Feministin Jeanette Winterson: »Ein Buch gibt mich nicht wieder, es definiert mich neu.«

»Ich möchte lesen, bis ich schwarz werde«, erklärt Virginia Woolf 1897, im Alter von neunzehn Jahren, ihrem älteren Bruder Thoby. Der studiert zu dieser Zeit in Cambridge, während sie sich zu Hause durch die väterliche Bibliothek frisst.

Fünfzig Jahre zuvor jubelt die Dichterin Elizabeth Barrett Browning: »Und wie ich es schlagen hörte / Unter meinem Kissen, im Dunkel des Morgens, / Eine Stunde bevor die Sonne mich lesen ließ! / Meine Bücher, mein Herz!«

»Ich lese nie Romane; ich habe Besseres zu tun«, lässt Jane Austen Anfang des 19. Jahrhunderts einen Mann in einem ihrer Romane sagen und fällt damit das Urteil über ihn. Gnade finden vor ihren Augen nur diejenigen ihrer Figuren, die sich zum Roman bekennen. Und das sind in der Mehrzahl Frauen.

»Ich vertrockne seit einiger Zeit, weil alle meine Bücherquellen sich verstopfen«, klagt Caroline Schlegel-Schelling, 1786 wohnhaft in dem Provinzstädtchen Clausthal, wohin ihre erste Ehe sie geführt hat. Der Brief geht an die Schwester in Göttingen, die regelmäßig eine Bücherbotin mit frischem Lesefutter zu ihr schickt.

Anna Louisa Karsch, eine der ersten deutschen Dichterinnen, aufgewachsen in prekären, bildungsfernen Verhältnissen, wie wir das heute nennen würden, erinnert sich: »Ich versteckte meine Bücher unter verschwiegenen Schatten eines Holunderstrauchs und suchte von Zeit zu Zeit mich in den Garten zu schleichen, um meiner Seele Nahrung zu geben.« Ihre Mutter hatte ihr das Lesen verboten, angeblich weil sie befürchtete, ihre Tochter würde darüber verrückt werden, in Wirklichkeit aber weil sie die Heranwachsende im Haushalt brauchte. Das war um 1730.

Sieben Zeugnisse lesender Frauen aus annähernd drei Jahrhunderten. Spielend ließen sie sich vermehren. Auch Männer haben von ihrer Liebe zum Lesen gesprochen, aber selten so lebensnah, so sprühend vor Lebendigkeit wie die Frauen. Ist Lesen weiblich?

Fest steht: Frauen lesen mehr als Männer und anderes als Männer. Mehr und am liebsten Romane, mehr und am zweitliebsten Biographien – Bücher also, die vom Leben handeln, egal ob Fiktion oder nicht. Frauen lesen, um zu leben, nicht selten auch, um zu überleben. Im Lesen riskieren sie Gefühle, versetzen sie sich in fremde Figuren und Welten, entdecken sie ihre eigene Wahrheit. Und das geht seit nun dreihundert Jahren so. Die Leseforscherin Maryanne Woolf spricht von »deep reading«, von vertieftem Lesen, im Gegensatz zu einem Lesestil, der auf Informationen und Fakten aus ist. Die Geschichte, wie es dazu kam, dass die Frauen diese Art des Lesens für sich entdeckten, und die vielen weiblichen Lese- und Lebensgeschichten, die dadurch möglich wurden, erzählt dieses Buch.

Harmlos der Beginn. Zum Beispiel so: Ein Studienabbrecher mit dem zum Spott einladenden Namen Klopstock fährt im Sommer 1750 in einem Boot über den Zürichsee. Er ist der Mittelpunkt einer Gesellschaft junger Leute und trägt seine Gedichte vor. Besonders die anwesenden jungen Frauen bringt er mit seinen Oden und Gesängen schier um den Verstand. So ist die Dichterlesung entstanden – bis heute ein gleichermaßen literarisches und erotisches Ereignis für ein vornehmlich weibliches Publikum.

Schon ein Jahrzehnt zuvor hat Samuel Richardson, ein Londoner Drucker Anfang fünfzig, mit seinen Romanen Pamela und Clarissa die Frauenherzen höher schlagen lassen. Pamela handelt vom sozialen Aufstieg durch Liebe, Clarissa vom existenziellen Niedergang ebenfalls durch Liebe. Täglich erreichen den Autor Briefe seiner entzückten Leserinnen. Zusammen mit seinen wohltemperierten Antworten bewahrt er sie in einem imposanten Schrank auf, den er seinen Besuchern aus dem In- und Ausland voller Stolz zeigt. Die Leselust der Frauen hat von Anbeginn an mit Liebeshunger zu tun – das sehen die Kritiker, die die grassierende »Vielleserei« und »Lesewut« für einen versteckten Angriff auf die Fundamente der bürgerlichen Moral und Ehe halten, schon ganz richtig.

Doch hinter dem Bedürfnis nach Liebe steckt mehr – der Wunsch nach Freiheit und Unabhängigkeit. Paris im Jahr 1789 ist nicht nur die Stadt des Sturms auf die Bastille, es ist auch die Stadt der lesenden Frauen. So bezeugt es ein deutscher Reisender: »Jeder – hauptsächlich aber die Frauen – hat dort ein Buch in der Tasche. Man liest im Wagen, auf der Promenade, im Theater, in den Pausen, im Café, im Bad.« Manche Neuerscheinungen lösen eine derartige Nachfrage aus, dass der Verleiher jedes Buch kurzerhand in drei Teile zerschneidet. Lösen Bücher womöglich Revolutionen aus?

So vermutet man auch in London, zu dieser Zeit die größte Stadt der Welt, wo man die Geschehnisse auf dem Kontinent aufmerksam verfolgt. Mary Wollstonecraft arbeitet gerade an ihrer Schrift zur Verteidigung der Rechte der Frau und verfasst zugleich als erste Frau professionell Literaturkritiken. Ihr Spezialgebiet: Frauenromane, die England damals überfluten. Bekannt wird sie vor allem durch ihre schneidenden Verrisse: Sie findet die meisten der von Frauen geschriebenen Bücher einfach unsäglich klischeehaft – kein Stoff für Leserinnen, die ihr Leben in die eigene Hand nehmen wollen.

Von den Romanen Jane Austens, die bald darauf zu erscheinen beginnen, hätte sie das sicher nicht gesagt. Die unscheinbare Austen, eine fleißige Leserin Wollstonecrafts, macht aus Fragen der weiblichen Partnerwahl Weltliteratur. Lesen, insbesondere Romanlektüre, sieht sie als zeitgemäßen Weg der Frauen zu mehr Unabhängigkeit.

Weltliteratur schreibt kurz darauf auch Wollstonecrafts Tochter Mary Shelley. Im völlig verregneten Sommer des Jahres 1816 erfindet sie in einer Literatenrunde am Genfer See die Figuren des Dr. Viktor Frankenstein und des von ihm geschaffenen Monsters. Die namenlose Kreatur ist ein exemplarischer Außenseiter und eigentlich ein empfindsamer Mensch, der Romane liest – mit Vorliebe Goethes Die Leiden des jungen Werthers, jenes Buch, das seit seinem Erscheinen die Leserinnen in ganz Europa zu Tränen rührt. Ist Dr. Frankensteins liebeshungriges Geschöpf in Wirklichkeit eine Frau?

Schon bald zeigt das Jahrhundert sein Janusgesicht. Die lesende Frau beginnt Karriere zu machen – als Erzieherin, Lehrerin, gar als Bestsellerautorin, wie etwa Eugenie John, Vorleserin in fürstlicher Anstellung, die als E. Marlitt für die Familienzeitschrift Die Gartenlaube millionenfach gelesene Fortsetzungsromane schreibt. Gleichzeitig aber schreitet auch die Dämonisierung der Leserin fort. Das Jahrhundert zeigt sich besessen von der Idee, Romanlektüre sei der direkte Weg zum Ehebruch, natürlich nur im Fall der Frau. Emma Bovary, Anna Karenina und noch Effi Briest sind die prominentesten literarischen Täterinnen (und zugleich Opfer) dieser männlichen Zwangsvorstellung.

1910 dann ist endlich Schluss mit dem langen viktorianischen 19. Jahrhundert. Das jedenfalls meint Virginia Woolf, wenn sie schreibt, irgendwann im Dezember 1910 habe sich der menschliche Charakter verändert. Das neue Jahrhundert kommt zu diesem Zeitpunkt langsam in die Pubertät. Bald machen sich erste Verhaltensauffälligkeiten bemerkbar: Junge Menschen ziehen etwa vom Londoner Nobelstadtteil Kensington ins heruntergekommene Bloomsbury, homosexuelle Literaten begegnen Frauen auf Augenhöhe, man lebt, liebt und arbeitet in wechselnden Zusammensetzungen an wechselnden Orten. Ein junges Schriftsteller-Ehepaar legt sich eine handbetriebene Druckerpresse zu, auf der es nachmittags Avantgardeliteratur in Kleinstauflagen herstellt. Und insbesondere die Frauen lesen, bis sie »schwarz« werden.

Die Entwicklung ist nicht mehr aufzuhalten: Lesende Frauen werden Verlegerinnen, sie gründen Buchhandlungen und sorgen für den illegalen Druck verbotener Romane, die wie der Ulysses von James Joyce hochliterarisch, doch voller Obszönitäten sind. In den 1950er Jahren lässt sich Marilyn Monroe, die das Image der blonden und dümmlichen Sexbombe leid ist, dabei fotografieren, wie sie in dem schmutzigen Buch liest, das es inzwischen zu einer Ikone der Hochkultur gebracht hat. Da befruchten sich zwei Welten, die zusammengehören, und auch die Literatur profitiert von der Ausstrahlung, die durch die im Badeanzug lesende, mit ihren Reizen keineswegs geizende Marilyn auf sie fällt: Lesen ist sexy.

Seit den 1960er Jahren erobert die lesende Frau die Welt und die Medien, was zunehmend dasselbe ist. Ein anfangs belächeltes, verspottetes, pathologisiertes Verhalten erfährt eine Aufwertung ohnegleichen. Den Frauen passt das Kleid der Leserin wie angegossen. Von der Männergesellschaft auf randständige Plätze verwiesen, entspricht es ihrer Art, an der Welt teilzuhaben, ohne sich ins Getümmel zu stürzen; sich ein Urteil über die Gesellschaft zu bilden, indem man sie aus den Augenwinkeln heraus betrachtet. Jetzt, in den 1960er Jahren, mit der zweiten Welle der Emanzipation der Frauen und dem Vormarsch der Medien, gewinnt diese indirekte Art und Weise, sich der Welt zu bemächtigen, an Boden. Insbesondere Susan Sontag, die Intellektuelle aus New York, macht die Strategie, Außenseiterpositionen aufzuwerten und sie in den Rang innovativer Formen zu erheben, zu...

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